OGH 2Ob674/84

OGH2Ob674/8415.1.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Maria E*****, vertreten durch Dr. Ernst Grossmann, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Friedrich E*****, vertreten durch den Abwesenheitskurator Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in St. Pölten, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluss des Kreisgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 11. September 1984, GZ R 490/84-18, womit der Beschluss des Bezirksgerichts St. Pölten vom 10. Juli 1984, GZ 1 F 6/83-15, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse des Rekursgerichts und des Erstgerichts werden aufgehoben. Die Sache wird an das Erstgericht zur neuerlichen, nach Verfahrensergänzung zu fällenden Entscheidung zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Parteien haben am 4. 7. 1958 die Ehe geschlossen, der die Kinder Roland, geboren am 31. 7. 1960, Carol, geboren am 12. 12. 1961, und Markus, geboren am 15. 4. 1965 entstammen. Mit Kaufvertrag vom 1. 4. 1974 erwarb der Antragsgegner um 140.000 S eine Liegenschaft mit einem Haus, welches den Ehegatten als Ehewohnung diente. Im Mai 1975 verließ der Antragsgegner seine Familie, hielt sich zunächst in Australien und später in Neuguinea auf. Sein derzeitiger Aufenthalt ist nicht bekannt. Auf Antrag des Antragsgegners wurde die Ehe am 19. 11. 1982 vom Family Court of Australia in Sidney geschieden. Diese Entscheidung wurde mit Bescheid des Bundesministeriums für Justiz vom 3. November 1983 gemäß § 24 Abs 1 4. DVEheG für den österreichischen Rechtsbereich anerkannt.

Die Antragstellerin beantragte, das noch vorhandene eheliche Gebrauchsvermögen dahin aufzuteilen, dass ihr die Liegenschaft samt dem darauf errichteten Haus ins Alleineigentum übertragen werde. Sie brachte vor, sie habe gegen den Antragsgegner eine vollstreckbare Forderung von 77.413 S samt 4 % Zinsen seit 9. 6. 1980 sowie Kosten von 13.698,72 S, die auf der Liegenschaft des Antragsgegners mittels zwangsweiser Pfandrechtsbegründung sichergestellt sei. Dieser Forderung, die mit den bisher aufgelaufenen Zinsen bereits mehr als 100.000 S betrage, lägen Zahlungen der Antragsgegnerin zugrunde, die diese für Schulden des Antragsgegners geleistet habe bzw habe leisten müssen, da der Antragsgegner bei seiner Abreise einen beträchtlichen Schuldenberg zurückgelassen habe. Der Antragsgegner habe seit Mai 1975 keinerlei Unterhaltszahlungen für die Antragstellerin und die Kinder geleistet. Aus dem Titel nicht erhaltener Unterhaltsleistungen sowohl für sich als auch für die von ihr alimentierten Kinder stehe der Antragstellerin eine Forderung von mindestens 100.000 S zu. Bevor der Antragsgegner Österreich verlassen habe, habe er einen Rechtsanwalt beauftragt, einen Schenkungsvertrag zu errichten, mit welchem er der Antragstellerin das Alleineigentum an der Liegenschaft übertrage. Der Antragsgegner sei jedoch vor Unterfertigung einer legalisierten Vollmacht abgereist. Aufgrund dieser Umstände entspreche eine Übertragung des Eigentumsrechts an die Antragstellerin der Billigkeit. Für den Fall der beantragten Übertragung würde die Antragstellerin auf die Forderungen gegenüber dem Antragsgegner verzichten.

Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Antrags. Er brachte vor, die Antragstellerin habe keine Unterhaltsforderung, weil Unterhalt für die Vergangenheit nicht geltend gemacht werden könne. Die Antragstellerin beantrage keine Aufteilung, sondern eine Enteignung. Eine billige Regelung wäre im vorliegenden Fall durch Einräumung eines schuldrechtlichen Benützungsrechts an die Antragstellerin möglich. Bei Übertragung des Eigentums an die Antragstellerin müsste dieser eine Ausgleichszahlung auferlegt werden.

Das Erstgericht wies das Eigentum an der Liegenschaft der Antragstellerin zu und sprach aus, dass die Forderung der Antragstellerin gegen den Antragsgegner aufgrund des Urteils des Kreisgerichts St. Pölten vom 23. 12. 1980, 5 Cg 212/80, sowie die Forderung auf Ersatz der von der Antragstellerin an Stelle des Antragsgegners für die ehelichen Kinder geleisteten Unterhaltsbeträge durch die Eigentumsübertragung getilgt werde.

