OGH 11Os180/84

OGH11Os180/8419.2.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Februar 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter, Dr.Walenta, Dr.Schneider und Dr.Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Kohlegger als Schriftführers, in der Strafsache gegen Herbert A und einen anderen wegen des Vergehens des schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs 1 Z 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Herbert A und Günter B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengerichtes vom 21. August 1984, GZ 10 Vr 1.451/84-22, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Ersten Generalanwaltes Dr.Nurscher, der Angeklagten Herbert A und Günter B und des Verteidigers des Erstangeklagten Dr.Heiserer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Günter B wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen (Schuldspruch des Angeklagten Herbert A) unberührt bleibt, im Schuldspruch des Günter B sowie in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Strafsache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Herbert A wird verworfen. Der Angeklagte Günter B wird mit seiner Berufung auf den kassatorischen Teil dieser Entscheidung verwiesen.

Der Berufung des Angeklagten Herbert A wird dahin Folge gegeben, daß die über ihn verhängte Freiheitsstrafe gemäß den § 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf die Strafverfügung des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom 12.Dezember 1984, AZ 4 U 1675/84, auf sechseinhalb Monate herabgesetzt wird.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Herbert A auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 30.März 1948 geborene Versicherungsangestellte Herbert A und der am 22.August 1959 geborene Kaufmann Günter B des Vergehens des schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs 1 Z 3 StGB schuldig erkannt. Ihnen liegt zur Last, am 26.September 1983 in Graz im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken als unmittelbare Täter mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, den Karl C durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, nämlich zur tatsachenwidrigen Bestätigung des Kaufpreisempfanges für ein Funkgerät 'President Grant' bzw. zur Duldung der Beschlagnahme dieses Gerätes verleitet zu haben, wodurch Karl C am Vermögen in einem unbekannten, 5.000 S nicht übersteigenden Betrag geschädigt wurde, indem Günter B den Herbert A als Beamten der D E F G, Funküberwachung, bezeichnete und dieser seinerseits sich fälschlich für einen solchen Beamten ausgab und erklärte, ausnahmsweise von einem Verwaltungsstrafverfahren, bzw. einer Verwaltungsstrafanzeige Abstand zu nehmen.

Diesen Schuldspruch bekämpfen die beiden Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerden; der Angeklagte A macht die Nichtigkeitsgründe nach dem § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und b sowie 10 StPO, der Angeklagte B jene nach dem § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO geltend.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Herbert A:

Soweit Herbert A im Rahmen seiner Ausführungen unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO zunächst die erstgerichtliche Konstatierung (S 137) der mangelnden Feststellbarkeit eines diverse technische Geräte - darunter auch das verfahrensgegenständliche Funkgerät - betreffenden Tauschgeschäftes zwischen ihm und dem Mitangeklagten B, insbesonders unter Hinweis auf seine eigene Verantwortung sowie die Aussage des Zeugen Benno H rügt, läßt er unberücksichtigt, daß das Schöffengericht - im Rahmen seiner freien und im Nichtigkeitsverfahren nicht anfechtbaren Beweiswürdigung - sowohl ihm als auch dem genannten Zeugen die Glaubwürdigkeit versagte. Im übrigen wird dem Beschwerdeführer nicht die betrügerische Schädigung des Günter B, sondern jene des Karl C vorgeworfen und es ist für die Beurteilung seines Verhaltens als Betrug daher ohne Belang, ob und welche Geschäfte zwischen ihm und dem Mitangeklagten durchgeführt wurden oder durchgeführt werden sollten. Die im Zusammenhang mit der inkriminierten Vortäuschung einer Beamteneigenschaft durch den Beschwerdeführer aufgeworfene Frage des Beweiswertes der Aussage des Zeugen H hat - wie bereits dargelegt - im Nichtigkeitsverfahren gegen ein schöffengerichtliches Urteil auf sich zu beruhen. Dies gilt auch für die relevierte Beweiskraft der Darstellung des vom Erstgericht für glaubwürdig erachteten Belastungszeugen Karl C. Daß diesem Zeugen die fehlende behördliche Zulassung des verfahrensgegenständlichen Funkgerätes in Österreich bekannt war, wurde vom Erstgericht ohnehin festgestellt. Die Behauptung, wonach C (nur) auf Grund der Äußerung des Angeklagten B auf den von ihm noch erhofften Verkaufserlös verzichtet habe, ist nicht aktengetreu (S 92 f., insbesonders S 93). Auch eine Feststellung, daß sich der Beschwerdeführer dem Karl C gegenüber ausdrücklich als Beamter der Funküberwachung ausgegeben habe, wurde vom Schöffengericht nicht getroffen (vgl. S 135, 136). Das Erstgericht ging vielmehr davon aus, daß C den Beschwerdeführer, nicht zuletzt wegen seines Verhaltens, für einen derartigen Beamten hielt;

dieser Irrtum, der zunächst durch eine Äußerung des Angeklagten Günter B entstand, wurde nach der Annahme des Schöffengerichtes vom Beschwerdeführer bewußt verstärkt und für seine Zwecke ausgenützt. Die Beschwerdebehauptung, daß der Verkauf des Funkgerätes 'President Grant' statt der vom Schöffengericht angenommenen 3.000 S bis 4.000 S nur 3.000 S hätte erbringen sollen (S 135), ist weder für die Frage der Schuld noch für die Frage des anzuwendenden Strafsatzes von Relevanz.

Die Mängelrüge erweist sich sohin als nicht begründet. Aber auch die Rechtsrügen gehen fehl.

Die bloße Absichtserklärung des Zeugen C, sich des genannten Funkgerätes, weil es in Österreich fernmeldebehördlich nicht zugelassen ist und ein Verwaltungsstrafverfahren sowie eine Beschlagnahme drohte, allenfalls durch einen Wurf in den 'Mühlgang' (S 93) entledigen zu wollen, macht die Sache entgegen den auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützten Ausführungen des Beschwerdeführers - der im übrigen selbst von einem Tauschwert ausgeht - für den Tatzeitpunkt noch nicht wertlos oder herrenlos. Auch schließt selbst die mangelnde Verkehrsfähigkeit einer Sache die Eignung als Objekt eines Vermögensdeliktes nicht aus (vgl. LSK 1983/106 zu § 127 Abs 1 StGB).

Soweit sich Herbert A - gleichfalls unter der Z 9 lit a der genannten Gesetzesstelle - im übrigen gegen die vom Erstgericht angenommene betragsmäßige Höhe des Wertes des Funkgerätes wendet, hält er nicht am festgestellten Sachverhalt fest und bringt daher die Rechtsrüge in dieser Beziehung nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Im Hinblick auf die bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe reichende Strafdrohung des § 147 Abs 1 StGB kommt vorliegend auch die unter dem § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO mangels angeblicher Strafwürdigkeit der Tat reklamierte Anwendung des in seinem Wirksamkeitsbereich auf Offizialdelikte mit maximal einjähriger Strafdrohung beschränkten § 42 StGB nicht in Betracht.

Die Ausführungen des Beschwerdeführers zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO beschränken sich darauf, hilfsweise die Richtigkeit der rechtlichen Beurteilung seines Verhaltens nach den § 146, 147 (Abs 1 Z 3) StGB in Zweifel zu ziehen, ohne jedoch die Gesetzesstelle anzuführen, welcher seiner Meinung nach das inkriminierte Verhalten zu subsumieren wäre. Das Vorbringen stellt sich somit auch insoweit nicht als gesetzmäßige Ausführung des geltendgemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes dar. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Herbert A war sohin zu verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Günter B:

Mit seiner auf den § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützten Verfahrensrüge behauptet dieser Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Verteidigungsrechte durch Abweisung des Antrages auf Vernehmung der Zeugen Johann I und Günther J (S 126), die hätten angeben können, daß sich Herbert A dem Beschwerdeführer gegenüber als Beamter der Funküberwachung ausgegeben habe. Im Zusammenhang damit steht auch die Rüge nach dem § 281 Abs 1 Z 5

StPO, wonach die Begründung des angefochtenen Urteils für die Annahme, der Beschwerdeführer habe gewußt, daß Herbert A kein Beamter der Funküberwachung, sondern Versicherungsangestellter sei, formelle Mängel aufweise.

