OGH 4Ob23/85

OGH4Ob23/8526.2.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl und Dr.Resch sowie die Beisitzer Prof. Dr.Halpern und Hon.Prof. Dr.Waas als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elisabeth F***, Angestellte, Innsbruck, Negrellistraße 1, vertreten durch Dr.Andreas Brugger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Firma A Datenverarbeitungs-Gesellschaft mbH, Innsbruck, Jahnstraße 14, vertreten durch Dr.Hansjörg Mader, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 80.551,10 brutto s.A.

(Revisionsinteresse S 79.035,49 brutto s.A.), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 11. September 1984, GZ 3 a Cg 14/84-20, womit infolge Berufung der kalgenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Innsbruck vom 16. April 1984, GZ 2 Cr 263/83-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.289,40

bestimmten Kosten des Revisionsverfahresn (darin enthalten S 335,40 Umsatzsteuer und S 600 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrt von der beklagten Partei zuletzt den Betrag von S 80.551,10 brutto s.A. an Kündigungsentschädigung, restlicher Urlaubsentschädigung und Abfertigung. Sie sei von der beklagten Partei am 15.2.1983 ungerechtfertigt entlassen worden. Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen, und wendete ein, die Klägerin sei wegen beharrlicher Mißachtung von Weisungen und beharrlicher Arbeitsverweigerung entlassen worden. Die Klägerin habe trotz Androhung der Entlassung dem allgemeinen Verbot, während der Arbeit Radio zu spielen, zuwider gehandelt und im Betrieb öffentlich erklärt, daß sie nicht bereit sei, sich an das Verbot zu halten. Sie habe ferner in den Monaten Dezember 1982 und Jänner 1983 die Leistungsverzeichnisse so mangelhaft ausgefüllt, daß der Eindruck entstanden sei, sie habe nichts zu tun, was sie jedoch bestritten habe. Auf Grund der mangelhaften Ausfüllung der Leistungsverzeichnisse sei niemals feststellbar gewesen, was die Klägerin tatsächlich gearbeitet habe.

Das Erstgericht sprach der Klägerin den Betrag von S 1.515,61 s.A. an restlicher Urlaubsentschädigung zu und wies das Mehrbegehren von S 79.035,49

s. A. ab. Es vertrat auf Grund getroffener Feststellungen die Auffassung, die Entlassung sei zu Recht erfolgt, weil die Klägerin beharrlich gegen das begründete Verbot, während der Arbeit Radio zu spielen, verstoßen und zum Ausdruck gebracht habe, sie werde sich an diese Weisung nicht halten. Ein Eingehen auf die behauptete beharrliche Dienstverweigerung sei nicht erforderlich, weil bereits wegen des Verstoßes gegen das Verbot, Radio zu spielen, die Entlassung berechtigt gewesen sei. Ein Anspruch auf Kündigungsentschädigung und Abfertigung sowie auf Urlaubsentschädigung über den zuerkannten Betrag hinaus stehe der Klägerin daher nicht zu.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es verhandelte gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG die Streitsache von neuem und traf folgende wesentliche Feststellungen:

Die Klägerin war von der beklagten Partei am 15.1.1979 als Büroangestellte eingestellt worden. Ihr Tätigkeitsbereich erstreckte sich auf Sekretariatsarbeiten, wie Telefondienst, Schriftverkehr, Post, Archiv, Büromaterialeinkauf, Aufbereitung der Computerauswertungen, Abholung und Zustellung von Unterlagen sowie Buchhaltung, Lohnverrechnung und Steuerabrechnungen vornehmlich mittels B. Den Angestellten der beklagten Partei war es zunächst erlaubt, neben ihrer Arbeit auch Radio zu hören. Hiebei durfte allerdings keine Störung des Betriebes erfolgen und es war das Radiogerät leise einzuschalten. Im Laufe des Jahres 1982 ergaben sich mit der Klägerin Schwierigkeiten, da diese ihr Radiogerät des öfteren sehr laut und damit betriebsstörend eingestellt hatte, aus welchem Grund die Klägerin vom Büroleiter Dieter C wie auch vom Geschäftsführer der beklagten Partei wiederholt ermahnt wurde. In diesem Zusammenhang stellte der Geschäftsführer der beklagten Partei auch ein generelles Radioverbot in Aussicht, sofern keine Besserung eintreten würde. Kurz vor Weihnachten 1982 wurde einem Kunden der beklagten Partei und später auch deren Geschäftsführer die Eingangstür zum Büro trotz Läutens nicht geöffnet. Grund hiefür war, daß die Klägerin ihr Radiogerät so laut eingestellt hatte, daß weder sie noch die anderen Angestellten das Klingeln hörten. Auf Grund dieses Vorfalles verbot der Geschäftsführer der beklagten Partei der Klägerin wie auch allen anderen Angestellten, in Hinkunft neben der Arbeit das Radio spielen zu lassen.

Ungeachtet dieses Verbotes schaltete die Klägerin an einem zeitlich nicht mehr genau feststellbaren Tag des Monats Dezember 1982 ihr Radiogerät ein, wobei sie vom Geschäftsführer der beklagten Partei betreten wurde, der ihr an diesem Tag ausdrücklich androhte, daß sie mit einer Entlassung für den Fall eines neuerlichern Zuwiderhandelns rechnen müsse. Auch nach diesem Vorfall nahm die Klägerin trotz der ihr angedrohten Entlassung nicht davon Abstand, ihr Radiogerät während der Arbeit einzuschalten. Dies geschah wiederholt vornehmlich in der Mittagszeit, während welcher einige Angestellte auch durcharbeiteten, wie zu Zeiten, zu welchen der Geschäftsführer der beklagten Partei nicht im Betrieb anwesend war, wobei allerdings das Radio nicht mehr sonderlich laut eingestellt war. Der Geschäftsführer der beklagten Partei wußte hievon vorerst nichts. Die Klägerin gab ihren Mitarbeitern gegenüber zu verstehen, daß sie das Radioverbot nicht einsehe und daß es sie aufrege. Zumindest gegenüber Dieter C äußerte sie sich auch dahin, daß sie nicht daran denke, sich an das Verbot zu halten.

Bei der beklagten Partei sind weisungsgemäß von den Angestellten sogenannte Leistungsverzeichnisse zu führen. Diese Verzeichnisse dienen zur Weiterverrechnung der Leistungen der beklagten Partei an den Kunden und zeigen andererseits auch die stundenmäßige Arbeitsauslastung der einzelnen Angestellten auf. Während die Klägerin dem Geschäftsführer der beklagten Partei erklärt hatte, sie sei mit Arbeit voll ausgelastet und könne weitere Arbeiten nicht übernehmen, ergab sich nach Ansicht des Geschäftsführers aus den ab Dezember 1982 monatlich erstellten Leistungsverzeichnissen das Gegenteil. Letzteres kam erstmals bei der routinemäßigen Bürobesprechung vom 14.2.1983 zwischen Dieter C und dem Geschäftsführer der beklagten Partei konkret zur Sprache. Zuvor war die Klägerin wegen der von ihr erstellten Leistungsverzeichnisse nicht beanstandet und auch nicht wegen mangelnder Arbeitsleistungen verwarnt worden. Bei der Bürobesprechung vom 14.2.1983 machte Dieter C dem Geschäftsführer der beklagten Partei auch Mitteilung, daß sich die Klägerin in der Abwesenheit des Geschäftsführers nicht an das von diesem ausgesprochene Verbot, Radio zu spielen, halte und sich auch dahin geäußert habe, daß sie nicht bereit sei, dieses Verbot einzuhalten. Hierauf sprach der Geschäftsführer der beklagten Partei am folgenden Tag die Entlassung der Klägerin aus.

Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, daß zwar der Entlassungsgrund der Dienstverweigerung nicht vorliege, weil erstmals bei der Besprechung vom 14.2.1983 eine nach Ansicht der beklagten Partei ungenügende Arbeitsauslastung der Klägerin hervorgekommen sei und von einer eindeutigen und endgültigen Dienstverweigerung, welche eine Mahnung sinnlos habe erscheinen lassen, nicht gesprochen werden könne. Hingegen liege der Entlassungsgrund des § 27 Z 4 dritter Fall AngG vor, weil sich die Klägerin beharrlich geweigert habe, sich der gerechtfertigten Anordnung des Dienstgebers, während der Arbeit nicht Radio zu spielen, zu fügen. Die Anordnung, während der Arbeit nicht Radio zu spielen, stelle eine gerechtfertigte Weisung des Dienstgebers dar, dem es nicht verwehrt sei, störende Einflüsse auf den Dienstbetrieb auszuschalten. Die Klägerin habe trotz Androhung der Entlassung gegen dieses Verbot gehandelt und es vor Mitarbeitern kritisiert und damit auch die Autorität des Dienstgebers untergraben. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit den Anträgen, es im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern oder es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Soweit die Klägerin zunächst meint, das gänzliche Verbot, im Betrieb Radio zu spielen, sei durch den Gegenstand der Dienstleistung nicht gerechtfertigt gewesen und die Klägerin habe sich dem Verbot ohnehin dadurch gefügt, daß sie das Empfangsgerät so leise eingestellt habe, daß es den Betrieb nicht gestört habe, kann ihr nicht beigepflichtet werden. Im Rahmen eines Betriebes, dessen Gegenstand die Datenverarbeitung ist, bedarf es zur klaglosen Bewältigung der Arbeiten auch einer gewissen Konzentration der Angestellten. Dies traf auch auf die von der Klägerin zu leistenden Arbeiten zu. Radiosendungen sind aber, selbst wenn das Gerät leise eingestellt wird, geeignet, die Konzentrationsfähigkeit zumindest mancher Angestellter herabzusetzen. Es kann daher nicht gesagt werden, das von der beklagten Partei verfügte allgemeine Verbot, während der Arbeit Radio zu spielen, sei durch den Gegenstand der Dienstleistung nicht gerechtfertigt gewesen. Gegen dieses Verbot hat die Klägerin jedoch trotz Androhung der Entlassung bewußt zuwider gehandelt und auch gegenüber Arbeitskollegen erklärt, sie denke nicht daran, sich an das Verbot zu halten. Soweit in der Revision in diesem Zusammenhang behauptet wird, die Klägerin habe ihr Empfangsgerät nur während der Mittagszeit eingeschaltet, ist dies aktenwidrig. Das Berufungsgericht hat vielmehr festgestelt, daß dies vornehmlich während der Mittagszeit, aber auch zu Zeiten geschah, in welchen der Geschäftsführer der beklagten Partei nicht im Betrieb anwesend war. Da somit feststeht, daß sich die Klägerin beharrlich geweigert hat, sich den durch den Gegenstand der Dienstleistung gerechtfertigten Anordnungen des Dienstgebers zu fügen, war ihre Entlassung gerechtfertigt.

Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte