OGH 7Ob702/84

OGH7Ob702/8417.1.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache des Antragstellers R***** W*****, vertreten durch Dr. Hans Maxwald, Rechtsanwalt in Linz, wider die Antragsgegnerin Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1, Singerstraße 17–19, wegen Neufestsetzung einer Enteignungsentschädigung, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluss des Kreisgerichts Steyr als Rekursgericht vom 25. Oktober 1984, GZ R 241/83‑140, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Neuhofen an der Krems vom 26. September 1983, GZ Nc 8/73‑135, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00702.840.0117.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Zwecks Errichtung einer Verbindung der Westautobahn zur geplanten Innkreisautobahn wurden eine Reihe von Grundstücken, darunter auch solche, die dem Antragsteller gehörten, enteignet. Das Erstgericht hat dem Antragsteller für die enteigneten Flächen eine Gesamtentschädigung von 98.239 S zuerkannt. Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens sind nur mehr Beträge von 3.675 S und 3.425 S, die als Umwegentschädigung für die schlechtere Erreichbarkeit der enteigneten Grundstücke 812/1 (landwirtschaftlich genutzte Fläche) und 813/1, 812/1 (forstwirtschaftlich genutzte Fläche) zuerkannt worden sind. Nach den Feststellungen des Erstgerichts waren die genannten Grundstücke durch einen über das Grundstück 867/2 verlaufenden Weg erreichbar. Im Zuge der Enteignung ist die Benützbarkeit dieses Weges unterbunden worden, wodurch Umwege erforderlich geworden sind. Das Grundstück 867/2 steht nicht im Eigentum des Antragstellers. Dieser hat auch kein verbüchertes dingliches Recht zur Benützung der genannten Wegparzelle.

Das Rekursgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss dem vom Antragsteller gegen die Festsetzung der beiden Umwegentschädigungen erhobenen Rekurs nicht Folge gegeben und ausgeführt, grundsätzlich gebühre nach dem Bundesstraßengesetz lediglich eine Entschädigung für dingliche Rechte, die Gegenstand des Enteignungsverfahrens waren. Da der Antragsteller kein dingliches Recht zur Benützung des Grundstücks 867/2 gehabt habe, wäre ihm persönlich überhaupt keine Entschädigung zuzuerkennen gewesen. Vielmehr hätte er im Falle eines obligatorischen Rechts lediglich gegen den Enteigneten (früheren Eigentümer dieser Parzelle) einen Entschädigungsanspruch gehabt.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Antragsteller gegen den Beschluss des Rekursgerichts erhobene Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Da übereinstimmende Entscheidungen der Vorinstanzen vorliegen ist ein Revisionsrekurs gemäß § 16 AußStrG nur wegen Aktenwidrigkeit, Nichtigkeit oder offenbarer Gesetzwidrigkeit zulässig. Eine Aktenwidrigkeit wird im Revisionsrekurs nicht aufgezeigt. Eine Nichtigkeit soll in der Nichterörterung von Umständen gelegen sein, die bei einer ordnungsgemäßen Bemessung der Entschädigung zu berücksichtigen gewesen wären. Zur Erörterung dieser Umstände sei der Antragsteller auch nicht beigezogen worden.

Ob der behauptete Verfahrensverstoß überhaupt eine Nichtigkeit begründen könnte, muss hier nicht erörtert werden, weil das Rekursgericht, ausgehend von seiner Rechtsansicht, überhaupt keine Ausmessung der strittigen Entschädigungsteilbeträge vorzunehmen hatte. Ist daher die Rechtsansicht des Rekursgerichts nicht offenbar gesetzwidrig, kommt dem gerügten Verfahrensverstoß keine Bedeutung zu.

Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur dann vor, wenn die für die Entscheidung maßgebende Frage im Gesetz ausdrücklich und so klar geregelt ist, dass an der Absicht des Gesetzgebers nicht gezweifelt werden kann und trotzdem anders entschieden wurde (JBl 1975, 547, RZ 1975, 10 ua). Ferner könnte eine offenbare Gesetzwidrigkeit auch dann vorliegen, wenn sich eine Entscheidung zu den Grundprinzipien des Rechts in Widerspruch setzt (EFSlg 39.807, 37.389 ua). Welche Grundprinzipien des Rechts hier verletzt worden sein könnten, ist nicht ersichtlich. Wie das Rekursgericht zutreffend ausführt, sieht § 18 Abs 2 BStG eine Entschädigung lediglich für dinglich Berechtigter vor. Es ist zwar richtig, dass die Judikatur (siehe insbesondere die im Revisionsrekurs zitierte Entscheidung SZ 55/56) auch obligatorisch Berechtigten Entschädigungsansprüche zuerkannt hat, doch hat gerade die genannte Entscheidung diese obligatorisch Berechtigten als sogenannte „Nebenberechtigte“ behandelt, also nur als Berechtigte neben einem dinglich Hauptberechtigten, der das Verfahren einzuleiten hat. Die Entscheidung des Rekursgerichts entspricht der Judikatur, derzufolge im gerichtlichen Verfahren zur Neufestsetzung der Enteignungsentschädigung nur derjenige Antragsgegner, der zum Zeitpunkt der Einleitung des Verwaltungsverfahrens Eigentümer der in Anspruch genommen Sache war, berücksichtigt werden darf (JBl 1974, 202 ua). Darüber hinaus hat die Judikatur die Rechtsansicht dass als „Enteigneter“ im Sinne des § 13 Abs 2 BStG nicht der aus einem intabulierten Bestandrecht dinglich Berechtigte anzusehen sei, als nicht offenbar gesetzwidrig bezeichnet (MietSlg 20.735), obwohl der Oberste Gerichtshof in früheren Entscheidungen (6 Ob 290/68) den gegenteiligen Standpunkt vertreten hat. Die Rechtsauffassung des Rekursgerichts widerspricht somit nicht dem klaren Wortlaut des Gesetzes. Demnach kann also von einer offenbaren Gesetzwidrigkeit keine Rede sein.

Mangels Vorliegens einer der Gründe des § 16 AußStrG erweist sich sohin der Revisionsrekurs als nicht zulässig.

Stichworte