OGH 5Ob29/85

OGH5Ob29/8530.4.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Griehsler, Dr.Jensik, Dr.Klinger und Dr.Schlosser als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Friederike A, Pensionistin, Wien 23., Kanitzgasse 13-19/7/11, wider den Antragsgegner Dr.Donat B, Rechtsanwalt in Wien, wegen Rechnungslegung (§ 17 Abs 2 Z 1 WEG), infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 27.November 1984, GZ 41 R 1107/84-13, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 29.Juni 1984, GZ 4 Nc 156/83-8, teilweise abgeändert wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen, die in Ansehung des dem Antragsgegner erteilten Auftrages, der Antragstellerin binnen 14 Tagen eine ordentliche Rechnung über die Verwaltung der Liegenschaft Wien 14., Linzer Straße 281

hinsichtlich der Tilgung der Darlehen 400-850-426, 400-618-351 und 400-610-937

der Zentralsparkasse und Kommerzialbank Wien für das Jahr 1978 zu legen und ihr in geeigneter Weise Einsicht in die Belege zu gewähren, in Rechtskraft erwachsen sind, werden im übrigen, das heißt in Ansehung dieses Auftrages für die Jahre 1979 bis 1982, aufgehoben.

Dem Erstgericht wird im Umfang der Aufhebung eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist seit 1972 Mit- und Wohnungseigentümerin der Liegenschaft EZ 19 KG Oberbaumgarten mit dem Haus Wien 14., Linzer Straße 281.

Der Antragsgegner ist seit 1.1.1978 der Verwalter dieser Liegenschaft.

Am 12.7.1983 stellte die Antragstellerin beim Erstgericht den in der Tagsatzung vom 22.11.1983 (AS 23) eingeschränkten Antrag, dem Antragsgegner aufzutragen, ihr binnen 14 Tagen eine ordentliche Rechnung über die Verwaltung der Liegenschaft hinsichtlich der Tilgung der Darlehen der Zentralsparkasse und Kommerzialbank Wien für die Jahre 1978 bis 1982 zu legen und in geeigneter Weise Einsicht in die Belege zu gewähren. Die bisher gelegten Rechnungen entsprächen nicht den durch Lehre und Rechtsprechung (Faistenberger-Barta-Call, WEG 1975, 456; MietSlg 34.542/8) gestellten Anforderungen.

Der Antragsgegner begehrte die Abweisung des Antrages. Die Zentralsparkasse und Kommerzialbank Wien habe den auf die Antragstellerin entfallenden Darlehensteil zum 20.10.1978 gekündigt, die Antragstellerin habe den gekündigten Darlehensteil zurückgezahlt, die Hypothek auf ihren Liegenschaftsanteilen sei gelöscht worden. Die Antragstellerin habe daher ab diesem Zeitpunkt kein Recht mehr auf Rechnungslegung hinsichtlich der Darlehenstilgung. Im übrigen habe die Antragstellerin ebenso wie alle anderen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft alljährlich ordentliche und vollständige Verwaltungsabrechnungen erhalten (AS 5 f).

Die Antragstellerin gab die Zurückzahlung des auf ihre Liegenschaftsanteile entfallenden Darlehensanteils sowie die Löschung der Hypothek auf ihren Liegenschaftsanteilen als richtig zu, replizierte aber, daß sie die Abrechnung der Darlehenstilgung namens der Mit- und Wohnungseigentümer begehre, die sie seit 1970 mündlich zur Einsichtnahme in die Darlehensabrechnung bevollmächtigt hätten bzw. die in der Abstimmungsliste vom 20.10.1983 (Beilage H) aufschienen (AS 6 und 23).

Der Antragsgegner bestritt das Vorbringen der Antragstellerin, insbesondere die Richtigkeit der Abstimmungsliste.

Das Erstgericht entschied antragsgemäß. Es erachtete als unbestritten feststehend, daß der Antragstellerin ab dem Jahr 1978 eine Abrechnung über die Tilgung der auf der Liegenschaft haftenden Darlehen nicht gelegt und ihr Einsichtnahme in die diesbezüglichen Belege nicht gewährt wurde. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dem Antragsgegner könne nicht darin beigepflichtet werden, daß die Antragstellerin mit der gänzlichen Rückzahlung ihres Darlehens auch das rechtliche Interesse an der Abrechnung der Darlehenstilgung im Rahmen der Rechnungslegung nach § 17 Abs 2 Z 1 WEG verliere. Auch wenn die Antragstellerin diesbezüglich keine Zahlungen mehr zu leisten und keine unmittelbaren finanziellen Folgen mehr zu befürchten habe, habe sie doch ein auch rechtlich zu schützendes Interesse daran, die Tätigkeit und ordentliche Gebarung des Verwalters in allen Belangen zu überprüfen, um erforderlichenfalls dessen Abberufung beantragen zu können. Die Antragstellerin sei daher berechtigt, im eigenen Namen Rechnungselgung über die Darlehenstilgung und Einsichtgewährung in die Belege zu verlangen. Eine Vorlage der diesbezüglichen Abrechnungen bei Gericht könne die Rechnungslegung an die Antragstellerin nicht ersetzen. Das Rekursgericht bestätigte die Verpflichtung des Antragsgegners zur Rechnungslegung an die Antragstellerin hinsichtlich der Darlehenstilgung für das Jahr 1978 und wies den Antrag für die Jahre 1979 bis 1982 ab. Es führte aus:

Die Rechnungslegungspflicht des bestellten Verwalters gemäß § 17 WEG umfasse den Anspruch auf eine ordnungsgemäß zusammengestellte, formell vollständige Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben im einzelnen (vgl. Strasser in Rummel, ABGB, RZ 17 zu § 1012). Dazu gehöre auch die Verpflichtung zur ziffernmäßigen Ausweisung der Darlehenstilgung (Kapital, Zinsen, Eingänge, Rückzahlungen usw) und der zum Stichtag noch aushaftenden Restdarlehensschuld (vgl. MietSlg 34.542/8). Die Rechnungslegungspflicht bestehe dem Geschäftsherrn, bei mehreren jedem einzelnen gegenüber (vgl. Strasser a.a.O.

RZ 16 zu § 1012). Der Inhalt der Rechnungslegung könne nur an ihrem Zweck ermessen werden. Dieser ergebe sich aus dem Gesetz. Die maßgebliche Bestimmung des § 17 Abs 2 Z 1 WEG sei nur ausführendes Spezialrecht zu den §§ 1012, 830, 837 ABGB. Die Rechnungslegung solle demnach dem Berechtigten ausreichende Grundlagen dafür liefern, um die pflichtgemäße Erfüllung der mit der Verwaltung des gemeinsamen Eigentums verbundenen Aufgaben anhand der gelegten Rechnung samt Belegen nach den Gesichtspunkten der Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit prüfen zu können (vgl. MietSlg 34.542/8). Sie solle eine ausreichende Basis dafür geben, daß der Berechtigte seine Herausgabe- oder Schadenersatzansprüche gegen den Beauftragten aus der Geschäftsbesorgung und allenfalls auch gegen Dritte geltend machen könne (vgl. Faistenberger-Barta-Call, WEG 1975, 456). Auch solle der Berechtigte in die Lage versetzt werden, bei grober Pflichtverletzung eine allfällige Abberufung des Verwalters in die Wege leiten zu können. Aus diesen Grundsätzen ergebe sich, daß nur dann jeder einzelne von mehreren Auftraggebern die Rechnungslegung verlangen könne, wenn diese den gemeinsamen Auftrag, das gemeinsame Interesse, das gemeinsame Eigentum und das gemeinsame Geschäft betreffe.

Im konkreten Fall habe die Antragstellerin sicherlich für die Dauer der Beteiligung und Mithaftung bzw. der Tilgung des gemeinsamen Darlehens auch einen Anspruch auf Abrechnung desselben, insbesondere aber auch auf Bekanntgabe des auf sie entfallenden Saldos bzw. auf Ausweisung der Tilgung der Restschuld. Damit habe sie aber auch für das Jahr 1978 - in dem das Darlehen unbestrittenermaßen vorzeitig für ihren Anteil zurückbezahlt worden sei - ein Recht auf Rechnungslegung und auf Schlußrechnung, da dieser Teil des vom Verwalter für sie geführten Geschäftes beendet sei (vgl. GlU 3905). Aus der vorgelegten Abrechnung der Tilgungsraten für das Jahr 1978 ergebe sich weder die Ausweisung der Restdarlehensschuld noch die Tilgung des Anteiles der Antragstellerin noch stelle diese Abrechnung eine Schlußrechnung des auf die Antragstellerin entfallenden Darlehensteiles dar. Diese Abrechnung sei daher nicht vollständig (vgl. MietSlg 34.542/8). Aus diesem Grunde sei der erstgerichtliche Sachbeschluß hinsichtlich des Jahres 1978 zu bestätigen gewesen.

Hinsichtlich der folgenden Jahresabrechnungen für 1979 bis 1982 stehe der Antragstellerin gemäß § 17 WEG keine Berechtigung mehr zu, die Abrechnung der sie nicht mehr betreffenden Darlehenstilgung zu begehren. Sie könne aus einer unrichtigen Darlehensabrechnung weder Rechte gegenüber dem Verwalter noch gegenüber Dritten geltend machen noch eine Abberufung des Verwalters wegen gröblicher Verletzung seiner diesbezüglichen Pflicht ihr gegenüber begehren. Daran vermöge auch eine allfällige, allerdings nicht nachgewiesene Bevollmächtigung durch andere Miteigentümer oder die Bestellung der Antragstellerin zur Hausvertrauensperson oder die Ermächtigung durch die Mehrheit der Miteigentümer, die überprüfung der Betriebskostenabrechnung auch für diese vorzunehmen, nichts zu ändern. Die vorgelegte Abstimmungsliste (Beilage H), die die Antragstellerin ermächtige, die Betriebskosten zu überprüfen, stelle weder eine Vollmacht der übrigen Miteigentümer dar noch weise auf eine Ermächtigung im Innenverhältnis hin, eine Abrechnung für die Miteigentümer zu verlangen, da die Tilgungsraten keine Betriebskosten seien.

Die Antragstellerin mache den Anspruch auf Rechnungslegung, auch wenn sie unrichtigerweise erkläre, dies auch im Namen der übrigen Miteigentümer zu tun, in Wahrheit nur im eigenen Namen und nicht als Bevollmächtigte von anderen Miteigentümern geltend, die auch nicht Parteien dieses Verfahrens seien. Den diesen Miteigentümern zustehenden Anspruch nach § 17 WEG hätten diese selbst asl Parteien, allenfalls vertreten durch die Antragstellerin, wahrnehmen müssen. Da ein Anspruch der Antragstellerin auf Abrechnung der Darlehenstilgung für die Jahre 1979 bis 1982 somit nicht gegeben sei, sei ihr Antrag insoweit abzuweisen gewesen.

Gegen den abändernden Teil des rekursgerichtlichen Sachbeschlusses richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses. Der Antragsgegner hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig (§ 26 Abs 2 WEG in der Fassung des § 56 Z 3 MRG in Verbindung mit § 37 Abs 3 Z 18 MRG) und im Sinne der nachstehenden Ausführungen auch berechtigt:

Mit Rücksicht auf das im Revisionsrekurs enthaltene Vorbringen der Antragstellerin, der Antragsgegner sei seit 1.10.1984 nicht mehr Verwalter der Liegenschaft, ist festzuhalten, daß sich dadurch nichts daran ändert, daß über das gegenständliche Rechnungslegungsbegehren im Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 4 lit a WEG zu entscheiden ist (Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 12.2.1985, 5 Ob 86/84).

Dem Rekursgericht ist darin beizupflichten, daß der Antragstellerin wegen der ihre Liegenschaftsanteile betreffenden Darlehensrückzahlung und Hypothekenlöschung für die Zeit ab 1979 Legitimation zur Stellung des gegenständlichen Antrages im eigenen Namen fehlt. Es ist auch - abgesehen davon, daß die Rechnungslegung über die Darlehenstilgung nicht zur Betriebskostenabrechnung gehört - zumindest zweifelhaft, ob der Einleitungssatz der Abstimmungsliste vom 20.10.1983 Beilage H ('Die nachstehend angeführten Miteigentümer der Wohnhausanlage Linzer Straße 281

geben mit ihrer Unterschrift bekannt, daß sie auch weiterhin die überprüfung der Betriebskostenabrechnungen durch Frau A wünschen:') eine Bevollmächtigung der Antragstellerin enthält, namens der Unterfertigten vom Antragsgegner gerichtlich die Rechnungslegung hinsichtlich der Betriebskosten der Liegenschaft zu verlangen. Im Hinblick darauf aber, daß die Antragstellerin in erster Instanz vorgebracht hat, die Abrechnung der Darlehenstilgung namens der Mit- und Wohnungseigentümer zu begehren, die sie seit 1970 mündlich zur Einsichtnahme in die Darlehensabrechnung bevollmächtigt hätten bzw. die in der erwähnten Abstimmungsliste aufschienen - in welchem Vorbringen auch die Behauptung liegt, zur gegenständlichen Antragstellung namens dieser Mit- und Wohnungseigentümer bevollmächtigt zu sein -, wäre es Sache des Erstgerichtes gewesen, die Antragstellerin zur Beibringung einer entsprechenden Vollmachtsurkunde (siehe § 2 Abs 2 Z 3 AußStrG und § 30 Abs 1 ZPO) und zur Anführung ihrer Machtgeber als Antragsteller des gegenständlichen Verfahrens anzuleiten. Da dies nicht geschehen ist, war spruchgemäß zu beschließen.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht, sollten im Sinne der vorstehenden Ausführungen abrechnungsberechtigte Mit- und Wohnungseigentümer - gegebenenfalls vertreten durch die bisherige Antragstellerin - als Antragsteller auftreten, zu prüfen haben, ob der Antragsgegner diesen gegenüber seiner Rechnungslegungspflicht hinsichtlich der Darlehenstilgung ordentlich nachgekommen ist oder im Laufe des gegenständlichen Verfahrens nachkommt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte