OGH 8Ob541/85

OGH8Ob541/8523.5.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin I*****, wider den Antragsgegner D*****, wegen Zuteilung der Ehewohnung infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 13. Dezember 1984, GZ 2 R 573/84‑6, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Villach vom 24. Oktober 1984, GZ F 13/84‑2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00541.850.0523.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben anläßlich der vom Bezirksgericht Villach mit dem Beschluß vom 5. Augst 198, *****, ausgesprochenen Scheidung ihrer Ehe gemäß § 55a EheG eine Vereinbarung im Sinne der §§ 55a Abs. 2, 97 Abs. 2 EheG in der Form eines zu Protokoll genommenen Vergleichs getroffen, nach dessen Inhalt die Ehewohnung im Hause ***** im Erdgeschoß, samt dem Wohnungsinventar der Antragstellerin zufallen sollte. Der Scheidungsbeschluß wurde der Antragstellerin am 16. August 1983 und dem Antragsgegner am 22. Augst 1983 zugestellt. Der Antragsgegner erhob zwar gegen den Scheidungsbeschluß einen „Einspruch“, welchen er jedoch am 5. September 1983 wieder zurückzog.

Am 23. Oktober 1984 stellte die Antragstellerin beim Erstgericht den Antrag, ihr die Ehewohnung im Hause *****, im Sinne der §§ 81 f. EheG zur alleinigen Benützung zuzuweisen, weil die BUWOG als Eigentümerin dieser Wohnung die hierüber anläßlich der Ehescheidung getroffene Vereinbarung nicht zur Kenntnis zu nehmen bereit sei, die Übertragung der Mietrechte auf die Antragstellerin ablehne und mit einer Kündigung des Mietverhältnisses für den Fall drohe, daß der Antragsgegner die Wohnung nicht mehr benützen sollte. Dies sei geschehen, obwohl der Antragsgegner, wie im Vergleich zugesichert, alle notwendigen Erklärungen für die Übertragung der Wohnung an die Antragstellerin gegenüber der BUWOG abgegeben habe.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung ab, weil er nicht innerhalb der Jahresfrist ab Rechtskraft der Scheidung (§ 95 EheG) gestellt worden und deshalb verspätet sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Der Antragsgegner und die BUWOG beteiligten sich am Rekursverfahren nicht.

Nach Ansicht des Rekursgerichtes unterliege der Aufteilungsanspruch nach §§ 81 f. EheG und damit auch der Anspruch auf Zuweisung der Ehewohnung nach § 87 EheG der in § 95 EheG normierten einjährigen Fallfrist (Ausschluß- oder Präklusivfrist) ab dem Eintritt der Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe. Es handle sich hiebei um eine materiellrechtliche Fallfrist, deren Nichteinhaltung zum Anspruchsverlust führt. Im ungenützten Verstreichenlassen der Jahresfrist sei daher ein Verzicht auf das Antragsrecht nach §§ 81 f. EheG zu erblicken.

In dem dagegen erhobenen Revisionsrekurs vertritt die Antragstellerin einen gegenteiligen Standpunkt. Da die Einigung der Ehegatten im Scheidungsverfahren infolge Weigerung des Vermieters, den Mieterwechsel anzuerkennen, nicht durchsetzbar und daher unvollständig sei, brauche es dazu einer gerichtlichen Entscheidung.

Rechtliche Beurteilung

Demgegenüber haben beide Vorinstanzen jedoch zutreffend darauf verwiesen, daß die Frist des § 95 EheG eine materiellrechtliche Fallfrist ist, deren Nichteinhaltung zum Anspruchsverlust führt (1 Ob 707/82; JBl. 1983, 318; SZ 54/166; JBl. 1983, 648; Ent‑Hopf , Das neue Eherecht 119, FN 2 zu § 95 EheG, 217 FN 4; Schwind , Kommentar zum österr. Eherecht 2 , 339). Nach dem Verstreichen dieser Fallfrist kann auch keine Änderung der getroffenen Regelung erwirkt werden ( Ent‑Hopf a.a.O.). Da die Antragstellerin den Antrag auf Einräumung der strittigen Wohnung gemäß §§ 81 f. EheG erst nach dem Ablauf der Frist des § 95 EheG gestellt hat, haben ihn die Vorinstanzen mit Recht unter Hinweis auf das Verstreichen dieser Frist abgewiesen. Die von der Antragstellerin herangezogenen Argumente, wonach es ihr doch nur darauf ankomme, die seinerzeitige vergleichsweise Regelung durch die Anordnung des Außerstreitrichters gegenüber dem Dritten, der BUWOG, durchsetzbar zu machen, sind zwar verständlich; dies ändert aber nichts daran, daß sie ihren Anspruch nach §§ 81 f. EheG nur innerhalb der Frist des § 95 ABGB geltend machen konnte. Dies ist aber im Gegensatz zu dem von der Antragstellerin herangezogenen Beispielsfall 6 Ob 725/83 – in welchem die Jahresfrist erst nach gerichtlicher Geltendmachung des Anspruches abgelaufen war – hier nicht geschehen.

Dem Revisionsrekurs war somit der Erfolg zu versagen. Ein Kostenausspruch unterblieb, da Kosten nicht verzeichnet wurden.

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