Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Freispruch des Angeklagten Wilhelm A vom Vorwurf A I 13 der Anklageschrift wegen § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. und demgemäß in dem ihn betreffenden Freiheitsstrafausspruch einschließlich der Vorhaftanrechnung aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Wilhelm A ist schuldig, er hat Ende Oktober 1982 in Wels zur strafbaren Handlung des Ferdinand Manfred B sowie der abgesondert verfolgten Wilhelm und Margit C und Edith D, die vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in solchen Mengen eingeführt und in Verkehr gesetzt haben, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, dadurch beigetragen, daß er nach dem Schmuggel von zehn Gramm Heroin aus Holland über die Bundesrepublik Deutschland nach Österreich in der Wohnung der Eheleute C mit einer mitgebrachten Waage den Heroinanteil des Ferdinand Manfred B von vier bis fünf Gramm abwog.
Wilhelm A hat hiedurch das Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. als Gehilfe nach § 12 StGB begangen und wird hiefür und für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Schuldspruch weiters zur Last liegende Vergehen nach § 16 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie Abs. 2 SuchtgiftG. nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG., erster Strafsatz, unter Anwendung des § 28 StGB und unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichts Wels vom 10.April 1984, 6 U 181/84, zu einer Zusatzstrafe von 14 (vierzehn) Monaten und 15 (fünfzehn) Tagen verurteilt.
Gemäß § 12 Abs. 4 SuchtgiftG. wird über Wilhelm A eine Geldstrafe von 3.000 (dreitausend) Schilling, im Fall der Uneinbringlichkeit 2 (zwei) Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.
Gemäß § 38 StGB wird die Vorhaft vom 19.Jänner 1983, 9,45 Uhr bis 20,30 Uhr, auf die Freiheits- und Geldstrafe angerechnet. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Wilhelm A auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 12.Februar 1957 geborene beschäftigungslose Wilhelm A wurde des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie Abs. 2 SuchtgiftG. schuldig erkannt, weil er I. gewerbsmäßig anderen Suchtgifte überlassen hat, zu deren Bezug sie nicht berechtigt waren, indem er
1. (und Elfriede B) ca. 1981 an Erich A zu wiederholten Malen vermutlich jeweils geringe Mengen Haschisch zum Rauchen unentgeltlich weitergab(en);
2. (und Elfriede B) 1981, Anfang 1982 in ca. zehn Fällen Roswitha E vermutlich jeweils geringe Mengen Haschisch zum Rauchen überließ(en);
3. im Jänner 1982 Otmar F ein Briefchen Heroin zum Preis von 500 S verkaufte;
4. a) zu Jahresbeginn 1982 Günther G ein Briefchen Heroin zum Preis von 500 S vermittelte;
b) im Herbst 1982 in ca. drei Fällen Günther G jeweils ein Briefchen Heroin zum Preis von 500 S verkaufte;
5. im Frühjahr 1982 Margit C ein Briefchen Heroin zum Preis von 500
S vermittelte;
6. Ende 1981 und im Jahre 1982 eine nicht mehr näher bestimmbare Anzahl von Heroinbriefchen Elfriede B unentgeltlich überließ;
7. im Jahre 1982 zu wiederholten Malen jeweils geringe Mengen von Haschisch an Ferdinand Manfred B zum Rauchen weitergab;
8. im Herbst 1982 Kilian H in ca. zehn Fällen jeweils ein Briefchen Heroin zum Preis von jeweils 500 S verkaufte;
9. im Herbst 1982 Fritz I ein Briefchen Heroin zum Preis von 500 S verkaufte;
10. im Herbst 1982 einem Mädchen aus der Gegend von Ried/Innkreis namens 'Andrea' zehn Briefchen Heroin um jeweils 500 S verkaufte;
II. seit Juli 1980 bis 19.Jänner 1983 in Wels und Linz wiederholt Haschisch und Heroin erworben sowie besessen und am 19.Jänner 1983 32,8 Gramm Cannabiskraut besessen hat (B 1 bis 10 und D I des Urteilssatzes).
Von der weiters (laut Punkt A I 13 der Anklageschrift) wegen Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. wider ihn erhobenen Anklage, er habe um den 13.Oktober 1982 in Wels vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in solchen Mengen in Verkehr gesetzt, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, wobei die Tat gewerbsmäßig begangen worden sei, indem er nach dem Schmuggel von ca. 12 Gramm Heroin von Holland nach Österreich durch die zu 9 Vr 1938/82 des Kreisgerichts Wels abgesondert verfolgten Ehegatten Wilhelm und Margit C und Edith D (9 Vr 1923/82 = 9 Vr 413/84 des Kreisgerichts Wels) mit einer Waage die Wohnung der Ehegatten C aufsuchte, bei der Aufteilung des Suchtgifts zugegen war, insbesondere auch ca. sechs Gramm Heroin abwog und diese Suchtgiftmenge übernahm und Ferdinand Manfred B für den vor der Schmuggelreise den Tätern ausgefolgten Geldanteil von 10.000 S zum Weiterverkauf überbrachte, wurde Wilhelm A (ebenso wie von zwei anderen Anklagepunkten) gemäß § 259 Z. 3 StPO
freigesprochen.
