Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat dem Beklagten die mit S 1.312,96 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 119,36 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war beim Beklagten vom 2.8.1982 bis 10.1.1984 als Schneiderin beschäftigt. Sie trat am 10.5.1983 vorzeitig in Mutterschutz, gebar am 4.12.1983 ein Kind und erklärte während der Schutzfrist (§ 5 Abs. 1 MuttSchG) am 10.1.1984 den Austritt aus dem Dienstverhältnis (Art. I § Abs. 1 ArbAbfG; § 23 a Abs. 3 AngG). Während ihrer Dienstzeit verbrauchte die Klägerin nur 6 Werktage Urlaub.
Die Klägerin begehrte zuletzt Zahlung von S 7.255,74 brutto s.A. an Weihnachtsremuneration, Urlaubszuschuß und Urlaubsentschädigung (zusammen S 14.833,74 brutto s.A. bzüglich einer geleisteten Teilzahlung von S 7.628,-
brutto). Strittig ist zwischen den Parteien nur mehr, ob der Klägerin für das am 2.8.1983 begonnene zweite Urlaubsjahr nur die aliquote Urlaubsabfindung (§ 10 Abs. 1 UrlG), die der Beklagte mit S 3.294,42 anerkannte, oder die Urlaubsentschädigung (§ 9 Abs. 1 UrlG) in Höhe von S 7.255,74 brutto zusteht.
Das Erstgericht sprach der Klägerin S 7.255,74 brutto s.A. an Urlaubsentschädigung zu.
Es war der Ansicht, daß die Klägerin gemäß § 23 a Abs. 3 AngG iVm Art. II (richtig:Art. I) § 2 ArbAbfG innerhalb der Frist des § 5 Abs. 1 MuttSchG aus dem Dienstverhältnis berechtigt vorzeitig ausgetreten sei. Der in § 23 a Abs. 3 AngG gewählte Begriff des 'Austretens' entspreche zwar nicht der Terminologie des Angestelltengesetzes. Trotzdem handle es sich dabei um einen Auflösungsgrund besonderer Art, der es der Frau erleichtern wolle, ihre Abfertigungsansprüche zu wahren und gleichzeitig bei ihrem Kind zu bleiben, ohne nach der Lösungserklärung für Zeiten einer außerhalb der Schutzfrist liegenden Kündigungsfrist zu Dienstleistungen verpflichtet zu sein. Die in § 23 a Abs. 3 AngG getroffene Regelung, daß das Dienstverhältnis fünf Jahre ununterbrochen gedauert haben müsse, sei nur Voraussetzung für den Abfertigungsanspruch, berühre aber den Austrittsgrund selbst nicht. Da das Arbeitsverhältnis der Klägerin nach Entstehung des Urlaubsanspruches, jedoch ohne Verbrauch des Urlaubs durch ihren begründeten vorzeitigen Austritt geendet habe, gebühre ihr gemäß § 9 Abs. 1 Z 2 UrlG eine Entschädigung in der Höhe des noch ausstehenden Urlaubsentgelts von 24 Werktagen. § 9 UrlG stelle keinesfalls nur auf vorzeitige Austritte nach § 26 AngG und § 82 a GewO 1859 ab (Arb. 9.299). Da in das zweite Urlaubsjahr der Klägerin auch keine Zeiten eines Karenzurlaubes fielen, trete auch keine Aliquotierung des Naturalurlaubsanspruches gemäß § 15 Abs. 3 MuttSchG ein. Das Berufungsgericht verhandelte die Rechtssache gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 ArbGG von neuem, gab der Berufung des Beklagten Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es den strittigen Differenzbetrag zwischen Urlaubsentschädigung und Urlaubsabfindung in Höhe von S 3.985,32 s.A. abwies.
Das Berufungsgericht war der Ansicht, daß die Bestimmung des § 23 a Abs. 3 AngG der Mutter auch dann das Recht zur Auflösung ihres Dienstverhältnisses gewähre, wenn die Voraussetzungen für einen Abfertigungsanspruch noch nicht vorlägen. Die Bezeichnung 'austreten' in § 23 a Abs. 3 AngG entspreche aber nicht der Terminologie dieses Gesetzes.
Das Gesetz spreche (sonst) von 'vorzeitiger Auflösung' und bezeichne die Lösung durch den Angestellten als 'vorzeitigen Austritt'. Der besondere Austrittsgrund des § 23 a Abs. 3 AngG könne nicht ohne weiteres dem vorzeitigen Austritt nach § 9 Abs. 1 Z 2 UrlG gleichgesetzt werden. Das Gesetz selbst habe an den besonderen Austrittsgrund des § 23 a Abs. 3 AngG nicht die Folgen eines begründeten vorzeitigen Austrittes geknüpft. Der Abfertigungsanspruch der Dienstnehmerin, die von diesem Austrittsgrund Gebrauch machen wolle, sei vielmehr auf die Hälfte des bei begründetem vorzeitigen Austritt gebührenden Anspruches beschränkt und zudem - anders als nach § 23 AngG - von einem ununterbrochenenPDhenstverhältnis von fünf Jahren abhängig; schließlich müsse der Austritt innerhalb einer bestimmten Frist erklärt werden. Begründe somit dieser Austrittsgrund nicht einmal einen vollen Abfertigungsanspruch, so könne aus dem Wort 'austreten' nicht darauf geschlossen werden, daß diese Form der Lösung bei anderen Ansprüchen als begründeter vorzeitiger Austritt zu behandeln sei.
Die Regierungsvorlage zur önderung des Angestelltengesetzes (104 BlgNR 12. GP) habe in § 23 a Abs. 3 AngG noch das Wort 'kündigen' verwendet. Der Bericht des Justizausschusses (520 BlgNR 12. GP) habe dazu ausgeführt, daß durch diese Gesetzesänderung den weiblichen Dienstnehmern auch dann eine Abfertigung gebühren solle, wenn sie nach der Geburt eines Kindes kündigten. Diese Regelung solle es Dienstnehmern ermöglichen, das Dienstverhältnis zu Gunsten ihrer Familie aufzugeben, ohne dadurch auf die finanzielle Hilfe der Abfertigung verzichten zu müssen. Daraus sei zu schließen, daß das Wort 'austreten' nur deshalb gewählt worden sei, um es der Dienstnehmerin zu ermöglichen, bei ihrem Kind zu bleiben, ohne nach der Lösungserklärung für Zeiten einer außerhalb der Schutzfrist liegenden Kündigungsfrist zu Dienstleistungen verpflichtet zu sein. Die den Gründen zur vorzeitigen Lösung des Dienstverhältnisses eigene Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung sei in § 23 a Abs. 3 AngG nicht Tatbestandsvoraussetzung. Auch eine Dienstnehmerin, die ihr Kind nicht selbst betreue, könne dieses Recht in Anspruch nehmen. Das Wort 'austreten' sei daher vom Gesetzgeber gewählt worden, um Dienstnehmern die Einhaltung der Kündigungsfrist zu ersparen. Es handle sich dabei um eine Dienstnehmerkündigung, bei der die Einhaltung einer Kündigungsfrist erlassen worden sei. Die Kündigungsfrist sei kein wesentliches Merkmal einer Kündigung. Der Austritt sei daher auch nach dem Urlaubsgesetz als 'Kündigung' zu behandeln. Es sei daher § 9 Abs. 1 Z 5 UrlG anzuwenden, wonach eine Urlaubsentschädigung bei Kündigung seitens des Arbeitnehmers nur dann gebühre, wenn bereits mehr als die Hälfte des Urlaubsjahres verstrichen sei. Da diese Voraussetzung nicht vorliege, gebühre der Klägerin für das zweite Urlaubsjahr (gemäß § 10 Abs. 1 UrlG) nur eine Urlaubsabfindung. Diese sei in den Zahlungen des Beklagten und dem unbekämpft gebliebenen Teil des Ersturteils bereits enthalten.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.
