OGH 6Ob15/85

OGH6Ob15/8523.5.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Riedler und Dr.Schlosser als Richter in der Handelsregistersache der zu HRB

32.244 des vom Handelsgericht Wien geführten Handelsregister eingetragenen Verhältnisse der A B C D Gesellschaft m.b.H., Wien 3., Landstr.Hauptstraße 2 a, infolge Revisionsrekurses der eingetragenen Gesellschaft vertreten durch Dr.Michael Günther, Rechtsanwalt in Wien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 30.Januar 1985, GZ.5 R 126/84-7, womit in Stattgebung des gegen die Eintragungsverfügung des Handelsgerichtes Wien vom 10.Juli 1984, GZ.7 HRB 32.244-4, die Einleitung des Verfahrens nach § 140 FGG aufgetragen wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird stattgegeben und der angefochtene Beschluß in dem Sinne abgeändert, daß dem Rekurs gegen die erstinstanzliche Eintragungsverfügung nicht stattgegeben wird.

Text

Begründung

Nach dem der Anmeldung der Gesellschaft m.b.H. zur Eintragung in das Handelsregister angeschlossenen Gesellschaftsvertrag wurde dieser von einer schweizerischen Aktiengesellschaft und drei im Inland ansässigen Kaufleuten geschlossen. Der vertraglich umschriebene Geschäftsgegenstand besteht insbesondere in der Entwicklung von innovatorischen Lösung unter Zuhilfenahme von computerunterstützten Systemen sowie deren Erzeugung, Betrieb, Vermietung und Wartung; in der Druchführung von Programmierarbeiten, der Schulung von Programmierern, der Entwicklung und Produktion von Software; im Groß- und Kleinhandel mit Waren aller Art, insbesondere dem Handel mit Hard- und Software-Produkten; der Erbringung von Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik; im Betrieb einer Handelsagentur, in der Tätigkeit eines Immobilienmaklers; in der An- und Vermietung von Liegenschaften, Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten; in der Tätigkeit eines Werbemittlers und eines Werbeberaters; im Betrieb einer Werbeagentur; in der Ausübung der Tätigkeit eines Betriebsberaters; im Betrieb eines technischen Büros; in der Beistellung von Arbeitskräften und der Übernahme der wirtschaftlichen Wagnisse für deren Beschäftigung auf längere Dauer sowie in der dauernden Beteiligung an anderen Gesellschaften mit gleichem oder ähnlichem Geschäftszweck. Die schweizerische Gesellschafterin wurde im März 1984 im Handelsregister des Kantons Zug neu unter der Firma: 'A B C D AG' eingetragen.

Nach dem Gesellschaftsvertrag soll die neu errichtete Gesellschaft m. b.H. folgende Firma führen: 'A B C D E M.B.H.'.

Das Registergericht holte von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien eine gutächtliche öußerung darüber ein, ob 'der Firmenwortlaut als dem Gegenstande des Unternehmens entnommen anzusehen' sei. Nach Ansicht der Kammer könne der Firmenwortlaut nur Fachleuten verständlich sein und biete - selbst für diese - Anlaß zu verschiedenen Interpretationen, dem nicht fachkundigen Publikum bliebe der englischsprachige Wortlaut ebenso unverständlich wie dessen fachmännische Ausdeutung als 'computergestützte Innovationsentwicklung'. Die Kammer regte deshalb eine Ergänzung der Firma durch die Tätigkeitsangabe 'Datenservice' an. Das Registergericht verfügte die Eintragung der Gesellschaft unter der angemeldeten Firma. Es vertrat die Ansicht, die gesellschaftsvertraglich bestimmte Firma entspreche § 5 Abs.1 Satz 1 GmbHG, weil sie mit der Firma der schweizerischen Aktiengesellschaft gebildet worden sei und keine nach § 5 Abs.3 GmbHG unzulässige Bezeichnung enthalte; weitere Prüfungen stünden dem Registergericht nicht zu.

Das Rekursgericht gab dem von der Handelskammer ergriffenen Rekurs statt und trug dem Registergericht hinsichtlich der Eintragung der Firma die Einleitung des Verfahrens gemäß § 140 FGG auf. Das Rekursgericht erblickte im § 5 GmbHG keine abschließende Regelung über die Firmenbildung bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, sondern erachtete auch auf die Firmen solcher Gesellschaften § 18 Abs.2 HGB anwendbar, so daß insbesondere bei reinen Personenfirmen, wenn die namensgebende Gesellschaft eine ganz oder teilweise in einer Fremdsprache abgefaßte Sachfirma führe, darauf zu achten sei, daß der in § 18 Abs.2 HGB verankerte Grundsatz der Firmenwahrheit nicht verletzt werde. Ein solcher Verstoß sei aber nach der gutächtlichen öußerung der Handelskammer nicht von der Hand zu weisen, so daß der Sachverhalt in dieser Hinsicht aufklärungsbedürftig sei. Dazu diene das dem Erstgericht aufgetragene Verfahren nach § 140 FGG.