Das Erstgericht stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Die Liegenschaft besteht aus miteinander verbundenen drei Parzellen im Gesamtausmaß von 1.169 m², auf denen ein im teilrenovierten Zustand befindliches Haus mit angebautem Schuppen errichtet ist. Weitere vorhandene Objekte (Erdkeller, Schuppen) sind infolge desolaten Zustands bzw widerrechtlicher Errichtung wertlos. Der Schätzwert der Grundstücke beträgt 81.800 S des Wohngebäudes 219.500 S. Der Verkehrswert der Liegenschaft beträgt 301.300 S. Eine Parzellierung auf zwei selbständige Parzellen ist unmöglich. Die Antragstellerin besitzt gegen den Antragsgegner aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Kreisgerichts St. Pölten vom 23. 12. 1980, 5 Cg 212/80, eine vollstreckbare Forderung von 77.413 S samt 4 % Zinsen seit 9. 6. 1980 sowie Kosten von 13.698,72 S und 2.485,52 S. Diese Forderung, die mit den bisher aufgelaufenen Zinsen derzeit mit über 104.000 S unberichtigt aushaftet, wurde auf der Liegenschaft des Antragsgegners mittels Zwangspfands sichergestellt. Dieser Forderung liegen zahlreiche von der Antragstellerin anstelle des Antragsgegners bezahlte Schulden zugrunde, die dieser bei seiner Abreise zurückgelassen hatte. Seit der Antragsgegner Österreich verlassen hatte (Mai 1975) leistete er weder für seine Gattin noch für seine damals noch minderjährigen Kinder Unterhalt. Für diesen Unterhalt musste die Antragstellerin allein aufkommen. Die Höhe des Unterhaltsersatzanspruchs für diese anstelle des Antragsgegners erbrachten Leistungen, für die der Antragsgegner gemäß § 1042 ABGB ersatzpflichtig ist, übersteigt jedenfalls 50.000 S, zumal allein der Regelbedarf des 1965 geborenen Sohnes in den letzten drei Jahren diesen Betrag überschreiten würde. Abgesehen von der gegenständlichen Liegenschaft gibt es keine ehelichen Ersparnisse oder eheliches Gebrauchsvermögen.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, mangels eines Anhaltspunktes für eine wesentlich ungleichgewichtige Verteilung der Beiträge zur Deckung des ehelichen Aufwands seitens der Eheleute während aufrechter Ehe stehe jedem der vormaligen Ehegatten die Hälfte des vorhandenen Vermögenswerts zu, das seien je 150.650 S. Berücksichtige man die rechtskräftig festgestellte Forderung, die derzeit 104.000 S ausmache und die jedenfalls 50.000 S übersteigende Unterhaltsersatzforderung, werde der aus der Aufteilung resultierende Anspruch des Antragsgegners zur Gänze aufgewogen. Es entspreche daher der Billigkeit und auch dem Wohl der Kinder, das Eigentum der Antragstellerin zu übertragen. Dies auch eingedenk der Bestimmung des § 90 Abs 1 EheG, wonach Übertragungen dinglicher Rechte an unbeweglichen Sachen nur anzuordnen seien, wenn anders keine billige Regelung erzielt werden könnte. Der Weg, der Antragstellerin lediglich ein obligatorisches Benutzungsrecht gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts einzuräumen und sie hinsichtlich des Ersatzes ihres anstelle des Antragsgegners geleisteten Unterhalts für die ehelichen Kinder auf den Rechtsweg und hinsichtlich der Einbringung der ihr rechtskräftig zugesprochenen Forderungen auf den Exekutionsweg zu verweisen, erscheine nicht nur ungleich kostenaufwendiger, sondern auch der Billigkeit als oberstem Aufteilungsgrundsatz zu widersprechen, da mangels sonstigen bekannten Vermögens des Antragsgegners nur die Zwangsversteigerung der Liegenschaft zur Einbringlichmachung der Forderungen der Antragstellerin offen bliebe und diese auch die Gefahr des Verlustes der Liegenschaft für die Antragstellerin und deren Kinder mit sich brächte. Außerdem biete die angeordnete Lösung für den Antragsgegner, dessen Interessen in Anbetracht des Umstands, dass er seine Familie, ohne deren Belange zu regeln, und unter Hinterlassung erheblicher Schulden, verlassen habe, weniger schutzwürdig erschienen als die der zurückgebliebenen zusammen mit ihren Kindern in schwierigen Verhältnissen lebenden Antragstellerin, den Vorteil des Erlöschens jener zweifellos großteils berechtigter Forderungen der Antragstellerin, die diese über den in Anschlag gebrachten Betrag von 50.000 S hinaus als Ersatz für nicht vom Antragsgegner geleisteten Unterhalt für die Kinder hätte.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners nicht Folge und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.

