OGH 12Os180/84

OGH12Os180/8428.2.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Februar 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger (Berichterstatter) und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Miheljak als Schriftführerin in der Strafsache gegen Friedrich A und andere wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Jugendschöffengericht vom 3.Juli 1984, GZ 22 Vr 2167/82-138, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwalts Dr. Tschulik, der Angeklagten Adolf B, Manfred C, Wolfgang D, Benjamino E, Wolfgang F, Michael G, Christoph H und Josef I und der Verteidiger Dr. Rainer Kornfeld, Dr. Rudolf Bruckenberger, Dr. Johann Litschauer jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Friedrich A, Thomas J, Gerhard K, Manfred L, Manfred M, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird verworfen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Friedrich A, Rudolf B, Manfred C, Thomas J, Wolfgang D, Josef I, Benjamino E, Gerhard K, Manfred L, Wolfgang F, Michael G, Christoph H und Manfred M - mit Ausnahme des Angeklagten Josef I zur Tatzeit Jugendliche - u. a. schuldig erkannt:

Friedrich A, Rudolf B, Michael G, Christoph H und Manfred M des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und Abs 2 StGB, Manfred C, Benjamino E, Gerhard K und Wolfgang F des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 1. Deliktsfall StGB, Thomas J, Wolfgang D und Josef I des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 1. Deliktsfall sowie 15 StGB und Manfred L des Vergehens des versuchten unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 15, 136 Abs 1 und Abs 2 StGB (Punkt A/ des Schuldspruchs).

Von der Anklage, zur Ausführung weiterer solcher jeweils von Mitangeklagten begangener Tathandlungen dadurch beigetragen zu haben, daß sie die unmittelbaren Täter in deren Tatentschluß bestärkten, zum Tatort begleiteten und teils selbst andere PKW. unbefugt in Gebrauch nahmen, wurden die Angeklagten Friedrich A

(bezüglich der Schuldspruchfakten A/a/III/1, 2 und 4), Rudolf B

(bezüglich der Schuldspruchfakten A/a/II/2 und 3, III/1, 3 und 4, IV/1, V/1 und VI), Manfred C (bezüglich der Schuldspruchfakten A/a/II/1 und 3, III/2, 3 und 4, IV/2, V/2 und VIII/2 bis 5), Thomas J (bezüglich der Schuldspruchfakten A/a/VII/1 bis 3, VIII/2 bis 5 und IX/2, 3, 4 und 6), Wolfgang D (bezüglich der Schuldspruchfakten A/a/VII/1, 2 und 4, VIII/1, 3, 4 und 5), Josef I (bezüglich der Schuldspruchfakten A/a/VI, VII/2 bis 4, VIII/1, 2, 4 und 5), Benjamino E (bezüglich der Schuldspruchfakten A/a/VII/1, 3 und 4, VIII/1, 2, 3 und 5, IX/2, 3, 5 und 6), Gerhard K (bezüglich der Schuldspruchfakten A/a/IX/2 bis 5), Manfred L (bezüglich der Schuldspruchfakten A/a/IX/1, 2, 4, 5 und 6), Wolfgang F (bezüglich der Schuldspruchfakten A/a/IX/1, 3, 4, 5 und 6), Michael G

(bezüglich der Schuldspruchfakten A/a/II/1 und 2), Christoph H

(bezüglich der Schuldspruchfakten A/a/III/1 bis 3) und Manfred M

(bezüglich der Schuldspruchfakten A/a/VIII/1 bis 4) gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen (Punkt A/ des die Freisprüche betreffenden Abschnitts des Urteilstenors).

