OGH 4Ob332/85

OGH4Ob332/8514.5.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A S. B Gesellschaft m.b.H., Geislingen-Eybach, Im Öschle 22, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Peter Knirsch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei C Sportartikel Handelsgesellschaft m.b.H., Wiener Neudorf, Industriezentrum Niederösterreich-Süd, Straße 3, Objekt 16, vertreten durch Dr. Hans Perner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 500.000,--), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 14. Februar 1985, GZ 3 R 6/85-9, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 23. November 1984, GZ 17 Cg 129/84-4, abgeändert wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Nach dem von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen Sachverhalt betreibt die klagende Partei unter der Firma 'A S. B Gesellschaft m.b.H.' ein Unternehmen, in dem sie unter anderem Sportbekleidung vertreibt.

Sie ist Inhaberin der international registrierten Marke 'Sunset' für die sämtliche Arten von Bekleidung umfassende Warenklasse 25 des internationalen Abkommens von Nizza. Diese Marke genießt mit Priorität vom 25. Oktober 1983 auch in Österreich Schutz. Die beklagte Partei befaßt sich mit dem Vertrieb von Sportartikeln und Sportbekleidung. Auf der Suche nach einer zweiten Eigenmarke für die von der beklagten Partei vertriebenen Sportbekleidungsartikel kam ihr Geschäftsführer zu der Wortzusammensetzung von 'sun' und 'jet'. Er wandte sich an den Geschäftsführer der am 3. August 1983 gegründeten D Bekleidungsgesellschaft m.b.H. und erlangte die ausdrückliche Zustimmung dieser Gesellschaft, deren Firmenschlagwort 'Sunjet' als 'Eigenmarke' für die von ihr vertriebenen Sportbekleidungsartikel zu verwenden. Zu diesem Zeitpunkt war dem Geschäftsführer der beklagten Partei bekannt, daß die klagende Partei unter dem Schlagwort 'Sunset' ebenfalls Sportbekleidungsartikel verkauft. Die beklagte Partei warb für einen Teil ihrer Sportbekleidungsartikel in ihrem Winterkatalog 1984/85 unter der Bezeichnung 'Sunjet'.

Im amtlichen Telefonbuch für Wien sind eine Reihe von Firmenschlagworten angeführt, in denen der Wortbestandteil 'sun' vorkommt.

Das Erstgericht wies den auf das Verbot der Verwendung des Wortes 'Sunjet' im geschäftlichen Verkehr sowie insbesondere auf die weitere Inverkehrsetzung des vorerwähnten Winterkatalogs gerichteten Sicherungsantrag der klagenden Partei ab. Es verneinte die Verwechslungsfähigkeit der beiden Bezeichnungen 'Sunset' und 'Sunjet' im Sinne des § 9 UWG, weil deren Wortbestandteile und deren Bedeutung auch für den flüchtigen Durchschnittsbetrachter mit allgemein geläufigen Begriffen im Zusammenhang stünden. Die beklagte Partei habe nicht bloß einen Buchstaben ausgetauscht, sondern das Wort 'Sun' mit dem ebenfalls weitgehend bekannten Wort 'Jet' in Verbindung gebracht. Der Wortklang der beiden Bezeichnungen sei hinreichend verschieden. Da an Worten der allgemeinen Umgangssprache, wie dem Wort 'Sun', ein Freihaltebedürfnis bestehe, könne diesem Wortbestandteil keine Unterscheidungskraft zugebilligt werden.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es die beantragte einstweilige Verfügung erließ. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Das Rekursgericht vertrat die Rechtsauffassung, der Wortbestandteil 'Sun' sei zwar ein 'schwaches' Zeichen, doch sei der Sinngehalt des (zweiten) Wortbestandteiles 'jet' nicht offenkundig und das Wort 'Sunjet' könne überhaupt nicht in die deutsche Sprache sinnvoll übersetzt werden. Dem flüchtigen Leser werde daher die übereinstimmung der Endsilbe dieses Wortes mit dem Wort 'Jet' (Düsenflugzeug) in der Regel nicht auffallen. Den unterschiedlichen Konsonanten 's' und 'j' komme weder phonetisch noch nach dem Wortbild eine Unterscheidungskraft zu. Nach dem maßgeblichen Gesamteindruck bestehe daher Verwechslungsgefahr. Damit verletze aber die beklagte Partei das Markenrecht der Klägerin. Die Zustimmung eines vom Markeninhaber verschiedenen Dritten verschaffe der beklagten Partei keine Berechtigung zur Verwendung dieser Bezeichnung gegenüber dem Markeninhaber.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei mit einem auf die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzielenden Abänderungsantrag. Die klagende Partei hat eine Revisionsrekursbeantwortung nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die beklagte Partei vertritt in ihren Rechtsmittelausführungen die Auffassung, die beiden gegenständlichen Zeichen begründeten nicht die Gefahr einer Verwechslung. Der Wortbestandteil 'Sun' sei weitgehend in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen und sei nicht schutzfähig, sodaß dem zweiten Wortbestandteil 'jet' besondere Bedeutung beizumessen sei. Dieses Wort werde von der weitaus überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung mit dem Begriff 'Düse' oder 'rasant-modern' in Verbindung gebracht, wogegen das Wort 'Sunset' als 'Sonnenuntergang' bei einem Großteil der Bevölkerung bekannt sei.

Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden. Der den beiden streitgegenständlichen Bezeichnungen gemeinsame Wortbestandteil 'Sun' hat zwar keinen beschreibenden Charakter, weil er keine Angaben enthält, die auf Ursprung, Beschaffenheit, Bestimmung, Preis, Menge oder Gewicht der Waren hinweist (Baumbach-Hefermehl, Warenzeichenrecht 11 , Anm. 61 zu § 4 WZG, 269); er ist aber ein 'schwaches' Zeichen, weil er infolge seines weitgehend allgemein bekannten Wortsinnes ('Sonne') sowie nach seinem klanglichen Gehalt eine nur geringe Kennzeichnungskraft besitzt (Baumbach-Hefermehl a. a.O., Anm. 132 zu § 31 WZG, 819). Bei einem öhnlichkeitsvergleich von Wörtern, die in einem nicht oder nur wenig kennzeichnungskräftigen ('schwachen') Bestandteil übereinstimmen, ist regelmäßig auf den Gesamteindruck der beiden Zeichen abzustellen. Auch schutzunfähige oder 'schwache' Zeichenbestandteile können im Einzelfall, wenn auch nicht allein, so doch in Verbindung mit anderen Elementen, diesen Gesamteindruck des Zeichens als Ganzes beeinflussen und sogar bestimmen. Es dürfen deshalb nicht einzelne Zeichenbestandteile isoliert betrachtet und dem öhnlichkeitsvergleich nur die nicht übereinstimmenden Zeichenteile zugrundegelegt werden; vielmehr ist in jedem Einzelfall zu prüfen, welcher Einfluß auf den Gesamteindruck des Zeichens dessen einzelnen Teilen zukommt. Trotzdem liegt das charakteristische Merkmal eines Zeichens grundsätzlich nicht in einem schutzunfähigen oder 'schwachen' Bestandteil; in solchen Fällen wird vielmehr die Aufmerksamkeit des Käufers zwangsläufig auf die übrigen Zeichenelemente gelenkt. Schutzunfähige oder 'schwache' Teile tragen also im allgemeinen, wenn überhaupt, nur wenig zum Gesamteindruck des Zeichens bei; schon relativ geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen reichen in der Regel aus, um die Gefahr von Verwechslungen zu beseitigen (ÖBl. 1982, 76 m.w.H.; ÖBl. 1982, 42; ÖBl. 1984, 104 u.a.).

Im gegenständlichen Fall wird der Gesamteindruck der beiden Bezeichnungen durch den Wortbestandteil 'Sun' nicht maßgeblich geprägt. Die Vielzahl der (auch im Telefonbuch ihren Niederschlag findenden) Wortverbindungen, auf welche die beklagte Partei verweist, führt dazu, daß das Publikum nicht diesem Wort, sondern dem zweiten Wortbestandteil eine besondere Beachtung schenkt. Die Bestandteile 'set' und 'jet' treten daher nicht etwa in den Hintergrund;

es kommt ihnen bei der Beurteilung des Gesamteindrucks vielmehr eine entscheidende Bedeutung zu.

Ein Vergleich des Wortklanges dieser beiden Wortbestandteile ergibt aber keinen markanten Unterschied. Gleichgültig, ob man das Wort 'jet' nach deutschem Sprachgebrauch oder richtig nach englischem Sprachgebrauch ausspricht, ist der Unterschied der beiden Konsonanten 's' und 'j' derart gering, daß eine Verwechslung jedenfalls bei einem nicht unbeträchtlichen Teil des Publikums, vor allem weil die beiden Bezeichnungen regelmäßig nicht zur selben Zeit wahrgenommen werden, möglich ist. Das gleiche gilt für das Wortbild, weil sich das geschriebene Wort nur hinsichtlich der beiden vorgenannten Konsonanten unterscheidet. Einer Unterscheidung nach dem Sinngehalt kommt im vorliegenden Zusammenhang deshalb keine entscheidende Bedeutung im Sinne der Auffassung der beklagten Partei zu, weil das Wort 'Sunset' der englischen Sprache angehört und seine deutsche Bedeutung (Sonnenuntergang) einem jedenfalls erheblichen Teil der angesprochenen Interessenten naturgemäß nicht geläufig ist. Das Wort 'Sunjet' ergibt überhaupt keinen eindeutigen Sinngehalt und führt daher bei einem solchen öhnlichkeitsvergleich ebenfalls nicht zu dem von der beklagten Partei gewünschten Ergebnis. Dem Rekursgericht ist daher darin zuzustimmen, daß nach den Ergebnissen des Provisorialverfahrens infolge der erörterten Verwechslungsgefahr ein Markeneingriff im Sinne des § 9 UWG bescheinigt ist. Der Revisionsrekurs muß daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 78, 402 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO begründet.

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