Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat der Klägerin die mit S 6.838,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 447,15 Umsatzsteuer und S 1.920,-
Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 11. November 1979 wurde der Ehegatte der Klägerin bei einem Verkehrsunfall getötet. Die Haftung der beklagten Partei, welche für den wegen dieses Unfalles strafgerichtlich rechtskräftig verurteilten ausländischen Lenker sowie den ausländischen Halter des Fahrzeuges als Versicherer einzutreten hat, wurde mit rechtskräftigem Anerkenntnisurteil hinsichtlich aller künftigen Unfallsfolgen unter Beschränkung auf die Versicherungssumme festgestellt. Die von der Klägerin in Höhe von zuletzt S 137.465,59 s. A.
erhobenen, auf § 1327 ABGB gestützten Leistungsansprüche betreffend Graberrichtungskosten und entgangene Unterhaltsleistungen hat die beklagte Partei mit der Begründung bestritten, daß diesbezüglich in dem der Klägerin zugekommenen Todfallsbeitrag sowie in der von ihr bezogenen Witwenpension sachlich und zeitlich kongruente Leistungen lägen.
Das Erstgericht gab der Klage statt.
Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil und
sprach aus, daß die Revision zulässig sei.
In der auf § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützten Revision beantragt die beklagte Partei die Abänderung der berufungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Leistungsbegehrens; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht gerechtfertigt.
Das Erstgericht fällte seinen Urteilsspruch auf der Grundlage nachstehender Sachverhaltsfeststellungen: Der Ehegatte der Klägerin hat im Jahre 1979 einen Ruhegenuß von monatlich durchschnittlich S 9.625,82 netto bezogen. Die Klägerin war einkommenslos und wurde zur Gänze von ihm erhalten.
Sie bewohnten eine Wohnung in Graz. Im Jahre 1982 hätte der Ehemann einen durchschnittlichen monatlichen Pensionsanspruch von netto S 11.918,92 gehabt.
Die Klägerin bezog in diesem Jahr einen Witwenversorgungsgenuß von monatlich netto S 7.045,60. Die beiden Ehegatten hatten seinerzeit je zur Hälfte eine Liegenschaft in Frauenthal erworben und darauf ein kleines Wohnhaus errichtet.
Der Ehemann war handwerklich sehr geschickt, hatte auch einen Elektroschweißkurs absolviert und bei der Errichtung dieses Wohnhauses die meisten Arbeiten, so auch die Wasser- und Elektroinstallationsarbeiten, die Fußbodenverlegung, die Verschalung sowie die Maler- und Tapeziererarbeiten usw., selbst durchgeführt. Im Zeitpunkt seines Todes war das Wohnhaus samt Wirtschaftstrakt im wesentlichen fertiggestellt, doch waren noch verschiedene Fertigstellungsarbeiten wie z.B. Nachbeizen der Deckenverkleidung in der Wohnküche, Toilette und im Schlafzimmer, Tapezierung der Wände oberhalb der Verfliesung, Anstreichen der Zentralheizungsröhren im Badezimmer usw.
vorzunehmen. Seit dem Tode des Ehegatten der Klägerin hat diese verschiedene Fertigstellungsarbeiten bereits durchführen lassen und dafür mehr als S 18.500,-- bezahlt. Die noch zu verrichtenden Arbeiten - Anbringung eines neuen Dachstuhls bei der Gartenhütte, Verschalen und Beizen der Wände dieser Hütte, Herstellung einer Grundeinfriedung, Verlegung von Betonplatten auf den Gartenwegen und ähnliches - hätte der verstorbene Gatte der Klägerin auf Grund seiner handwerklichen Kenntnisse und Fähigkeiten selbst durchführen können. Bei Vornahme durch Gewerbetreibende wären Kosten von S 81.016,79
aufzuwenden. Entsprechend der ursprünglichen Absicht der Ehegatten, nach Fertigstellung des Wohnhauses in Frauenthal dorthin zu ziehen und die Wohnung in Graz aufzulassen, wird die Klägerin nach der Fertigstellung nach Frauenthal übersiedeln.
In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht hinsichtlich der mit S 37.948,80 der Höhe nach außer Streit gestellten Graberrichtungskosten die Ansicht, daß diese Aufwendungen nicht durch den nach den Bestimmungen der Bundesbahnpensionsordnung an die Klägerin gezahlten Todfallsbeitrag von S 31.795,-- abgegolten worden seien. Weiters war es der Auffassung, daß der Klägerin gemäß § 1327 ABGB ein Anspruch auf Ersatz des Entganges der Arbeitsleistungen ihres Ehegatten zustehe, welche dieser zur Fertigstellung des gemeinsamen Wohnhauses erbracht hätte. Da er bereits Pensionist gewesen sei, hätte er die hiefür erforderliche Zeit zur Verfügung gehabt. Ohne Bedeutung bleibe, daß ein Teil der Arbeiten, z.B. die Erneuerung des Dachstuhles der Gartenhütte usw. auch Verbesserungen betroffen hätte, weil auch diese der Klägerin zugute gekommen wären. Der Ansicht der beklagten Partei, die der Klägerin entgangenen Arbeitsleistungen ihres Ehemannes seien als Unterhaltsentgang den von der Klägerin bezogenen Sozialversicherungs- und Witwenpensionsleistungen sachlich und bei Aufteilung auf mehrere Jahre auch zeitlich kongruent, könne nicht gefolgt werden, weil der Ehemann der Klägerin seine Arbeitsleistung ohne Kostenaufwand erbracht hätte und eine zeitliche Aufteilung, z. B. zwecks Ansparen von Kapital, nicht erforderlich gewesen wäre. Das Berufungsgericht hielt weder die Rüge der mangelhaften und unrichtigen Tatsachenfeststellung sowie der unrichtigen Beweiswürdigung noch die Rechtsrüge für gerechtfertigt. Zweck des Todfallsbeitrages sei es, die Begräbniskosten (teilweise) zu decken und den Hinterbliebenen den übergang in die durch den Tod des Einkommensbeziehers eingeschränkten wirtschaftlichen Verhältnisse zu erleichtern. Eine Anrechnung auf Graberrichtungskosten finde daher nicht statt. Hinsichtlich des von der Klägerin begehrten Ersatzes der durch den Entgang der Arbeitsleistungen ihres Ehemannes aufzuwendenden Kosten für die Fertigstellung des Wohnhauses bestehe ein Anspruch soweit, als diesen Arbeitsleistungen Unterhaltscharakter zugekommen wäre, weil die Verschaffung einer angemessenen Wohnung dem Begriff der Unterhaltsleistung zu unterstellen sei. Dabei erscheine maßgebend, was der Unterhaltspflichtige tatsächlich geleistet habe, soferne es noch im Rahmen der gesetzlichen Unterhaltspflicht liege. Die beklagte Partei habe vorliegendenfalls weder ein konkretes Vorbringen dafür erstattet, daß der der Klägerin zukommende Witwenversorgungsgenuß im Hinbick auf die Aufteilung des früheren Familieneinkommens auch die geltend gemachten Arbeitsleistungen des verstorbenen Ehemannes wertmäßig erfasse, noch konkretisiert, welche Zeiträume und in welchem betraglichen Ausmaß Kongruenz mit den Leistungen des Sozialversicherungsträgers gegeben sei und inwieweit daher ein Deckungsfonds vorliege. Somit müsse aber die Aktivlegitimation der Klägerin zur Geltendmachung des Ersatzanspruches für die ihr entgangenen Arbeitsleistungen ihres Ehemannes bejaht werden. Im übrigen vertrete das Berufungsgericht die Ansicht, die Klägerin könne aus Gründen der Wirtschaftlichkeit die noch vorzunehmenden Fertigstellungsarbeiten durch Professionisten in einem Zuge durchführen lassen, der gesamte Werklohn werde demnach sogleich fällig und eine Aufteilung auf einzelne Zeiträume und zeitliche Kongruenz komme daher nicht in Betracht. Eine solche Fertigstellung des Wohnhauses erscheine wegen der damit verbundenen Kostenersparnis auch für den Schädiger von Vorteil und entspreche insoweit der Schadensminderungspflicht der Klägerin, für die der Ehemann im Rahmen seiner Unterhalts(Beistands-)Pflicht die Arbeiten jedenfalls durchgeführt hätte, wäre er am Leben geblieben. Da der Oberste Gerichtshof bisher zur Frage des überganges von Ersatzansprüchen der Witwe aus den wegen seines Todes unterbliebenen Arbeitsleistungen des Ehemannes auf den Sozialversicherungsträger offenkundig noch nicht Stellung genommen habe, lägen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO vor.
In der Revision wird zum einen der Standpunkt vertreten, nach dem Zweck des von den Österreichischen Bundesbahnen an die Klägerin als Witwe erbrachten, eine Pflichtleistung darstellenden Todfallsbeitrages sei sachliche Kongruenz mit den Kosten der Graberrichtung und hinsichtlich Unterhaltsansprüchen gegeben. Zum anderen verficht die Revisionswerberin die Ansicht, Unterhaltscharakter könne nur den wegen des Todes des Ehemannes der Klägerin unterbliebenen erst allmählich fällig werdenden Fertigstellungsarbeiten, nicht aber Verbesserungsarbeiten, zukommen. Würden die Kosten der Fertigstellung zeitlich aufgeteilt und dem von der Klägerin bezogenen Witwenversorgungsgenuß gegenübergestellt, dann ergebe sich keinerlei Unterhaltsentgang. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Fälligstellung mit dem Todestag führe unrichtigerweise dazu, daß die Witwe aus dem Titel 'Unterhaltsentgang' einen Kapitalbetrag erhalte, der ohne Unfallsereignis erst viel später fällig geworden wäre. Der Schädiger, der dem Sozialversicherungsträger gegenüber regreßpflichtig sei, habe den Entgang der Arbeitsleistungen solcherart zweifach zu ersetzen.
Diesen Ausführungen ist folgendes zu erwidern: Nach ständiger Rechtsprechung hat der Schädiger auch für die Kosten der einen Teil der Begräbniskosten darstellenden Auslagen für die Errichtung einer Grabstätte aufzukommen (ZVR 1971/160; SZ 44/93; ZVR 1970/54; 2 Ob 277/75; 2 Ob 19/83
u. a.). Eine Anrechnung eines von der Witwe als gesetzliche Pflichtleistung bezogenen Todfallsbeitrages auf Begräbniskosten findet nicht statt, weil dieser Betrag im Sinne der berufungsgerichtlichen Ausführungen ausschließlich dem Zweck dient, der Witwe den übergang in eingeschränktere wirtschaftlichere Verhältnisse - unabhängig von ihrem Anspruch auf Witwenversorgungsgenuß - ,wie sie in der Regel durch das Ableben des Erhalters der Familie bedingt sind, zu erleichtern (EvBl 1964/265; 8 Ob 91/72). Der Ersatzanspruch der Klägerin hinsichtlich der Graberrichtungskosten wurde daher vom Berufungsgericht in übereinstimmung mit der Judikatur und somit zu Recht bejaht. Hinsichtlich des von der Klägerin begehrten Ersatzes an Fertigstellungskosten des Hauses hat die beklagte Partei in der Klagebeantwortung ausdrücklich zugestanden (AS 9), daß den tatsächlich unterbliebenen Arbeitsleistungen des Ehemannes Unterhaltscharakter zugekommen wäre. Eine Einwendung, diese Arbeiten hätten sich auf Teile des Einfamilienhauses - zu welchem auch die erforderlichen Nebengebäude gehören - bezogen, welche nicht mehr der Deckung des üblichen Wohnbedarfes von Ehegatten gedient, sondern diese überschritten hätten, wurde in erster Instanz nicht erhoben. Somit sind diese unterbliebenen Arbeitsleistungen grundsätzlich als Unterhaltsentgang der Klägerin zu beurteilen.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes und der Revisionswerberin ist allerdings ein allfälliger übergang des Ersatzanspruches der Klägerin hinsichtlich dieser entgangenen Arbeitsleistungen auf den 'Sozialversicherungsträger' vorliegendenfalls ausgeschlossen und insoweit ein Mangel der Aktivlegitimation der Klägerin daher nicht gegeben. Der Witwenversorgungsgenuß der Klägerin beruht nämlich auf den Bestimmungen der §§ 13 ff. der Bundesbahn-Pensionsordnung 1966, BGBl. 313/1966 idgF der 11. Nov. BGBl. 515/1985. Diese Pensionsordnung stellt, wie alle anderen für die Gestaltung des Dienstverhältnisses von ÖBB-Bediensteten maßgebenden Vorschriften, trotz ihrer Velautbarung im Bundesgesetzblatt kein Gesetz, sondern eine ausschließlich nach Privatrecht zu beurteilende Vertragsgrundlage der Einzeldienstverträge dar (EvBl 1975/200 = Arb. 9310; 6 Ob 648/81;
4 Ob 156/83; 4 Ob 3/85). Sie enthält demgemäß aber keine Bestimmungen über eine Legalzession von Ersatzansprüchen, die dem Bezieher eines von ihr gewährten Versorgungsgenusses zustehen. Die auf einem solchen Anspruchsübergang beruhende Argumentation der Revision geht somit ins Leere.
Hinsichtlich einer Vorteilsausgleichung hat die hierfür behauptungs- und beweispflichtige beklagte Partei in erster Instanz weder einen ausdrücklichen Einwand erhoben noch ein konkretes Vorbringen und Beweisanbot erstattet. Diese Frage ist daher auch im Rahmen der allseitigen rechtlichen Prüfung nicht zu erörtern.
Was die Fälligkeit des Ersatzanspruches für die entgangenen Arbeitsleistungen des Ehemannes der Klägerin betrifft, so besteht kein Zweifel, daß zu dessen Vornahme befugte Unternehmer herangezogen werden müssen, deren Werklohn nach Fertigstellung des Werkes fällig ist. Eine solche Fertigstellung nach der rund zweieinhalb Jahre nach dem Tode des Ehemannes der Klägerin erfolgten Prozeßeinleitung bzw. binnen kurzer Zeit wäre durchaus möglich. In solchen Fällen hat die Rechtsprechung auch bisher schon die Fälligkeit des gesamten Ersatzanspruches angenommen (SZ 42/3; 2 Ob 275/75 =
teilweise veröffentlicht in EFSlg 27.244; 8 Ob 143,144/80), wobei auch auf die Regelung des § 14 Abs 3 EKHG verwiesen werden kann. Da sich das berufungsgerichtliche Urteil somit im Ergebnis als richtig erweist, weil auch dem von der beklagten Partei erhobenen Einwand mangelnder Aktivlegitimation der Klägerin wegen sachlicher und zeitlicher Kongruenz des Unterhaltsentganges mit den Pensionsleistungen zu Recht, wenngleich mit unzutreffender Begründung, die Berechtigung abgesprochen wurde, muß der Revision ein Erfolg versagt werden.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)