OGH 6Ob836/83

OGH6Ob836/839.5.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A Kompressoren und Druckluftgeräte Vertriebsgesellschaft m.b.H., Wien 15., Markgraf Rüdiger-Straße 8, vertreten durch Dr. Wilhelm Grünauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Herbert B, Inhaber der prot.Firma Auskunftei Karl C, Wien 1., Neuer Markt 1, vertreten durch Dr. Emmerich Fritz, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 182.159,34

samt Anhang, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 15. September 1983, GZ. 2 R 142/83-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 20. Mai 1983, GZ. 34 Cg 664/82-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil und das Urteil des Erstgerichtes werden einschließlich der Aussprüche über die Verfahrenskosten aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin verlangte vom Beklagten die Bezahlung eines Betrages von S 182.159,34 samt Anhang und führte zur Begründung aus:

Sie habe auf Grund des Inhaltes einer beim Beklagten eingeholten Auskunft vom 27. Jänner 1981 der Firma D Textilmaschinen Gesellschaft m.b.H. gegen offene Rechnung vom 5. Februar 1981 Waren im Gesamtwert von S 237.472,64 geliefert. In der Folge sei es zu Zahlungsanständen gekommen, weshalb die Klägerin eine weitere Auskunft von anderer Seite eingeholt habe. Diese habe ergeben, daß bereits am 24. April 1980 ein amtswegiges Löschungsverfahren gegen die Firma D Textilmaschinen Gesellschaft m.b.H. eingeleitet worden sei. Mehrere Konkursanträge seien mangels kostendeckenden Vermögens schon vor Erteilung der Auskunft durch den Beklagten abgewiesen worden. Der am 28. Februar 1981 vom Geschäftsführer der Firma D Textilmaschinen Gesellschaft m.b.H, Ing. E, abgelegte Offenbarungseid habe ergeben, daß die Firma bis auf eine Forderung gegen eine Firma in Griechenland praktisch vermögenslos sei. Diese Forderung stehe offensichtlich mit der Lieferung der Klägerin in Zusammenhang. Der Klägerin sei ein Schaden in Höhe von S 182.359,34 entstanden. Der Beklagte habe seinen bedauerlichen Irrtum auch in einem Schreiben vom 3. August 1981 anerkannt und damit zu entschuldigen versucht, daß es sich um eine Expreßauskunft gehandelt habe. Der Beklagte habe in seiner Auskunft nicht einmal die aktuellen Daten aus dem Registerakt angeführt. Es sei ihm deswegen 'gröbstes Verschulden' an der Unrichtigkeit seiner Auskunft anzulasten. Der Beklagte könne sich nicht mit dem einfachen Hinweis in den allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Haftung für den Inhalt sei generell ausgeschlossen, der Haftung entziehen. Der Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und beantragte die Abweisung desselben. Er stellte außer Streit, daß zwischen den Parteien auf der Basis eines Auskunftsabonnements ein Rechtsverhältnis bestanden habe, wonach der Beklagte unter Zugrundelegung seiner Geschäftsbedingungen Auskünfte zur rechtlichen Existenz und der sonstigen allseitigen Verhältnisse hinsichtlich angefragter Firmen oder Personen erteile. Die letzte so erfolgte Auskunft an die Klägerin sei am 15. April 1982 erteilt worden. Der Vorgang einer solchen Auskunftserteilung sei folgender:

Interessierte Firmen könnten ein Auskunftsheft mit zwischen fünf und zweihundert Auskunftsblättern um S 330 pro Auskunftsblatt erwerben. Im Auskunftsheft seien die vom Beklagten gedruckten Formulare und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Auskunftei enthalten. Unter Zugrundelegung dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen würden alle Auskunftserteilungen abgewickelt. Diese Informationen würden einem umfangreichen, durch Anfragen bei Banken, Erhebungen bei Gericht am Sitz des jeweiligen Unternehmens usw. stets auf den neuesten Stand gebrachten Archiv entnommen. Auf diese Weise versuche der Beklagte, den Auftraggebern - naturgemäß unter Ausschluß der Haftung für fahrlässige Fehlleistungen - möglichst richtige Auskunft zu erteilen, wobei eine derartige Auskunft keine Garantieerklärung zur übernahme des kaufmännischen Risikos sein solle und könne, sondern nur ein Beitrag zum Erkennen der allseitigen Verhältnisse bezüglich der Personen oder Firmen, hinsichtlich welcher angefragt würde. Antragsformulare und Allgemeine Geschäftsbedingungen hätten den Hinweis auf den Schadenersatzverzicht des Auskunftsempfängers enthalten. Es sei richtig, daß am 27. Jänner 1981 um Auskunftserteilung hinsichtlich der Firma D Textilmaschinen Handelsgesellschaft m.b.H. ersucht worden sei, wobei die Auskunft noch am selben Tage zu erteilen gewesen (Blitzauskunft) und auch nach Einsicht ins Archiv und nach fernmündlichen Erhebungen erteilt worden sei. Bereits in der Auskunft sei darauf hingewiesen worden, daß der Beklagte keinen genauen Einblick in die finanziellen Verhältnisse der Firma habe, weil diese keinen Realbesitz habe, daß insgesamt zwei Personen beschäftigt seien und eine Zusammenarbeit mit einer bedeutenden Firma in der Bundesrepublik Deutschland bestünde. Der Beklagte habe schließlich das positive Krediturteil abgegeben, daß bei 'entsprechender Kreditverteilung' ein Gesamtkredit von S 250.000 vertretbar wäre. Diese Stellungnahme stelle lediglich eine subjektive Meinung der Auskunftei dar. Allein aus dem Umstand, daß die Klägerin S 80.000 erhalten habe, sei ersichtlich, daß eine Kreditverteilung sinnvoller gewesen wäre, als alles auf einmal zu fordern. Darüber hinaus sei die Firma D Textilmaschinen Handelsgesellschaft m.b.H. noch im aktuellen Handelsregister des Jupiter-Verlages mit Stichtag 13. Jänner 1982 'unverändert zu HRB 1540 des Kreisgerichtes Wels, nunmehr mit Sitz in 4600 Wels, Ringstraße 8, protokolliert' gewesen. Ferner habe die Klägerin nicht bewiesen, daß vor dem 27. Jänner 1981 auch wirklich ein Ediktalverfahren auf amtswegige Löschung der Firma stattgefunden habe. Das Nichterkennen eines etwaigen Löschungsantrages stelle noch kein grobes Verschulden dar. Außerdem stütze sich der Klagsanspruch nicht auf das Vertragsverhältnis, sondern auf die allgemeinen Schadenersatzbestimmungen der §§ 1293 ff ABGB, wobei es allerdings bei einem derartigen Schadenersatzanspruch an der Unmittelbarkeit fehle.

Die Klägerin entgegnete diesen Ausführungen, sie habe für die Blitzauskunft das dreifache Entgelt bezahlen müssen. Die Tatsache einer Blitzauskunft dürfe an der Qualität der Auskunft nichts ändern. Der Verzicht auf jeden Schadenersatz sei bei dem dem Beklagten anzulastenden groben Verschulden unwirksam. Das Krediturteil in Beilage 2 sei nach den im Auskunftswesen gebräuchlichen Redewendungen als positives Krediturteil zu verstehen gewesen. Der Beklagte verwende bei seinen Auskünften ein Deckblatt wie Beilage B. Die Klägerin habe zumindest darauf vertrauen können, daß dem Beklagten bei Auskunftserteilung alle jene Tatsachen bekannt seien, die durch Ediktalverfahren bekanntgemacht würden, so auch das zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung anhängig gewesene amtswegige Löschungsverfahren infolge Vermögenslosigkeit.

Die Klägerin stellte außer Streit, daß sie den Vermerk in der Auskunft über die Geltung der Geschäftsbedingungen des Beklagten nicht gerügt hat. Ebenso steht außer Streit, daß die Klägerin keine Durchgriffsklage gegen den Geschäftsführer der Firma D Textilmaschinen Handelsgesellschaft m.b.H. eingebracht hat. Die Klägerin brachte dazu vor, eine solche Klage sei deshalb nicht eingebracht worden, weil die Bonitätsauskünfte über den Geschäftsführer eine Einbringlichkeit nicht erwarten ließen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die Klägerin holte schon seit vielen Jahren Auskünfte beim Beklagten ein. Eine Auskunftserteilung erfolgt auf der Basis eines Auskunftsabonnements, wonach der Beklagte unter Zugrundelegung seiner Geschäftsbedingungen Auskünfte über Firmen oder Personen erteilt. Die am Umschlag des Anfrageheftes abgedruckten Geschäftsbedingungen enthalten den Hinweis, daß der Auskunftsempfänger auf jeden Schadenersatz verzichte, es sei denn, die Auskunft würde wider besseres Wissen erteilt. Am 27. Jänner 1981 verlangte die Klägerin telefonisch eine Blitzauskunft darüber, ob die Firma D Textilmaschinen Handelsgesellschaft m.b.H. für einen Kredit von S 250.000 gut sei. Die Klägerin mußte sich damals innerhalb von zwei Tagen entscheiden. Helmut F bearbeitete die Anfrage. Bezüglich der Firma D Textilmaschinen Handelsgesellschaft m. b.H. war schon ein Vorakt vorhanden, in dem sich auch Angaben über den Vorgänger dieser Firma, Ing. E, befanden. Diese Auskünfte stammten von einem ausländischen Geschäftspartner und von einer inländischen Bank. Darüber hinaus schlug Helmut F auch noch im Registerbuch des Jupiter-Verlages, in dem die Firma D Textilmaschinen Handelsgesellschaft m.b.H.

noch im Jänner 1982 aufschien, und im 'Lehmann' nach. Ferner versuchte er, eine telefonische Erkundigung beim Kreisgericht Wels einzuholen, erhielt aber keine Auskunft. Er informierte sich auch, ob die Bankverbindung (Breisach-Pinschof-Schoeller) wirklich besteht. Die Bank konnte nichts Nachteiliges über die Firma D Textilmaschinen Handelsgesellschaft m.b.H. mitteilen. Auf Grund dieser Mitteilungen verfaßte Helmut F dann die Blitz auskunft Beilage 2. Das Archiv des Beklagten wird immer auf den neuesten Stand gebracht. Zu diesem Zweck bezieht der Beklagte die Wiener Zeitung, das Zentralblatt für Veröffentlichungen im Handelsregister, den Exekutionsanzeiger und beobachtet auch die Amtstafel des Handelsgerichtes Wien, nicht jedoch die der anderen Handelsregister in Österreich. In einer Zettelkartei werden die neuesten Daten immer eingetragen. In den Bundesländern arbeiten freie Mitarbeiter, die zwar nicht routinemäßig Erkundigungen einziehen, aber bei konkreten Fragen Auskunft erteilen. Im gegenständlichen Fall lautete die Auskunft zugunsten der Firma D positiv: Sie sei bezüglich des angefragten Betrages in 'entsprechender Verteilung' kreditwürdig. Daraufhin lieferte die Klägerin der Firma D Textilmaschinen Handelsgesellschaft m.b.H. Maschinen im Wert von S 237.472,64, bekam aber nur S 80.000 auf den Kaufpreis bezahlt. Da die Klägerin trotz wiederholter Urgenz keine Zahlungen mehr erhielt, erwog sie gerichtliche Schritte und holte zu diesem Zweck von anderer Seite Erkundigungen über die Firma D Textilmaschinen Handelsgesellschaft m. b.H. ein. Es stellte sich heraus, daß die Auskunft des Beklagten über diese Gesellschaft unrichtig war, schon etliche Konkursanträge mangels Vermögens abgewiesen worden waren und die Auflösung der Gesellschaft am 24. April 1980 im Handelsregister eingetragen worden war. Wenn die Auskunft des Beklagten einen Hinweis auf einen Konkursantrag enthalten hätte, hätte die Klägerin an die Firma D nicht geliefert.

Diesen Sachverhalt unterzog das Erstgericht folgender rechtlicher Beurteilung:

Die Erteilung einer Auskunft begründe die Haftung des Auskunftserteilenden, wenn eine vertragliche Verpflichtung zur Auskunftserteilung bestehe. Der Einwand des Beklagten, die Klägerin begehre den Ersatz eines mittelbaren Schadens, gehe daher ins Leere. Die Vereinbarung eines Haftungsausschlusses für grobe Fahrlässigkeit sei insoweit zulässig, als sie nicht sittenwidrig sei. Sittenwidrigkeit sei dann anzunehmen, wenn die unterlaufende Fahrlässigkeit so kraß sei, daß mit einem derartigen Verhalten nach den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht mehr gerechnet werden könne und daher die grobe Fahrlässigkeit dem Vorsatz gleichzustellen sei. Im vorliegenden Fall sei eine derartige krasse Fahrlässigkeit nicht gegeben. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens könne nicht ausgeschlossen werden, daß die Veröffentlichung der Abweisung eines Konkursantrages oder die Auflösung einer Firma nicht registriert werde. Es sei auch zu berücksichtigen, daß der Beklagte bei Erteilung der Auskunft unter Zeitdruck gestanden sei. Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge und erklärte die Revision für zulässig. Es stellte folgenden Sachverhalt ergänzend fest:

Das beim Beklagten erliegende Formblatt bezüglich der Erteilung von Auskünften hat hinsichtlich der Haftung des Beklagten für unrichtige Auskünfte folgenden Inhalt: 'Zur Wahrung meiner (unserer) Interessen wird auf Grund dieses Bestellscheines und der Geschäftsbedingungen um Auskunft über nachstehende Person (Firma) ersucht, auf jeden Entschädigungsanspruch verzichtet und die Verpflichtung zur Geheimhaltung der Auskunft übernommen.' (Beilage 3). Die Geschäftsbedingungen des Beklagten (Beilage 4) haben hinsichtlich der Haftung folgenden Inhalt: 'Der Auskunftsempfänger verzichtet ausdrücklich auf jeden Schadenersatz, es sei denn, daß die Auskunftei selbst die Auskunft wider besseres Wissen erteilt hätte.'

Am 3. August 1981 richtete die Klägerin an den Beklagten das Schreiben Beilage D, das folgenden Inhalt hat:

'Wir haben am 27. Jänner 1981 eine Auskunft über die o.a. Firma angefordert. Auf Grund der relativ günstigen Auskunft haben wir einen Kredit in der Höhe von ca. S 237.000 gewährt. In der Folge hat der Schuldner nicht bezahlt und wir mußten den Kreditschutzverband mit dem Inkasso beauftragen. Zu unserem Entsetzen haben wir festgestellt, daß Ihre Auskunft in so ziemlich allen wesentlichen Punkten unrichtig war. Hätten wir die tatsächlichen Verhältnisse gekannt, wäre natürlich eine Kreditgewährung überhaupt nicht in Frage gekommen. Wir sehen in der Erteilung Ihrer Auskunft eine grob fahrlässige Handlung - es wurde die Gesellschaft schon am 24. April 1980 von Amts wegen aufgelöst - und wir müssen uns, falls die Forderung letzten Endes nicht einbringlich sein sollte, entsprechende Schadenersatzansprüche vorbehalten.' Darauf antwortete der Beklagte am 6. August 1981 mit dem Schreiben Beilage E wie folgt: 'In Beantwortung Ihres Schreibens vom 3. 8. 1981 mußten wir leider feststellen, daß die von Ihnen angeführte Reklamation zu Recht besteht und die von uns beschriebene Bonität der Firma nicht mehr den Tatsachen entsprach. Die von uns weitergegebenen Informationen stammten von verschiedenen Stellen, ohne daß man uns damals auf die bereits vorgekommenen Konkursanträge hingewiesen hätte. Wir können für die von uns als nicht richtig weitergegebene Information nichts anderes tun, als uns zu entschuldigen. Unsere zuständige Außenstelle hatte bei den Erhebungen im Jänner des heurigen Jahres bei der Überprüfung ziemliche Schwierigkeiten, da man im Inland keine Lieferanten feststellen konnte und von einer Seite wurde uns mitgeteilt, daß man von Anständen nichts weiß. Kurze Zeit vor der Weitergabe der Auskunft an Ihre Firma wurde uns auch noch bestätigt, daß das Unternehmen tätig ist. Es war fast unmöglich zu beurteilen, ob Erwin E im Rahmen der beauskunfteten Gesellschaft m. b.H. arbeitet, da die Tätigkeit nach außenhin kaum sichtbar war ... Dieser nunmehr passierte bedauerliche Irrtum ist keineswegs zu entschuldigen, trotzdem ersuchen wir Sie, uns weiterhin Ihr Vertrauen zu schenken ...' Dieses Schreiben beantwortete die Klägerin mit Schreiben vom 7. August 1981, Beilage F, das folgenden Inhalt hat: 'Wir danken für Ihr Schreiben vom 6. 8. 1981, welches am Kern der Sache vollkommen vorbeigeht und uns nicht befriedigen kann. Es ist Tatsache, daß Sie in Ihrer Auskunft vom 27. 1. 1981 ganz wesentliche Tatsachen, welche überhaupt nichts mit den Ihnen von verschiedenen Stellen zugegangenen Informationen zu tun haben, nicht angeführt haben, denn die abgewiesenen Konkursanträge in den Jahren 1979 und 1980 müßten doch einer Auskunftei bekannt sein. Darüberhinaus wurde die Gesellschaft schließlich von Amts wegen am 24. 8. 1980 aufgelöst, d.

h. sie existierte ja zum Zeitpunkt Ihrer Auskunftserteilung nicht mehr, wovon in Ihrer Auskunft ebenfalls keine Spur zu finden ist. Auf Grund Ihrer positiven Auskunft haben wir einen Kredit von insgesamt S 237.000,-- gewährt. Der Zweck der Einholung der Auskunft war diese Kreditgewährung; wir hätten bei einem Hinweis auf die tatsächlichen Verhältnisse niemals einen Kredit gewährt.' Im Hinblick auf diese ergänzenden Feststellungen hielt das Berufungsgericht die Mängelrüge für nicht berechtigt und bezeichnete es als unerheblich, ob der Beklagte sein Archiv jeweils auf den neuesten Stand bringe oder nicht, ob der Beklagte bei Erteilung der Auskunft unter Zeitdruck gestanden sei oder ob er es unterlassen habe, in der Auskunft zu berichten, daß aktuelle Auskünfte des Handelsgerichtes Wels in der kurzen, zur Verfügung stehenden Zeit nicht erhältlich gewesen seien. Gleichzeitig erklärte das Berufungsgericht, 'die Feststellung des Erstgerichtes' zu übernehmen, und führte in rechtlicher Hinsicht aus:

Wenn - wie im vorliegenden Fall - ein Teil seinem Vertragspartner Auskunft über mit einem Vertrag im Zusammenhang stehende wesentliche Umstände erteile und zugleich erkennen könne, daß der Vertragspartner im Vertrauen auf diese Mitteilungen Dispositionen vorzunehmen beabsichtige, müsse er für seine Sorglosigkeit einstehen. Dies träfe insbesondere auf den Beklagten zu, dessen gewerbsmäßige Aufgabe es sei, Auskünfte im Zusammenhang mit abzuschließenden Rechtsgeschäften, hier Warenlieferungen, zu erteilen. Der Beklagte habe sein Fehlverhalten ausdrücklich zugestanden und sei dieses auch als grob fahrlässig zu beurteilen. Nach der Rechtsprechung sei grobe Fahrlässigkeit dann anzunehmen, wenn eine ungewöhnliche und auffallende Nachlässigkeit vorliege und der Eintritt eines Schadens als wahrscheinlich vorhersehbar sei, wenn jemand etwas nicht beachte, was im gegebenen Fall jedermann hätte einleuchten müssen und die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße verletzt worden sei. Der Klägerin sei zuzustimmen, daß es eine grobe Fahrlässigkeit darstelle, keine Vereinbarungen, im Rahmen derer Zahlung zu leisten wäre, zu kennen und dennoch die Auskunft zu erteilen, es würde den Zahlungen im Rahmen getroffener Vereinbarungen nachgekommen. Nicht zuzustimmen sei ihr aber, wenn sie meine, daß diese Fahrlässigkeit vom bedingten Vorsatz nicht mehr zu unterscheiden sei. Das Klagebegehren bestehe dennoch nicht zu Recht. Nach der Rechtsprechung sei die ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung eines Haftungsausschlusses für grobe Fahrlässigkeit insoweit zulässig, als sie nicht sittenwidrig sei. Sittenwidrigkeit werde immer dann anzunehmen sein, wenn die unterlaufene Fahrlässigkeit so kraß sei, daß mit einem derartigen Verhalten nach den Erfahrungen des täglichen Lebens und nach redlicher Verkehrsübung nicht gerechnet werden könne und es daher gerechtfertigt erscheine, die grobe Fahrlässigkeit dem Vorsatz gleichzustellen. Da es sich im gegenständlichen Fall nicht um ein Verbrauchergeschäft gehandelt habe, sei § 6 Abs. 1 Z 9 KSchG, wonach es sittenwidrig sei, wenn der Unternehmer den Ersatz eines Schadens ausschließe, den er oder eine Person, für die er einzustehen habe, vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet habe, nicht anzuwenden. Auch das Berufungsgericht teile die Ansicht des Erstgerichtes, daß im gegenständlichen Fall zwar ein grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten anzunehmen sei, die unterlaufenden Fehler aber nicht so kraß seien, um die grobe Fahrlässigkeit dem Vorsatz gleichstellen zu können, weil nach den Erfahrungen des täglichen Lebens und nach redlicher Verkehrsausübung auch damit gerechnet werden könne, daß die Veröffentlichung der Abweisung eines Konkursantrages oder die Auflösung einer Firma von einer Auskunftei nicht registriert werde. Der Berufung sei daher, 'zumal die Höhe des erhebbaren Schadens im Berufungsverfahren nicht mehr strittig' sei, nicht Folge zu geben gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision der Klägerin ist zulässig und berechtigt.

Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung sind Freizeichnungen zumindest insoweit sittenwidrig und daher unwirksam, als eine unterlaufene grobe Fahrlässigkeit so kraß ist, daß mit einem derartigen Verhalten nach der Erfahrung des täglichen Lebens und nach der redlichen Verkehrsübung nicht gerechnet werden kann und die Fahrlässigkeit daher dem Vorsatz gleichzuhalten wäre (vgl. Welser, Haftung aus Rat, Auskunft und Gutachten, 119 f.; Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 115 zu § 879; SZ 31/57; JBl. 1967, 369; SZ 48/67; RdW 1985, 73; 7 Ob 5/85). Es kann aber nicht gesagt werden, daß durch diesen Leitsatz die richtige Konkretisierung des in der Lehre und Rechtsprechung entwickelten Rechtsbegriffes 'besonders krasse grobe Fahrlässigkeit' ohne weiteres gegeben wäre. Dies wäre nur der Fall, wenn die Entscheidungen, in welchen der allgemeine Rechtssatz angewendet wurde, im Sachverhalt gleichartig mit dem zu entscheidenden wären. Andernfalls ist ein Vergleich mit den bisher entschiedenen, nur ähnlichen Fällen vorzunehmen (vgl. ÖBl. 1984, 48 und 104). Dieser vergleichenden Beurteilung kommt zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, weil dadurch für die Zukunft das für die Beurteilung, ob in einem konkreten Fall eine solche krasse grobe Fahrlässigkeit vorliegt, zur Verfügung stehende Tatsachenmaterial verbreitert wird.

Die Revision ist daher zulässig, sie ist aber auch berechtigt. Bei der schwierigen Wertungsfrage (vgl. Krejci aaO), ob eine schlichte oder eine besonders krasse grobe Fahrlässigkeit vorliegt, ist von der Gesamtheit der Umstände auszugehen. Dabei ist - wie schon bei der Beurteilung des Vorliegens der groben Fahrlässigkeit überhaupt - der Grad der Sorglosigkeit auch danach zu beurteilen, wie gefährlich die Situation insbesondere im Hinblick auf den Wert der gefährdeten Interessen war (vgl. Koziol, Das österreichische Haftpflichtrecht 2 I, 131).

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte die Auskunft über die handelsgerichtlichen Eintragungen nur auf Grund eines vorhandenen Voraktes und einer Einsichtnahme im Registerbuch des Jupiter-Verlages und im 'Lehmann', aber ohne Kenntnis des aktuellen Standes des Handelsregisters erteilt, weil der Versuch, vom Kreisgericht Wels telefonisch Auskunft zu erhalten, gescheitert war, ohne aber auf das Fehlen einer Einsicht in das Handelsregister hingewiesen zu haben. Obwohl die Außenstelle des Beklagten bei den Erhebungen 'ziemliche' Schwierigkeiten hatte, weil man im Inland keine Lieferanten feststellen konnte, und nur 'von einer Seite' mitgeteilt worden war, man wisse von Anständen nichts, und es fast ummöglich war, zu beurteilen, ob Erwin E im Rahmen der Firma D arbeitete, weil seine Tätigkeit nach außenhin kaum sichtbar war, teilte man der Klägerin von diesen Schwierigkeiten nichts mit.

Man gab ihr vielmehr in Beilage 2 - deren Inhalt auf Grund der Feststellung des Erstgerichtes, daß der die Auskunft bearbeitende Helmut F 'die Blitzauskunft Beilage 2' verfaßte, als festgestellt anzusehen ist - die Auskunft, zwar keinen genauen Einblick in die finanziellen Verhältnisse (der Firma D Textilmaschinen Gesellschaft m. b.H.) zu haben, diese Gesellschaft sei jedoch 'den bisherigen Zahlungen ... soweit bekannt, im Rahmen getroffener Vereinbarungen nachgekommen.' Wenn eine Auskunftei trotz Kenntnis der auf dem Spiel stehenden Interessen des Vertragspartners aus dem entgeltlichen Auskunftsvertrag selbst dann von der Erhebung des aktuellen Registerstandes absieht, wenn sie in die finanzielle Situation der Gesellschaft, über deren Kreditwürdigkeit eine Auskunft erteilt werden soll, keinen genauen Einblick hat und die Mitarbeit des Gesellschafter-Geschäftsführers in der zu beurteilenden Gesellschaft 'fast unmöglich zu beurteilen ist, weil dessen Tätigkeit nach außenhin kaum sichtbar ist', und wenn die Auskunftei obwohl man inländische Lieferanten gar nicht feststellen konnte, sondern nur 'von einer Seite' mitgeteilt bekam, man wisse von Anständen nichts, und ihr nur - offensichtlich auch von dritter Seite - 'bestätigt' wurde, das Unternehmen sei tätig, die Auskunft erteilt, 'den bisherigen Zahlungen ist man jedoch, soweit bekannt, im Rahmen getroffener Vereinbarungen nachgekommen', und wenn dazu noch Mitteilungen über 'handelsgerichtliche Eintragungen' gemacht werden, ohne auf das Unterbleiben einer Erhebung des aktuellen Registerstandes hinzuweisen, liegt darin eine so krasse Sorglosigkeit, daß mit ihr im redlichen Verkehr zwischen einer Auskunftei und deren Kunden nicht gerechnet werden kann. Zumindest in einem solchen Fall ist die Berufung auf die erfolgte Freizeichnung sittenwidrig und daher unwirksam. Daran vermag es nichts zu ändern, daß es sich um eine Blitzauskunft gehandelt hat, weil einerseits gar nicht behauptet wurde, es wäre deshalb eine Erhebung des aktuellen Registerstandes nicht möglich gewesen, und jedenfalls die Bekanntgabe des Fehlens einer solchen Erhebung ebenso möglich gewesen wäre wie der Hinweis, man habe über die Einhaltung der Zahlungsverpflichtungen durch die D Textilmaschinen Handelsgesellschaft m.b.H., über inländische Lieferanten derselben und über die Mitarbeit des Gesellschafter-Geschäftsführers in der Gesellschaft keine (sichere) Kenntnis. Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, daß sich das Berufungsgericht mit der Beweisrüge über die Führung des Archivs des Beklagten nicht auseinandergesetzt hat. Die diesbezüglichen Feststellungen sind nicht entscheidungswesentlich, weil - wie immer das 'Archiv' des Beklagten geführt wurde - die Erhebung des aktuellen Registerstandes auf Grund der sonstigen Umstände beziehungsweise die Mitteilung vom Unterbleiben einer solchen erforderlich gewesen wären. Damit erweist sich aber der Abweisungsgrund der Vorinstanzen als nicht berechtigt. Diese haben, ausgehend von ihrer vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht, keine Feststellungen - die Ausführung des Berufungsgerichtes im Rahmen der rechtlichen Beurteilung 'zumal die Höhe des erhebbaren Schadens im Berufungsverfahren nicht mehr strittig war', kann nicht als eine solche Feststellung angesehen werden - über den behaupteten Schaden getroffen.

Da diesbezüglich die Ergänzung des Verfahrens in erster Instanz erforderlich sein wird, waren die Entscheidungen beider Vorinstanzen aufzuheben und war die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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