OGH 5Ob531/84

OGH5Ob531/8426.2.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.

Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Jensik, Dr. Warta, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*****, vertreten durch Dr. Hans Oberndorfer, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien 1.) Hermann M*****, und 2.) Martina M*****, beide vertreten durch Dr. Karl Reiter, Rechtsanwalt in Wels, wegen 214.520 S sA, infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. November 1983, GZ 5 R 167/83‑25, womit das Urteil des Kreisgerichts Wels vom 24. Mai 1983, GZ 3 Cg 110/82‑19, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00531.840.0226.000

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Klägerin, die Beklagten zum Ersatz der Kosten der Rekursbeantwortung zu verhalten, wird abgewiesen.

Begründung

Die Beklagten betrieben von Juni 1980 bis Oktober 1981 in ***** ein Gasthaus. Mit dem am 10. 9. 1980 geschlossenen Leistungs‑ und Lieferungsübereinkommen sagte die Klägerin den Beklagten die Leistung eines einmaligen Barzuschusses von brutto 118.000 S zu. Gleichzeitig verpflichteten sich die Beklagten, ab Vertragsabschluss bis zur Erreichung einer Bezugsmenge von 1.150 hl Bier das von ihnen für ihren Gasthausbetrieb benötigte Bier ausschließlich und ununterbrochen von der klagenden Partei zu beziehen und jeden Bezug, Ausschank oder Verkauf eines anderen Bieres zu unterlassen. Ferner verpflichteten sie sich, die aus dem Leistungs‑ und Lieferungsübereinkommen sich ergebenden Rechte und Pflichten auf ihre Rechtsnachfolger so zu überbinden, sodass letztere das Übereinkommen als ihre eigene Verpflichtung anerkennen. Im Falle der Vertragsverletzung sollte die klagende Partei berechtigt sein, die nicht amortisierten Teile des Zuschusses zurückzuverlangen und ‑ vorbehaltlich etwaiger Schadenersatzansprüche ‑ ua für jeden vertragswidrig verkauften Hektoliter Bier einen nicht dem richterlichen Mäßigungsrecht unterliegende „Mindestersatz“ von 200 S pro hl Bier zu verlangen; im Falle des Fremdbezugs infolge der Nichtüberbindung des Lieferungs‑ und Leistungsübereinkommens auf etwaige Rechtsnachfolger sollte der „Mindestersatz“ von der Differenz der vereinbarten Gesamtbezugsmenge zur im Vertragszeitraum bereits von den Beklagten bezogenen Menge Bier zu berechnen sein. Der Zuschuss wurde am 19. 9. 1980 geleistet. Die Beklagten bezogen in der Folge für ihre Betriebsstätte in ***** von der klagenden Partei Bier. Am 16. 10. 1981 nach einem Bezug von 77,4 hl Bier, verkauften sie ihre Liegenschaft mit dem Gasthaus an die Ehegatten Alois und Elisabeth A*****.

Die Klägerin begehrte von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Bezahlung des Betrags von 307.789,65 S sA (93.269,56 S als nicht amortisierter Teil des den Beklagten gewährten Zuschusses und 214.520 S als Konventionalstrafe). Infolge Bezahlung des Betrags von 93.289,56 S im Zuge des Verfahrens schränkte die Klägerin ihr Leistungsbegehren auf 214.520 S sA ein. Die Beklagten hätten vor Erreichung der vereinbarten Liefermenge ihre Gastwirtschaft verkauft jedoch ihre Verpflichtungen aus dem Leistungs‑ und Lieferungsübereinkommen auf die Käufer nicht überbunden. Die Käufer des Gasthauses hätten es abgelehnt, die im Leistungs‑ und Lieferungsübereinkommen vom 10. 9. 1980 getroffenen Vereinbarungen zu übernehmen, und bezögen das Bier von einer anderen Brauerei. Die Beklagten seien daher verpflichtet, den nicht amortisierten Teil des Zuschusses zurückzubezahlen und die vereinbarte Konventionalstrafe von 200 S pro Hektoliter Bier für die vertragswidrig nicht mehr bezogene Mindestbezugsmenge zu bezahlen.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Das ihnen aufgezwungene Leistungs‑ und Lieferungsübereinkommen vom 10. 9. 1980 hätte eine Bindung von ca 17 Jahren an die klagende Partei zur Folge gehabt. Die Klägerin habe beim Abschluss dieses Übereinkommens die Unerfahrenheit der Beklagten ausgenützt weshalb das Übereinkommen nach § 879 Abs 2 Z 4 ABGB und überdies auch wegen Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes nichtig sei. Das Übereinkommen sei auch sittenwidrig. Der Wortlaut des Übereinkommens sei ihnen bloß zur Unterschrift vorgelegt worden. Es treffe sie auch kein wie immer geartetes Verschulden, das eine Konventionalstrafe von 214.520 S rechtfertigen würde. Da sie auch nicht Vollkaufleute gewesen seien, würde eine Konventionalstrafe dem richterlichen Mäßigungsrecht unterliegen. Es sei auch unrichtig, dass sie nichts unternommen hätten, die Käufer des Gasthauses zum Eintritt in den Vertrag mit der Klägerin zu bewegen. Die Käufer hätten davon gesprochen, dass sie mit der nunmehrigen Klägerin in Verhandlung treten würden. Die Beklagten hätten die Liegenschaft mit dem Gasthaus verkaufen müssen, weil bei einer Fortführung des Gastgewerbebetriebs die Eröffnung eines Ausgleichs‑ oder Konkursverfahrens unvermeidbar gewesen wäre. Sie treffe daher kein Verschulden an der Nichterfüllung des Vertrags mit der Klägerin.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren (abgesehen von einem nicht mehr angefochtenen Zinsenzuspruch aus dem rückgezahlten, nicht amortisierten Zuschuss) ab und traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im Wesentlichen folgende Feststellungen:

