OGH 2Ob569/85

OGH2Ob569/8521.5.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am 28.11.1973 geborenen Silvia Eleonore A, infolge Revisionsrekurses des Dr.Hartmann B, Magistratsbeamter, 9020 Klagenfurt, Nestroygasse 24, und der Mutter Mag.Eleonore B, Mittelschulprofessor, ebendort, beide vertreten durch Dr.Joachim Sonnleitner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 22. März 1985, GZ. 1 R 125/85-108, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 8.Jänner 1985, GZ. 2 P 112/80-100, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die am 28.11.1973 geborene Silvia Eleonore A befindet sich seit der im Jahre 1976 erfolgten Scheidung der Ehe ihrer Eltern in Pflege und Erziehung ihrer Mutter. Zum Zeitpunkt der Ehescheidung hatten beide Elternteile ihr Studium noch nicht beendet. Im Jahre 1981 verehelichte sich die Mutter Mag.Eleonore A mit dem Magistratsbeamten Dr. Hartmann B. Der Vater Mag.Josef Klaus A beendete sein Studium im Jahre 1983 und ist nunmehr als AHS-Lehrer tätig. Wegen seiner studiumbedingten Einkommenslosigkeit bezog die mj.Silvia neben dem mit S 800 vereinbarten monatlichen Unterhaltsbeitrag des Vaters seit dem Jahr 1978 staatliche Unterhaltsvorschüsse. Im Februar 1983

wurden die Unterhaltsbeiträge des Vaters auf zuletzt monatlich S

1.500 erhöht.

Im Oktober 1983 beantragte der Vater, ihm hinsichtlich der mj.Silvia ein Besuchsrecht zu gewähren, weil es bei der Ausübung des bisher formlos zugestandenen Besuchsrechtes seit der Verehelichung der Mutter mit Dr.B zu Schwierigkeiten gekommen sei. Zu diesem Antrag wurde die mj.Silvia vom Erstgericht am 7.5.1984 einvernommen. Sie erklärte, daß sie den Vater sehr gerne habe und ihn auch in Zukunft sehen und mit ihm bleibenden Kontakt haben wolle.

Am 9.5.1984 stellten die Mutter und Dr.Hartmann B den Antrag auf Genehmigung eines Adoptionsvertrages, wonach Dr. Hartmann B die mj.Silvia an Kindesstatt annimmt. Zu dieser beabsichtigten Adoption verweigerte der Vater die Zustimmung mit der Begründung, er wolle den Kontakt zu seiner Tochter nicht verlieren. Hierauf beantragten Dr. Hartmann B und die Mutter, die verweigerte Zustimmung gemäß § 181 Abs.3 ABGB durch Gerichtsbeschluß zu ersetzen. Sie brachten vor, der Vater habe bisher wenig Interesse am Kind gezeigt, es nur sehr selten besucht und keinen Unterhalt gezahlt, es sei zwischen ihm und der mj.Silvia auch zu einer ausgesprochenen Entfremdung gekommen. Bei ihrer Einvernahme zu dieser beabsichtigten Adoption erklärte die mj. Silvia, sie habe ihren leiblichen Vater gerne; auf die Frage, ob sie eine Adoption wünsche bzw. ob sie ihren leiblichen Vater wiedersehen möchte, gab sie keine Antwort und weinte. Mit Beschluß ON 100 wies das Erstgericht die Anträge, die verweigerte Zustimmung des Vaters zur Adoption durch pflegschaftsbehördlichen Beschluß zu ersetzen und den vorgelegten Adoptionsvertrag pflegschaftsbehördlich zu genehmigen, ab. Es vertrat die Auffassung, daß eine Unterbindung der Beziehungen der mj. Silvia zu ihrem Vater nicht dem Wohle des Kindes entsprechen würde und auch der Wunsch des Vaters, die Bindung zu seinem Kind aufrecht zu erhalten, zu respektieren sei, zumal er kein grob familienwidriges oder pflichtwidriges Verhalten gesetzt habe. Daß seine Weigerungsgründe sittlich nicht gerechtfertigt seien, könne jedenfalls nicht gesagt werden. Eine Befürchtung, die Vater-Kind-Beziehung könnte die Integration der minderjährigen Silvia in die neue Familie stören, sei nicht gegeben. Es liege im Interesse des Kindes, eine gute Beziehung sowohl zum leiblichen Vater als auch zum Stiefvater zu haben.

Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß. Es verwies darauf, daß bei der Ersetzung der verweigerten Zustimmung durch Gerichtsbeschluß das Wohl des Kindes zu berücksichtigen sei, eine solche Ersetzung aber nur dann als zulässig erachtet werden könne, wenn die Weigerungsgründe sittlich nicht gerechtfertigt erschienen. Nach der Rechtsprechung sei der Widerspruch des leiblichen Elternteiles daher grundsätzlich beachtlich und könne nur in Ausnahmsfällen übergangen werden.

Ein in höchstem Maße familienwidriges Verhalten könne dem Vater vorliegendenfalls keinesfalls vorgeworfen werden, weil seine unzureichenden Unterhaltsleistungen auf die studiumbedingte Einkommens- und Vermögenslosigkeit zurückzuführen seien, und er sich nunmehr bemühe, nicht nur den laufenden Unterhalt, sondern auch die aufgelaufenen Rückstände abzudecken.

Die Minderjährige habe bisher auch erklärt, ihren Vater gerne zu haben und bleibenden Kontakt zu ihm zu wünschen. Selbst wenn das von Dr.B und der Mutter beantragte, vom Erstgericht aber nicht eingeholte kinderpsychologische Gutachten entgegen den bisherigen öußerungen des Kindes zu einem anderen Ergebnis hinsichtlich dessen Meinung käme, lägen doch keine Gründe vor, die Weigerung des Vaters, der Adoption zuzustimmen, als sittlich nicht gerechtfertigt zu betrachten. Somit habe das Erstgericht aber zu Recht beide Anträge abgewiesen.

Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß erheben Dr.Hartmann B und die Mutter einen auf den Beschwerdegrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit gestützten außerordentlichen Revisionsrekurs gemäß § 16 AußStrG mit dem Antrage auf Aufhebung der unterinstanzlichen Beschlüsse und Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung oder aber Abänderung des rekursgerichtlichen Beschlusses dahin, daß ihren vor dem Erstgericht gestellten Anträgen stattgegeben werde. Die behauptete Gesetzwidrigkeit wird von den Rekurswerbern darin erblickt, daß die Unterinstanzen bei ihrer Entscheidung das Wohl des Kindes nicht berücksichtigt hätten. Im weiteren rügen die Revisionswerber wiederum die unterbliebene Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist mangels Vorliegens eines der in § 16 AußStrG genannten Beschwerdegründe unzulässig und daher zurückzuweisen.

Gemäß § 181 Abs.1 ABGB hat das Gericht die verweigerte Zustimmung einer der im § 181 Abs.1 ABGB genannten Personen zur Adoption auf Antrag eines Vertragsteiles zu ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für diese Weigerung vorliegen. Welche konkreten tatsächlichen Umstände im Einzelfalle solche gerechtfertigten Gründe darstellen, ist im Gesetz nicht näher bestimmt (3 Ob 54/74; 1 Ob 696/80; 2 Ob 516/81; vgl.EvBl.1980/98). Nach ständiger Judikatur erfordert die Annahme einer offenbaren Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 AußStrG aber, daß entgegen einer klaren und ausdrücklichen gesetzlichen Regelung entschieden wurde (SZ 39/103, JBl 1975,661 uva). Dies ist hier somit nicht der Fall. Daran ändert auch die Behauptung der Rekurswerber nichts, daß bei der Entscheidung das Wohl des Kindes außer Acht gelassen worden sei. Im Pflegschaftsverfahren kann zwar in der Außerachtlassung des Kindeswohles grundsätzlich eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegen. Wie der Oberste Gerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat (EvBl.1980/98; 1 Ob 557, 609/80; 5 Ob 605/81; 3 Ob 686,687/82), genügt es im Adoptionsverfahren im Hinblick auf die einschneidenden Wirkungen einer Adoption, nämlich die dauernde Entziehung des Kindes, jedoch nicht, daß das Wohl des Kindes durch die geplante Adoption gefördert würde. Eine Ersetzung der verweigerten Zustimmung ist grundsätzlich nur unter der weiteren Voraussetzung zulässig, daß die Weigerungsgründe als nicht gerechtfertigt anzusehen sind. Auf die - von den Unterinstanzen entgegen den Rekursausführungen tatsächlich behandelte - Frage des Kindeswohles ist somit aber nicht weiter einzugehen. Demgemäß erscheint aber auch der Antrag der Rekurswerber auf Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens rechtlich unerheblich. Ein Verfahrensmangel im Gewichte einer in § 16 AußStrG als Beschwerdegrund genannten Nullität kommt daher insoweit von vornherein nicht in Betracht.

Mangels Vorliegens zulässiger Beschwerdegründe war der außerordentliche Revisionsrekurs somit zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte