OGH 3Ob600/84

OGH3Ob600/849.1.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria K*****, vertreten durch den Sachwalter Oberamtsrat Hans Z*****, dieser vertreten durch Dr. Werner Steinacher, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Walter G*****, vertreten durch Dr. Georg Reiter, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Ungültigkeit eines Testaments (Streitwert 305.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 4. September 1984, GZ 4 R 154/84-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 10. April 1984, GZ 11 Cg 230/83-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 9.358,80 S (darin keine Barauslagen und 850,80 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

In der beim Bezirksgericht Salzburg zu 3 A 193/81 anhängigen Verlassenschaftssache nach dem am ***** verstorbenen Ägydius K*****, gaben Maria K*****, eine Schwester des Verstorbenen, und Walter G***** einander widersprechende Erbserklärungen ab, und zwar Maria K***** - sowie andere Verwandte des Erblassers - aufgrund des Gesetzes, Walter G***** aufgrund der am 24. 3. 1981 vor fünf Personen abgegebenen Erklärung des Erblassers: „Geschrieben ist noch nichts, aber kriegen tut sowieso alles der Walter“ und „Wenn mit mir einmal etwas ist, dass ihr es wisst: kriegen tut alles der Walter“. Das Verlassenschaftsgericht nahm alle Erbserklärungen an und wies den aufgrund des Gesetzes Erbserklärten die Klagerolle zu. Innerhalb der erteilten Frist brachte die Klägerin eine Klage ein, in der sie die Feststellung der Ungültigkeit des am 24. 3. 1981 in Salzburg errichteten mündlichen Testaments begehrte. Sie behauptete, dass der Erblasser damals nicht ernstlich seinen letzten Willen erklärt habe, und dass den während dieser Erklärungen anwesenden Personen das Bewusstsein, Testamentszeugen zu sein, gefehlt habe.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht gab der Klage statt.

Es ging von folgenden Feststellungen aus:

Nach dem Begräbnis der am 19. 3. 1981 verstorbenen Walpurga K*****, der Mutter des Beklagten und Ehegattin des Ägydius K*****, traf sich dieser am 24. 3. 1981 in seinem Salzburger Haus mit seinen Nachbarn Stanislaus und Ernestine B*****, die er ersucht hatte, „auf das Haus zu schauen“, mit den Ehegatten Josef und Theresia B***** und der Mutter der Theresia B*****, die er alle eingeladen hatte, das Haus zu besichtigen. Nachdem Ägydius K***** seinen Besuchern das Haus gezeigt hatte, setzte er sich mit ihnen in der Küche zusammen. Josef B*****, der Ägydius K***** erst bei dieser Gelegenheit kennengelernt hatte, fragte ihn, ob er nach dem Tod seiner Frau allein im Haus bleiben werde. K***** antwortete, er werde nicht zu seinem Stiefsohn Walter G***** ziehen, sondern hoffe, dieser werde mit seiner Familie wieder in das Haus K*****s zurückziehen. K***** wies auch darauf hin, dass der „Walter“ ohnedies schon die Wohnung im ersten Stock habe. Auf die Frage Josef B*****s, ob „eh schon alles dem Walter gehöre“, antwortete K*****: „Geschrieben ist noch nichts, aber kriegen tut sowieso alles der Walter“. Im weiteren Verlauf des Gesprächs kam die Rede auf den plötzlichen Tod der Ehegattin Ägydius K*****s. Dieser äußerte darauf: „Wenn mit mir einmal etwas ist, dass ihr es wisst: Kriegen tut alles der Walter“. Diese Äußerungen Ägydius K*****s wurden von allen Anwesenden mitangehört. K***** gab diese Äußerungen nicht in feierlicher Form ab und erklärte auch nicht, damit ein Testament errichten zu wollen. Er forderte die Anwesenden auch nicht ausdrücklich auf, Zeugen seines letzten Willens zu sein. Die Mutter Theresias B*****s starb kurz nach dem 24. 3. 1982, ohne ihre Wahrnehmungen vor Gericht als Zeugin wiedergegeben zu haben. Stanislaus und Ernestine B***** legten der Äußerung Ägydius K*****s, dass Walter alles kriegen solle, keine besondere Bedeutung bei, da sie ohne besondere Feierlichkeit im Laufe eines Gesprächs erfolgt war. Sie hatten damals weder den Willen, als Zeugen einer letztwilligen Verfügung zu fungieren, noch das Bewusstsein, von Ägydius K***** darum ersucht worden zu sein. Auch Theresia B***** war sich während der Äußerungen Ägydius K*****s nicht bewusst, Zeugin einer letztwilligen Verfügung zu sein. Sie maß diesen Erklärungen erst dann eine Bedeutung zu, als sie erfuhr, dass Ägydius K***** kein schriftliches Testament hinterlassen habe. Nur Josef B***** hatte damals den Eindruck, Zeuge einer letztwilligen Anordnung geworden und ausdrücklich darum ersucht worden zu sein. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, ob Ägydius K***** die Äußerung „alles soll der Walter kriegen“ in der Absicht abgab, damit ein Testament zu errichten, und hiezu die Anwesenden als Zeugen aufzurufen.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, dass die Erklärungen Ägydius K*****s vom 24. 3. 1981 kein gültiges mündliches Testament seien, weil die Testierabsicht nicht festgestellt werden konnte und mindestens drei der während der Erklärungen anwesenden fünf Personen das Bewusstsein gefehlt habe, Zeugen einer letztwilligen Anordnung zu sein.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es übernahm die entscheidungswesentlichen Feststellungen des Erstgerichts, dass die Testierabsicht Ägydius K*****s nicht als erwiesen angenommen werden könne, und dass den Ehegatten B***** und Theresia B***** am 24. 3. 1981 nicht bewusst gewesen sei, Zeugen einer letztwilligen Verfügung zu sein, und billigte auch die aus diesem Sachverhalt gezogenen rechtlichen Schlüsse der ersten Instanz.

Nach dem Ausspruch des Berufungsgerichts übersteigt der Wert des Streitgegenstands 300.000 S.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit den Anträgen, es im klageabweisenden Sinn abzuändern, allenfalls es zwecks ergänzender Verhandlung und neuerlicher Entscheidung aufzuheben.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nach § 502 Abs 4 Z 2 ZPO zulässig aber nicht begründet.

Der Revisionswerber meint, dass es sich bei der von den Vorinstanzen nicht festgestellten Testierabsicht Ägydius K*****s und bei dem von den Vorinstanzen verneinten Bewusstsein dreier Zeugen, als solche zu fungieren, nicht nur um Tat-, sondern auch um Rechtsfragen handle.

Diese Meinung ist unrichtig.

Bei Willenserklärungen gehören die für ihr Zustandekommen maßgebenden tatsächlichen Ereignisse, insbesondere das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer bestimmten Absicht des Erklärenden oder des die Willenserklärung Entgegennehmenden zur im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbaren Tatfrage.

Ob jemand bei der Abgabe einer Erklärung Testierwillen hatte, zu dem vor allem das Bewusstsein gehört, jetzt eine letztwillige Verfügung zu treffen (Welser in Rummel, ABGB RdZ 9 zu § 564), stellt daher ebenso eine nicht revisible Tatfrage der (Fasching, Komm IV 333; derselbe, ZPR RZ 1926; NZ 1960, 126; RZ 1967 S 90; SZ 32/120 ua), wie, ob sich Personen bewusst waren, als Testamentszeugen anwesend zu sein (Fasching, Komm aaO; 1 Ob 621/83; SZ 32/120 ua).

Da nicht erwiesen ist, dass Ägydius K***** mit seinen festgestellten Erklärungen vom 24. 3. 1981 eine letztwillige Verfügung treffen wollte, und feststeht, dass sich von den fünf Personen, in deren Gegenwart diese Erklärungen abgegeben wurden, mindestens drei nicht bewusst waren, als Testamentszeugen anwesend zu sein, wurde von den Vorinstanzen in den erwähnten Erklärungen mit Recht kein außergerichtliches mündliches Testament erblickt (Welser in Rummel, ABGB RdZ 1 zu § 585; RZ 1967 S 90; EvBl 1955/42; SZ 22/135; SZ 18/46 ua).

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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