OGH 13Os79/85 (13Os80/85)

OGH13Os79/85 (13Os80/85)14.6.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Juni 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Kießwetter, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schrott als Schriftführers in der Strafsache gegen Hansjörg A wegen des Verbrechens der versuchten betrügerischen Krida nach § 15, 156 Abs 1 StGB über den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengerichts vom 30. Jänner 1985, GZ 29 Vr 3465/84-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung wird erteilt.

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Die Schuldberufung wird zurückgewiesen.

Im übrigen wird der Angeklagte mit seiner Berufung auf die Urteilsaufhebung verwiesen.

Text

Gründe:

Der am 19.November 1940 geborene Landwirt Hansjörg A wurde des Verbrechens der versuchten betrügerischen Krida nach § 15, 156 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 13.Jänner 1982 in Kitzbühel als Schuldner mehrerer Gläubiger versucht, durch die Eintragung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots (§ 364 c ABGB) zugunsten seiner Ehegattin Karla A auf der Liegenschaft EZ. 1556 II sowie auf seinem Hälfteanteil der Liegenschaft EZ. 94 II, beide inneliegend im Grundbuch der Katastralgemeinde Kitzbühel-Land, sein Vermögen zu verringern und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger zu schmälern, wobei der durch die Tat herbeigeführte Schaden 100.000 S nicht überstiegen hätte.

Der Verteidiger des Angeklagten meldete gegen dieses Urteil sogleich nach der Urteilsverkündung die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung an (S. 72), worauf ihm am 29.März 1985 eine Urteilsausfertigung zugestellt wurde (Rückschein auf S. 85). Am 18. April 1985 - sohin verspätet - brachte der Verteidiger, verbunden mit der Ausführung der angemeldeten Rechtsmittel, einen Antrag auf Wiedereinsetzung gegen den Ablauf der Frist mit der Begründung ein, daß die zuständige, bisher verläßliche Kanzleikraft es übersehen hatte, die Frist für die Ausführung der Rechtsmittel auszurechnen und in den Terminkalender einzutragen, was dem Verteidiger erst am 13. April 1985 - sohin einen Tag nach dem Fristablauf - zur Kenntnis gelangt sei.

Da dieses Vorbringen hinreichend bescheinigt wurde (S. 95) und nach ständiger Judikatur das vereinzelte Versehen einer Kanzleikraft als unabwendbares Hindernis im Sinn des § 364 StPO anzusehen ist, erweist sich der Antrag als begründet und war die begehrte Restitution zu erteilen.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde stützt der Angeklagte auf § 281 Abs 1 Z. 4, 5 und 9 lit a StPO Schon die Mängelrüge schlägt durch, wonach der Ausspruch des Gerichts, der Angeklagte habe es ernstlich für möglich gehalten und sich damit innerlich abgefunden, daß seine Gläubiger durch die grundbücherliche Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots zugunsten seiner Gattin einen zumindest teilweisen Ausfall ihrer Forderungen erleiden und in ihren Befriedigungsrechten geschädigt würden, mangelhaft begründet sei. Der Tatbestand der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB setzt voraus, daß ein Schuldner mehrerer Gläubiger sein Vermögen wirklich oder zum Schein verringert und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder schmälert. Dies kann auch mittels bücherlicher Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots auf einer Liegenschaft geschehen (LSK. 1982/137). Indes wird eine Vereitelung oder Schmälerung der Befriedigungsrechte der Gläubiger nur unter der Voraussetzung bewirkt, daß der zur Tatzeit vorhandene Befriedigungsfonds nicht zur Abdeckung der Forderung ausreicht oder ein von vornherein unzulänglicher Befriedigungsfonds noch weiter geschmälert wird. Der Deliktsvollendung steht dabei weder eine nachmalige erfolgreiche Anfechtung der die Gläubigerrechte beeinträchtigenden Vermögensfügung des Gemeinschuldners (LSK. 1982/138) noch eine (als nachträgliche Schadensgutmachung anzusehende) spätere Gläubigerbefriedigung entgegen.

