OGH 6Ob4/85

OGH6Ob4/8528.2.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als Richter in der Handelsregistersache der in der Abteilung A unter der Nummer 20.401 des vom Handelsgericht Wien geführten Handelsregisters eingetragenen A Warenhandelsgesellschaft mbH & Co KG wegen Ordnungsstrafverfahrens gegen Brigitte B als Geschäftsführerin der Komplementärgesellschaft A Warenhandelsgesellschaft mbH und gegen Herbert B, Kaufmann, beide Wien 6, Gumpendorferstraße 65 infolge Revisionsrekurses der beiden zur Anmeldung Aufgeforderten, der Kommanditgesellschaft und ihrer Komplementärgesellschaft gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 1. Oktober 1984, GZ. 5 R 10/84, womit die Einspruchsentscheidung des Handelsgerichtes Wien vom 1. Dezember 1983, GZ. 7 HRA 20.401-34 (Punkt I) bestätigt und die Rekurse gegen die neuerliche Aufforderung nach § 132 FGG (Punkt II) zurückgewiesen wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revisionsrekurse werden z u r ü c k g e w i e - s e n .

Text

Begründung

In dem vom Erstgericht geführten Handelsregister sind in der Abteilung A unter der Nummer 20.401 die durch Eintragung bekanntzumachenden Verhältnisse der A Warenhandelsgesellschaft m. b.H. & Co. KG eingetragen. Nach dem Registerstand gehören dieser Kommanditgesellschaft die namensgebende Gesellschaft m.b.H. als persönlich haftender Gesellschafter und Herbert B als Kommanditist an.

Ein Privatgläubiger des Kommanditisten führt gegen diesen zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von S 50.000,-- samt Nebenforderungen die Exekution auf dasjenige, was ihm bei der Auseinandersetzung zukommt. Unter Vorlage von Kopien eines an die Komplementärin gerichteten Kündigungsschreibens vom 9. Februar 1981 stellte der betreibende Gläubiger am 30. April 1982 den Antrag auf Eintragung der Auflösung der Gesellschaft und der Führung des Firmenzusatzes 'in Liquidation' sowie auf Bestellung der Geschäftsführerin der Komplementärgesellschaft zur Liquidatorin. Die Eingabe des gemäß § 135 HGB kündigungsberechtigten Privatgläubigers nahm das Registergericht zunächst zum Anlaß von Erhebungen. Dabei bestritten die beiden Gesellschafter der Kommanditgesellschaft, daß ihnen das Kündigungsschreiben des betreibenden Privatgläubigers zugegangen sei.

Am 7. Februar 1983 richtete das Registergericht an die durch ihre Geschäftsführerin vertretene Komplementärgesellschaft und an den Kommanditisten die beschlußmäßige Aufforderung gemäß § 132 FGG zur Anmeldung der Auflösung oder zur Einbringung eines die Unterlassung rechtfertigenden Einspruches. Die beiden Gesellschafter erhoben Einspruch. Sie bestritten weiterhin, daß ihnen ein Kündigungsschreiben zugegangen sei. Unter der Vorlage einer Ablichtung des postamtlichen Gesamtabgabescheines vom 11. Februar 1981 behaupteten sie, der Postzusteller habe die eingeschriebenen Briefsendungen einer Person ausgefolgt, deren Unterschrift für sie nicht lesbar sei.

Das Registergericht verwarf den Einspruch der Kommanditgesellschaft und der beiden Gesellschafter und setzte die angedrohte Ordnungsstrafe in der Höhe von je S 5.000,-- fest. Gleichzeitig erließ es gemäß § 135 Abs. 3 FGG eine neuerliche Aufforderung im Sinne des § 132 FGG. In tatsächlicher Hinsicht ging das Registergericht davon aus, daß die vom betreibenden Privatgläubiger eingeschrieben zur Postaufgabe gebrachten Kündigungsschreiben am 11. Februar 1981 vom Postzusteller einer (für die Gesellschafter) empfangsberechtigten Person ausgefolgt worden seien, auch wenn es sich möglicherweise um eine von den beiden Gesellschaftern verschiedene Person gehandelt haben sollte. Im übrigen stützte sich das Registergericht darauf, daß es den beiden Gesellschaftern der Kommanditgesellschaft mit den Ausfertigungen seines Beschlusses vom 5. Mai 1982 Kopien des Kündigungsschreibens zugestellt habe, mit dem der betreibende Privatgläubiger die Aufkündigung der Gesellschaft zum Jahresende 1981, 'hilfsweise zum nächstmöglichen anderen Termin' erklärt habe.

Daraus folgerte das Registergericht, daß die Kündigung spätestens zum 31. Dezember 1982 wirksam geworden sei und die Pflicht zur Anmeldung nach § 143 Abs. 1 HGB ausgelöst habe, sodaß ein Einschreiten des Registergerichtes gemäß § 14 HGB, §§ 132 ff FGG gerechtfertigt sei.

Gegen diese Einspruchsentscheidung samt neuerlicher Verfügung nach § 132 FGG erhoben die Kommanditgesellschaft, die Komplementärgesellschaft, deren Geschäftsführerin und der Kommanditist Rekurs.

Das Rekursgericht bestätigte den Ausspruch über die Verwerfung des Einspruches und die Festsetzung der Ordnungsstrafen. Dazu erachtete das Rekursgericht nach dem Inhalt des postamtlichen Gesamtabgabescheines Nr. 373

des Postamtes 1072 vom 11. Februar 1981 den Beweis als erbracht, daß die Kündigungsschreiben in den Machtbereich der Empfänger gelangt seien; damit sei die empfangsbedürftige Kündigungserklärung den beiden Gesellschaftern zugegangen und mit Ablauf der Kündigungsfrist wirksam geworden. Im übrigen wies das Rekursgericht die Rekurse wegen des Rechtsmittelausschlusses nach § 132 Abs. 2 FGG als unzulässig zurück.

Die Rechtsmittelwerber fechten die rekursgerichtliche Entscheidung mit dem Antrag auf Aufhebung des Beschlusses 'in seiner Gänze' und mit einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Rechtliche Beurteilung

Ungeachtet dieses umfassenden Rechtsmittelantrages liegt mangels jeder Ausführung zu der - im Sinne der übereinstimmenden Lehrmeinungen von Schlegelberger FGG 7 § 133 Rdz 5; Keidel/Kuntze/Winkler FGG 11 § 135

Rdz 11; Jansen FGG 2 § 135 Rdz 9) - auf § 132 Abs. 2 FGG gegründeten Rechtsmittelzurückweisung nur ein Rechtsmittel gegen den bestätigenden Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung vor. Gegen die Bestätigung einer Einspruchsentscheidung nach § 135 FGG findet gemäß § 16 Abs. 1 AußStrG nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof statt (EvBl. 1963/274, S. 394).

Das Registergericht hat eine urkundlich belegte Mitteilung des betreibenden Privatgläubigers über seine im Sinne des § 135 HGB erfolgte Aufkündigung zum Anlaß eines Ordnungsstrafverfahrens nach den § 132 ff FGG genommen und die gemäß § 143 Abs. 1 HGB anmeldepflichtigen Gesellschafter mit dem Einleitungsbeschluß vom 7. Februar 1983 (ON 16 = ON 9 der Aktenrekonstruktion) unter Strafandrohung zur Anmeldung der Auflösung der Gesellschaft aufgefordert. Die Aufgeforderten bestritten mit ihrem Einspruch den Tatumstand, daß ihnen die Aufkündigung zugekommen sei und damit Rechtswirkungen ausgelöst habe. Das Registergericht hat die Einspruchswerber gehört und bei seiner Entscheidung auch die von ihnen vorgelegte Ablichtung des mit dem Orts-Tagesstempel des Postamtes 1072 vom 11. Februar 1981

versehenen Gesamtabgabescheines berücksichtigt, nach dessen Inhalt neben einer anderen Briefsendung zwei beim Postamt 1015 unter den Nummern 833 h und 834

h eingeschrieben zur Postaufgabe gebrachten Briefe am 11. Februar 1981 von der Person übernommen wurden, die den Schein unterfertigt hat. Das Registergericht verzichtete darauf, die Identität dieser Person festzustellen.

Es sah auch davon ab, die Unterschrift auf dem Gesamtabgabeschein mit den Unterschriften auf den etwa in den Händen des Absenders befindlichen übernahmsscheinen zu vergleichen. Es folgerte auf Grund seiner Erhebungen (darunter auch einer nicht rekonstruierten Auskunft des Postamtes 1015 vom 8. November 1982), daß die an die beiden Gesellschafter gerichteten Kündigungsschreiben des betreibenden Privatgläubigers 'einer empfangsberechtigten Person' ausgefolgt worden seien. Die Rechtsmittelwerber bemängelten, daß nicht versucht worden sei, die Person, der die beiden eingeschriebenen Briefsendungen ausgefolgt wurden, an Hand der vom Absender gewünschten übernahmsscheine zu ermitteln. Das Rekursgericht billigte auf der Grundlage des vom Registergericht festgestellten Sachverhaltes, daß die vom betreibenden Privatgläubiger an die beiden Gesellschafter gerichteten Kündigungsschreiben am 11. Februar 1981 von einer empfangsberechtigten Person übernommen worden und damit den beiden Gesellschaftern auch in einer für empfangsbedürftige Erklärungen ausreichenden Weise zugegangen seien.

Die Ausführungen der Rechtsmittelwerber in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs, daß der kündigende Privatgläubiger entgegen seiner Behauptung in der Lage sein müßte, übernahmsscheine vorzulegen, kann als Rüge mangelhafter Stoffsammlung und unrichtiger Beweiswürdigung, aber nicht als Rüge eines mit Nichtigkeit bedrohten Verfahrensverstoßes verstanden werden.