In dem für 30 Sitzplätze eingerichteten Gasthaus der Beklagten wurden an Speisen nur Kleinigkeiten gereicht. Personal war nicht beschäftigt; der Tagesumsatz betrug ca 2.500 bis 3.000 S. (Im Berufungsverfahren wurde außer Streit gestellt, dass die Beklagten keine Vollkaufleute waren.)

Der Erstbeklagte führte mit Johann M*****, dem Verkaufsleiter der Brauerei S*****‑Gesellschaft mbH, der für die klagende Partei tätig war, Gespräche über den Abschluss eines Bierlieferungsvertrags. Am 21. 8. 1980 richtete er unter Verwendung eines Formblattes der klagenden Partei an diese ein Anbot, welches unter anderem folgenden Wortlaut hatte:

„M***** Hermann und Martina ... Wir sind Eigentümer des Gasthauses ... wir stellen Ihnen folgendes Angebot: Sie stellen uns einen einmaligen Betrag in Höhe von S 100.000 zuzüglich 18 % Umsatzsteuer S 18.000, zusammen dennach S 118.000 zur Verfügung. Die Auszahlung erfolgt bei der Vertragsunterfertigung ... Als Faßbier wird Zipfer Urtyp ausgeschenkt. Im Falle der Annahme dieses Anbotes geben wir die verbindliche Zusage, als Gegenleistung, in der von uns betriebenen vorgenannten Absatzstätte samt künftigen Erweiterungen ab dem Tag der Unterfertigung dieses Übereinkommens ... auf die Dauer von ‑ Jahren, mindestens aber bis zur Erreichung von 1.150 hl Bier ... das benötigte Bier ausschließlich und ununterbrochen von Ihnen zu beziehen. Im gleichen Zeitraum geben wir die verbindliche Zusage, ausschließlich ihre alkoholfreien Getränke, mindestens aber bis zur Erreichung eines Bezuges von 350 hl alkoholfreien Getränken ... zu beziehen ... . Sie sind ungeachtet Ihres Rechtes, die Zuhaltung des Vertrages zu begehren, zu einer vorzeitigen Vertragsauflösung dann berechtigt, wenn wir gegen eine der Bestimmungen dieses Übereinkommens verstoßen, über unser Vermögen der Ausgleich oder Konkurs eröffnet wird oder unsere Absatzstätte auf die Dauer von mehr als insgesamt einem Jahr geschlossen bleibt. Der Inhalt Ihres Formularvertrages betreffend Lieferungs‑ und Leistungsübereinkommen bildet einen Bestandteil dieses Angebotes. Beide Vertragsteile verzichten, diesen Vertrag wegen Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes anzufechten. Dieses Übereinkommen geht auf die beiderseitigen Rechts‑ und Geschäftsnachfolger unter Fortdauer der Haftung der Vertragspartner über ...“ (Beil .D).

Der in diesem Anbot (Vordruck) genannte Formularvertrag betreffend Lieferungs‑ und Leistungsübereinkommen lag bei Unterfertigung dieses Anbots durch den Erstbeklagten nicht vor; er fragte auch nicht danach. Johann M***** hatte ein Formular dieses Vertrags in der Aktentasche und hätte es dem Erstbeklagten gezeigt, wenn dieser darauf bestanden hätte. Nähere Einzelheiten aus dem Formularvertrag wurden von M***** dem Erstbeklagten nicht dargelegt. Die Zweitbeklagte war bei der Unterfertigung des Anbots nicht anwesend.

In der Folge wurde von der Klägerin ein vier Seiten langer Formularvertrag ausgefüllt und am 10. 9. 1980 durch zwei Prokuristen gefertigt.

Er hat unter anderem folgenden Wortlaut:

„Martina und Hermann M*****, Gasthaus *****, ... im folgenden kurz Kunde genannte, und die Ö***** ... im folgenden kurz Brauerei genannt, schließen folgendes Leistungs‑ und Lieferungsübereinkommen ab, welches auf die beiderseitigen Rechts‑ und oder Geschäftsnachfolger sowie Rechtsnehmer unter Fortdauer ihrer Haftung nachweislich so zu überbinden ist, daß dieselben diese Vereinbarung als ihre eigene Verpflichtung anerkennen.

1.) Die Brauerei sagt dem Kunden einen einmaligen Betrag von S 100.000 zuzüglich 18 % Mehrwertsteuer S 18.000, zusammen S 118.000 zu ...

2.) Hält der Kunde, aus welchen Gründen immer, den Vertrag nicht ein oder erklärt die Brauerei gemäß Punkt 4. den Vertrag als beendet, ist die Brauerei berechtigt, den noch nicht amortisierten Teil des von ihr geleisteten Beitrages zuzüglich Mehrwertsteuer zurückzuverlangen, wobei das Verhältnis der im Vertragszeitraum tatsächlich bezogenen Biermenge zum für die gesamte Vertragslaufzeit vereinbarten Mindestbezug für die Amortisation maßgebend ist.

3.) Als Gegenleistung für die Leistung der Brauerei sagt der Kunde verbindlich zu, ab Vertragsabschluss bis zur Erreichung des Bezugs von 1.150 hl Bier, das von ihm für die Absatzstätte in ***** benötigte Bier zum jeweils allgemein geltenden Listenpreis für Wiederverkäufer, in welchen Gebinden immer, ausschließlich und ununterbrochen von der Brauerei bzw dem zuständigen Verkaufslager, Verkaufsdepot oder einer von ihr namhaft gemachten anderen Firma zu beziehen bzw beziehen zu lassen und somit jeden Bezug, Ausschank oder Verkauf eines anderen in‑ oder ausländischen Bieres zu unterlassen. Der Kunde verpflichtet sich auf Vertragsdauer von der Brauerei ausschließlich die Biere der Marke Zipfer Bier ... zu beziehen ... . Der Kunde erklärt, daß die von der Brauerei erbrachte Leistung eine volle Gegenleistung für die gegenständliche Bierbezugsverpflichtung darstellt ... .

4.) Dem Kunden ist bekannt, daß die Brauerei diese Leistung unter der Voraussetzung eines Mindestbezuges von 1.150 hl Bier erbringt ... In all diesen Fällen kann die Brauerei das gegenständliche Leistungs‑ und Lieferungsübereinkommen unter Vorbehalt ihrer sonstigen Ansprüche aus diesem Übereinkommen und etwaiger Schadenersatzansprüche als beendet erklären.

5.) Hält der Kunde eine oder mehrere Bestimmungen dieses Leistungs‑ und Lieferungsübereinkommens, aus welchen Gründen immer, nicht ein, kann die Brauerei, vorbehaltlich etwaiger Schadenersatzansprüche unter anderem eine oder mehrere der nachstehend angeführten Maßnahmen ergreifen:

a) Die Zuhaltung dieses Übereinkommens bzw Unterlassung des vertragswidrigen Fremdbezuges begehren,

b) den aushaftenden bzw nicht amortisierten Betrag samt Zinsen fällig stellen,

c) das der Brauerei gehörige Inventar gegen vorherige Ankündigung auf Kosten des Kunden zurückzunehmen,

d) für jeden vertragswidrig verkauften Hektoliter Bier einen der richterlichen Mäßigung nicht unterliegenden Mindestersatz in Höhe der Differenz zwischen Einstands‑ und Verkaufspreis des vertragswidrig verkauften Bieres begehren, mindestens aber S 200 pro vertragswidrig verkauften Hektoliter Bieres. Wenn dieses Übereinkommen vom Kunden nicht vollinhaltlich an Rechts‑ und/oder Besitznachfolger überbunden worden ist, ist der Mindestersatz von der Differenz Gesamtbezugsmenge zur im Vertragszeitraum bereits von der Brauerei bezogenen Menge Bier zu berechnen.

6.) Zur Sicherung und Abdeckung aller Forderungen aus diesem Übereinkommen und ... übergibt der Kunde ein von ihm angenommenes Blankoakzept, das die Brauerei ... begeben und geltend machen kann.

... 11.) Der Kunde und die Brauerei verzichten auf die Anfechtung diese Übereinkommens wegen etwaiger Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes ...

... 17.) Zusätzliche Vereinbarungen:

a) Dem Kunden ist bekannt, daß die Höhe der Leistung der Brauerei auch unter der Voraussetzung zugesagt wurde, daß die benötigten alkoholfreien Getränke ... ausschließlich und ununterbrochen während der unter Punkt 3.) genannten Zeitdauer von der Brauerei ... bezogen werden und jeder Bezug, Verkauf oder Ausschank eines anderen in‑ oder ausländischen alkoholfreien Getränkes unterlassen wird. Der Kunde verpflichtet sich, die Bezugsvereinbarung auch hinsichtlich der alkoholfreien Getränke einzuhalten.

b) Weiters wurde ein Mindestbezug alkoholfreier Getränke von der Brauerei von 350 hl während der unter Punkt 3 genannten Zeitdauer vereinbart“ (Beil .B).

Dieses von der Klägerin gefertigte Vertragsformular überbrachte Johann M***** in der Folge den Beklagten, die es ebenfalls unterfertigten und zwar unter Beifügung der Stampiglie „C*****“. Der Erstbeklagte las den Vertrag oberflächlich durch. M***** sagte, wenn etwas unklar sei, solle danach gefragt werden. Auf Punkt 6.) des Vertrags (Sicherstellung durch Blankoakzept) wies M***** besonders hin. Weiters wurde über Punkt 2.) des Vertrags, der nicht vorgedruckt, sondern in Maschinschrift eingefügt war, gesprochen. Punkt 5.) dieses Übereinkommens, der, wie die meisten anderen Punkte vorgedruckt war, wurde nicht besprochen. Die Beklagten wurden von Johann M***** auch nicht besonders auf diesen Punkt hingewiesen. Die Zweitbeklagte unterfertigte das Leistungs‑ und Lieferungsübereinkommen Beil .B, ohne es davor durchgelesen zu haben, auf Andrängen des Erstbeklagten.

Bei der rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht davon aus, dass die Klägerin den Betrag von 214.520 S als Konventionalstrafe begehre. Nach Punkt 5.) des Formularvertrags sollte die Klägerin berechtigt sein, vorbehaltlich etwaiger Schadenersatzansprüche, also neben der Geltendmachung ihres Schadens und ihrer Ansprüche nach Punkt 5.) a)‑c) des Übereinkommens für jeden vertragswidrig verkauften Hektoliter Bier einen der richterlichen Mäßigung nicht unterliegenden Mindestersatz zu begehren. Nach § 1336 ABGB könnten die vertragsschließenden Teile eine besondere Übereinkunft treffen, dass auf den Fall des entweder gar nicht oder nicht auf gehörige Art oder zu spät erfüllten Versprechens anstatt des zu vergütenden Nachteils ein bestimmter Geldbetrag entrichtet werden solle. Die Vertragsstrafe sei damit ein pauschalierter Schadenersatz, der an die Stelle des Schadenersatzes wegen Nichterfüllung oder Schlechterfüllung trete. Aus dem klaren Wortlaut des Punktes 5.) des Übereinkommens sei zu entnehmen, dass der Anspruch nach lit d) dieses Vertragspunkts neben einem etwaigen Schadenersatzanspruch bestehen solle. Es handle sich folglich nicht um einen Anspruch auf Bezahlung einer Konventionalstrafe im Sinne des § 1336 ABGB, sondern um eine reine, von Schadenersatzansprüchen losgelöste und unabhängige Strafbestimmung. Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts in allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet habe, würden nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig seien und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde nicht zu rechnen brauchte, es sei denn, der andere Vertragsteil habe ihn besonders darauf hingewiesen (§ 864a ABGB). Die Vereinbarung einer von einem Vertragsteil zu entrichtenden Strafe neben einer Schadenersatzpflicht sei jedenfalls ungewöhnlichen Inhalts. Die genannte Vertragsbestimmung befinde sich auf dem von der klagenden Partei verwendeten Vertragsformblatt und sei für die Beklagte nachteilig; sie hätten mit dieser Bestimmung nach den Umständen und nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde nicht zu rechnen brauchen. Sie befinde sich auf der dritten Seite des Vertragsformulars und sei in keiner Weise gegenüber dem übrigen Inhalt hervorgehoben, sondern trete optisch hinter der Bestimmung des Punktes 2.), der in Maschinschrift beigefügt sei, sich auf der ersten Seite befinde und sich ebenfalls mit den Folgen der Nichtzuhaltung des Vertrags befasse, zurück. Die Beklagten seien auf diese überraschende Klausel nicht besonders hingewiesen worden. Damit sei aber diese Bestimmung gar nicht Vertragsbestandteil geworden, weshalb der Klägerin daraus auch keine Ansprüche zustünden.

Das Gericht zweiter Instanz gab der von der Klägerin gegen den abweisenden Teil dieses Urteils gerichteten Berufung Folge, hob das erstgerichtliche Urteil in seinem abweisenden Teil und im Kostenpunkt auf und verwies die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehalts zurück. Es erachtete die Beweisrüge als unbegründet, die Rechtsrüge hingegen als berechtigt. Bei der in erster Linie zu beurteilenden Frage des Vorliegens einer Bestimmung ungewöhnlichen Inhalts in dem Vertragsformular der Klägerin im Sinne des § 864a ABGB komme es nicht allein auf ihren Inhalt an, dieser spiele vor allem im Zusammenhang mit der Stellung der Vertragsbestimmung im Gesamtgefüge des Vertragstextes eine Rolle, denn das gewöhnliche einer Vertragsbestimmung ergebe sich besonders aus der Art ihrer Einordnung. Die fragliche Bestimmung müsse im Vertragstext derart versteckt sein, dass sie der Vertragspartner dessen, der den Vertragstext verwende, dort nicht vermute, wo sie sich befinde und dort nicht finde, wo er sie vermute. Bei der Beurteilung, ob dies der Fall sei, komme es auf den durchschnittlich sorgfältigen Leser an. Eine Wertung der Benachteiligung finde noch nicht statt, sondern erst ‑ auch wenn die Vertragsbestimmung Vertragsbestandteil geworden sei ‑ bei der Inhaltskontrolle vor allem nach § 879 ABGB.

In Formblättern zum Abschluss von Bierlieferungsverträgen seien regelmäßig Konventionalstrafen vorgesehen. Nach dem hier verwendeten Vertragsformblatt sei die Konventionalstrafe nicht an einem versteckten Ort, sondern dort zu finden, wo sie nach dem Vertragsaufbau habe vermutet werden können, nämlich bei den Rechtsnachfolgen in jenen Fällen, da der Vertragspartner eine oder mehrere Bestimmungen des Übereinkommens nicht einhält. Dass bereits unter Punkt 2.) des Übereinkommens Folgen der Nichteinhaltung des Vertrags geregelt worden seien, stehe dieser Beurteilung nicht entgegen, weil dieser Punkt in erster Linie die Rückzahlung des nicht amortisierten Teiles des geleisteten Beitrags zu Punkt 1.) des Übereinkommens betreffe, während Punkt 5.) des Übereinkommens Vertragsverletzungen hinsichtlich des in den Punkten 3.) und 4.) geregelten Bierlieferungsübereinkommens beträfen. Die Geltungskontrolle des § 864a ABGB führe daher entgegen der erstgerichtlichen Rechtsansicht nicht zur Ausschließung der beanstandeten Bestimmung; diese sei daher zunächst im Lichte des § 879 ABGB zu untersuchen.

Nach Lehre und Rechtsprechung verstießen Bierbezugsverträge weder gegen ein gesetzliches Verbot noch seien sie unabhängig von ihrer inhaltlichen Gestaltung schon an sich sittenwidrig (JBl 1983, 321 mwH). Das Bemühen der Brauereien, durch möglichst langfristige Absatzverträge die Voraussetzungen für eine vorausschauende Produktion und Investitionsplanung zu schaffen, eröffne den Gastwirten die Möglichkeit, sich durch Abschluss von Bierlieferungsverträgen von den Brauereien Kredite oder sonstige Zuwendungen für Ausstattung, Renovierung und Ausbau ihrer Betriebe zu verschaffen. Eine Sittenwidrigkeit langfristiger Bierbezugsverträge werde nur dann angenommen, wenn durch die Ausschließlichkeitsbindung und ihre Ausgestaltung im Einzelfall die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit und Selbständigkeit des Gastwirtes in unvertretbarer Weise eingeengt werde, sodass er in eine mit den Anschauungen des redlichen Geschäftsverkehrs nicht mehr zu vereinbarenden Abhängigkeit zur Brauerei gerate. Ob ein langfristiger Bierbezugsvertrag sittenwidrig sei, hänge nicht nur von der zeitlichen Dauer der vertraglichen Bindung, sondern ganz allgemein vom Inhalt, Motiv und Zweck des Vertrags ab. Dabei seien die beiderseitigen schutzwürdigen Interessen gegeneinander abzuwägen. Das schutzwürdige Interesse der Brauerei werde umso höher zu veranschlagen sein, je größer das von ihr zur Verfügung gestellte Äquivalent und je geringer die Beschränkung der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit des Gastwirtes sei (JBl 1983, 321 mwH).