Mit dem Beschluß des Landesgerichts Innsbruck vom 4.Juli 1984, AZ. S 74/84, wurde über das Vermögen des Angeklagten der Konkurs eröffnet, in welchem Forderungen von insgesamt 362.725,14 S angemeldet worden sind. Am 15.Jänner 1985 wurde sodann vom Konkursgericht ein zwischen dem Gemeinschuldner und seinen Gläubigern abgeschlossener Zwangsausgleich, der - ohne Veräußerung des mit 1,800.000 S bewerteten Grundbesitzes - eine hundertprozentige Befriedigung der Gläubiger vorsah, gemäß § 152 KO genehmigt. Dem im Konkursverfahren erstatteten Bericht des Masseverwalters, Rechtsanwalts Dr.Heinrich B, zufolge war die Einleitung des Insolvenzverfahrens darauf zurückzuführen, daß der Angeklagte in überschätzung seiner finanziellen Verhältnisse mit Kaufvertrag vom 28.März 1984 Liegenschaften um 1,500.000 S zugekauft hat. Dieser Vertrag wurde vom Masseverwalter nach der Konkurseröffnung angefochten und im Vergleichsweg rückwirkend aufgelöst, wobei die Kaufpreisanzahlung von 200.000 S zugunsten der Verkäufer verfiel. Laut Zeugenaussage des Masseverwalters hätte der Angeklagte entweder mit diesem Betrag oder mit dem Erlös des im April 1984 verkauften 'Zuhauses' seine Illiquidität abwenden können (S. 69 sowie S. 33 ff. des lt. S. 71 insoweit verlesenen Akts S 74/84 des Landesgerichts Innsbruck).

Maßgebend für die Beurteilung des inkriminierten Verhaltens ist die wirtschaftliche Lage des Rechtsmittelwerbers anläßlich der grundbücherlichen Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbots zugunsten seiner Gattin Karla A am 13. Jänner 1982. Mit den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Vermögensverhältnissen des Beschwerdeführers und dem Stand seiner damaligen Verbindlichkeiten hat sich das Schöffengericht jedoch in keiner Weise befaßt, obwohl es nach der Aktenlage (vgl. die Forderungsanmeldungen im Verfahren S 74/84 des Landesgerichts Innsbruck in ON 11) durchaus möglich war, daß die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Angeklagten, die zu einer Beeinträchtigung von Befriedigungsrechten der Gläubiger führen konnten, erst nach der urteilsmäßig angelasteten Vermögensverfügung eingetreten sind. Unter diesen Umständen vermag aber der Hinweis des Gerichts auf die mangelnde Liquidität des Beschwerdeführers und auf seine Erklärung gegenüber dem Verfasser der Vereinbarung vom 13.Jänner 1982, Rechtsanwalt Dr.Heinrich B, keine unberichtigten Verbindlichkeiten zu haben bzw. in der Lage zu sein, zu bezahlen (S. 68, 77, 80), keine tragfähige Begründung für die Annahme abzugeben, Hansjörg A habe im Zeitpunkt seiner Deliktshandlung (über eine bloße Verzögerung der Befriedigung hinaus) in seinen Vorsatz aufgenommen gehabt, daß als Folge seines Verhaltens eine Vereitelung oder Schmälerung der Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen eintreten werde.

Zusätzlich ist bei der im Alleineigentum des Angeklagten stehenden Liegenschaft EZ. 1556 II der Katastralgemeinde Kitzbühel-Land zu beachten, daß die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbots zugunsten der Ehegattin zur Tatzeit nicht zu einer Vermögensverringerung (§ 156 StGB) führen konnte, weil - den Urteilsfeststellungen zufolge - auf der betreffenden Liegenschaft damals bereits ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Mutter des Angeklagten, der am 19. Juni 1909 geborenen Ursula C, einverleibt war. Schon auf Grund dieses älteren Verbots stand die Liegenschaft EZ. 1556 II KG. Kitzbühel-Land den Gläubigern für die Befriedigung nicht zur Verfügung.

Es war daher schon in nichtöffentlicher Beratung

(§ 285 e StPO) der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Schuldberufung mußte zurückgewiesen werden, weil ein solches Rechtsmittel gegen Urteile der Kollegialgerichte in der Strafprozeßordnung nicht vorgesehen ist.

Mit seiner Berufung wegen Strafe war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

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