OGH 13Os50/85 (13Os51/85)

OGH13Os50/85 (13Os51/85)25.4.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.April 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Stöger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Robert A wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 19.Dezember 1984, GZ. 4 c Vr 10.606/84-21, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung wird verweigert.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Gegen das oben bezeichnete Urteil meldete der Angeklagte fristgerecht die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung an, worauf seinem (von ihm am 25.Oktober 1984 bevollmächtigten) Verteidiger, Rechtsanwalt Dr.Ronald B, am 25.Jänner 1985 eine Urteilsausfertigung zugestellt wurde (Rückschein auf Seite 110). Am 22.Februar 1985, sohin verspätet, übergab der Verteidiger den Schriftsatz mit der Ausführung der angemeldeten Rechtsmittel der Post zur Beförderung an das Gericht (S. 127), das mit Beschluß vom 4.März 1985 (zugestellt am 6.März 1985) die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 a Z. 1 StPO als verspätet zurückwies (ON. 36). Hierauf brachte der Angeklagte am 13. März 1985 (Postaufgabe: 12.März 1985) einen Antrag auf Wiedereinsetzung gegen den Ablauf der Frist zur Rechtsmittelausführung (ON. 37) mit der Begründung ein, daß der zuständige, bisher verläßliche, ansonsten sehr gewissenhafte und seit Jahren fehlerfrei arbeitende Kanzleiangestellte seines Verteidigers irrtümlich einen unrichtigen, von einer vierwöchigen Rechtsmittelfrist ausgehenden Fristenvormerk eingetragen habe. Erst durch die Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses (ON. 36) am 6. März 1985 sei dem Verteidiger das Fristversäumnis bekannt geworden.

Auf Grund der vom Erstgericht durchgeführten Einvernahme des Christian C, der Kanzleikraft des Verteidigers (S. 159), ergibt sich:

Christian C ist seit drei Jahren in der Anwaltskanzlei des Dr.Ronald B als Kanzleileiter tätig. Wenn ein Gerichtsurteil in der Kanzlei einlangt, wird es von ihm mit der Eingangsstampiglie und dem Datum versehen, dann wird im Hauptkalender die Frist für das Rechtsmittel eingetragen und diese vorn auf dem Urteil vermerkt. Anschließend wird der Akt nach einer zusätzlichen Kontrolle durch eine weitere Kanzleikraft dem Rechtsanwalt Dr.B vorgelegt, der dann die entsprechenden Verfügungen trifft; zumeist gibt er den Akt an den jeweiligen Konzipienten weiter, im gegenständlichen Fall an Dr.D. Ob Dr.B die Richtigkeit seiner Eintragungen kontrolliert hat, weiß Christian C nicht. Er selbst hatte im gegenständlichen Fall übersehen, daß es sich um ein Strafurteil handelte und irrtümlich die vierwöchige zivilprozessuale Rechtsmittelfrist (§§ 464, 505 ZPO) vermerkt. Erst durch die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde wurde in der Kanzlei der Fehler offenbar. Abschließend erklärte Christian C, daß Dr.B einer Ladung zur Vernehmung (zum Restitutionsantrag) nicht Folge leisten werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof fand sich aus folgenden Gründen zur Verweigerung der Wiedereinsetzung bestimmt:

1. Die zugestellte Urteilsausfertigung wurde mit dem richtigen Eingangsdatum abgestempelt.

2. Gleichzeitig wurde ein darnach offenkundig unrichtiges Ablaufdatum für die Rechtsmittelfrist auch am Urteil selbst vermerkt.

3. Anschließend wurde der Akt mit dem Urteil nach einer weiteren Kontrolle durch eine Kanzleikraft dem Rechtsanwalt Dr.B selbst zwecks Zuweisung an einen Konzipienten vorgelegt.

Dieser Sachverhalt läßt eine für den Verteidiger bei der Aktenvorlage (oben 3) rechtzeitig aufklärbare, von der Fristversäumung als solcher verschiedene, aber hiefür ursächliche Fehlleistung (als ein einmaliges, zeitlich eng begrenztes Ereignis: 13 Os 52/80, 13 Os 70/83) des Verteidigers selbst erkennen. Dieser hat die offenkundig unrichtig vermerkte Rechtsmittelfrist nicht richtig gestellt. Folglich kann nicht gesagt werden, daß es dem Angeklagten durch unabwendbare Umstände ohne seines Vertreters Verschulden unmöglich gemacht worden sei, die Frist zur Ausführung der angemeldeten Rechtsmittel einzuhalten (§ 364 Abs. 1 Z. 1 StPO). Dem Restitutionsbegehren war daher ein Erfolg zu versagen. Gemäß § 296 Abs. 1 und 2 StPO i.V.m. § 294 Abs. 4 StPO, war die rechtzeitig angemeldete Berufung des Angeklagten zurückzuweisen, weil Beschwerdepunkte weder bei der Anmeldung noch in einer rechtzeitigen Ausführung dieses Rechtmittels bezeichnet wurden (vgl. u. a. 9 Os 40/79, 13 Os 139,145/82, 11 Os 16/83, 10 Os 17/84, 13 Os 78,211/84, 13 Os 62/85).

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