Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.953,50
bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 268,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile schlossen am 22. Mai 1976 die Ehe, der keine Kinder entstammen.
Die Klägerin begehrt die Scheidung der Ehe wegen schwerer Eheverfehlungen des Beklagten, der auch mit Margarethe B die Ehe gebrochen habe.
Der Beklagte sprach sich nicht gegen die Scheidung der Ehe aus, begehrte jedoch die Feststellung des überwiegenden Verschuldens der Klägerin an der Zerrüttung der Ehe.
Der Erstrichter schied die Ehe aus dem beiderseitigen Verschulden der Streitteile und sprach aus, daß das Verschulden des Beklagten überwiege. Er stellte fest: Die Ehe der Streitteile sei, abgesehen von einer Tätlichkeit des Beklagten gegen die Klägerin, die mehrere Jahre zurückliege, bis Anfang März 1983 im wesentlichen gut verlaufen. Am 5. März 1983 sei der Beklagte mit seiner Nichte Christine A erst gegen Mitternacht vom Schifahren nach Hause gekommen. Die Klägerin habe ihn angeschrien, worauf es zwischen den Streitteilen zu einer tätlichen Auseinandersetzung gekommen sei, in deren Verlauf der Beklagte die Klägerin an der Hand gefaßt, sie in das Schlafzimmer gezerrt und ihr dort die linke Hand umgedreht habe, wodurch sie einen Bruch der linken Elle mit Verschiebung nach der Ellenseite erlitten habe. Der Klägerin sei ein Gipsverband angelegt worden, den sie bis 19. April 1983
getragen habe.
Die Klägerin habe wegen dieses Vorfalls die Ehewohnung verlassen, sei aber am 6. März 1983 wieder zurückgekehrt, habe jedoch einige Tage mit dem Beklagten nicht gesprochen. Gegen den Beklagten sei auf Grund der am 21. Februar 1984 erstatteten Anzeige der Klägerin zu 11 E Vr 602/84 des Kreisgerichtes Leoben ein Strafverfahren eingeleitet worden. In der Zeit vom 26. November bis 10. Dezember 1983 habe der Beklagte gemeinsam mit vier anderen Männern und zwei Frauen an einem von den Vereinigten Edelstahlwerken (C) bezahlten Erholungsurlaub teilgenommen. Eine der Teilnehmerinnen sei Margarethe B gewesen. Im Verlauf des Urlaubs seien gemeinsame Wanderungen und Ausflüge unternommen worden. Der Beklagte habe auf der Rückfahrt Josef D und Margarethe B im PKW mitgenommen; da Margarethe B ihren Anorak im Fahrzeug des Beklagten vergessen hatte, habe der Beklagte Margarethe B den Anorak in deren Wohnung gebracht.
Die Weihnachtsfeiertage des Jahres 1983 habe der Beklagte bei seinen Eltern verbracht, am 26. Dezember habe er um 10 Uhr die Wohnung seiner Eltern verlassen und sei mit Margarethe B nach Etmißl gefahren, wo sie gemeinsam das Mittagessen eingenommen hätten. Am 30. Dezember 1983 sei es zu einer ergebnislosen Aussprache zwischen der Klägerin und Margarethe B gekommen. Zu Hause habe der Beklagte der Klägerin seine Beziehungen zu Margarethe B eingestanden. Im Zuge einer Auseinandersetzung im Jänner oder Februar 1984 habe die Klägerin den Beklagten gefragt, welche Bewandtnis es mit drei Bohrern habe, die am Nachtkästchen liegen. Der Beklagte habe erwidert, es handle sich um Abfall. Die Klägerin habe sich mit den Bohrern zum Werksbüro der C begeben, habe den Sachverhalt dort mitgeteilt und gefragt, ob die Bohrer tatsächlich Abfall seien. Der Beklagte sei deshalb zur Rede gestellt worden; nachdem sich herausgestellt hatte, daß die Bohrer nicht mehr gebrauchsfähig seien, habe er sie behalten können. Der Beklagte sei jedoch am 17. Februar 1984 schriftlich darauf hingewiesen worden, daß er es unterlassen habe, einen Passierschein ausstellen zu lassen, daß diese Vorgangsweise nicht toleriert werden könne und daß er sich im Wiederholungsfall strafbar mache.
Der Beklagte habe sich im Werk als Zierde für seine Wohnung einen Eisstock angefertigt; die Klägerin habe auch dies der Werksleitung bekanntgegeben.
