OGH 4Ob504/85

OGH4Ob504/8515.1.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl, Dr.Resch, Dr.Kuderna und Dr.Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***-Eigentumswohnungen Gesellschaft mbH in Wien 19., Paradisgasse 34, vertreten durch Dr.Wolfgang Lenneis, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dipl.Ing.Dr.Christian H***, Direktor, Wien 19., Himmelstraße 73 B/2, vertreten durch Dr.Karl Zingher, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 18.992,88 samt Anhang, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 25.September 1984, GZ.45 R 499/84-58, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 16.April 1984, GZ.4 C 155/82-53, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.603,68 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 240,-- Barauslagen und S 214,88 Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei, eine Gesellschaft mbH, besorgt die ihr von den Wohnungseigentümern des Hauses Wien 19., Himmelstraße 73 B, vertraglich übertragenen Hausverwaltungsagenden, ohne im Besitze einer entsprechenden gewerberechtlichen Berechtigung zu sein. Sie ist seit der grundbücherlichen Durchführung des Vertrages vom 6. Mai 1982 nicht mehr Miteigentümerin der gegenständlichen Liegenschaft. Die klagende Partei war Wohnungseigentumsorganisator und hat die gegenständlichen Liegenschaftsanteile und Eigentumswohnungen an die derzeitigen Miteigentümer veräußert (unbestrittenes Vorbringen S.6). Der Beklagte ist Miteigentümer und Wohnungseigentümer der Wohnung Nr.2 in diesem Haus. Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei vom Beklagten die Zahlung des der Höhe nach außer Streit stehenden Betrages von S 18.992,88 an Hausverwalterhonorar für die Jahre 1977 bis 1979. Zur Begründung führte sie aus, sie verwalte die Liegenschaft auf Grund einer mit allen Wohnungseigentümern getroffenen vertraglichen Regelung. Der Beklagte habe zwar das ihm für die Jahre 1975 und 1976 vorgeschriebene Verwalterhonorar bezahlt, weigere sich jedoch, für den folgenden Zeitraum ein solches Honorar zu entrichten. Ihr Begehren sei sowohl im Vertrag als auch im § 354 HGB sowie hilfsweise in einer schlüssigen Vereinbarung infolge Zahlung des Honorars in den Jahren 1975 und 1976 begründet. Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Die Bestellung der beklagten Partei zum Verwalter sei zwar in dem zwischen den Prozeßparteien abgeschlossenen Kaufvertrag vereinbart worden, doch fehle ein diesbezüglicher Beschluß der Miteigentümer. Ein Verwalterhonorar sei nicht vereinbart worden. Da die klagende Partei Miteigentümer der Liegenschaft sei, eine der vier Eigentumswohnungen dieses Hauses besitze und da ihr eine Hausverwaltungskonzession nicht erteilt worden sei, stehe ihr als verwaltender Miteigentümerin kein Entgeltanspruch zu. Im übrigen wendete die beklagte Partei zwei ziffernmäßig nicht konkretisierte Gegenforderungen aus dem Titel einer "unrichtigen Verrechnung der Heizungs- und Warmwasserbereitungskosten" sowie "erheblicher Baumängel" ein. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf folgende (weitere) Feststellungen:

Der Beklagte erwarb am 30.August 1974 12/60 Miteigentumsanteile an der gegenständlichen Liegenschaft. Am 6.Mai 1982 wurde das Wohnungseigentum begründet. Zum ersterwähnten Kaufvertrag wurde eine Beilage A von seiten der Verkäuferin verfaßt, welche die Rechtsverhältnisse der Miteigentümer untereinander regelt und in der die Entgeltlichkeit der von der klagenden Partei geführten Hausverwaltung sowie die Höhe dieses Entgelts enthalten ist. Diese Beilage A wurde von den Miteigentümern nicht unterfertigt; der Beklagte hat sie weder erhalten noch wurde sie ihm zur Kenntnis gebracht. Im Kaufvertrag ist die Übernahme der Hausverwaltung durch die klagende Partei vereinbart, jedoch wird eine Entgeltlichkeit darin nicht erwähnt. Die beklagte Partei war 1977 bis 1979 Miteigentümerin der Liegenschaft.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, mangels Vereinbarung einer Entgeltlichkeit sowie im Hinblick darauf, daß die klagende Partei keine Hausverwaltungskonzession besitze und Miteigentümerin der Liegenschaft sei, stehe ihr ein Honoraranspruch nicht zu. Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es die Klagsforderung mit dem Betrag von S 18.992,88 samt 4 % Zinsen als zu Recht bestehend, die Gegenforderung hingegen bis zur Höhe des Klagsbetrages als nicht zu Recht bestehend erkannte und der klagenden Partei den Klagsbetrag zusprach. Ein Zinsenmehrbegehren von 7 7/8 % wurde hingegen abgewiesen. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei.

Auf der Grundlage der umbekämpften Feststellungen - in der Berufung wurden die Feststellungen über die Beilage A bekämpft, die jedoch vom Berufungsgericht als nicht entscheidungsrelevant erachtet wurden - vertrat das Berufungsgericht die Rechtsauffassung, der Klagsanspruch sei im § 354 Abs.1 HGB begründet. Es genüge für die Entgeltlichkeit, wenn irgendein Zusammenhang zwischen der betreffenden Tätigkeit des Kaufmannes und seinem Gewerbebetrieb bestehe. Ein solcher Zusammenhang liege zwischen dem der Schaffung von Wohnungseigentum und der Errichtung von Arbeiterwohnstätten dienenden Betriebsgegenstand der klagenden Partei und der gegenständlichen Verwaltertätigkeit vor.

Gegen den die Klagsforderung betreffenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist zwar zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Da der Oberste Gerichtshof über seine Rechtsprechung zur Entgeltvermutung des § 354 Abs.1 HGB hinaus zu der hier entscheidungswesentlichen Frage der Entgeltvermutung für einen Kaufmann, der die Geschäfte des Verwalters einer Liegenschaft führt und zugleich deren Miteigentümer ist, soweit ersichtlich noch nicht Stellung genommen hat, dieser Frage aber für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung eine erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO zukommt, ist die Revision entgegen der Meinung des Berufungsgerichts, das auf diese Frage in seiner Entscheidung nicht eingegangen ist, zulässig.

Nach den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen war die klagende Partei während des Zeitraumes, für den das Verwalterhonorar begehrt wird (1977 bis 1979), Miteigentümerin der Liegenschaft. Ob sie Wohnungseigentümerin oder nur Eigentümerin einer Garage und von Kellerräumen war, wie in der Revisionsbeantwortung ausgeführt wird, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung. Die Entgeltvermutung des § 354 Abs.1 HGB erstreckt sich auf jeden Kaufmann, der in Ausübung seines Handelsgewerbes für einen anderen Geschäfte besorgt oder Dienste leistet. Dieser Bestimmung liegt der der Verkehrssitte zu entnehmende Gedanke zugrunde, daß ein Kaufmann einem anderen nicht umsonst Dienste leistet (Schlegelberger, Kommentar zum HGB 4 , IV 205; Godin, Kommentar zum HGB 2 , III 252; vgl. SZ 48/120). Im Hinblick auf die weite Auslegung des Begriffes der Zugehörigkeit zu einem Handelsgewerbe ist für die Entgeltvermutung des § 354 Abs.1 HGB nicht Voraussetzung, daß die Tätigkeit des Kaufmannes für das von ihm betriebene Handelsgewerbe charakteristisch ist; es genügt vielmehr, daß irgendein Zusammenhang mit dessen Gewerbebetrieb besteht. Nur wenn die Geschäftsbesorgung (Dienstleistung) des Kaufmannes völlig aus dem Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit fällt, ist die Entgeltvermutung nicht anwendbar (HS 9297/7 mit weiteren Nachweisen). Eine von den allgemeinen Bestimmungen abweichende Regelung ist im Wohnungseigentumsgesetz insoweit nicht enthalten (siehe Würth in Rummel, ABGB, RZ 7 zu § 17 WEG).

Im vorliegenden Fall steht die Verwaltertätigkeit der klagenden Partei in einem charakteristischen Zusammenhang mit ihrem auf die Schaffung von Wohnungseigentum gerichteten Gewerbebetrieb. Vereinbarungen, wonach ein Wohnungseigentumsorganisator zum Verwalter der betreffenden Liegenschaft bestellt wird, sind üblich. Eine Verwaltertätigkeit fällt keineswegs völlig aus dem Rahmen der gewerblichen Tätigkeit einer solchen Gesellschaft. Der Frage der Gewerbeberechtigung kommt im vorliegenden Zusammenhang keine Bedeutung zu.

Zu prüfen bleibt, ob der Umstand, daß die klagende Partei Miteigentümerin dieser eher kleinen Liegenschaft war, der Entgeltvermutung des § 354 Abs.1 HGB entgegensteht. Hiebei ist davon auszugehen, daß die klagende Partei zunächst Eigentümerin der gesamten Liegenschaft war und die einzelnen Miteigentumsanteile an Interessenten abverkauft hat. Daß ihr dabei Miteigentumsanteile verblieben, vermag an der aus dem festgestellten Betriebsgegenstand erfließenden Absicht, sowohl durch den Verkauf der Miteigentumsanteile als auch durch die Schaffung der Eigentumswohnungen und die anschließende Verwaltungstätigkeit eine Tätigkeit im Rahmen des gewerblichen Betriebes auszuüben, nichts zu ändern. Ebenso beseitigt der Umstand, daß die Geschäftsbesorgung (Dienstleistung) des Kaufmannes auch dem eigenen Interesse des Kaufmannes dient, den (vermuteten) Vergütungsanspruch nicht (Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht 3 , III 67 f, Godin aaO 253), zumal hier das eigene Interesse der klagenden Partei als Miteigentümerin hinter dem Interesse der übrigen Miteigentümer zurücktritt. Der Auffassung des Berufungsgerichtes ist daher auch unter diesem von ihm vernachlässigten Gesichtspunkt zuzustimmen, so daß das Klagebegehren berechtigt ist.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet. Wenn auch die klagende Partei nur die Zurückweisung der außerordentlichen Revision beantragt hat, so hat sie doch auch Ausführungen über die sachliche Berechtigung des Rechtsmittels erstattet, sodaß ihr ein Anspruch auf Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung zusteht.

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