OGH 11Os34/85

OGH11Os34/8519.3.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.März 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kohlegger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gerhard A wegen des teils vollendeten, teils versuchten Vergehens der Abgabenhinterziehung nach den §§ 33 Abs. 1 und 13 FinStrG über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17.Dezember 1984, GZ 12 a Vr 10.320/84-15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluß wies der Vorsitzende des Schöffensenats die am 6.Dezember 1984 vom Angeklagten Gerhard A abgegebene 'Anmeldung bzw Ausführung' der Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 a Z 1 StPO aus zwei Gründen zurück: Der in der Hauptverhandlung durch einen Wahlverteidiger vertretene Angeklagte erklärte nämlich nach Verkündung des Urteils am 30.November 1984, auf Rechtsmittel zu verzichten (S 37), und überreichte seine als 'Einspruch und Nichtigkeit' bezeichnete eigenhändig verfaßte Eingabe erst am 6.Dezember 1984, somit nach Ablauf der dreitägigen Anmeldungsfrist, dem Vorsitzenden (ON 11), dem er anläßlich einer Vorladung am 17.Dezember 1984

nach ausdrücklicher Rechtsbelehrung erklärte, seine Eingabe als Nichtigkeitsbeschwerde behandelt wissen zu wollen (S 63). Mit seiner dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wiederholt Gerhard A seine bereits bei der Rechtsmittelanmeldung vorgebrachte Behauptung, zum Zeitpunkt der 'Urteilsannahme' (also des Rechtsmittelverzichts) unter schwerer psychischer Belastung gestanden und daher nicht zurechnungsfähig gewesen zu sein. Dieser Schockzustand habe sich auf mehrere Tage erstreckt, sodaß er erst nach fünf Tagen wieder klar habe denken können (ON 11, 17).

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Gemäß §§ 285 a Z 1, 285 b Abs. 1 StPO hat der Vorsitzende eine Nichtigkeitsbeschwerde unter anderem dann zurückzuweisen, wenn sie zu spät angemeldet oder von einer Person eingebracht wurde, die auf sie verzichtet hat. Bei der Prüfung der Zulässigkeit einer nachträglich angemeldeten (ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerde ist aber grundsätzlich davon auszugehen, daß die prozessuale, nach einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung von einem zurechnungsfähigen Angeklagten abgegebene Erklärung, auf Rechtsmittel zu verzichten, stets unwiderruflich ist (Lohsing-Serini 4 , S 541, EvBl 1948/475, 1955/195, 9 Os 170/84 uva). Nun behauptet der Angeklagte zwar, 'unzurechnungsfähig' gewesen zu sein, setzt sich damit aber mit dem Hauptverhandlungsprotokoll in einen unlösbaren Widerspruch, weil er sich in Anwesenheit seines Verteidigers durchaus sachgerecht (weitgehend geständig) verantwortete, auf Zeugeneinvernahmen verzichtete und sich dem Schlußvortrag seines Verteidigers, der ein mildes Urteil beantragte, anschloß (S 35, 36).

Daraus allein erhellt, daß der Rechtsmittelverzicht keinesfalls in einem die Zurechnungsfähigkeit und damit die Prozeßfähigkeit ausschließenden Zustand, sondern allenfalls etwas voreilig, jedenfalls aber rechtswirksam und unwiderruflich abgegeben wurde, was allein zur Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde führen mußte; abgesehen davon, daß auch die nachträgliche Rechtsmittelanmeldung außerhalb der dreitägigen Frist (§ 284 Abs. 1 StPO) stattfand.

Der Beschwerde war daher der Erfolg zu versagen.

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