Schon diesen für die Frage des Täuschungsvorsatzes des Beschwerdeführers relevanten Einwendungen kommt Berechtigung zu:

Günter B, der ein strafbares Verhalten bestritt, verantwortete sich dahin, daß er Herbert A für einen Beamten der Funküberwachung hielt, der sich bloß nebenberuflich mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen befasse (S 90, 122). Diese Verantwortung lehnte das Schöffengericht u.a. mit dem Hinweis darauf als unglaubwürdig ab, daß Günter B den Angeklagten A nach den Aussagen der Zeugen Manfred K und Wolfgang L 'gezielt in seinem Büro in der Versicherung angerufen' habe (S 137). Daraus schloß das Erstgericht, Günter B habe von allem Anfang an gewußt, daß Herbert A (hauptberuflich) Angestellter einer Versicherungsgesellschaft sei. Dabei übersah das Schöffengericht jedoch, daß die Erkundigungen, die der Beschwerdeführer bei der Versicherungsanstalt anstellte, möglicherweise erst nach der urteilsgegenständlichen Tat (S 123) stattfanden und beide Zeugen außerdem offenließen, ob der Beschwerdeführer von der Tatsache der hauptberuflichen Beschäftigung des Herbert A bei dem Versicherungsunternehmen überhaupt Kenntnis hatte oder bloß von einem Nebenerwerb AS bei einer Versicherungsanstalt ausging (S 124, 125). Bei dieser Sachlage wäre die Vernehmung der vom Verteidiger des Angeklagten B beantragten Zeugen Johann I und Günther J über das Auftreten des Herbert A als angeblicher Beamter der Funküberwachung gegenüber dem Beschwerdeführer um so mehr geboten gewesen, als auch die Zeugin Gabriele M ein derartiges Verhalten AS gegenüber Günter B behauptete (S 96), ohne daß das Erstgericht diese wesentliche Aussage einer Erörterung zuführte. Im übrigen fand die Abweisung des Beweisantrages im Hauptverhandlungs-Protokoll in unzureichender und damit unüberprüfbarer Weise nur 'wegen geklärter Rechts- und Sachlage' statt (S 126), ohne daß eine nähere Begründung des betreffenden Beschlusses im (schriftlichen) Urteil nachgetragen worden wäre (vgl. Mayerhofer/Rieder 2 , II/12, Nr. 6, 7, 9 zu § 238 StPO;

Nr. 68, 68a, 69 zu § 281 Z 4 StPO).

Schon im Hinblick auf diese Verfahrens- und Begründungsmängel erweist sich daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Günter B die Aufhebung des diesen Beschwerdeführer betreffenden Teiles des Schuldspruches und die Rückverweisung der Strafsache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang dieser Aufhebung als notwendig. Mit seiner Berufung war der Angeklagte Günter B auf diese Entscheidung zu verweisen.

Zur Berufung des Angeklagten Herbert A:

Das Schöffengericht verhängte über den Erstangeklagten nach dem § 147 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten und sah sie gemäß dem § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nach.

Bei der Strafbemessung wertete es keine (besonderen) Umstände als erschwerend oder mildernd.

Mit seiner Berufung begehrt Herbert A 'zumindest unter Umwandlung in eine Geldstrafe' die Herabsetzung der über ihn verhängten Strafe. Der Berufung ist dahin beizupflichten, daß das Erstgericht unter Bedachtnahme auf die Tatumstände ein Strafmaß fand, das auch im Vergleich zu ähnlich gelagerten Fällen als überhöht angesehen werden muß. Es bedurfte daher der Reduktion der Freiheitsstrafe, wobei gemäß den § 31, 40 StGB auch auf die - während des Rechtsmittelverfahrens in Rechtskraft erwachsene - Strafverfügung des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom 12.Dezember 1984, AZ 4 U 1.675/84, Bedacht zu nehmen war, mit welcher über Herbert A wegen des am 9.Juni 1984 begangenen Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs 1 StGB eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 60 S, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Tagen verhängt wurde. Da bei gemeinsamer Aburteilung eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten die angemessene Reaktion auf Schuld- und Rechtsbruch gewesen wäre, nahm der Oberste Gerichtshof im vorliegenden Fall eine Herabsetzung der vom Erstgericht verhängten Strafe auf sechseinhalb Monate vor.

Die begehrte Anwendung des § 37 StGB kam schon wegen der sechs Monate übersteigenden Dauer der Zusatzstrafe nicht in Betracht. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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