Spruch:
Die vom Vertreter der Gemeinschuldnerin Ernestine A, Rechtsanwalt Dr. Günther C erstattete Revisionsbeantwortung vom 3.12.1984 wird zurückgewiesen;
2.) zu Recht erkannt:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß das von Amts wegen auf Feststellung der Forderung der klagenden Partei als Konkursforderung umgestellte Klagebegehren abgewiesen wird. Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war mit der zunächst beklagten Partei Ernestine A verheiratet. über ihr Vermögen wurde während des Revisionsverfahrens der Konkurs eröffnet und der nunmehrige Revisionsgegner zum Masseverwalter bestellt. In der folgenden Sachverhaltsdarstellung wird jedoch Ernestine A als Beklagte bezeichnet. Bis 15.7.1964 war der Kläger im Betrieb mittätiger Ehegatte. Von da an war er bei der Beklagten angestellt. Als es in der Ehe der Streitteile zu immer tiefgreifenderen Zerwürfnissen kam, forderte der Anwalt der Beklagten den Kläger im Jahre 1984 schriftlich auf, es zu unterlassen, Geräte des Unternehmens zu verkaufen, ohne den Erlös abzuführen. Am 5.3.1981 nahm der Kläger einem Angestellten der Beklagten einen Betrag von S 36.000 weg, worauf die Beklagte den Kläger entließ, die Entlassung später aber wieder zurücknahm. Anfang Mai 1981 zog der Kläger aus der Ehewohnung aus. Nach einer Auseinandersetzung im Büro am 23.6.1981 entließ die Beklagte den Kläger.
Der Kläger behauptet, ohne wichtigen Grund Entlassen worden zu sein, und fordert von der Beklagten zuletzt eine Abfertigung in Höhe von sechs Monatsbezügen im Gesamtbetrag von S 84.000 s.A. Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß die vorzeitige Entlassung aus wichtigen Gründen berechtigt erfolgt sei. Der Kläger habe wiederholt eigenmächtig Privatentnahmen aus der Kasse des Unternehmens getätigt. Er habe die Beklagte vor Angestellten beschimpft und beleidigt. Am 23.6.1981 sei er morgens in das Büro gekommen und habe grundlos Arbeitspapiere, Korrespondenz und die Karteikarten vom Schreibtisch der Beklagten gewischt, einen Briefbeschwerer genommen, sei damit auf die Beklagte losgegangen, habe den Briefbeschwerer nach ihr geworfen, sie aber nicht getroffen, weil sie ausgewichen sei. Die Beklagte wendet den vom Kläger eigenmächtig entnommenen Betrag von S 36.000 aufrechnungsweise ein.
Das Erstgericht stellte die Forderung des Klägers als zu Recht und die Gegenforderung der Beklagten als nicht zu Recht bestehend fest und gab demgemäß dem Klagebegehren statt.
Es traf - außer dem bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt - noch folgende wesentliche Feststellungen:
Schon längere Zeit vor der entlassung kam es zwischen den Streitteilen teils aus persönlichen und ehelichen Gründen, teils aus geschäftlichen Gründen zu Auseinandersetzungen und auch zu Tätlichkeiten. Nachdem der Kläger die Ehewohnung verlassen hatte, wurde das persönliche Verhältnis der Streitteile immer schlechter. Es kam in Anwesenheit von Angestellten mehrmals zu Auseinandersetzungen in den Geschäftsräumen der Beklagten. Hiebei wischte der Kläger öfters Sachen vom Schreibtisch der Beklagten. Am 23.6.1981 kam es zwischen den Streitteilen wieder zu einer lautstarken Auseinandersetzung im Büro der Beklagten. Der Kläger wischte wieder Sachen vom Schreibtisch der Beklagten und warf Gegenstände auf die Beklagte, die aber nicht getroffen wurde. Die von der Beklagten daraufhin ausgesprochene Entlassung wurde von ihrem Anwalt schriftlich bestätigt.
