OGH 12Os72/85

OGH12Os72/8513.6.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Juni 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger (Berichterstatter) und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Rechberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Hubert A und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs. 1 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Hubert A und die Berufungen des Angeklagten Günther B sowie der Staatsanwaltschaft hinsichtlich beider Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 31.Jänner 1984, GZ. 26 Vr 3712/83-15, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Knob, der Angeklagten Hubert A und Günther B, sowie der Verteidiger Dr. Alexander Steininger und Dr. Mayrhofer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Hubert A und Günther B (neben einer anderen strafbaren Handlung auch) des Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202

Abs. 1 StGB. (Faktum 1 des Urteilssatzes) schuldig erkannt. Inhaltlich dieses Schuldspruchs haben beide Angeklagten am 1.Oktober 1983 im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter in Innsbruck eine Person weiblichen Geschlechts mit Gewalt zum außerehelichen Beischlaf zu nötigen versucht, indem sie (die Geheimprostitutierte) Maria C mit einem Kälberstrick drosselten. Allein diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Hubert A mit einer auf die Z. 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO.

gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. In seiner Mängelrüge (Z. 5) behauptet er, daß die den (in Aussicht genommenen) Tatort betreffenden Urteilsfeststellungen - nach diesen sollte der Geschlechtsverkehr mit Maria Gram 'außerhalb des Stadtbereiches' (von Innsbruck) staffinden - so ungenau und unbestimmt seien, daß ihnen nicht entnommen werden könne, wie weit der Ort, an dem die angelasteten Tathandlungen (Drosselung der Maria C während der Fahrt im PKW) gesetzt wurden, in 'metermäßiger (kilometermäßiger) und zeitmäßiger' Hinsicht von dem geplanten Tatort entfernt gewesen ist. Dies sei für die Beurteilung der Frage wesentlich, ob die Handlung bereits als Versuch oder noch als straflose Vorbereitungshandlung anzusehen sei. In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. wird vorgebracht, daß die Tathandlungen in bezug auf das geplante Verbrechen nach § 202 Abs. 1 StGB. nur als straflose Vorbereitungshandlungen und daher (abgesehen von diesem Verbrechen) allenfalls nur als Freiheitsentziehung im Sinne des § 99 Abs. 1 StGB. oder als einfache Nötigung im Sinne des § 105 Abs. 1 StGB. zu beurteilen seien. Tatsächlich hätte nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers bis zum Ende des Stadtbereichs noch eine Fahrtstrecke von etwa 5 Kilometer zurückgelegt werden müssen, woraus folge, daß nach Lage des Falles der Entschluß, die Tat auszuführen, noch nicht durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende (Versuchs-)Handlung betätigt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Keiner dieser Einwände ist zielführend.

Nach § 15 Abs. 2 StGB. ist eine Tat versucht, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen, durch eine die Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt.

Für den Begriff der Ausführungsnähe kommt es dabei auf den Tatplan des Täters an; die Handlung muß nach den Vorstellungen des Täters ausführungsnah sein, woraus folgt, daß Ausführungsnähe - objektiv betrachtet - nicht mit Erfolgsnähe identisch sein muß (Leukauf/Steininger, Komm. 2 , § 15, RN. 8;

SSt. 48/98 u.v.a.).

Im vorliegenden Fall ging der Tatplan der beiden Angeklagten nach den Urteilsannahmen dahin, mit Maria C außerhalb des Stadtbereichs von Innsbruck den außerehelichen Beischlaf zu vollziehen und deren, einem solchen Vorhaben allenfalls entgegenstehenden Willen, unter Verwendung eines zu diesem Zweck mitgeführten 2 m langen Kälberstricks zu beugen (vgl. S. 104 und 107). In Verwirklichung dieses Tatplans warf der Angeklagte A der im PKW mitfahrenden Maria C den erwähnten Strick um den Hals, während der Angeklagte B das Fahrzeug gleichzeitig in Richtung Stadtausfahrt lenkte, wobei die Vollendung der Tat nur an der heftigen Gegenwehr der Maria C scheiterte (vgl. S. 105). Die geschilderte Vorgangsweise der beiden Angeklagten diente daher (den Beschwerdebehauptungen zuwider) nicht bloß dazu, das Opfer im Wagen zu halten, sondern zielte auch und in erster Linie auf eine gewaltsame Willensbeugung ab, um zu erreichen, daß es in den Beischlaf einwillige (vgl. S. 107), sodaß sie sich nicht bloß als eine ausführungsnahe Handlung, sondern sogar schon als Beginn der Ausführung (nämlich der zum Zweck der späteren Beischlafsvollziehung gewaltsam geübten Nötigung) selbst darstellt.

Entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge ist die genaue Entfernung zwischen dem Ort, an welchem die Gewaltanwendung erfolgte und dem in Aussicht genommenen Tatort nicht entscheidungswesentlich, weil die Angeklagten nach den Urteilsannahmen - mögen sie auch bis dahin noch einige Kilometer PKW-Fahrt vor sich gehabt haben - in unmittelbarer Folge (ohne ins Gewicht fallende Zwischenstufen) ohnedies auch sogleich den Beischlaf vollziehen wollten, wobei sich das verbrecherische Tätervorhaben ohne Zweifel auch bereits in einem Stadium befunden hat, in dem die entscheidende Hemmstufe längst überwunden war.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Hubert A war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten Hubert A nach §§ 28, 202 Abs. 1 StGB. zu acht Monaten Freiheitsstrafe, den Angeklagten Günther B nach diesen Gesetzesstellen unter Anwendung des § 37 StGB. zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 200 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 180 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung war bei beiden Angeklagten erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die Verletzung der Maria C, bei A überdies die Vorstrafe; mildernd hingegen bei beiden das Geständnis, die gezeigte Reue und der Umstand, daß die Tat (zu Faktum 1 des Urteilssatzes) beim Versuch geblieben ist, bei B ferner die Unbescholtenheit und die Tatsache, daß er an der Tat nur in untergeordneter Rolle beteiligt war. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte Hubert A eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren bedingte Nachsicht sowie die Umwandlung derselben in eine Geldstrafe an. Der Angeklagte Günther B bekämpft mit diesem Rechtsmittel die Höhe des vom Erstgericht ausgemessenen Tagessatzes und begehrt weiters die bedingte Nachsicht der Geldstrafe. Die Staatsanwaltschaft schließlich beantragt in ihrer Berufungsschrift hinsichtlich des Angeklagten A eine Erhöhung der Freiheitsstrafe und beim Angeklagten B die Ausschaltung des § 37 StGB. und Verhängung einer Freiheitsstrafe.

Keiner der Berufungen kommt Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig erfaßt und in deren Würdigung beim Angeklagten Hubert A ein Strafmaß gefunden, das auch nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes der Schwere der pesönlichen Tatschuld sowie dem Unwert der verschuldeten Taten entspricht und auch seine führende und aktive Rolle bei Ausführung der Tat zu Faktum 1 des Urteilssatzes sowie weiters sein getrübtes Vorleben gebührend berücksichtigt, sodaß weder eine Herabsetzung noch die von der Staatsanwaltschaft begehrte Erhöhung der Strafe gerechtfertigt ist.

Die Gewährung der bedingten Strafnachsicht bei diesem Angeklagten kommt im Hinblick auf den Schuldgehalt seiner Tat und seine Vorstrafen aus spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht. Für die begehrte Umwandlung der Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe fehlt es beim Angeklagten A angesichts des Strafmaßes bereits an der Grundvoraussetzung des § 37 Abs. 1 StGB., nämlich einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als sechs Monaten. In diesem Umfang war daher der Berufung dieses Angeklagten nicht näher zu treten.

Bei den aus dem Akt ersichtlichen Einkommensverhältnissen des Angeklagten Günther B - er verdiente im Zeitpunkt des Urteils erster Instanz 9.500 S netto (vgl. S. 88 und ON. 8) und hatte keine Sorgepflichten - ist nach dem 'Einbuße-Prinzip' (Leukauf-Steininger Komm. 2 , § 19 RN. 10) der vom Erstgericht bestimmte Tagessatz durchaus angemessen, sodaß eine Herabsetzung der Höhe desselben - wie dies der Angeklagte in seiner Berufung begehrt - nicht gerechtfertigt ist.

Gegen die vom Angeklagten B beantragte bedingte Nachsicht der Geldstrafe spricht die spezialpräventiv erforderliche Effektivität der Strafe, die im vorliegenden Falle nur durch ihre Bezahlung erreicht werden kann (vgl. abermals Leukauf-Steininger, § 43 RN. 10).

Dem Erstgericht ist darin beizupflichten, daß es beim Angeklagten B im Hinblick auf seine Täterpersönlichkeit und sein bisher tadelloses Vorleben sowie bei Würdigung der die Taten kennzeichnenden Umstände nicht der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bedurfte, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten und generalpräventive Erwägungen nicht gegen die Verhängung einer Geldstrafe anstatt der im Gesetz vorgesehene Freiheitsstrafe sprechen. Auch in diesem Umfange war daher der Berufung der Staatsanwaltschaft ein Erfolg zu versagen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte