OGH 2Ob573/85

OGH2Ob573/8521.5.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Sentaspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Huber und Dr.Egermann als weitere Richter in der Vormundschaftsaache der mj. Jeanette A, geboren am 13.März 1983, infolge Revisionsrekurses des Herbert B, Bundesbahnbeamter, Alleegasse 15 a, 2542 Kottingbrunn, vertreten durch Dr.Eduard Lenz, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 13.März 1985, GZ.44 R 3108/85-30, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 15.Jänner 1985, GZ.6 P 347/84-26, bestätigt wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Herbert B, der seit 23.2.1984 mit der ue Mutter und Vormünderin der mj. Jeanette A verheiratet ist, brachte mit Schriftsatz vom 27.7.1984 vor, er beabsichtigte die Minderjährige zu adoptieren, er beantrage die Genehmigung des Adoptionsvertrages.

Der ue Vater sprach sich gegen eine Genehmigung des Adoptionsvertrages aus.

Das Erstgericht wies den Antrag des Herbert B ab. Aus den getroffenen Feststellungen (Seite 2-4 des Beschlusses des Erstgerichtes = AS 68 ff) ist folgendes hervorzuheben:

Die Beziehungen zwischen den leiblichen Eltern der Minderjährigen dauerten ca. 8 Jahre. Der ue Vater unterstützte die ue Mutter während der Schwangerschaft und nach der Entbindung und finanzierte die Anschaffungen für das Kind zum größten Teil allein. Die Mutter hatte auch nach der Geburt der Minderjährigen Kontakt zu deren Vater, der die Scheidung seiner Ehe anstrebte.

Bekannte gewannen den Eindruck, daß der ue Vater, die ue Mutter und die Minderjährige eine Familie bilden. Am 21.1.1984 fuhr der Vater mit der Mutter und der Minderjährigen auf Urlaub nach Teneriffa. Die Mutter kehrte mit der Minderjährigen von diesem Urlaub vorzeitig zurück und heiratete wenige Tage später Herbert B. Der Vater erklärte mehrmals ausdrücklich, er akzeptiere die Eheschließung der Mutter mit Herbert B, er möchte aber auf Grund der seinerzeit auch von der Mutter anerkannten, aufgebauten und nach außen hin dokumentierten Beziehung weiterhin der Vater des Kindes bleiben. Er stellte auch einen Besuchsrechtsantrag, gegen den sich die Mutter aussprach und über den noch nicht entschieden wurde. Herbert B ist Zentralinspektor der C D. Die Mutter, die früher als Angestellte beschäftigt war, versorgt die Familie und den Haushalt. Nach dem Bericht des Jugendamtes führt das Ehepaar B allem Anschein nach eine harmonische Ehe und 'die Minderjährige hat bereits eine gute Beziehung zu Herbert B aufgebaut'. Allerdings gab das Jugendamt zu bedenken, daß das Ehepaar B erst seit kurzer Zeit zusammenlebt. Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, es entstehe der Eindruck, daß durch die Adoption nicht so sehr die familienrechtlichen Bande zum ue Vater aufgehoben werden sollten, sondern vielmehr, daß seitens der Mutter und Herbert B 'Störungen' ihres Familienlebens hintangehalten werden sollten. Sowohl die Minderjährige als auch der ue Vater hätten ein begründetes Interesse daran, die leibliche Abstammung unberührt zu lassen und nicht etwa durch eine Adoption zu 'bereinigen', solange der ue Vater an einem Bestehen derselben mit überzeugenden Argumenten und unter Einhaltung der ihm obliegenden Verpflichtungen festhalte.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Herbert B nicht Folge. Es erachtete den gerügten Verfahrensmangel nicht als gegeben, weil im Verfahren außer Streitsachen keine Verpflichtung des Gerichtes bestehe, den Parteien einzelne Beweisergebnisse zur Kenntnis zu bringen. Gemäß § 181 a Abs 1 Z 4 ABGB habe der Vater des ue Wahlkindes, wenn die Vaterschaft festgestellt sei, ein Recht auf Anhörung zur beabsichtigten Adoption. Daraus folge die Verpflichtung des Gerichtes, sich mit den Gründen auseinanderzusetzen, die der ue Vater gegen die Bewilligung der Adoption vorgebracht habe (EvBl.1962/205). Im gegenständlichen Fall habe der ue Vater geltend gemacht, er habe seine Verpflichtungen dem Kind gegenüber stets erfüllt und zu diesem regelmäßig Kontakt gehabt. Da ihm der Besuchskontakt in der Folge verweigert worden sei, habe er einen Besuchsrechtsantrag gestellt.

Nach der Neuordnung des Kindschaftsrechtes durch das Bundesgesetz vom 30.6.1977, BGBl. Nr.403, solle von keinem Unterschied zwischen ehelichen und unehelichen Kindern ausgegangen werden. Das Kindschaftsrecht sei im 3.Hauptstück des ABGB nunmehr so abgefaßt, daß es grundsätzlich gemeinsame Bestimmungen für eheliche und uneheliche Kinder enthalte und unterschiedliche Regelungen nur dort anzutreffen seien, wo sie durch die anders gelagerte Familienstruktur erforderlich seien. Die Interessen des ue Vaters an der Pflege verwandtschaftlicher Beziehungen zu seinem Kind könnten im Adoptionsverfahren nicht berücksichtigt bleiben. Im gegenständlichen Fall erscheine das Bekenntnis des ue Vaters zu dem Kind als schutzwürdig. Der ue Vater habe sich am Kind interessiert gezeigt, habe mit allen Mitteln versucht, das Kind zu sehen, und habe sich zur Unterhaltsleistung verpflichtet. Er habe bisher echtes Interesse an der Minderjährigen gezeigt.

Herbert B bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit außerordentlichem Revisionsrekurs aus den Gründen der Nullität sowie der offenbaren Gesetzwidrigkeit und Aktenwidrigkeit.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionrekurs ist nicht zulässig, weil die behaupteten Anfechtungsgründe im Sinne des § 16 AußStrG nicht vorliegen. Von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Bei der Tagsatzung vom 31.7.1984 (ON 14), bei der Herbert B und die leiblichen Eltern der Minderjährigen vernommen wurden, war der von Herbert B bevollmächtigte Rechtsanwalt vertreten. Der Umstand, daß Herbert B oder sein Rechtsanwalt zu weiteren Beweisaufnahmen nicht beigezogen wurden und ihnen keine Gelegenheit gegeben wurde, dazu Stellung zu nehmen, begründet keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (EFSlg.44.424, 44.689 uva). Der Hinweis des Revisionsrekurswerbers auf die Entscheidung 1 Ob 721/81 (= EFSlg.Bd.XVIII/3) vermag daran nichts zu ändern, weil dort der Mutter keine Gelegenheit gegeben worden war, zu schwerwiegenden gegen sie erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Im vorliegenden Fall bestätigten die Zeugen, zu deren Vernehmung Herbert B nicht beigezogen wurde, lediglich die Aussage, die der ue Vater in Gegenwart des Vertreters des Herbert B abgelegt hatte. Nicht zielführend sind die Ausführungen über die Verpflichtung der Gerichte, im Verfahren außer Streitsachen die Wahrheit zu erforschen und alle wesentlichen Umstände zu berücksichtigen, weil dies im vorliegenden Fall ohnedies geschehen ist. Das Erstgericht vernahm alle Personen, die nach der Aktenlage Kenntnis von den wesentlichen Umständen haben, und traf auch entsprechende Feststellungen. Worin eine Aktenwidrigkeit liegen soll, ist dem Rechtsmittel nicht zu entnehmen.

Richtig ist, daß das Gericht auf das Wohles der Minderjährigen Rücksicht zu nehmen hat (vgl. EFSlg.44.648 uva), doch vermag der Revisionsrekurswerber nicht aufzuzeigen, daß das Wohl der Minderjährigen außer Acht gelassen wurde.

Fest steht, daß sich der leibliche Vater um die Minderjährige seit ihrer Geburt kümmerte, für sie sorgte und mit ihr Kontakt suchte. Es ist nicht einzusehen, weshalb es für das Wohl der Minderjährigen erforderlich sein sollte, diese auf dem Verwandtschaftsverhältnis beruhende natürliche Beziehung zu unterbinden, zumal eine Adoption keine Voraussetzung dafür ist, daß die Minderjährige, ihre ue Mutter und deren Ehemann in einem gemeinsamen Haushalt ein harmonisches Familienleben führen. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit infolge Nichtbeachtung des Wohl der Minderjährigen liegt daher nicht vor. Aus diesen Gründen war der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

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