Das Erstgericht schloß aus dem Verlauf dieser Auseinandersetzung, daß der Kläger nicht die Absicht gehabt habe, die Beklagte zu treffen, da er sie, hätte er das gewollt, aus einer Entfernung von eineinhalb bis zwei Metern unbedingt getroffen hätte. Da die Streitteile längere Zeit in zerrütteten Verhältnissen gelebt hätten, gegenseitig Anzeigen erstattet hätten und der Kläger damals erregt gewesen sei, sei der Vorfall vom 23.6.1981 in erster Linie aus der zerrütteten ehelichen Situation zu verstehen und rechtfertige wegen der langen Dauer des Dienstverhältnisses die Entlassung nicht. Der Beklagten sei die Einhaltung der Kündigungsfrist zumutbar gewesen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab. Es verhandelte die Rechtssache gemäß § 25 Abs1 Z 3 ArbGG von neuem und traf zum Vorfall vom 23.6.1981 zum Teil andere Feststellungen, im übrigen aber dieselben Feststellungen wie das Erstgericht. Es sei nicht erwiesen, daß es vor dem Abwischen des Schreibtisches durch den Beklagten eine lautstarke Auseinandersetzung zwischen den Streitteilen gegeben habe. Geschrien habe lediglich der Kläger mit der Beklagten. Das Berufungsgericht teile die Ansicht des Erstgerichtes, der Kläger habe nicht die Absicht gehabt, die Beklagte zu treffen, nicht. Daß er sie nicht getroffen habe, könne seinen Grund auch darin haben, daß sich die Beklagte rechtzeitig in Sicherheit gebracht habe. Das Berufungsgericht war der Ansicht, daß das zerrüttete eheliche Verhältnis der Streitteile das dienstliche Verhalten des Beklagten nicht entschuldige. Die Ehe der Streitteile habe nur mehr 'auf dem Papier' bestanden. Der Kläger sei infolge der bestehenden ehelichen Zerrüttung zu besonderer dienstlicher Korrektheit verpflichtet gewesen. Den Streitteilen sei es freigestanden, die Rechtsform der Mitarbeit des Klägers im Unternehmen der Beklagten durch Begründung eines Dienstverhältnisses oder anders zu gestalten. Da die Streitteile ein Dienstverhältnis begründeten, hätten sie die damit verbundene Trennung zwischen dem dienstlichen und ehelichen Bereich in Kauf genommen. Die dem Kläger zur Last fallenden Tätlichkeiten gegen die Beklagte seien kein entschuldbarer Ausnahmsfall, sondern der Endpunkt einer Reihe von Vorfällen, wie mehrmalige Auseinandersetzungen vor Angestellten, bei denen der Kläger Sachen vom Schreibtisch der Beklagten gewischt habe, um sie vor den Angestellten herabzusetzen und zu demütigen, eigenmächtige Privatentnahmen, wodurch der Kläger des Vertrauens der Beklagten als Dienstgeberin verlustig geworden sei. Die Entlassung sei daher gemäß § 27 Z 6 AngG begründet.
Am 31.10.1984 (Postaufgabe) erhob der Kläger gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes Revision. Infolge Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beklagten am 29.11.1984 wurde das Revisionsverfahren unterbrochen. Die vom Vertreter der Gemeinschuldnerin nach Eröffnung des Konkurses und damit während der Unterbrechung des Verfahrens erstattete Revisionsbeantwortung ist gemäß § 163 Abs2 ZPO gegenüber dem Kläger ohne rechtliche Wirkung und als unwirksame Prozeßhandlung zurückzuweisen (SZ 49/135; SZ 51/150; SZ 54/123 ua).
