Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 10.August 1946 geborene Vertreter Erhard A wurde des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er vom 24.November 1976 bis Juni 1979 in Linz und an anderen Orten seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gegenüber seinem ehelichen Kind Thomas A, geboren am 6.Jänner 1970, dadurch, daß er keinen Unterhalt leistete und es unterließ, einem Erwerb nachzugehen, der ihm die Erfüllung dieser Pflicht ermöglicht hätte, gröblich verletzte und dadurch bewirkte, daß der Unterhalt des Unterhaltsberechtigten gefährdet war oder ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre.
Der Angeklagte bekämpft das Urteil mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
In der Mängelrüge wirft der Beschwerdeführer dem Erstgericht eine Scheinbegründung bezüglich seines Vorsatzes vor. Er sei im Einvernehmen mit seiner geschiedenen Ehegattin (der Kindesmutter) nach Deutschland gegangen, um dort Beschäftigung zu finden; daraus könnte nicht geschlossen werden, er habe seine Unterhaltspflicht verletzen wollen. Daß er in Deutschland seine finanziellen Verhältnisse entgegen seinen Erwartungen nicht bessern konnte, habe er nicht vorhersehen können.
Dieses Vorbringen unterstellt zu Unrecht, daß die Urteilskonstatierungen zur subjektiven Tatseite auf dem Entschluß des Angeklagten, nach Deutschland zu übersiedeln, beruhten. Nicht die im Einvernehmen mit der Ehegattin vollzogene (S. 226) übersiedlung nach Deutschland, sondern, daß es der Rechtsmittelwerber unterließ, einem Erwerb nachzugehen, vor allem aber die Nichtbezahlung von Unterhaltsbeiträgen trotz eines monatlichen Nettoverdienstes von 1.000 DM (S. 232) bildet den Gegenstand des Schuldspruchs. Da somit der Vorsatz des Beschwerdeführers aus seinem tatsächlichen Verhalten während des Deliktszeitraums und nicht aus einem vor dessen Beginn liegenden Entschluß abgeleitet wurde, geht die Mängelrüge ins Leere. Dies ist auch weitgehend der Rechtsrüge (Z. 9 lit a) entgegenzuhalten, die an das Vorbringen in der Mängelrüge anknüpft und überdies die urteilsfremde Behauptung aufstellt, es sei - schlüssig - eine Vereinbarung mit der Familie zustandegekommen, die den Beschwerdeführer bis zur Besserung seiner finanziellen Situation seiner Unterhaltspflicht entbunden hätte. Der Nichtigkeitswerber vermag aber auch die Gröblichkeit seiner Unterhaltspflichtverletzung nicht mit Erfolg zu bekämpfen. Wenn auch seine wirtschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland nicht günstig gewesen sein mögen, so hat er doch nach den insofern unbekämpften Urteilsfeststellungen ein Einkommen erzielt, das ihm eine wenigstens teilweise Erfüllung seiner Unterhaltspflicht ermöglicht hätte. Der persönliche Bedarf des Unterhaltspflichtigen hat gegenüber seinen Unterhaltspflichten keinen Vorrang. Nur wer keinen Unterhalt leistet, weil er sonst seinen eigenen notwendigen Unterhalt verkürzen müßte, erfüllt - mangels Leistungsfähigkeit - nicht den Tatbestand des § 198 Abs 1 StGB
(LSK. 1985/10). Auf eine solche Gefährdung seines eigenen Existenzminimums hat sich der Beschwerdeführer aber nicht berufen (S. 217 e; 87). Im übrigen ist nicht einzusehen, weshalb der Angeklagte den Aufenthalt in Deutschland auf mehr als zwei Jahre ausgedehnt hat, wenn die Umstände dort angeblich so widrig waren. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 198 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von zwei Monaten, die es unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah. Dabei waren erschwerend die lange Dauer der Unterhaltsverletzung, mildernd die Unbescholtenheit des Angeklagten und sein 'gutes Verhalten' seit Mitte 1979.
Die Staatsanwaltschaft begehrt mit ihrer Berufung eine schuldangemessene Erhöhung der Freiheitsstrafe. Sie bestreitet die Berechtigung des zuletzt genannten Milderungsgrunds, weil gegen den Angeklagten ein weiteres Strafverfahren anhängig sei und er im Jahr 1981 nur einen einzigen Unterhaltsbeitrag geleistet hat, womit er zumindest objektiv seine Unterhaltsverpflichtung neuerlich verletzt habe. Die lange Tatzeit und das Zurücklassen der Familie in einer finanziell geradezu aussichtslosen Lage angesichts der Bürgschaft der einkommenslosen Ehegattin für Verbindlichkeiten in nicht unerheblichem Ausmaß spreche ebenso für eine gravierende Schuld des Angeklagten.
Der Berufung bleibt ein Erfolg versagt, denn die Strafe schöpft mit zwei Monaten ein Drittel des zur Verfügung stehenden Strafrahmens aus, was als eine erstmalige Sanktion gegenüber einem Unbescholtenen reicht. Den mit der Tat verbundenen gravierenden Aspekten, die in der Berufung an sich zutreffend hervorgekehrt werden, ist damit genügend Rechnung getragen. Soweit die Anklagebehörde aus einem anhängigen Strafverfahren Konsequenzen gezogen wissen will, kann ihr allerdings prinzipiell nicht gefolgt werden, weil solches auf eine Verletzung der verfassungsgesetzlichen Unschuldsvermutung hinausliefe (Art. 6 Abs 2 MRK.).
Die Berufung des Angeklagten wurde von seinem Verteidiger im Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof zurückgezogen, desgleichen der auf § 281 Abs 1 Z. 11 StPO gestützte Teil der Nichtigkeitsbeschwerde.
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