OGH 3Ob169/84

OGH3Ob169/8419.12.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Fa E***** Gesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Fulterer, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die verpflichtete Partei E*****, vertreten durch Dr. Rolf Philipp, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Räumung, infolge außerordentlichem Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 10. Oktober 1984, GZ R 636/84‑7, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Dornbirn vom 19. September 1984, GZ C 783/81 ‑4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0030OB00169.840.1219.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der neuerliche Vollzug der mit Beschluss des Erstgerichts vom 21. 4. 1982, GZ C 783/81 ‑2, bewilligten Exekution angeordnet wird.

Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei die mit 2.195,68 S bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin 190,88 S an USt und 96 S an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am 21. 9. 1981 vor dem Erstgericht abgeschlossenen Vergleich verpflichtete sich der Verpflichtete, die von ihm im Haus *****, gemietete Wohnung bis längstens 31. 3. 1982 zu räumen und der betreibenden Partei geräumt zu übergeben (ON 1). Aufgrund dieses Vergleichs wurde der betreibenden Partei mit Beschluss des Erstgericht vom 21. 4. 1982 rechtskräftig die zwangsweise Räumung bewilligt (ON 2). Die für den 17. 6. 1982 angeordnete Räumung wurde nicht vollzogen, weil die betreibende Partei keine Arbeitskräfte und Transportmittel zur Verfügung gestellt hatte (ON 3).

Mit Beschluss vom 19. 9. 1984 bewilligte das Erstgericht der betreibenden Partei über deren Antrag, den sie unter Verwendung der EForm 308 zu gerichtlichem Protokoll erklärt hatte, aufgrund des Vergleichs vom 21. 9. 1981 neuerlich „die zwangsweise Räumung“.

Das Rekursgericht wies den Antrag der betreibenden Partei auf Bewilligung der zwangsweisen Räumung ab. Es sprach aus, dass der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstands 15.000 S, aber nicht 300.000 S übersteige, und dass die „Revision“ nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht zulässig sei. Ein Auftrag zur Übergabe des Bestandobjekts trete nach § 575 Abs 2 ZPO außer Kraft, wenn nicht binnen sechs Monaten nach dem Eintritt der in diesem Auftrag für die Übernahme des Bestandgegenstands bestimmten Zeit wegen der Übernahme Exekution geführt werde. Für eine „neuerliche Exekution“ aufgrund desselben Titels müsse dasselbe verlangt werden wie für den ersten Exekutionsantrag. Die betreibende Partei habe ihren nunmehrigen Antrag auf Bewilligung der zwangsweisen Räumung nicht binnen sechs Monaten nach dem Eintritt der im Räumungsvergleich bestimmten Zeit gestellt. Der Räumungstitel sei deshalb außer Kraft gesetzt worden.

Die betreibende Partei bekämpft den Beschluss des Rekursgerichts mit außerordentlichem Revisionsrekurs und macht geltend, es sei ihr über ihren Antrag die zwangsweise Räumung bereits mit Beschluss vom 21. 4. 1982 und damit rechtzeitig im Sinne der Bestimmung des § 575 Abs 2 ZPO bewilligt worden. Der Exekutionstitel könne daher nicht mehr außer Kraft treten. Einem Fortsetzungsantrag wie jenem vom 21. 4. 1984 stehe die Bestimmung des § 575 Abs 2 ZPO nicht entgegen. Das Rekursgericht habe den Revisionsrekurs zu Unrecht nicht für zulässig erklärt, da die angefochtene Entscheidung von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweiche.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Da der Antrag der betreibenden Partei vom 21. 4. 1982, ON 2, ihr die zwangsweise Räumung zu bewilligen, rechtzeitig im Sinne des § 575 Abs 3 ZPO (idF vor der Zivilverfahrens‑Novelle 1983), § 35 Abs 1 MRG gestellt wurde, die Exekution aufgrund dieses Antrags rechtskräftig bewilligt (und hier bisher nicht eingestellt) wurde, kann der Titel innerhalb von 30 Jahren vollstreckt werden; es ist keine neuerliche Frist zu beachten, wenn nicht aufgrund des späteren Verhaltens der betreibenden Partei ein Verzicht auf den Räumungsanspruch angenommen werden kann ( Heller‑Berger‑Stix , 2491, Fasching IV 696, sowie die dort angeführten Entscheidungen; zuletzt MietSlg 35.831); ob ein solcher Verzicht vorliegt, kann jedoch nicht im Rahmen des Exekutionsverfahrens geprüft werden (§ 35 EO).

Wurde zur Durchsetzung eines Anspruchs eine bestimmte Exekution bewilligt, kann allerdings, solange das Exekutionsverfahren anhängig ist ‑ eine Einstellung der am 21. 4. 1982 bewilligten Exekution ist, wie erwähnt, nicht erfolgt ‑ nicht neuerlich eine völlig gleichartige Exekution zur Durchsetzung desselben Anspruchs geführt werden; dem steht die materielle Rechtskraft des ersten Exekutionsbewilligungsbeschlusses entgegen ( Heller‑ Berger‑Stix 163). Der Antrag der betreibenden Partei auf Bewilligung der zwangsweisen Räumung vom 19. 9. 1984 ist aber im vorliegenden Fall als Antrag auf Bewilligung des neuerlichen Vollzugs anzusehen. Es liegt, wie gleichfalls bereits festgehalten wurde, ein Protokollarantrag vor, der zu eben jenem Verfahren gestellt wurde, in dem der Vergleich vom 21. 9. 1981 geschlossen und der erste Antrag auf Bewilligung der zwangsweisen Räumung gestellt worden war. Es besteht deshalb kein Zweifel darüber, dass das neuerliche Begehren nur zum Zwecke der Fortsetzung der bereits bewilligten Exekution gestellt wurde (EvBl 1950/561; vgl auch 3 Ob 74/76).

Da das Rekursgericht bei seiner Entscheidung nicht beachtet hat, dass die aufgrund des rechtzeitigen Antrags vom 21. 4. 1982 bewilligte Exekution noch anhängig ist, so dass nur der neuerliche Vollzug dieser Exekution bewilligt werden konnte, einer neuerlichen Bewilligung der Exekution aber die bereits vorliegende Exekutionsbewilligung entgegengestanden wäre und die Frage, ob der Exekutionstitel vom 21. 9. 1981 außer Kraft getreten sei, gar nicht auftauchen konnte, ist das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen. Der Revisionsrekurs war deshalb zulässig (§§ 528 Abs 2, 502 Abs 4 Z 1 ZPO) und im Sinne der vorstehenden Ausführungen auch berechtigt; es war ihm deshalb spruchgemäß Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 74 EO.

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