OGH 2Ob566/85

OGH2Ob566/857.5.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Theresia A, geboren am 25.3.1959 in Wolfsegg am Hausruck, Angestellte, Voglhuberstraße 20, 4902 Wolfsegg, vertreten durch Dr. Erich Aichinger, Dr.Harald Fahrner, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei Oskar Josef A, geboren am 27.11.1955 in Schwanenstadt, Lokomotivführer, Parkstraße 20, 4690 Schwanenstadt, vertreten durch Dr.Norbert Gugerbauer, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, wegen Ehescheidung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 17.Jänner 1985, GZ 5 R 256/84-17, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 19.Juli 1984, GZ 6 Cg 102/84-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung zu lauten hat:

'Die zwischen der Klägerin Theresia A, geborene B, geboren am 25. März 1959 in Wolfsegg, und dem Beklagten Oskar Josef A, geboren am 27.November 1955 in Schwanenstadt, am 30.August 1980 vor dem Standesamt Schwanenstadt geschlossene und im Ehebuch unter Nr 50/1980

beurkundete Ehe wird aus dem Verschulden beider Parteien geschieden. Das Verschulden des Beklagten überwiegt.

Der Beklagte hat der Klägerin die mit S 5.310,67 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und die mit S 2.742,37 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.' Der Beklagte hat der Klägerin weiters die mit S 3.193,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Beide Parteien sind österreichische Staatsbürger, ihrer am 30.8.1980 geschlossenen Ehe entstammen keine Kinder. Ihr letzter gewöhnlicher Aufenthalt war in Schwanenstadt.

Der Beklagte neigt etwas dem Alkohol zu und hat - wahrscheinlich in alkoholisiertem Zustand - einen Verkehrsunfall verschuldet. Im Jänner und im Juni 1983 hat er - offensichtlich unter Alkoholeinfluß

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Mit Recht wendet sich die Klägerin gegen die Ansicht der Vorinstanzen, die Ehe sei zur Zeit des Beginnes ihres ehebrecherischen Verhältnisses noch nicht zerrüttet gewesen. Hiebei ist zu berücksichtigen, daß der Beklagte die Klägerin unter Alkoholeinfluß im Jänner und Juni 1983 mißhandelte und er im September 1983 einen Selbstmordversuch unternahm oder vortäuschte. Er zeigte in zunehmendem Maß kein Interesse mehr an der Klägerin. Schon im Jahr 1982

hatte er mehrmals ein Freudenhaus besucht und hiebei trotz beengter finanzieller Verhältnisse S 16.500,- ausgegeben. Im Juni 1983 brachte er eine Klage ein, in der er die Ehescheidung aus dem Verschulden der nunmehrigen Klägerin begehrte (in diesem Verfahren erging in erster Instanz ein klagsabweisendes Urteil, in zweiter Instanz trat Ruhen des Verfahrens ein).

Bei seiner Parteienvernehmung in diesem Verfahren am 14.10.1983 sagte er aus, er möchte die Ehe auf keinen Fall mehr fortsetzen. Als die Klägerin am 19.10.1983 in die Ehewohnung zurückkehrte, verblieb er in der Wohnung seiner Eltern. Daß er noch gelegentlich in die Ehewohnung ging, ist ohne Bedeutung.

Aus diesem Grund ist davon auszugehen, daß die Ehe schon vor Weihnachten 1983

weitgehend zerrüttet war. Daran vermag der Umstand, daß die Ehegatten noch bis November oder Dezember 1983 geschlechtlich verkehrten, nichts zu ändern.

Das ehebrecherische Verhältnis der Klägerin begann erst etwa zu Weihnachten 1983, also zu einem Zeitpunkt, als die Ehe aus dem Verschulden des Beklagten bereits weitgehend zerrüttet war. Wohl ist dieses ehebrecherische Verhältnis als schwere Eheverfehlung anzusehen, sie erscheint im Sinne der ständigen Rechtsprechung aber in einem milderen Licht und hindert nicht den Ausspruch des überwiegenden Verschuldens des Klägers. (EFSlg 38.793, 41.286, 43.687, 43.688 ua).

Diesem ehewidrigen Verhalten der Klägerin steht nicht nur gegenüber, daß der Beklagte schon im Jahr 1982 mehrmals ein Freudenhaus besuchte und dort Ausgaben machte, die im Hinblick auf die finanziellen Verhältnisse der Streitteile keinesfalls unbedeutend waren, sondern auch, daß er im Jahr 1983

unter Alkoholeinfluß die Klägerin mißhandelte und einen Selbstmordversuch unternahm oder vortäuschte, weiters, daß er an der Klägerin kein Interesse mehr zeigte und nicht in der Ehewohnung, sondern in der Wohnung seiner Eltern wohnte; dadurch führte er die Zerrüttung der Ehe herbei. Da bei der Verschuldensabwägung vor allem zu berücksichtigen ist, wer mit der schuldhaften Zerrüttung der Ehe den Anfang machte (EFSlg 43.678, 43.682 uva), ist trotz des ehebrecherischen Verhältnisses der Klägerin der Ausspruch des überwiegenden Verschuldens des Beklagten gerechtfertigt. Aus diesen Gründen war der Revision Folge zu geben. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz beruht auf den §§ 43 Abs 1 und 50 ZPO, wobei der Klägerin die Hälfte ihrer Kosten zuzusprechen war. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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