Vergleiche man die von der Klägerin zur Verfügung gestellte Geldleistung von 118.000 S mit der Verpflichtung der Beklagten zu einem Mindestbezug von 1.150 hl Bier und 350 hl alkoholfreier Getränke, dann sei diese ausschließliche mit einer Konventionalstrafe versehene Bezugsbindung, gleichgültig, ob diese nun einen Zeitraum von 10 Jahren (wie die klagende Partei ausführe) oder von 17 Jahren (wie die Beklagten behaupteten), nicht sittenwidrig im Sinne des § 879 Abs 1 ABGB. Aber auch der Wuchereinwand der Beklagten schlage nicht durch. Wegen Wuchers im Sinne des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB sei ein Geschäft nur anfechtbar, falls drei Voraussetzungen zusammenträfen: 1. müsse ein auffallendes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehen, 2. müssten bei dem durch das Geschäft Benachteiligten Umstände vorhanden sein, welche ihn an der entsprechenden Wahrung seiner Interessen hinderten (Leichtsinn, Zwangslage usw), 3. müsse der durch das Geschäft Begünstigte diese Umstände ausgenützt haben (NZ 1981, 81). Eine Zwangslage sei dann nicht anzunehmen, wenn durch das Nichtzustandekommen eines Vertrags kein anderer Nachteil eintrete, als dass der angestrebte Gegenstand des Vertrags nicht erreicht werde (EvBl 1979/170). Es fehlten aber auch alle Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Unerfahrenheit der Beklagten ausgenützt hätte. Vor allem aber sei nicht dargetan, dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffallendes Missverhältnis bestanden habe. Gemäß § 879 Abs 3 ABGB sei zu prüfen, ob die Vertragsinhalt gewordene, in einem Vertragsformblatt enthaltene Klausel (hier die Vereinbarung der Konventionalstrafe) eine gröbliche Benachteiligung eines Vertragsteiles mit sich bringe. Durch diese Generalklausel sollten unfaire, vor allem in allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmungen verhindert werden. Bei der Beurteilung, was eine gröbliche Benachteiligung des Vertragspartners sei, müsse zwischen den Fällen, für die der Gesetzgeber dispositive Regeln aufgestellt habe und den übrigen unterschieden werden. Ein Abweichen von dispositivem Rechte werde unter Umständen schon dann eine gröbliche Benachteiligung des Vertragspartners sein können, wenn sich für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung ergäbe, wenn etwa die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen stehe. Dabei seien jedenfalls weniger strenge Anforderungen zu stellen als in den Fällen des § 879 Abs 1 und Abs 2 Z 4 ABGB (EvBl 1983/129 mwH). Nach herrschender Ansicht solle eine Konventionalstrafe Nachteile ausgleichen, die dem Gläubiger aus einer Vertragsverletzung entstehen könnten. Ihr primärer Zweck sei es, den Anspruch auf Ersatz des im Regelfall eintretenden Schadens zu pauschalieren. Sie diene dazu, die meist schwierigen Schadensfeststellungen zu vermeiden und sei daher von der Höhe des wirklich eingetretenen Schadens unabhängig. Ein sie übersteigender Schaden könne nur im Handelsrecht (Art 8 Nr 3 der 4. EVHGB) und dann gefordert werden, wenn die Konventionalstrafe bloß als „Mindestersatz“ vereinbart worden sei ( Koziol‑Welser , Grundriss 6 I 167). Der vorliegende Vertragspunkt spreche ausdrücklich von einem „Mindestersatz“ sodass deshalb und weil die Beklagten wenigstens Minderkaufleute gewesen seien, ein die Vertragsstrafe übersteigender Schaden gefordert werden könnte. Wenn dieser Mindestabsatz (richtig wohl: Mindestersatz) „vorbehaltlich etwaiger Schadenersatzansprüche“ zustehen solle, dann könne eine sinnvolle Vertragsauslegung nur zu dem Ergebnis führen, dass die über den Mindestersatz hinausgehenden Schadenersatzansprüche gewahrt werden sollten. Es handle sich daher um eine echte Vertragsstrafe und nicht um eine von Schadenersatzansprüchen völlig losgelöste Strafbestimmung. Ein zum Zweck der Schadenspauschalierung vorgesehener Vergütungsbetrag, durch den die Führung von Rechtsstreitigkeiten über die Höhe des jeweils zu errechnenden konkreten Schadens vermieden werde, diene der Rationalisierung der Geschäftsabwicklung durch Verbilligung der Schadensregulierung. Daher könne nicht gesagt werden, dass die Vereinbarung einer Konventionalstrafe für den Fall von Vertragsverletzungen den Vertragspartner jedenfalls gröblich benachteiligen müsste. Eine gröbliche Benachteiligung könnte allerdings in der Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe, aber auch in einem durch den Vertrag herbeigeführten Ungleichgewicht der beiderseitigen Rechte und Pflichten liegen. In einem Fall, in welchem dem Verwender des Vertragsformblattes die Möglichkeit eingeräumt worden sei, einen die Konventionalstrafe übersteigenden Schaden auf jeden Fall geltend zu machen, komme es darauf an, ob sich die Höhe der Konventionalstrafe an dem durchschnittlichen Schaden orientiere, der bei der in Betracht kommenden Vertragsverletzung nach der Schätzung eines redlichen Beobachters normalerweise eintrete. Weiche die Konventionalstrafe von einem solchen Maßstab nicht oder nur ganz unwesentlich ab, dann werde sie nach den besonderen Umständen des Falles nicht gröblich benachteiligend sein (EvBl 1983/129). Weder die Verfahrensergebnisse noch die erstgerichtlichen Feststellungen enthielten nun Anhaltspunkte dafür, ob der pauschalierte Schadensbetrag nach Ansicht eines redlichen Beobachters vom durchschnittlichen, auf objektiver Grundlage zu erwartenden Schaden der klagenden Partei aus der vertragswidrigen Nichtüberbindung des Übereinkommens abweiche. Dass sich die Klägerin ausbedungen hätte, einen tatsächlich eingetretenen höheren Schaden geltend machen zu können, werde bei der Gesamtwertung des strittigen Vertragspunktes für die Frage der Angemessenheit zu berücksichtigen sein. Führten die zu ergänzenden Beweisaufnahmen zur Beurteilung, dass die Voraussetzungen für eine Nichtigkeit nach § 879 Abs 3 ABGB gegeben wären, dann bedeutete dies allerdings nicht den gänzlichen Wegfall der vereinbarten Konventionalstrafe, sondern diese wäre dann vom Gerichten in der Höhe festzusetzen, in der ein Verstoß gegen die genannte Bestimmung noch nicht zu erblicken wäre, also auf ein nicht sittenwidriges Maß rückzuführen (EvBl 1983/129 mwH).

Nicht berechtigt sei allerdings der von den Beklagten erhobene Einwand der Verkürzung über die Hälfte. Dass sie im Vertrag (Punkt 11.) auf dieses Recht ausdrücklich verzichtet hätten, würde nicht schaden, denn auf das Rechtsmittel der Verkürzung über die Hälfte könne im Voraus nicht verzichtet werden (vgl auch Koziol‑Welser , Grundriss 6 I 214; Reischauer in Rummel ABGB, Rdz 1 zu § 935). Es bestehe jedoch kein Zweifel, dass die Beklagten als Gastwirte Kaufleute gewesen seien. Nach § 351a HGB könne jedoch ein Kaufmann einen Vertrag nicht nach § 934 ABGB anfechten, gleichgültig, ob er Voll‑ oder Minderkaufmann sei ( Koziol‑Welser aaO). Dass das vorliegende Übereinkommen ein Handelsgeschäft auf Seite der Beklagten im Sinne des § 344 HGB darstelle, bedürfe keiner näheren Begründung. Zutreffend hätten die Beklagten schließlich eingewendet, dass auch ein Vergütungsbetrag (eine Konventionalstrafe) nach überwiegender Rechtsprechung und Lehre im Zweifel nur bei verschuldeter Nichterfüllung oder verschuldeter Schlechterfüllung zu bezahlen sei (JBl 1982, 432 = EvBl 1982/38 mwH). Da nach österreichischem Recht die Konventionalstrafe eine Hauptverbindlichkeit voraussetze und an die Stelle des Schadenersatzes wegen Nichterfüllung oder Schlechterfüllung trete, sei mangels anderer vertraglicher Regelung auch der an Stelle des Interesses begehrte Vergütungsbetrag davon abhängig, dass der Schuldner die Nichterfüllung oder Schlechterfüllung zu verantworten, dh verschuldet habe. Dem vorliegenden Übereinkommen sei nicht zu entnehmen, dass die Streitteile vereinbart hätten, die Konventionalstrafe gebühre der Klägerin auch bei unverschuldeter Nicht‑ oder Schlechterfüllung. Die Formulierung „hält der Kunde eine oder mehrere Bestimmungen dieses Leistungs‑ und Lieferungsübereinkommens aus welchen Gründen immer nicht ein ...“, sei im Zweifel nicht dahin zu verstehen, dass eine Ausnahme von dem Grundsatz habe vereinbart werden sollen. Schadenersatz gebühre im vorliegenden Fall auch ohne Verschulden. Dazu komme, dass die Klägerin dem von den Beklagten in erster Instanz mehrfach vorgetragenen Einwand, sie seien an der Nichterfüllung des Übereinkommens schuldlos, gar nicht ausdrücklich entgegengehalten habe, es komme vereinbarungsgemäß auf ein etwaiges Verschulden der Beklagten gar nicht an.

Nach der Beweislastregel des § 1298 ABGB obliege es allerdings den Beklagten, nicht nur zu behaupten, sondern auch zu beweisen, dass ein Verschulden und damit ein Haftungsgrund nicht vorliege. Dieser Beweis werde allerdings bei Übernahme einer vertraglichen Verpflichtung, deren Erfüllung von einer Bedingung abhänge, ohne dass diese zum Vertragsinhalt gemacht worden sei, schwer zu erbringen sein, weil derjenige, der sich zu einer vertraglichen Leistung unbedingt verpflichtet, bereits bei Abschluss des Vertrags hätte beurteilen haben müssen, ob er zu dieser Leistung im Zeitpunkt der vereinbarten Erfüllung auch in der Lage sein werde, also schon schuldhaft handle, wenn er die Ungewissheit der Erfüllbarkeit kenne oder hätte kennen müssen. Der bloße vom Schuldner allenfalls nicht vorgesehene Mangel an Geldmitteln reiche gewöhnlich als Entschuldigungsgrund nicht aus (JBl 1982, 431 mwH). Im vorliegenden Fall erblicke die Klägerin eine Vertragsverletzung darin, dass die Beklagten das Übereinkommen nicht vollinhaltlich an ihre Rechtsnachfolger überbunden hätten. Die Beklagten wendeten demgegenüber Schuldlosigkeit ein. Die Rechtssache sei insoweit nicht spruchreif, als das Erstgericht zu den Behauptungen der Beklagten weder Beweise aufgenommen noch Feststellungen getroffen habe. Dass das Vorbringen der Beklagten schon von vornherein ohne weitere Erörterung ungeeignet wäre, ihre Schuldlosigkeit darzutun, sei nicht anzunehmen. Schließlich hätten die Beklagten auch die Anwendung des richterlichen Mäßigungsrechts nach § 1336 Abs 2 ABGB angestrebt, auf welches Recht auch ein Minderkaufmann im vorhinein nicht verzichten könne (§§ 348 und 351 HGB; Koziol‑Welser aaO 167; JBl 1976, 487). Die Wendung im Übereinkommen, die Konventionalstrafe unterliege nicht der richterlichen Mäßigung, könne daher den Beklagten nicht zum Nachteil gereichen. Eine solche Herabsetzung der Konventionalstrafe sei möglich, wenn dem Beklagten der Beweis gelinge, dass der der klagenden Partei erwachsene Schaden unverhältnismäßig geringer sei als der bedungene Vergütungsbetrag. Die Untergrenze des Mäßigungsrechts sei dabei immer die Höhe des tatsächlich entstandenen Schadens ( Gschnitzer , Schuldrecht Allgem. Teil 28; JBl 1982, 431 mwH). Der der Klägerin tatsächlich erwachsene Schaden sei daher nicht nur bei der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB, sondern auch bei Beurteilung der Voraussetzungen für das Mäßigungsrecht des § 1336 Abs 2 ABGB heranzuziehen. Die Beklagten hätten vorgebracht, der Klägerin sei überhaupt kein Schaden erwachsen. Auch darüber seien weder Beweise aufgenommen noch Feststellungen getroffen worden. Da das Erstgericht ausgehend von einer vom Berufungsgericht nicht gebilligten Rechtsansicht erhebliche Tatsachen in erster Instanz gar nicht erörtert habe, erweise sich die Sache als nicht spruchreif (§ 496 Abs 1 Z 3 ZPO).

Gegen diesen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts richtet sich der als Revision bezeichnete Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragte in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht zulässig.

Der Oberste Gerichtshof hat auch bei der Entscheidung über einen ordentlichen Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss ‑ im Zulassungsbereich gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO ‑ zunächst zu prüfen, ob der Rekurs nach dieser Bestimmung überhaupt zulässig ist. Der Oberste Gerichtshof ist hiebei an die Zulässigerklärung des Berufungsgerichts nicht gebunden, er kann vielmehr den ordentlichen Rekurs so wie eine Grundsatzrevision mangels der gesetzlichen Voraussetzungen zurückweisen (§ 526 Abs 2 Satz 2; vgl Petrasch , Das neue Revisions‑(Rekurs‑)Recht, ÖJZ 1983, 203).

