OGH 4Ob44/85

OGH4Ob44/8523.4.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl und Dr. Kuderna sowie die Beisitzer Peter und Dr. Dollinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef A, Kraftfahrzeug-Mechanikermeister in Mitterberghütten, Berglandstraße 4, vertreten durch Dr. Peter Weidisch, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei B Landmaschinen-, Kraftfahrzeug-, Handels- und Reparaturgesellschaft mbH in St.Johann im Pongau, Rainbach 180, vertreten durch Dr. Reinhard Steger, Rechtsanwalt in St.Johann im Pongau, wegen S 84.019,-- brutto und S 1.200,- netto je sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 23.Juli 1984, GZ 31 Cg 34/84-22, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Arbeitsgerichtes St.Johann i.P. vom 30.November 1983, GZ Cr 28/82- 11, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.553,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 600,-- Barauslagen und S 268,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 1. Juni bis 31.Dezember 1981 bei der beklagten GmbH als Kraftfahrzeug-Mechanikermeister im Angestelltenverhältnis beschäftigt.

Mit der Behauptung, daß dieses - ursprünglich auf unbestimmte Zeit abgeschlossene - Arbeitsverhältnis vom Geschäftsführer der beklagten Partei, Johann B, am 30. November 1981 zum 31.Dezember 1981 und damit zeitwidrig aufgekündigt worden sei, verlangt der Kläger (ua) an Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 1.Jänner bis 31.März 1982, anteiligen Sonderzahlungen sowie restlicher Urlaubsentschädigung, hilfsweise Urlaubsabfindung, die Zahlung von insgesamt S 84.019,-- brutto samt Anhang.

Die beklagte Partei hat dieses Begehren nur dem Grunde nach bestritten.

Johann B habe den Kläger am 30.November 1981 fristlos entlassen. Unmittelbar darauf sei dann jedoch das Arbeitsverhältnis einverständlich mit 31.Dezember 1981 beendet worden. Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung von S 10.950,-- brutto samt Anhang und wies das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 73.069,-- brutto samt Anhang ab. Es nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Johann B sprach am 30. November 1981 mündlich die fristlose Entlassung des Klägers aus, weil dieser einem Kunden vorgeschlagen habe, einen PKW auszuschlachten und den verwertbaren Teil privat in den PKW des Kunden einzubauen, und weil er sich überdies in Gegenwart von Kunden abfällig über die - von der beklagten Partei vertriebenen - PKW-Marken Volvo und Mitsubishi geäußert habe. Der Kläger war darüber sehr betroffen; er verwies darauf, daß Weihnachten vor der Türe stehe, daß er bei einer fristlosen Entlassung kein 'Stempelgeld' bekäme und daß er nicht wisse, was er jetzt tun solle. Als er selbst vorschlug, ob er nicht noch bis zum Jahresende bleiben könne, erwiderte Johann B, 'weil der Kläger der Herr A sei, könne er noch bis zum 31. Dezember 1981 bleiben'. Der Kläger und Johann B kamen überein, daß das Arbeitsverhältnis am 31.Dezember 1981 enden solle. Das Arbeitsamt Bischofshofen, bei welchem sich der Kläger zwischen dem 1. Jänner und dem 6. Jänner 1982 wegen des Arbeitslosengeldes erkundigte, verlangte von ihm eine Arbeitsbestätigung. Daraufhin besorgte sich der Kläger bei der beklagten Partei eine mit 4.Jänner 1982 datierte 'Bestätigung' mit folgendem Wortlaut:

'Hiemit wird bestätigt, daß Herr Josef A am 30. November 1981 von uns gekündigt wurde und seine Arbeit am 31.12.1981 beendet hat. Sein letzter Arbeitstag war am 31.12.1981'.

Diese Bestätigung wurde im Lohnbüro der beklagten Partei von einer Angestellten geschrieben und dann von Marianne B, der Gattin des Geschäftsführers, unterschrieben. Marianne B hatte das Schriftstück - von dem sie wußte, daß es nur zur Vorlage beim Arbeitsamt dienen sollte - nur flüchtig durchgelesen.