Das Gericht zweiter Instanz führte aus, die Entscheidung des Erstgerichts entspreche den Grundsätzen der Billigkeit. Davon, dass das Erstgericht eine „entschädigungslose Enteignung“ vorgenommen habe, könne keine Rede sein. Der Antragsgegner habe nach 17-jähriger Ehe seine Frau und seine drei Kinder, die damals zwischen 10 und 14 Jahren alt gewesen seien, verlassen. Er habe in keiner Weise für seine völlig mittellose Familie Vorsorge getroffen und sich auch sonst um überhaupt nichts gekümmert. Er habe vor der Trennung von seiner Familie keinerlei Schritte unternommen, um wenigstens rechtliche und formelle Konsequenzen problemlos abwickeln zu können. Er habe sich nicht einmal um die vorherige Bereinigung seiner Schulden bemüht. Dadurch habe er die Antragstellerin vor große Probleme gestellt. Er habe seit seiner Abreise keinen Groschen für Frau und Kinder bezahlt und am weiteren Schicksal seiner Familie kein Interesse gezeigt; er sei im Gegenteil bemüht gewesen, seinen Aufenthaltsort geheim zu halten. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass er jemals wieder nach Österreich zurückkehren wolle. Hingegen stelle die Wohnmöglichkeit im gegenständlichen Haus für die Antragstellerin eine Existenzfrage dar. Es wäre unter den gegebenen Umständen völlig lebensfremd und grob unbillig, dem Antragsgegner die ehemalige Ehewohnung zuzuweisen. Auch die Einräumung eines Wohnungs- oder Fruchtgenussrechts an die Antragstellerin wäre unbefriedigend. Die notwendigen Erhaltungs- und Renovierungsarbeiten am veralteten und teils baufälligen Haus würden ja sicherlich nicht vom Antragsgegner finanziert werden, sondern würden die Antragstellerin treffen, die aber - da sie nicht Eigentümerin wäre - keine Möglichkeit hätte, hypothekarische Sicherheiten zur Krediterlangung zu bieten. Die Übertragung des Eigentums am Haus sei daher die einzig billige und der Realität gerecht werdende Lösung. Da es sich bei der Liegenschaft um das einzige Vermögensobjekt der früheren Eheleute handle, sei zwingend ein Ausgleich für den Antragsgegner durch Begründung einer Zahlungspflicht für die Antragstellerin zu schaffen. Es könne dahingestellt bleiben, wie die ausschließlich von der Mutter geleisteten, aber den Vater primär treffenden, von ihm vernachlässigten finanziellen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den Kindern in rechtlicher Hinsicht im gegenständlichen Verfahren zu behandeln seien; denn es entspreche jedenfalls dem Grundsatz der Billigkeit, dass die Antragstellerin, die jahrelang allein für den Unterhalt der gemeinsamen Kinder aufgekommen sei und nun auf ihre Ersatzforderung nach § 1042 ABGB verzichte, keine weitere Gegenleistung für die Eigentumsübertragung zu erbringen habe als dem Verzicht auf die ihr zugesprochenen 77.413 S samt Zinsen und Kosten. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass der Durchführung des Wertausgleichs durch die finanziellen Verhältnisse der Antragstellerin Grenzen gezogen seien und ihr der Aufbau des zukünftigen Lebens nicht unmöglich gemacht werden dürfe. Das äußerst bescheidene Einkommen der Antragstellerin und der Umstand, dass das Haus dringend reparaturbedürftig sei, schlössen eine weitergehende Ausgleichsleistung der Antragstellerin ebenfalls aus.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag auf Aufhebung und Zurückverweisung an das Erstgericht, allenfalls Abänderung dahin, dass der Aufteilungsantrag abgewiesen werde.

Die Antragstellerin hat keine Beantwortung des Revisionsrekurses erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Der Antragsgegner vertritt in seinem Rechtsmittel die Ansicht, die getroffene Regelung stelle keine Aufteilung iSd §§ 81 ff EheG dar, sondern eine im Gesetz nicht vorgesehene unzulässige entschädigungslose Enteignung. Eine billige Regelung wäre es gewesen, der Antragstellerin ein grundbücherlich sichergestelltes Benützungsrecht an der Liegenschaft einzuräumen. Selbst wenn man der Ansicht sei, dass die Forderung der Antragstellerin gegen den Antragsgegner berücksichtigt werden müsse, wäre dies bei Einräumung eines Wohnungs- und Fruchtgenussrechts möglich gewesen, da die Antragstellerin diesfalls ihre Forderung mit dem dem Antragsgegner zustehenden Benützungsentgelt hätte aufrechnen können. Das Erstgericht habe auch nicht geprüft, ob die von der Antragstellerin zurückgezahlten Schulden mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen im Zusammenhang stehen. Dies sei der Fall gewesen, die Antragstellerin habe als Mithaftende die für die Liegenschaft aufgenommenen Schulden zurückbezahlt. Nach der von den Vorinstanzen getroffenen Regelung erhalte sie die Liegenschaft und der Antragsgegner müsse die Schulden allein tragen. Da Schulden, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen in keinem inneren Zusammenhang stünden, nicht in Anschlag zu bringen seien, sei auch die angebliche Unterhaltsforderung nicht zu berücksichtigen. Überdies sei die Aufrechnung einer Forderung aus dem Titel der Unterhaltszahlung (Verwendung) im Verfahren außer Streitsachen unzulässig.

Diesen Ausführungen kann eine teilweise Berechtigung nicht abgesprochen werden.

Da sich der Antragsteller seit mehr als 9 Jahren im Ausland befindet und sein Aufenthalt nicht bekannt ist, kann es nicht zweifelhaft sein, dass es der Billigkeit entspricht, die Ehewohnung der Antragstellerin zuzuweisen. Gemäß § 90 EheG darf die Übertragung des Eigentums an unbeweglichen Sachen oder die Begründung von dinglichen Rechten daran nur angeordnet werden, wenn eine billige Regelung in anderer Weise nicht erzielt werden kann. Daher ist zunächst die Frage der Begründung eines obligatorischen Benützungsrechts zu prüfen. Da der Eigentümer der Liegenschaft unbekannten Aufenthalts ist, kann nicht erwartet werden, dass er seinen Verpflichtungen aus einem obligatorischen Rechtsverhältnis, insbesondere der Instandhaltungspflicht, nachkäme. Die dauernde Betrauung eines Kurators mit der Wahrnehmung der dem Hauseigentümer aufgrund eines obligatorischen Rechtsverhältnisses entstehenden Rechte und Pflichten würde Kosten verursachen, die im Hinblick auf den relativ geringen Wert der Liegenschaft als nicht zweckmäßig zu vermeiden wären. Ohne Übertragung des Eigentums an der Liegenschaft oder die Begründung von dinglichen Rechten daran kann eine billige Regelung daher nicht erzielt werden. Im vorliegenden Fall würde auch die Begründung eines dinglichen Benützungsrechts für die Antragstellerin zu Schwierigkeiten führen, und zwar insbesondere deshalb, weil das Haus laut Sachverständigengutachten sehr alt, schlecht ausgeführt und schadhaft ist. Von der Antragstellerin könnte, wenn sie Fruchtnießerin wäre, eine Instandsetzung nicht verlangt werden, weil sie gemäß § 513 ABGB die Sache nur in dem Zustand, indem sie sie übernommen hat, erhalten müsste. Wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, hätte sie auch keine Möglichkeit, einen aufzunehmenden Kredit auf der Liegenschaft sicherstellen zu lassen, sodass sie wirtschaftlich vermutlich nicht in der Lage wäre, das Gebäude instandzusetzen. vom Antragsgegner, der unbekannten Aufenthalts ist, wäre eine Instandsetzung des Gebäudes aber offenbar nicht zu erwarten, weil er kaum ein Interesse daran haben wird, auf ein mit einem Fruchtgenussrecht belastetes Haus Kosten aufzuwenden. Daher kann eine zweckmäßige billige Regelung nur durch Übertragung des Eigentumsrechts an die Antragstellerin erreicht werden. Dies hat aber - wie schon das Rekursgericht ausführte - mangels eines anderen aufzuteilenden Vermögens zur Folge, dass die Antragstellerin gemäß § 94 EheG eine Ausgleichszahlung zu leisten hat. Da eine dem § 391 Abs 3 ZPO entsprechende Bestimmung (Aufrechnung einer Gegenforderung) im Verfahren außer Streitsachen fehlt, kann eine der Antragstellerin aufzuerlegende Ausgleichszahlung nicht mit einer ihr gegen den Antragsgegner zustehenden Forderung kompensiert werden (EFSlg 39.538; 3 Ob 675/82 ua). Daher muss der Antragstellerin mit der Entscheidung, die ihr das Eigentumsrecht an der Liegenschaft überträgt, eine Ausgleichszahlung auferlegt werden. Der Ausspruch, ihre Forderung gegen den Antragsgegner sei durch die Eigentumsübertragung getilgt, ist nicht zulässig. Dies ändert allerdings nichts daran, dass es der Klägerin, der aus den angeführten Gründen eine Geltendmachung von Gegenforderungen im - außerstreitigen - Titelverfahren verwehrt ist, freisteht, einer allfälligen Exekutionsführung Gegenforderungen entgegenzuhalten (Heller-Berger-Stix 386; 3 Ob 3/82 ua).