Die Rekurswerber vertreten die Ansicht, dass der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts auf der unrichtigen Lösung einer Rechtsfrage beruhe, der erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zukomme. Eine solche Rechtsfrage erblicken sie in der von der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts abweichenden Qualifikation der in Punkt 5.) lit d) des Leistungs‑ und Lieferungsübereinkommens vereinbarten Zahlungs-verpflichtung der Beklagten durch das Berufungsgericht; sie wenden sich aber auch gegen dessen Ansicht, dass es sich bei dieser Vertragsbestimmung um keine solche ungewöhnlichen Inhalte im Sinne des § 864a ABGB handle. Aus dem klaren und unmissverständlichen Wortlaut des Punktes 5.) des abgeschlossenen Übereinkommens ergäbe sich, dass die Brauerei bei Nichteinhaltung einer oder mehrerer Bestimmungen dieses Übereinkommens „vorbehaltlich etwaiger Schadenersatzansprüche“ eine oder mehrere der unter lit a) ‑ d) angeführten Maßnahmen ergreifen könne. Der Anspruch nach lit d.) stehe demnach der Klägerin neben etwaigen Schadenersatzansprüchen zu. Aus dem Wort „vorbehaltlich“ ergebe sich, dass andere Maßnahmen als Schadenersatz ergriffen werden könnten. Da die Konventionalstrafe gemäß § 1336 ABGB ein pauschalierter Schadenersatz sei, der anstelle des Schadenersatzes wegen Nichterfüllung oder Schlechterfüllung trete, habe das Erstgericht mit Recht die Rechtsauffassung vertreten, dass es sich bei der gegenständlichen Forderung nicht um einen Anspruch auf Bezahlung einer Konventionalstrafe im Sinne des § 1336 ABGB sondern um eine reine, von Schadenersatzansprüchen losgelöste und unabhängige Strafbestimmung handle. In Vertragsformularen für den Abschluss von Bierlieferungsverträgen seien wohl regelmäßig Konventionalstrafen vorgesehen; da hier aber keine Konventionalstrafe vereinbart worden sei, sondern neben Schadenersatzansprüchen eine davon unabhängige Strafbestimmung, sei die vorliegende Vereinbarung vom Erstgericht ebenfalls zutreffenderweise als eine solche ungewöhnlichen Inhaltes beurteilt worden. Da diese Bestimmung für sie nachteilig sei, sei sie nicht Vertragsinhalt geworden; die Rechtssache sei daher im Sinne der Entscheidung des Erstgerichts spruchreif.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Nach Lehre und Rechtsprechung stellt die Vertrags‑ oder Konventionalstrafe eine Leistung dar, die der Schuldner dem Gläubiger für den Fall der Nichterfüllung oder nicht gehörigen Erfüllung verspricht. Sie hat den Zweck, Nachteile auszugleichen, die dem Gläubiger aus der Vertragsverletzung entstehen können. Die Vertragsstrafe ist damit ein pauschalierter Schadenersatz, der anstelle des Schadenersatzes wegen Nichterfüllung oder Schlechterfüllung tritt (EvBl 1977/83; EvBl 1979/170; EvBl 1982/38; SZ 54/46 uva). Sie dient dazu, die meist schwierigen Schadensfeststellungen zu vermeiden und ist daher von der Höhe des wirklich eingetretenen Schadens unabhängig ( Ehrenzweig II/1, 191; Koziol‑Welser 6 I 167; Reischauer in Rummel , ABGB, Rdz 5 zu § 1336; EvBl 1962/307; JBl 1968, 567; SZ 42/57; JBl 1974, 368; SZ 54/46 ua). Ein die Vertragsstrafe übersteigender Schaden kann nur im Handelsrecht (Art 8 Nr 3 der 4. EVHGB) und dann begehrt werden, wenn die Konventionalstrafe bloß als „Mindestersatz“ vereinbart wurde ( Ehrenzweig aaO 191; Koziol‑Welser aaO 167; Reischauer aaO Rdz 7 zu § 1336; HS 1576/119; 5 Ob 610‑614/80). Die Konventionalstrafe ist allerdings mangels anderer Vereinbarung nur dann zu entrichten, wenn den Schuldner an der Nichterfüllung bzw Schlechterfüllung ein Verschulden trifft ( Ehrenzweig aaO 191; Wolff in Klang 2 VI 186 f; Koziol‑Welser aaO 167; Reischauer aaO Rdz 9 zu § 1336; JBl 1950, 241; EvBl 1977/83; SZ 52/83 ua). Da sich das Berufungsgericht bei der Beurteilung der in Punkt 5.) des Leistungs‑ und Lieferungsübereinkommens festgelegten Verpflichtung der Beklagten ebenso im Rahmen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gehalten hat, wie bei der Auslegung der Bestimmungen der §§ 864a und 879 ABGB, kann nicht gesagt werden, dass die Entscheidung dieser Rechtssache von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO abhängt.

Der vorliegende Rekurs war daher gemäß § 527 Abs 2 Satz 2 ZPO nicht zulässig und deshalb als unzulässig zurückzuweisen (§ 526 Abs 2 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO; die Klägerin hat in ihrer Rekursbeantwortung die Unzulässigkeit nicht geltend gemacht; die Rechtsmittelgegenschrift war daher zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht erforderlich, was aber einen Kostenzuspruch ausschließt.

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