Gemäß § 23 a Abs. 3 AngG idF vor der Angestelltengesetz-Novelle, BGBl. 1983/544 gebührte weiblichen Angestellten, die nach der Geburt eines lebenden Kindes innerhalb der Schutzfrist (§ 5 Abs. 1 MuttSchG) 'austreten', die Hälfte der nach dem § 23 Abs. 1 AngG zustehenden Abfertigung, höchstens jedoch das Dreifache des monatlichen Entgeltes, sofern das Dienstverhältnis mindestens fünf Jahre gedauert hat. Bei Inanspruchnahme eines Karenzurlaubs (§ 15 MuttSchG) war 'der Austritt' spätestens innerhalb von 6 Monaten nach der Niederkunft zu erklären. Diese Regelung sollte es Dienstnehmerinnen ermöglichen, das Dienstverhältnis zu Gunsten ihrer Familie aufzugeben, ohne hiedurch auf die gerade in diesen Fällen meist sehr wertvolle finanzielle Hilfe der Abfertigung verzichten zu müssen (RV 134 BlgNR 12. GP, 2; ähnlich JA 520 BlgNR 12. GP, 1). Ein Vorbild für diese Regelung sah die Regierungsvorlage in der Bestimmung des § 35 Abs. 3 VBG, die allerdings ein Kündigungsrecht einräumt. Dementsprechend sah die Regierungsvorlage vor, daß der Abfertigungsanspruch auch dann bestehe, wenn eine weibliche Angestellte spätestens sechs Monate nach der Geburt eines lebenden Kindes oder spätestens vier Wochen nach Beendigung des Karenzurlaubes kündige. Erst im Justizausschuß wurde der Entwurf dahin abgeändert, daß der (beschränkte) Abfertigungsanspruch bei einem mutterschaftsbedingten Austritt gewahrt bleiben sollte. Die Angestelltengesetz-Novelle vom 21.10.1983, BGBl. 1983/544, brachte eine Erweiterung der Regelung auf Adoptiv- und Pflegemütter (§ 23 a Abs. 3 Z 2 AngG; § 15 Abs. 5 MuttSchG). Anläßlich dieser Novellierung wurde die Fassung des § 23 a Abs. 3 AngG auch insofern geändert, als das Gesetz nunmehr von der Erklärung 'des vorzeitigen Austritts' innerhalb der Schutzfrist, aber weiterhin von der Erklärung des 'Austritts' während des Karenzurlaubes spricht. Dafür, daß mit dieser Texterweiterung besonderes bezweckt werden sollte, finden sich in den Materialien zu dieser Angestelltengesetz-Novelle (RV 46 BlgNR 16. GP) keine Anhaltspunkte (Schrank, 'Mutterschaftsaustritt': Urlaubsabfindung oder Urlaubsentschädigung? RdW 1985, 14 /16/).
§ 23 a Abs. 3 AngG regelt die Wahrung des (beschränkten) Abfertigungsanspruches bei mutterschaftsbedingtem Austritt und setzt damit die Schaffung eines neuen rechtmäßigen Austrittsgrundes voraus, der aber in sonstigen Vorschriften über die vorzeitige Auflösung von Dienstverhältnissen aus wichtigen Gründen, insbesondere im § 26 AngG (aber auch in parallelen arbeitsrechtlichen Vorschriften wie § 82 a GewO 1859 und § 1162 ABGB) keinen Niederschlag gefunden hat. Es ist daher zu klären, ob der Mutter dieses Austrittsrecht auch dann zusteht, wenn ihr Dienstverhältnis, wie im vorliegenden Fall, noch nicht fünf Jahre gedauert hat, ihr also eine Abfertigung nicht gebührt. Dies hat die zweite Instanz zutreffend bejaht, weil der Gesetzgeber mit dieser Regelung nicht nur den Abfertigungsanspruch der aus dem Dienstverhältnis ausscheidenden Mütter wahren wollte (was auch durch eine Anordnung möglich gewesen wäre, die den Abfertigungsanspruch entgegen § 23 Abs. 7 AngG in beschränktem Umfang auch bei Kündigung aufrecht erhielte; vgl. § 35 Abs. 3 VBG), sondern der Mutter darüber hinaus auch erleichtern wollte, bei ihrem Kind zu bleiben, ohne nach der Lösungserklärung für Zeiten einer außerhalb der Schutzfrist liegenden Kündigungsfrist zu Dienstleistungen verpflichtet zu sein (Martinek-Schwarz, AngG 6 519;
dieselben, Abfertigung, Auflösung des Arbeitsverhältnisses 393). Dieser zweite Regelungsgrund hat auch dann Bedeutung, wenn die Mutter noch keinen Abfertigungsanspruch erworben hat, mag auch der Anlaß für die Gesetzesänderung in der Wahrung der Abfertigungsansprüche gelegen gewesen sein. Die Mutter hat daher ein Austrittsrecht auch in Fällen, in denen ihr mangels fünfjähriger Dienstzeit noch kein Abfertigungsanspruch zusteht (ebenso Schrank aaO 19 f).
Das Austrittsrecht der Mutter wird nach herrschender Lehre als ein vorzeitiger Auflösungsgrund besonderer Art (sui generis) angesehen, der entgegen der allgemeinen Regel, daß die Geltendmachung wichtiger Beendigungsgründe (mit Dauercharakter) zeitlich nicht beschränkt ist, nur innerhalb bestimmter Zeiträume erfolgen kann (Martinek-Schwarz, AngG 6 519;
dieselben, Abfertigung 393; Knöfler-Martinek, MuttSchG 7 216;
Migsch, Abfertigung für Arbeiter und Angestellte 101, 176; Binder,
Das Zusammenspiel arbeitsund sozialrechtlicher Leistungsansprüche 270 f; aM Mayr in Adametz-Basalka-Mayr-Stummvoll, Komm. z. Urlaubsgesetz 100 f). Das Berufungsgericht gelangte zutreffend zum Ergebnis, daß dieser besondere 'Mutterschaftsaustritt' kein vorzeitiger Austritt mit wichtigem Grund im Sinne der traditionellen arbeitsrechtlichen Terminologie (§ 26 AngG, § 82 a GewO 1859, § 1162 ABGB) ist. Aus dem Argument von Martinek-Schwarz (AngG 6 518 und Abfertigung 393 f), daß die Bezeichnung 'austreten' nicht der Terminologie des Arbeitsrechts entspreche, weil rechtsgeschäftliche einseitige Lösungsarten entweder die Kündigung oder die vorzeitige Auflösung (der vorzeitige Austritt bei Lösung durch den Angestellten) seien, ist allerdings zur Frage der Einordnung des 'Mutterschaftsaustrittes' nichts Entscheidendes mehr zu gewinnen, weil § 23 a Abs. 3 AngG in der Neufassung (wenn auch nicht durchgehend) von der Erklärung des vorzeitigen Austritts spricht. Entscheidend ist aber, wie schon das Berufungsgericht hervorhob, daß durch § 23 a Abs. 3 AngG ein in mehrfacher Hinsicht begrenzter Abfertigungsanspruch geschaffen und damit klar zum Ausdruck gebracht wurde, daß der 'Mutterschaftsaustritt' nicht unter die wichtigen Gründe (iS des § 26 AngG, 82 a GewO 1859, 1162 ABGB) einzureihen ist, die den Arbeitnehmer zum vorzeitigen Austritt berechtigen und damit volle Abfertigungsansprüche (§ 23 Abs. 1 und 7 AngG; Art. I § 2 Abs. 1 ArbAbfG) auslösen. Der ausnahmsweisen Gewährung eines eingeschränkten Abfertigungsanspruches hätte es nicht bedurft, wenn der Gesetzgeber beabsichtigt hätte, den mutterschaftsbedingten Austritt den traditionellen Austrittsgründen mit wichtigem Grund gleichzustellen. Außerdem hätte es zu einer solchen Gleichstellung in jenen arbeitsrechtlichen Gesetzen, in denen die Austrittsgründe nach herrschender Lehre taxativ aufgezählt sind (§ 82 a GewO 1859:
Krejci in Rummel, ABGB, II Rdz 1 zu § 1162;
Dittrich-Veit-Tades, Arbeitsrecht, 1663 FN 2; vgl zur Taxativität der Entlassungsgründe nach § 82 GewO 1895 auch Arb. 6239, 9517; RdW 1983, 53) einer entsprechenden Erweiterung des Katalogs der Austrittsgründe oder zumindest einer klaren Verweisung auf die Gleichstellung, wie etwa in § 25 Abs. 1 KO (siehe unten) bedurft (zu allem ausführlich Schrank aaO 17).
Dazu kommt, daß die Art der gesetzlichen Ausformung dieses Lösungsgrundes nicht den Austrittstatbeständen nach § 26 AngG entspricht; auch der der Mutterschaft am nächsten kommende Lösungsgrund der Arbeitsunfähigkeit ist in seiner Geltendmachung nicht zeitlich beschränkt, sondern ausschließlich von der Verwirklichung des allen Austrittstatbeständen aus wichtigem Grund gemeinsamen Unzumutbarkeitsmerkmals (dazu etwa Krejci aaO Rdz 25 zu § 1162) abhängig (Binder aaO 271). Für die Geltendmachung des 'Mutterschaftsaustrittes' spielt es hingegen keine Rolle, ob der Mutter im Einzelfall die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist. Auch eine Mutter, die ihr Kind gar nicht selbst pflegt, kann, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, nach § 23 a Abs. 3 Z 1 AngG austreten (Schrank aaO 17).
Der Einwand der Revisionswerberin, der Austrittsgrund des § 23 a Abs. 3 AngG sei genauso zu behandeln wie der Austrittsgrund nach § 25 Abs. 1 KO, ist nicht berechtigt. Es ist wohl richtig, daß § 25 Abs. 1 KO nach ständiger Rechtsprechung als ein über die Austrittsgründe des § 26 AngG hinausgehender weiterer Austrittsgrund des Angestellten angesehen wird (Arb. 7024, 9.014, 9.917, 10.041), der Ansprüche auf Kündigungsentschädigung und Urlaubsentschädigung auslöst (Arb. 9.871, 9.919, 9.938). In § 25 Abs. 1 KO hat aber der Gesetzgeber ausdrücklich ausgesprochen, daß die Konkurseröffnung als wichtiger Grund gilt, der den Arbeitnehmer zum vorzeitigen Austritt berechtigt. In § 23 Abs. 3 AngG hingegen hat es der Gesetzgeber unterlassen, die normierte Lösungsbefugnis als vorzeitigen Austritt aus wichtigem Grund zu charakterisieren (Binder aaO 271 mit FN 178). Aus all dem ergibt sich, daß es dem Gesetzgeber fern lag, die Tatsache der Mutterschaft als wichtigen Grund im Sinne des (beispielsweisen) Austrittskataloges des § 26 AngG anzusehen (Binder aaO 272).
Der von Binder (aao) gezogenen Schlußfolgerung, daß der 'Mutterschaftsaustritt' für den Bereich des Urlaubsrechtes dennoch als 'begründeter vorzeitiger Austritt iS des § 9 Abs. 1 Z 2 UrlG' anzusehen sei, ist nicht zu folgen. Für diese Ansicht, die auch Martinek-Schwarz (AngG 6 519; Abfertigung 394) Klein-Martinek (Urlaubsrecht 116), Knöfler-Martinek (MuttSchG 7 , 216) und Cerny (Urlaubsrecht 4 118 unter Berufung auf die versehenlich dem Obersten Gerichtshof zugeschriebenen Entscheidung Arb 9299 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien) teilen, gibt nur Binder eine höhere Begründung. Er meint, daß § 9 Abs. 1 Z 2 UrlG nur untechnisch vom 'begründeten vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers' spreche, so daß dieser Tatbestand nicht auf die Fälle der Lösung aus wichtigem Grund iS der §§ 26 AngG, 82 a GewO 1859 und 1162 ABGB zu reduzieren sei.
Demgegenüber weist Schrank (aaO 15 f) zutreffend darauf hin, daß § 10 Abs. 2 UrlG für den Fall, daß der Arbeitnehmer 'ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt' sogar den Verlust des Anspruches auf die aliquote Urlaubsabfindung normiert. Für den vorzeitigen Austritt iS des § 9 Abs. 1 Z 2 UrlG ist daher gerade jene Anforderung zu stellen (nämlich das Vorliegen eines 'wichtigen Grundes'), deren Fehlen in § 10 Abs. 2 UrlG den Verlust des Anspruches sonst sogar auf die Urlaubsabfindung nach sich zieht. Für eine besondere Kategorie eines 'begründeten' Austritts aus (minder wichtigen!) Gründen, die weder der ordentlichen Kündigung noch der fristlosen Vertragslösung aus wichtigem Grund zuzuordnen sind, bleibt in der geschlossenen Systematik der §§ 9 und 10 UrlG kein Raum. Der begründete vorzeitige Austritt iS des § 9 Abs. 1 Z 2 UrlG ist mit dem vorzeitigen Austritt aus wichtigem Grund im Sinne der traditionellen arbeitsrechtlichen Terminologie (§§ 1162 ABGB, 26 AngG, 82 a GewO 1859) identisch. Damit kann die Klägerin aus dem 'Mutterschaftsaustritt' keinen Anspruch auf Urlaubsentschädigung nach § 9 Abs. 1 Z 2 UrlG ableiten. Ob der 'Mutterschaftsaustritt' - wie das Berufungsgericht meint eher einer 'Selbstkündigung' ohne Kündigungsfrist (vgl. Martinek-Schwarz, Abfertigung 390) gleichkommt und daher zumindest eine analoge Anwendung des § 9 Abs. 1 Z 5 UrlG in Betracht zu ziehen wäre, oder ob der 'Mutterschaftsaustritt' als ein vorzeitiger Auflösungsgrund besonderer Art unter den in § 9 Abs. 1 Z 1 bis 5 UrlG taxativ aufgezählten Fällen nicht unterzubringen ist, sodaß stets § 10 Abs. 1 UrlG zur Anwendung kommt (so Schrank aaO 20 f), kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn der 'Mutterschaftsaustritt' als Kündigung seitens der Arbeitnehmerin zu behandeln wäre, steht der Klägerin, da zur Zeit ihres Austrittes noch nicht mehr als die Hälfte des Urlaubsjahres verstrichen war (§ 9 Abs. 1 Z 5 UrlG) gemäß § 10 Abs. 1 UrlG nur eine Urlaubsabfindung zu.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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