Die Rechtsmittelwerber sind anwaltlich nicht vertreten. Zu ihren Gunsten sei unterstellt, sie hätten auch geltend machen wollen, daß das Rekursgericht sein Verfahren gemäß § 127 FGG hätte aussetzen sollen. § 127 FGG findet zwar auch im Ordnungsstrafverfahren nach den §§ 132 ff FGG Anwendung (JBl. 1957, 367), die Aussetzung ist aber in das gesetzlich nicht näher bestimmte, pflichtgemäße Ermessen des Gerichtes gelegt (vgl. Schlegelberger FGG 7 § 127 Rdz 27; Keidel/Kuntze/Winkler FGG 11 § 127 Rdz 14; Jansen FGG 2 § 127 Rdz 6). Abgesehen von dem nach dem konkreten Sachverhalt ausgeschlossenen Fall eines Ermessensmißbrauches mit der Folge, daß die vom Registergericht im Außerstreitverfahren vorgenommene Vorfragenlösung die Rechtsmittelwerber um die Möglichkeit einer angemessenen Geltendmachung ihres Rechtsstandpunktes gebracht hätte, liegt in der Unterlassung einer Verfahrensaussetzung nach § 127 FGG kein Verfahrensmangel vom Gewicht einer Nullität (im selben Sinne bereits 6 Ob 5/83).

Mit dem ersten Teil der Ausführungen zu Punkt 1 des Revisionsrekurses wird daher keine Nichtigkeit geltend gemacht, schon gar nicht eine Aktenwidrigkeit oder eine offenbare Gesetzwidrigkeit.

Das Registergericht hat aus dem unbestrittenen Umstand, daß den beiden Gesellschaftern die Erklärung des betreibenden Privatgläubigers, die Kommanditgesellschaft 'zum 31. Dezember 1981, hilfsweise zum nächstmöglichen anderen Termin' aufzukündigen, in einer Kopie mit der Ausfertigung des Einleitungsbeschlusses vom 7. Februar 1983 noch im ersten Halbjahr 1983

zugestellt wurde, gefolgert, daß die Gesellschaft, sollte sie nicht bereits zum Jahresende 1982 aufgelöst worden sein, jedenfalls zum Jahresende 1983

wirksam aufgekündigt worden sei. Das Rekursgericht hat zu dieser nach seiner Auffassung über die Wirksamkeit der Kündigung zum Jahresende 1982 nicht mehr erheblichen rechtlichen Beurteilung nicht Stellung genommen. Die Ausführungen im zweiten Teil zu Punkt 1 des Revisionsrekurses sind für das anhängige Verfahren lediglich von theoretischer Natur. Abgesehen davon, daß das Vorbringen, der betreibende Privatgläubiger habe am 30. November 1983 neuerlich eine Kündigung zum 31. Dezember 1984 ausgesprochen, eine unbeachtliche Neuerung dargestellt, dürfte aus dem Umstand einer nachfolgenden Kündigung zu einem späteren Termin nicht auf die Rechtsunwirksamkeit einer vorangegangenen Kündigung zu einem früheren Termin geschlossen werden. Die Rechtsmittelausführungen gehen aber insofern ins Leere, als das Rekursgericht bei seiner angefochtenen Entscheidung von der Wirksamkeit der Aufkündigung zum 31. Dezember 1982 ausgegangen ist und dieser Beurteilung nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt keine offenbare Gesetzwidrigkeit anhaftet.

Die Rechtsmittelausführungen zu Punkt 2 des Revisionsrekurses über anhängige Oppositionsklagen zu 9 C 30/83 des Exekutionsgerichtes Wien und zu 11 C 163/84 des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien lassen nicht erkennen, aus welchem Grund die der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Aufkündigung des betreibenden Privatgläubigers unwirksam sein könnte. Eine Exekutionsaufschiebung, die vor dem Zugang der Kündigungserklärung an die Gesellschafter wirksam geworden wäre, haben die Rechtsmittelwerber nicht behauptet. Den Rechtsmittelausführungen zu Punkt 3 des Revisionsrekurses zur Straffestsetzung muß der Wortlaut des § 135 Abs. 2 FGG entgegengehalten werden. Diese Bestimmung sieht vor, daß - gleichzeitig - mit der Verwerfung des Einspruches die angedrohte - allenfalls eine geringere oder gar keine - Strafe festzusetzen ist. Die festgesetzten Strafen liegen innerhalb des im § 14, Satz 2 HGB festgelegten Rahmens von S 1,-- bis S 15.000,--.

Zusammenfassend ist daher zu wiederholen, daß die Rechtsmittelwerber mit ihren Revisionsrekursausführungen keinen nach § 16 Abs. 1 AußStrG zulässigen Anfechtungsgrund zur schlüssigen Darstellung gebracht haben. Das Rechtsmittel ist aus diesem Grunde zurückzuweisen. Dies erübrigt Erörterungen zur Beteiligtenstellung und Rechtsmittellegitimation der einzelnen Rechtsmittelwerber.

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