Rechtliche Beurteilung

Diese Freisprüche bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf die Gründe der Z. 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher - entgegen der Stellungnahme der Generalprokuratur - keine Berechtigung zukommt.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen haben sich die Angeklagten jeweils in verschieden zusammengesetzten Tätergruppen zum Tatort begeben, nachdem einer der Gruppe angeregt hatte, mit Autos, welche auf den Neuwagengeländen der Fa. N KG. abgestellt waren, zu fahren. Sodann hatten die Täter, jeder für sich zur Tat entschlossen, den Zaun des Abstellplatzes überklettert und, jeder für sich, einen Neuwagen unbefugt in Gebrauch genommen bzw. in Gebrauch zu nehmen versucht. Einer gegenseitigen Bestärkung im Tatentschluß bedurfte es nach den Urteilskonstatierungen nicht, weil jeder - einmal angeregt - mit einem Auto fahren wollte. Die Tatrichter verneinten daher einen kausalen Tatbeitrag der betreffenden Angeklagten in bezug auf die jeweilige Tat der Mitangeklagten. Beim unbefugten Gebrauch eines VW-Busses durch den Angeklagten Manfred C am 30.April 1984 (Urteilsfaktum A/a/VI) hätten die Mitangeklagten Rudolf B und Josef I den Täter lediglich begleitet und ihm beim Fahren zugesehen (vgl. Bd. V, S. 86 f.d.A.). Wie sich aus den Gründen des angefochtenen Urteils in ihrem Zusammenhang unmißverständlich ergibt, folgte das Gericht dem mit den übrigen Ergebnissen des Beweisverfahrens übereinstimmenden Geständnis der Angeklagten (welches es für unbedenklich hielt, vgl. S. 92) und erhob dieses solcherart zu seinen Feststellungen sowohl für den Schuld- als auch für den Freispruch (vgl. S. 91/92). Dabei bedurfte es im Interesse einer gedrängten Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z. 5 StPO) auch zum freisprechenden Teil der Entscheidung keiner weiteren Erörterung der einzelnen Beweismittel. Die Behauptung der Mängelrüge (Z. 5), das Urteil gebe für seine Konstatierungen zum Freispruch nur eine Scheinbegründung, weil es lediglich (global) auf die Ergebnisse des Beweisverfahrens verweise, übergeht die bezüglichen Urteilsausführungen und erweist sich daher als nicht zielführend. Auch die behauptete Unvollständigkeit im Sinne des Nichtigkeitsgrundes der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO liegt nicht vor. Die in diesem Zusammenhang in der Beschwerde relevierten, nach Ansicht der Anklagebehörde jeweils auf eine psychische Unterstützung der anderen Täter im Sinne einer Bestärkung des Tatentschlusses bzw. auf eine Mittäterschaft hinweisenden Aussagen der Mitangeklagten in der Hauptverhandlung bedurften nach Lage des Falles keiner besonderen Erörterung, weil das Erstgericht in einer konzentrierten Gesamtwürdigung der (die Grundlage auch für den Freispruch bildenden) Verantwortung der Angeklagten (§ 258 Abs 2 StPO) - und damit auch in Würdigung des in der Beschwerde angeführten Teiles dieser Aussagen - zu dem Ergebnis kam, daß es zwar zu einer Anregung, mit den Wagen auf den Abstellplätzen zu fahren, gekommen ist, daß aber jeder einzelne Angeklagte mit einem Auto fahren wollte und in seinem Tatentschluß nicht weiter bestärkt werden mußte, wobei es auch darauf hingewiesen hat, daß bei den Tätern allgemein bekannt war, daß auf den Neuwagen-Abstellplätzen der Fa. N eine günstige Gelegenheit zur Gebrauchnahme von Fahrzeugen bestanden hat (S. 100). Aus diesen Feststellungen ergibt sich daher, daß es an der Ursächlichkeit einer Förderungshandlung mangelt und auch keine Mitwirkung am vorsätzlichen Zusammenwirken mit anderen vorliegt. Wenn die Mängelrüge diese Konstatierungen über einen solchen jeweils selbständig gefaßten Tatentschluß der unmittelbaren Täter unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Begründung als mit der allgemeinen Lebenserfahrung unvereinbar bezeichnet und dazu vorbringt, gerade die Annahme, daß die Angeklagten 'einmal angeregt' - also nach vorgefaßtem Tatplan - sich in wechselnder Zusammensetzung zu den Abstellplätzen der Fa. N begeben haben, lasse nur den Schluß zu, bei Tätern im Alter der Angeklagten sei es üblich, derartige Straftaten in Gemeinschaft zu setzen, da nur auf diese Weise der von den Jugendlichen in der Regel angestrebte 'Unterhaltszweck' der Straftat erreicht werde, so wird damit lediglich die Beweiswürdigung des Erstgerichtes bekämpft. Denn dieses Vorbringen läuft im Ergebnis auf den Versuch hinaus, darzutun, daß aus den Verfahrensergebnissen auch andere, für die Angeklagten nachteilige Schlußfolgerungen hätten gezogen werden können, was aber niemals Urteilsnichtigkeit i.S. der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO zur Folge haben kann.

Da die Tatrichter - wie oben dargelegt - in tatsachenmäßiger Hinsicht die Ursächlichkeit einer Förderungshandlung der (freigesprochenen) Angeklagten verneinten, weil jeder unmittelbare Täter den Entschluß zu der in seiner Vorstellung individualisierten Tat bereits gefaßt hatte und keiner Bestärkung in diesem Entschluß bedurfte, betrifft der Widerspruch zwischen der Feststellung einerseits, die Angeklagten hätten sich nach einer Anregung zum Tatort begeben, und der Konstatierung andererseits, es habe sich nicht feststellen lassen, ob im Einzelfall überhaupt eine entsprechende Anregung erforderlich war, keine entscheidende Tatsache.

Auch der Rechtsrüge, die Urteilsnichtigkeit i.S. der Z. 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO geltend macht, kommt im Ergebnis keine Berechtigung zu.

Die Feststellung des Erstgerichts, daß sich die verschiedenen Tätergruppen (zwar erst) nach Anregung eines Mitglieds zum Tatort begeben haben, jeder für sich aber zur Tat (bereits) entschlossen war und in seinem Tatentschluß nicht mehr weiter bestärkt werden mußte, läßt - den Ausführungen in der Rüge zuwider - in rechtlicher Beziehung die Annahme eines bewußten und gewollten Zusammenwirkens bei der Gebrauchnahme der Fahrzeuge und damit einer Mittäterschaft nicht zu.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

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