Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Anträge der Revisionsrekurswerberin, über das Amt der Tiroler Landesregierung eine Mutwillensstrafe zu verhängen und diesem die Kosten des Revisionsrekurses aufzuerlegen, werden abgewiesen.
Text
Begründung
Mit dem am 10. Oktober 1984 beim Erstgericht eingelangten Grundbuchsgesuch beantragte Johann A als Liegenschaftseigentümer, auf Grund des übergabsvertrages vom 15. Februar 1984 (dessen Verbücherung das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz am 27. September 1984
gemäß § 82 Abs. 1 B 1978 die Zustimmung erteilt hatte), des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Reutte als Grundverkehrsbehörde Holzgau vom 16. August 1984 samt Rechtskraftbestätigung vom 10. September 1984 und der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern vom 9. Mai 1984 ob der Liegenschaft EZ 229 II KG Holzgau, ob den 144/7200 Anteilen an der Liegenschaft EZ 177 II KG Holzgau und ob dem 1/73 Anteil an der Liegenschaft EZ 185 II KG Holzgau die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Eveline A sowie ob der Liegenschaft EZ 108 II KG Holzgau die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Elmar A zu bewilligen.
Das Erstgericht entschied antragsgemäß.
Das Rekursgericht wies den Antrag infolge Rekurses des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz in Ansehung der begehrten Einverleibung des Eigentumsrechtes für Eveline A ob den 144/7200 Anteilen an der Liegenschaft EZ 177 II KG Holzgau sowie ob dem 1/73 Anteil an der Liegenschaft EZ 185 II KG Holzgau ab. Es führte im wesentlichen aus:
Gemäß § 38 Abs. 1 B 1978 habe die Agrarbehörde festzustellen, welche Liegenschaften agrargemeinschaftliche Liegenschaften seien und wem sie gehörten, insbesondere, ob das Eigentum daran mehreren Parteien als Miteigentümern oder einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft zustehe. § 38 Abs. 2 B 1978 normiere, daß agrargemeinschaftliche Liegenschaften auf Ersuchen der Agrarbehörde in den öffentlichen Büchern als solche zu bezeichnen seien; im Eigentumsblatt solcher Liegenschaften sei ersichtlich zu machen, welche Anteilsrechte an das Eigentum von Stammsitzliegenschaften gebunden seien, die Größe dieser Anteilsrechte, die Bezeichnung der Stammsitzliegenschaften, denen sie zustünden, und wieviel Anteilsrechte nicht an das Eigentum von Liegenschaften gebunden seien (walzende Anteile); bei den Stammsitzliegenschaften sei die damit verbundene Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft gleichfalls ersichtlich zu machen.
Die ausschließlich von der Agrarbehörde zu entscheidende Frage, ob es sich bei einer bestimmten Liegenschaft um eine agrargemeinschaftliche Liegenschaft handle, sei von der Bezeichnung als solcher im Grundbuch unabhängig. Gemäß § 38 Abs. 6 B 1978 dürften Absonderungen und übertragungen walzender Anteilsrechte im Grundbuch ohne die in den Absätzen 3 bis 5 dieser Gesetzesstelle vorgesehenen Bewilligungen nicht durchgeführt werden. Auf Grund der angeführten behördlichen Aufgaben sei die nach den Bestimmungen des Verfahrens Außerstreitsachen zu beurteilende Befugnis der Agrarbehörde zur Erhebung eines Rechtsmittels dann zu bejahen, wenn dieses auf die Einhaltung des § 38 Abs. 6 B 1978 abziele und sich gegen die übertragung walzender Anteile im Grundbuch ohne eine
vorgesehene Bewilligung der Agrarbehörde richte (5 Ob 9/81 = SZ
54/135 = EvBl. 1982/6 = NZ 1981, 175).
Hier mache die Agrarbehörde geltend, daß es sich bei den Liegenschaften EZ 177 II und EZ 185 II je KG Holzgau um agrargemeinschaftliche Liegenschaften (walzende Anteile) handle (Almen). Diese Tatsache sei zwar im Grundbuch noch nicht ersichtlich gemacht, aber durchaus zu vermuten, weil Johann A nur zu einem Teil Miteigentümer dieser Liegenschaft sei, deren Grundstücke überdies zum Teil als Alpe ausgewiesen seien. Die danach gemäß § 38 Abs. 6 B 1978
erforderliche Bewilligung der Agrarbehörde zur grundbücherlichen Durchführung des übergabsvertrages liege nicht vor. Es sei daher sowohl die Rechtsmittelbefugnis des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz als auch die Berechtigung des Rechtsmittels zu bejahen, weshalb der Antrag teilweise abzuweisen gewesen sei. Aus dem Inhalt des übergabsvertrages sei eine derartige Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung, daß diese eine teilweise Durchführung des Vertrages im Grundbuch hindern würde (§ 95 Abs. 2 GBG), nicht zu ersehen. Gegen die abändernde Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Eveline A mit dem Antrag, den Rekurs des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz gegen den Beschluß des Erstgerichtes zurückzuweisen, den erstgerichtlichen Beschluß vollinhaltlich wiederherzustellen, über die Rekurswerberin eine Mutwillensstrafe zu verhängen und der Rekurswerberin die Kosten des Revisionsrekurses aufzuerlegen. Eveline A ist zur Erhebung des Revisionsrekurses legitimiert, weil sie durch die abweisliche Entscheidung der zweiten Instanz in ihren durch die erstgerichtliche Entscheidung erworbenen bücherlichen Rechten verletzt worden sein könnte. Der Revisionsrekurs ist auch nach § 126 Abs. 2 GBG zulässig; er ist aber nicht berechtigt. Eveline A wendet sich in erster Linie gegen die Bejahung der Rekurslegitimation des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz und macht dazu zusammengefaßt geltend:
Die Agrarbehörde habe keinerlei bücherliche Rechte, in denen sie verletzt worden sein könnte; sie könnte höchstens die Verletzung öffentlicher Rechte behaupten, was jedoch - abgesehen davon, daß zum Schutz öffentlicher Interessen ausschließlich die Finanzprokuratur berufen sei - zur Begründung ihrer Rekurslegitimation nicht ausreiche. Die Zustellung des erstgerichtlichen Beschlusses an sie, die wegen der Anmerkung eines Zusammenlegungsverfahrens im Grundbuch vorgenommen worden sei, vermöge ihr gleichfalls die Rekurslegitimation nicht zu verschaffen, zumal eine grundbücherliche Anmerkung, daß es sich um agrargemeinschaftliche Liegenschaften handle, fehle.
In zweiter Linie vertritt Eveline A die Auffassung, daß der Rekurs der Agrarbehörde - wenn man ihre Rechtsmittellegitimation bejahen sollte - nicht gerechtfertigt wäre, weil der übergeber Johann A die Agrarbehörde am 14. September 1984 um die Erteilung der agrarbehördlichen Bewilligung des übergabsvertrages vom 15. Februar 1984 ersucht habe und die Agrarbehörde die beantragte agrarbehördliche Zustimmung erteilen hätte müssen. Sie (Revisionsrekurswerberin) habe auf Grund der dem übergabsvertrag am 27. September 1984 erteilten Zustimmung der Agrarbehörde annehmen dürfen, daß der Verbücherung ihres Eigentumsrechtes nichts mehr im Wege stehe.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Ausführungen ist nachstehendes entgegenzuhalten:
Wie der Oberste Gerichtshof nach den zutreffenden Darlegungen des Rekursgerichtes bereits in SZ 54/135 ausgesprochen hat, kommt der Agrarbehörde auf Grund der ihr nach dem B 1978 obliegenden behördlichen Aufgaben sehr wohl die nach den Bestimmungen des Verfahrens Außerstreitsachen zu beurteilende Befugnis zur Erhebung eines Rechtsmittels dann zu, wenn dieses auf die Einhaltung des § 38 Abs. 6 B 1978 abzielt und sich gegen die übertragung walzender Anteile im Grundbuch ohne die in den Absätzen 3 bis 5 dieser Gesetzesstelle vorgesehenen Bewilligungen richtet. (Es macht dabei keinen Unterschied, ob sich das Rechtsmittelverfahren nach den §§ 122 ff GBG oder nach den §§ 9 ff AußStrG richtet, weil das Grundbuchsgesetz keine Bestimmungen über die Rechtsmittellegitimation enthält, sodaß diesbezüglich auch im erstgenannten Fall § 9 AußStrG heranzuziehen ist.) An dieser Rechtslage hat die seither zum B 1978 beschlossene Novelle vom 16. Dezember 1983, LGBl. 1984/18, die gemäß deren Art. II Abs. 1 mit Ablauf des 7. März 1984 in Kraft getreten ist, nichts geändert. Die gemäß Art. II Abs. 2 der Novelle hier in Betracht kommende neue Fassung des § 38 B 1978 besagt unter anderem, daß persönliche (walzende) Anteilsrechte vom bisher Berechtigten nur mit Bewilligung der Agrarbehörde abgesondert werden dürfen (Abs. 6 Satz 1) und daß die Absonderung eines Anteilsrechtes im Grundbuch nur durchgeführt werden darf, wenn die nach Abs. 3
oder 6 erforderliche Bewilligung rechtskräftig erteilt wurde (Abs. 7). Auf Grund der Aktenlage steht fest, daß eine solche Bewilligung bisher nicht erteilt wurde. Ob Johann A die Agrarbehörde am 14. September 1984 (auch) um die Erteilung dieser Bewilligung ersucht hat und die Agrarbehörde diese Bewilligung nach der Sach- und Rechtslage erteilen hätte müssen, wie Eveline A im Revisionsrekurs neu vorbringt, ist demgegenüber bedeutungslos. Wie das Rekursgericht richtig erkannt hat, kommt es im gegenständlichen Verfahren auch nicht darauf an, ob die Liegenschaften EZ 177 II und EZ 185 II je KG Holzgau gemäß § 38 Abs. 2 B 1978 im Grundbuch als agrargemeinschaftliche Liegenschaften bezeichnet sind. Daß es sich bei den genannten Liegenschaften um agrargemeinschaftliche Liegenschaften handelt, wird im Revisionsrekurs nicht in Zweifel gezogen.
Da somit der Rekurs der Agrarbehörde tatsächlich auf die Einhaltung der (teilweise neu gefaßten) Bestimmungen des § 38 B 1978 abzielte und die gemäß diesen Bestimmungen für die grundbücherliche Durchführung des übergabsvertrages erforderliche agrarbehördliche Bewilligung tatsächlich nicht vorlag, hat das Rekursgericht zu Recht die Rekurslegitimation der Agrarbehörde bejaht und in Stattgebung ihres Rekurses den Antrag in Ansehung der begehrten Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Revisionsrekurswerberin ob den 144/7200 Anteilen an der Liegenschaft EZ 177 II KG Holzgau sowie ob dem 1/73 Anteil an der Liegenschaft EZ 185 II KG Holzgau abgewiesen. Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen. Der Antrag der Revisionsrekurswerberin, über das Amt der Tiroler Landesregierung eine Mutwillensstrafe zu verhängen, war als
unbegründet abzuweisen. Ihr Antrag auf Zuspruch der Kosten des Revisionsrekurses war abzuweisen, weil im Grundbuchsverfahren ein Kostenzuspruch nicht stattfindet (EvBl. 1962/478, EvBl. 1971/43 u. a.).
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