Zur Festsetzung dieser Ausgleichszahlung reicht der festgestellte Sachverhalt nicht aus. Maßgebend für die Höhe der Ausgleichszahlung sind nämlich insbesondere Gewicht und Umfang der Beiträge jedes Ehegatten. Da nicht festgestellt wurde, ob nur der Antragsgegner oder beide Ehegatten berufstätig waren und ein Einkommen hatten, wer den Haushalt führte und wer die Kinder gepflegt und erzogen hat (§ 83 Abs 2 EheG), kann nicht beurteilt werden, ob die Annahme gerechtfertigt ist, dass die Beiträge beider Teile gegeneinander aufgewogen werden (EFSlg 41.383). Es bedarf daher ergänzender Feststellungen über die beiderseitigen Beiträge der Ehegatten iSd § 83 EheG.

Für die Festsetzung der Ausgleichszahlung ist aber auch von Bedeutung, ob es sich bei den Schulden, die die Antragstellerin für den Antragsgegner bezahlte und wegen der sie eine vollstreckbare Forderung gegen den Antragsgegner hat, um solche handelt, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen in einem inneren Zusammenhang standen (§ 81 Abs 1 EheG). Eine Entscheidung iSd § 92 EheG über derartige Schulden ist zwar nicht mehr möglich, weil die Schulden bereits bezahlt sind und die Antragstellerin gegen den Antragsgegner eine vollstreckbare Forderung hat. Es ist jedoch auch auf eine Schuldentilgung nach Aufhebung der Gemeinschaft Bedacht zu nehmen (Pichler in Rummel, ABGB, Rdz 3 zu § 92 EheG; EFSlg XIX/6). Im Fall der EFSlg XIX/6 bezahlte der geschiedene Ehepartner, dem die Ausgleichszahlung auferlegt wurde, Schulden in der Höhe von etwa 10 % des Werts der Liegenschaft, weshalb ausgesprochen wurde, dass ein Wert von rund 9 Zehnteln der Liegenschaft der Aufteilung unterliege. Im vorliegenden Fall bezahlte zwar auch die Antragstellerin di die Person, die die Ausgleichszahlung zu leisten haben wird, die Schulden, sie hat wegen dieser Zahlung aber eine vollstreckbare Forderung gegen den Antragsgegner. Daher ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner letztlich die Schuld allein zu tragen hat und daher werden im vorliegenden Fall die Schulden, sofern es sich um solche iSd § 81 Abs 1 EheG handelte, dem Wert der Liegenschaft hinzuzuzählen sein. Von der Summe ist sodann die Ausgleichszahlung unter Berücksichtigung der Beiträge der Ehegatten (§ 83 EheG) gemäß § 94 EheG festzusetzen. Auch dann, wenn die Schulden zwar nicht iSd § 81 Abs 1 EheG mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen in einem inneren Zusammenhang gestanden sind, wohl aber mit dem ehelichen Lebensaufwand (§ 83 Abs 1 EheG), wäre auf sie im Rahmen der Billigkeitserwägungen Bedacht zu nehmen. Im fortgesetzten Verfahren müssen daher entsprechende Feststellungen über die Schulden getroffen werden.

Aus diesen Gründen waren die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben.

Eine Kostenentscheidung entfiel, da keine Kosten verzeichnet wurden.

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