Mit ihrer auf § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft die Staatsanwaltschaft den Freispruch im Punkt A I 13 der Anklage.
In diesem Zusammenhang stellt das Erstgericht (kurz zusammengefaßt) fest, daß Edith D und das Ehepaar C etwa Ende 1982 in Amsterdam - zum Teil mit einem ihnen von Ferdinand Manfred B zur Verfügung gestellten Geldbetrag von 5.000 S - ca. zehn Gramm Heroin gekauft und über die Bundesrepublik Deutschland bei Passau nach Österreich eingeschmuggelt haben.
Dieses Suchtgift wurde nach der Ankunft in Wels in der Wohnung des Ehepaars C in Anwesenheit des Wilhelm und der Margit C, der Edith D, des Ferdinand Manfred B sowie des Angeklagten Wilhelm A, der eine Waage mitgebracht hatte, aufgeteilt. Hiebei erhielten das Ehepaar C und Edith D Anteile von je ca. drei Gramm und Ferdinand Manfred B die restlichen vier bis fünf Gramm im Handelswert von 10.000 bis 15.000 S. Diese vier bis fünf Gramm wurden von A mit der mitgebrachten Waage abgewogen und von D - als Gegenleistung für die oben erwähnten 5.000 S - direkt an B übergeben. A nahm dabei an, daß B seinen Anteil in ihm bekannter Größe weiterverkaufen werde, wobei ihm als Rauschgiftkonsumenten auch klar war, wieviel Portionen und Päckchen aus dieser Suchtgiftmenge hergestellt werden konnten und wieviele Abnehmer B damit versorgen konnte und auch versorgen werde (S. 353, 357).
Das Gericht ging somit davon aus, daß in bezug auf das dem B überlassene Suchtgift nicht nur die im § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. vorausgesetzte Gefährdungseignung (Grenzmenge bei Heroin 0,5 Gramm: 13 Os 25/83 u.a.) vorlag, sondern daß A auch mit Gefährdungsvorsatz gehandelt hat, weil er sich darüber im klaren war und sich auch damit abfand, daß die Suchtgiftmenge durch B letzten Endes einer entsprechend großen Zahl von Menschen zukommen werde (S. 357, 358). Tatsächlich ist das Suchtgift in der Folge von B zur Gänze an unbekanntem Ort an unbekannt gebliebene Abnehmer verkauft worden (S. 354). Hiefür wurde Ferdinand Manfred B wegen Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. schuldig erkannt (A I).
Den Angeklagten A vermeinte das Schöffengericht jedoch freisprechen zu müssen, weil die übergabe des Suchtgifts an B nicht durch ihn, sondern durch Edith D erfolgt sei, sodaß A keine Handlung vorgenommen habe, die als 'Inverkehrsetzen' beurteilt werden könne (S. 358).
Rechtliche Beurteilung
Dagegen wendet die Staatsanwaltschaft zutreffend ein, daß fehlende unmittelbare Täterschaft durch (eigenhändiges) Inverkehrsetzen von Suchtgift einen Freispruch des Angeklagten Wilhelm A nicht zu begründen vermag.
Nach den oben wiedergegebenen, die objektive und die subjektive Tatseite betreffenden Urteilsannahmen hat der Angeklagte A vorsätzlich eine Suchtgiftwaage zur Verfügung gestellt und das für B bestimmte und von diesem in der Folge in Verkehr gesetzte Heroin (vier bis fünf Gramm) abgewogen. Diese Handlungsweise ist als Beihilfe (Tatbeitrag gemäß § 12, dritter Fall, StGB) zum Inverkehrsetzen des Heroins (§ 12 Abs. 1 SuchtgiftG.) durch das Ehepaar C, Edith D und Ferdinand Manfred B als Haupttäter zu beurteilen.
Dafür, daß A hiebei in der Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) gehandelt habe, sich durch die wiederkehrende Begehung solcher Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (Gewerbsmäßigkeit: § 70 StGB), bieten die bezüglichen Urteilskonstatierungen, der Beschwerdeansicht zuwider, allerdings keinen Anhaltspunkt, zumal A im gegebenen Zusammenhang weder Geld noch Suchtgift erhalten hat. Im übrigen ist der diesbezügliche Beschwerdestandpunkt nicht verständlich, weil die gewerbsmäßige Verübung im Rahmen des § 12 SuchtgiftG. keine selbständige Bedeutung hat (die zweite Strafstufe des ersten Strafsatzes des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. erfaßt lediglich allgemeine erschwerende Umstände). Damit erledigt sich auch der in der Beschwerde abschließend erwähnte 'Gesamtvorsatz', dessen rechtliche Einordnung nicht ausgeführt wird und die im gegebenen Zusammenhang auch nicht möglich wäre (der Schuldspruch AS ob § 16 SuchtgiftG. ist nicht angefochten).