Der Kläger hatte im Dezember 1981 insgesamt drei Tage zur Postensuche in Anspruch genommen. Nach dem 31.Dezember 1981 versuchte er nicht mehr, bei der beklagten Partei zu arbeiten. Von diesen Tatsachenfeststellungen ausgehend, hielt das Erstgericht nur das Begehren nach anteiligen Sonderzahlungen im Betrag von S 10.950,-- brutto für gerechtfertigt; die übrigen Ansprüche bestünden nicht zu Recht, weil das Arbeitsverhältnis einvernehmlich mit 31. Dezember 1981 aufgelöst worden sei und der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt nicht nur das vereinbarte Entgelt, sondern auch die noch offene Urlaubsentschädigung erhalten habe.

Während die Berufung des Klägers erfolglos blieb, gab das Berufungsgericht der Berufung der beklagten Partei teilweise, nämlich dahin Folge, daß es die beklagte Partei schuldig erkannte, dem Kläger S 7.369,-- brutto samt Anhang zu zahlen, und das Mehrbegehren von S 76.650,-- brutto samt Anhang abwies. Es führte die Verhandlung gemäß § 25 Abs 1 Z.3 ArbGG von neuem durch und kam dabei zu den gleichen Tatsachenfeststellungen wie das Erstgericht; davon ausgehend, billigte es auch die rechtliche Beurteilung dieses Sachverhalts durch das Prozeßgericht erster Instanz. Durch die Willensübereinstimmung der Parteien, das Arbeitsverhältnis bis zum 31. Dezember 1981 fortzusetzen, sei die unmittelbar vorher ausgesprochene Entlassung des Klägers aufgehoben, das Arbeitsverhältnis nahtlos fortgesetzt und einvernehmlich mit 31. Dezember 1981

beendet worden. Der Kläger könne deshalb von der beklagten Partei weder eine Kündigungsentschädigung noch die darauf entfallenden, vom Erstgericht zu Unrecht zugesprochenen anteiligen Sonderzahlungen verlangen; er habe aber Anspruch auf eine restliche Urlaubsentschädigung in der unbestrittenen Höhe von S 7.369,-- brutto samt Anhang.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird in seinem abweisenden Teil vom Kläger mit Revision aus den Gründen des § 503 Abs 1 Z. 2 bis 4

ZPO.

bekämpft. Der Kläger beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen oder hilfsweise das Urteil der zweiten Instanz dahin abzuändern, daß seinem Klagebegehren in voller Höhe stattgegeben werde.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelausführungen des Klägers erschöpfen sich in der Behauptung, die angefochtene Entscheidung leide deshalb an einem wesentlichen, eine erschöpfende Beurteilung der Sache hindernden Mangel, weil auch das Berufungsgericht keine Feststellungen darüber getroffen habe, ob die von der beklagten Partei am 30.November 1981 ausgesprochene Entlassung des Klägers gerechtfertigt war; nur in diesem Fall hätte nämlich der Kläger ein Interesse an der von den Vorinstanzen als erwiesen angenommenen einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses haben können. Der damit gerügte materiellrechtliche Feststellungsmangel liegt aber nicht vor: Wie die Vorinstanzen - für den Obersten Gerichtshof bindend - auf Grund der Aussagen mehrerer Zeugen sowie der Parteiaussage des Geschäftsführers der beklagten Partei als erwiesen angenommen haben, hatte Johann B am 30.November 1981 zunächst die fristlose Entlassung des Klägers ausgesprochen, sich aber dann auf Drängen des Klägers mit dessen Vorschlag, noch bis zum Jahresende zu bleiben, einverstanden erklärt; der Kläger kam mit Johann B überein, daß das Dienstverhältnis am 31.Dezember 1981 enden sollte.

Das Berufungsgericht hat diesen Sachverhalt rechtlich zutreffend dahin beurteilt, daß damit die Entlassung des Klägers mit dessen Zustimmung zurückgenommen und unmittelbar darauf von den Parteien Willensübereinstimmung darüber erzielt wurde, das solcherart wieder zum Leben erweckte Arbeitsverhältnis des Klägers mit 31.Dezember 1981 zu beenden (vgl. dazu Wachter, Die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses, Floretta-FS 1983 433 ff. 445; zur einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses ferner auch Arb.10.243 ua.).

Bei dieser Sachlage ist die Frage, ob die Entlassung des Klägers gerechtfertigt gewesen wäre, ohne rechtliche Bedeutung. Da das Arbeitsverhältnis nicht durch diese einseitige Erklärung der beklagten Partei, sondern einvernehmlich - also durch rechtsgestaltende, auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtete Willenserklärungen beider Parteien - aufgelöst worden ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf Kündigungsentschädigung (einschließlich der anteiligen Sonderzahlungen) im Sinne des § 29 AngG.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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