Rechtliche Beurteilung

Der von der eingetragenen Gesellschaft erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt.

Die Firma einer Gesellschaft m.b.H. muß nicht nur den Bestimmungen nach § 5 GmbHG entsprechen, sie darf darüber hinaus auch nicht der Regelung nach § 18 Abs.2 HGB zuwiderlaufen (GesRZ 1972,24; 1977,69 u. a.; zuletzt 6 Ob 2/85). Auch eine durch Aufnahme des Namens eines Gesellschafters gebildete Firma einer Gesellschaft m.b.H. ist auf ihre Täuschungseignung zu prüfen (GesRZ 1979,126 und 129; zuletzt 6 Ob 2/85). § 5 GmbHG erklärt die Bildung von Firmen für zulässig, die nur Gesellschafternamen enthalten und daher über den Unternehmensgegenstand überhaupt nichts aussagen, wie das auch bei der Firma eines Einzelkaufmannes oder einer Personenhandelsgesellschaft grundsätzlich der Fall ist. Entlehnt die Gesellschaft ihre Firma dem Gegenstand ihres Unternehmens oder ist dies bei der Firma des Gesellschafters der Fall, dessen Name zur Firmenbildung verwendet wird, ist keine vollständige und treffsichere Bezeichnung des gesamten Unternehmensgegenstandes, als vielmehr bloß das Unterbleiben von Bezeichnungen zu fordern, die im Sinne des § 18 Abs.2 HGB zu einer Täuschung über die Art oder den Umfang des Geschäftes oder die Gesellschaftsverhältnisse geeignet sind.

Der dem englisch-sprachigen Firmenwortlaut der schweizerischen Gesellschafterin entsprechende Firmanbestandteil 'A B C D' weist den Fachmann auf ein Unternehmen im Sinne des ersten Punktes der gesellschaftsvertraglichen Umschreibung, den Fachunkundigen aber doch zumindest in diese und in keine andere Richtung. Insoferne fehlt es der Firma in ihrer Gesamtheit an einer nach § 18 Abs.2 HGB erheblichen Eignung zur Täuschung. Sollte ein nicht unbeträchtlicher Teil der mit dem Gebrauch der Firma anzusprechenden Verkehrskreise aus der Sachfirma der schweizerischen Gesellschafterin keine konkrete Vorstellung über einen bestimmten Unternehmensgegenstand abzuleiten vermögen, mag der Firma zwar in Ansehung der Unternehmenskennzeichnung nur eine bescheidene Aussagekraft, aber keine Eignung zur Täuschung zukommen.

Zum ersten Wort der Firma 'A' kann allerdings umso weniger die Rechtsmittelbehauptung geteilt werden, daß der Begriff 'schon Bestandteil des allgemeinen Wortschatzes in Österreich geworden' sei, als die Rekurswerberin - in einem bezeichnenden Gegensatz zu den weiteren drei Wörtern - jede Bedeutungsangabe des Begriffes unterläßt. Das Wort wirkt wie ein Kunstwort, mit dem wie bei den gebräuchlich gewordenen Ausdrücken Hardware und Software eine Gedankenverbindung zu einer Funktion einer Datenverarbeitung hergestellt wird. Die restliche Wortgruppe 'B C D' erweckt gleichartige Vorstellungen. Daß diese Bezeichnungen in ihren Teilen und vor allem in ihrer Gesamtheit relativ unbestimmt bleiben, gibt nicht den Ausschlag. Entscheidend ist vielmehr, daß die bei einem Gebrauch der Firma zu erwartenden konkreten Vorstellungen der angesprochenen Verkehrskreise über den Unternehmensgegenstand vom gesellschaftsvertraglich umschriebenen nicht abweichen. Wer sich nichts Konkretes vorstellen kann, mag sich mangelhaft unterrichtet fühlen, kann sich aber nicht als getäuscht erachten (vgl. Hüffer in HGB Großkomm 4 § 18 Rdz 29). Das wäre nur der Fall, wenn in ihm konkrete tatsachenwirdrige Vorstellung erweckt würden. Das ist beim Gebrauch der angemeldeten Firma aber nicht anzunehmen. Zusammenfassend ergibt sich daher, daß die Heranziehung der Firma einer der Gesellschafter zur Firmenbildung (positiv) nach § 5 Abs.1 GmbHG gerechtfertigt und wegen fehlender Täuschungseignung im Sinne des § 18 Abs.2 HGB (negativ) nicht unzulässig ist.

In Stattgebung des Revisionsrekurses war daher die angefochtene Rekursentscheidung dahin abzuändern, daß dem Rekurs der Handelskammer gegen die erstrichterliche Eintragungsverfügung nicht stattgegeben werde.

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