Es war daher der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Folge zu geben, das angefochtene Urteil, das auch hinsichtlich des allein vom Rechtsmittelverfahren betroffenen Angeklagten A in den Schuldsprüchen nach § 16 Abs. 1 und 2 SuchtgiftG. (B und D I), im Verfallsausspruch nach § 16 Abs. 3 SuchtgiftG., in einem Teilfreispruch und im Kostenausspruch unberührt bleibt, soweit aufzuheben, als der Freispruch von der Anklage nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. wegen der Mitwirkung an der Heroinverteilung in der Wohnung der Eheleute C Ende Oktober 1982 bekämpft wurde. In diesem Umfang war ein Schuldspruch zu fällen und die Strafe nunmehr nach dem ersten Strafsatz des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG., ferner unter Anwendung des § 28 StGB und unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf das im Spruch genannte Urteil (Geldstrafe von 30 Tagessätzen, im Nichteinbringungsfall 15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) neu zu bemessen.
Bei dieser Strafneubemessung waren erschwerend die beiden einschlägigen Vorstrafen nach § 9 SuchtgiftG. (a.F.) und das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit einem Vergehen (§ 16 Abs. 1 und 2 SuchtgiftG.: LSK. 1977/169, 1979/351 bei § 9 SuchtgiftG. a. F.), letzteres in dreifacher Begehungsart (Besitz, Erwerb, überlassen) und auch gewerbsmäßig. Mildernd waren hingegen das Teilgeständnis, der Beitrag zur Wahrheitsfindung im Vorverfahren hinsichtlich des Vergehens nach § 16 SuchtgiftG. und der Umstand, daß A am strafnormierenden Verbrechen als einer von mehreren Tätern nur in untergeordneter Weise beteiligt war.
Bei Abwägung dieser Schuld- und Tatkomponenten unter Beachtung der Vorschriften der §§ 28 und 40 StGB erschien eine Freiheitsstrafe von insgesamt fünfzehn Monaten angemessen, weshalb die Zusatzstrafe spruchgemäß zu schöpfen war.
Auf Grund der zwingenden Vorschrift des § 12 Abs. 4 SuchtgiftG. war über Wilhelm A auch eine Verfallsersatzstrafe zu verhängen, bei deren Ausmessung aber zu beachten war, daß mehrere Personen als Täter beteiligt waren und die Geldstrafe so aufzuteilen ist, daß sie insgesamt die Höhe des Werts des nicht ergriffenen Suchtgifts nicht überschreiten darf (LSK. 1977/338, SSt. 48/59, 49/59 u.v.a.). Wiewohl das Gericht feststellte, daß der Handelswert des von A abgewogenen und B zum Weiterverkauf überlassenen Heroinanteils von 4-5 Gramm 10.000 bis 15.000 S betrug (S. 353), wurde es unterlassen, dem Angeklagten B, der wegen § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. schuldig gesprochen wurde, eine Verfallsersatzstrafe aufzuerlegen, was der Oberste Gerichtshof mangels einer Anfechtung durch die Staatsanwaltschaft zwar nicht mehr nachholen konnte, aber bei der Aufteilung der Geldstrafen doch berücksichtigen mußte (13 Os 49/83). über die Eheleute Wilhelm und Margit C wurde mit dem Urteil des Kreisgerichts Wels vom 17.Oktober 1984, 11 Vr 1938/82-45, eine Verfallsersatzstrafe von je 5.000 S verhängt und das Strafverfahren gegen Edith D wurde mit Beschluß des Untersuchungsrichters des Kreisgerichts Wels vom 8.Februar 1984, 9 Vr 413/84, gemäß § 90 StPO aus dem Grund des § 34 Abs. 2 Z. 1 StPO eingestellt.
Geht man davon aus, daß der (mangels eines festgestellten Erlöses) für die Strafbemessung heranzuziehende gemeine Wert von 10 Gramm Heroin zumindest 20.000 S beträgt (2.000 S pro Gramm laut Urteil 11 Vr 1938/82 des Kreisgerichts Wels) entspricht ein Anteil von 3.000 S der Tatbeteiligung des Angeklagten A, weshalb die Verfallsersatzstrafe in dieser Höhe ausgemessen wurde. Demgemäß war die Vorhaftanrechnung gemäß § 38 StGB auch auf diese Geldstrafe auszudehnen.
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