Daraufhin sei dem Beklagten von der Firmenleitung bekanntgegeben worden, daß er den Arbeitsplatz räumen könne, wenn so etwas noch einmal vorkomme. In den Monaten Jänner beziehungsweise Februar 1984 habe die Klägerin den Haushalt nicht mehr ordnungsgemäß geführt; es sei in dieser Zeit auch wiederholt zu Auseinandersetzungen gekommen, die die Klägerin provoziert habe. So habe sie den Beklagten wiederholt in der Nacht geweckt, den Wecker abgestellt und sei gegen ihn tätlich geworden. Der Beklagte habe sich in dieser Zeit jedoch um die Klägerin überhaupt nicht mehr gekümmert und habe sein eigenes Leben geführt. Am 29. Februar 1984 habe die Klägerin unter dem Kopfpolster des Beklagten ein Tonbandgerät entdeckt und dem Beklagten deshalb Vorhaltungen gemacht. Der Beklagte habe ihr daraufhin einen Schlag gegen die Schläfe versetzt, worauf die Klägerin die eheliche Wohnung verlassen habe.
In rechtlicher Hinsicht erachtete der Erstrichter, daß beiden Ehegatten ein ehewidriges Verhalten anzulasten sei, aber das Verschulden des Beklagten überwiege.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Beklagten nicht Folge. Es übernahm die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils und billigte die rechtliche Beurteilung des Erstrichters.
Der Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision insoweit, als nicht die Scheidung der Ehe aus dem gleichteiligen Verschulden der Streitteile ausgesprochen wurde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revision kommt Berechtigung nicht zu.
Dem Revisionswerber ist einzuräumen, daß nach ständiger Rechtsprechung der Ausspruch des überwiegenden Verschuldens an der Zerrüttung der Ehe nur dann gerechtfertigt ist, wenn das Verschulden des einen Ehegatten erheblich schwerer ist als das des anderen. Die Prüfung, ob die Schuld des einen Ehegatten überwiegt, hat sich aber nicht nur auf die Schwere der Verfehlungen an sich, sondern auch darauf zu erstrecken, in welchem Umfang die beiderseitigen Verfehlungen zu der schließlich eingetretenen Zerrüttung der Ehe beigetragen haben (EFSlg. 41.284, 41.283, 41.282, 41.270, 36.383 u. a.).
Maßgebend ist, wer den ersten Anstoß zur Zerrüttung der Ehe gegeben hat und wodurch sie in erster Linie zu einer unheilbaren wurde (EFSlg. 41.274, 41.269, 41.268, 36.386, 36.385, 36.384 u.a.). Zu berücksichtigen ist auch, daß spätere Verfehlungen eines Ehegatten Folge der bereits durch das Verschulden des anderen Teils eingetretenen Zerrüttung der Ehe sein können (EFSlg. 41.275, 36.386 u. a.).
Wird von diesen Grundsätzen ausgegangen, kann die Verschuldensabwägung der Vorinstanzen noch gebilligt werden. Dem Beklagten fällt vor allem die schwere Mißhandlung seiner Ehegattin am 5. März 1983 zur Last. Selbst wenn in der Fortsetzung der Ehe eine Verzeihung dieser Verfehlung zu erblicken wäre, könnte doch gemäß § 59 Abs 2 EheG bei der Verschuldensabwägung auf diese Eheverfehlung Bedacht genommen werden (EFSlg. 41.280, 41.279, 36.389). Es stellt auch eine schwere Eheverfehlung dar, wenn der Beklagte die Weihnachtsfeiertage nicht mit seiner Ehegattin, sondern bei seinen Eltern verbrachte und am 26. Dezember 1983 mit Margarethe B einen Ausflug unternahm und mit ihr gemeinsam das Mittagessen einnahm. Bei richtiger ehelicher Gesinnung war vom Beklagten zu erwarten, daß er die Weihnachtsfeiertage überwiegend bei seiner Ehegattin verbringt, jedenfalls aber nicht in Gesellschaft einer anderen Frau. Der Beklagte setzte aber sein ehewidriges Verhalten in der Folge fort, kümmerte sich im Jänner und Februar 1984 um seine Frau nicht mehr und ging seine eigenen Wege. Die Zerrüttung der Ehe ist daher zweifellos durch das Verhalten des Beklagten eingeleitet worden.
Nach dem festgestellten Geschehensablauf ist auch die Annahme berechtigt, daß die der Klägerin anzulastenden schweren Eheverfehlungen eine Folge der durch das Verhalten des Beklagten eingetretenen Entfremdung der Ehegatten sind. Dies gilt insbesondere für die Anzeigen der Klägerin beim Dienstgeber des Beklagten, die offenbar eine Reaktion auf das ehewidrige Verhalten des Beklagten darstellte. Im Hinblick auf die festgestellte Interesselosigkeit des Beklagten, der bereits sein eigenes Leben führte, erscheint auch die Vernachlässigung der Haushaltsführung durch die Klägerin in anderem Licht.
Gleiches gilt für die Auseinandersetzungen, die durch die Klägerin verursacht wurden. Zusammenfassend kann daher die von den Vorinstanzen getroffene Verschuldensteilung (noch) gebilligt werden, sodaß der Revision der Erfolg zu versagen ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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