Der Kläger meldete die Klagsforderung samt Zinsen und Kosten im Konkurse der Ernestine A als Konkursforderung (§ 50 KO iVm Art.XI § 2 Abs2 lit c D 1982) an. Sie wurde vom Masseverwalter und der Gemeinschuldnerin in der Prüfungstagsatzung vom 28.1.1985 bestritten. Der am 2.5.1985 gestellte Antrag des Klägers auf Fortsetzung des Verfahrens ist daher zulässig (§§ 7 Abs2, 113 KO; JBl 1978, 433; Bartsch-Pollak 3 I 79). Infolge Fortsetzung des Verfahrens gegen den Masseverwalter ist der Leistungsprozeß von Gesetzes wegen zum Prüfungsprozeß geworden und von Amts wegen auf Feststellung der geltendgemachten Forderung als Konkursforderung zu erkennen (SZ 26/233; vgl. auch Bartsch-Heil, Grundriß des Insolvenzrechts 4 ,191). In gleicher Weise ist das Klagebegehren auch dann umzustellen, wenn es der Abweisung verfällt. Die Umstellung des Klagebegehrens von Amts wurde nämlich zwar bisher nur für den Fall des Bestehens des Anspruches bejaht (SZ 24/90; SZ 52/144 ua), diese Entscheidungen lassen aber eine Begründung dafür, warum eine Umstellung des Klagebegehrens nicht auch im Falle der Klagsabweisung zu erfolgen habe, nicht erkennen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Zu Unrecht behauptet der Revisionswerber, daß sich das Berufungsgericht mit den Voraussetzungen des § 32 AngG zu befassen gehabt hätte, weil er ein Verschulden der Beklagten an der vorzeitigen Lösung des Dienstverhältnisses in erster und zweiter Instanz gar nicht behauptet hat. Auf den Akt Cr 21/83 (früher Cr 456/81) des Arbeitsgerichtes Salzburg berief sich der Kläger nur im Zusammenhang mit der von der Beklagten erhobenen Kompensationseinrede (S.144 f) und zum Beweis dafür, daß die Beklagte in jenem Verfahren dieselben, für eine Entlassung nicht ausreichenden Behauptungen aufgestellt habe (S.23). Die Beischaffung des von den Vorinstanzen ohnehin verwerteten Aktes 24 Vr 2195/81 des Landesgerichtes Salzburg beantragte der Revisionswerber nicht; insbesondere stellte er keine Behauptungen darüber auf, welche Tatumstände sich aus diesem Akt ergeben sollen, die den zur Entlassung führenden Vorfall vom 23.6.1981 in einem anderen Lichte erscheinen ließen. Beide Verfahren sind erst nach Entlassung des Klägers in Gang gesetzt worden, so daß sich aus den angeblich dort erhobenen unbegründeten Anschuldigungen der Beklagten zur Frage ihres Mitverschuldens an der Entlassung schon nach der Zeitfolge nichts ergeben kann. Für die Wertung des Verhaltens des Klägers am Entlassungstag sind seine angeblichen Leistungen beim Aufbau des Unternehmens nicht entscheidend.
Es mag sein, daß das Verhalten eines Ehegatten, das bei einem familienfremden Dienstnehmer als Entlassungsgrund zu werten wäre, bei einem Zusammentreffen ehelicher Rechte und Pflichten mit Rechten und Pflichten aus einem zwischen Ehegatten begründeten Dienstverhältnis anders zu bewerten ist und mit Rücksicht auf das Eheverhältnis den sofortigen Abbruch der dienstlichen Beziehungen nicht rechtfertigen muß. Für das Verhalten des Klägers trifft das aber nicht zu. Er weicht von den Feststellungen des Berufungsgerichtes ab, wenn er behauptet, er habe sich keine Tätlichkeiten gegen die Beklagte im Sinne des § 27 Z 6 AngG zuschulden kommen lassen, weil er nur Gegenstände vom Schreibtisch der Beklagten gewischt habe. Er läßt hiebei unberücksichtigt, daß er auch mit Gegenständen nach der Beklagten geworfen hat. Eine Tätlichkeit im Sinne des § 27 Z 6 AngG ist - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte - jede schuldhafte, objektiv gegen den Körper gerichtete Handlung, wobei es auf die mit der Handlung verbundene Absicht grundsätzlich nicht ankommt (Martinek-Schwarz, AngG 6 575 f). Es unterliegt keinem Zweifel, daß das Verhalten des Klägers vom 23.6.1981, dem ähnliche Vorfälle, bei denen er zumindest Sachen vom Schreibtisch der Beklagten wischte und sie damit in Gegenwart von Angestellten herabsetzte, vorausgegangen sind, auch unter Berücksichtigung der Ehekrise, in der sich die Streitteile damals befanden, eine so schwere Dienstpflichtverletzung bildet, daß die Beklagte diesen Vorfall mit dem sofortigen Abbruch der dienstlichen Beziehungen beantworten durfte (ähnl. 4 Ob 31/84). Da den Beklagten ein Verschulden an der vorzeitigen Entlassung trifft, besteht kein Abfertigungsanspruch gemäß § 23 Abs7 AngG. Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO; der Beklagte hat Kosten nicht verzeichnet.
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