OGH 12Os158/84

OGH12Os158/8413.12.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger (Berichterstatter), Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr.Kral und Dr.Lachner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Miheljak als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dede A wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den § 142 Abs 1, 143 erster (und zweiter) Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 30.August 1984, GZ 20 b Vr 7483/84-77, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Ersten Generalanwalts Dr.Nurscher, und des Verteidigers Rechtsanwalt Dr.Michael Stern, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde der am 17.September 1953 geborene Gärtnereiarbeiter Dede A des Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs 1, 143, erster (zu ergänzen: und zweiter, vgl. S 343) Fall, StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 24.Februar 1983 in Wien im einverständlichen Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten (weil derzeit unbekannten Aufenthaltes) Pren K*** als Beteiligtem (§ 12 StGB) dadurch, daß dieser gemäß vorheriger Absprache den Milenko B und den Dobica C unter Vorhalt eines Messers aufforderte, ihr Geld herzugeben, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, dem Milenko B 18.000 S und 21.800 neue Dinar und dem Dobica C 40 S, sohin fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen oder abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei der Raub unter Verwendung einer Waffe verübt wurde.

An die Geschwornen war nur eine (anklagekonforme) Hauptfrage gestellt worden, die sie im Verhältnis von 5-Ja- gegen 3-Nein-Stimmen mit der Einschränkung bejahten, daß die Verwendung einer Pistole beim Raub durch den Angeklagten A nicht erwiesen sei (sondern nur der Gebrauch des Messers durch Pren D). Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Gründe des § 345 Abs 1 Z 6, 8 und 11 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Dede A.

Rechtliche Beurteilung

Unter dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund behauptet der Beschwerdeführer, daß die Hauptfrage nicht hinreichend 'spezifiziert' worden sei. Es wäre notwendig gewesen, die von den Mittätern bei der Begehung des Raubes entfalteten Aktivitäten genauer zu differenzieren, nämlich dahin, daß Pren D mit dem Messer und der Beschwerdeführer mit der Pistole gedroht habe. Wäre dies geschehen, so hätten die Geschwornen, - die eine Bedrohung der Raubopfer mit einer Pistole durch den Beschwerdeführer verneint haben - zur überzeugung kommen können, daß die bloße Anwesenheit des Beschwerdeführers bei dem durch D verübten Raub zur rechtlichen Beurteilung seines Verhaltens als Täterschaft nach § 12 StGB nicht ausreiche.

Diesem Vorbringen kann jedoch nicht gefolgt werden. Soweit der Beschwerdeführer eine solche bessere Spezifizierung der Tat begehrt, übersieht er, daß das Gesetz im § 312 StPO lediglich eine Individualisierung der Tat verlangt; es ist daher neben den gesetzlichen Deliktsmerkmalen ein solches Maß von konkreten Tatsachen in die Hauptfrage aufzunehmen, das der mit den Worten des Strafgesetzes abstrakt dargestellten Tat das Gepräge eines individuellen Vorganges verleiht, und zwar dergestalt, daß die Möglichkeit der Verwechslung der Tat mit einer anderen Handlung gleicher oder ähnlicher Beschaffenheit beseitigt und damit eine wiederholte Verfolgung des Angeklagten wegen derselben Tat ausgeschlossen ist. Diese Individualisierung hat jedoch nicht bis zur Spezialisierung - das ist zur Anführung jener Umstände des Einzelfalles, in denen die gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung gefunden werden sollen - zu gehen (vgl. Mayerhofer/Rieder StPO 2 , § 312, Entscheidungen Nr. 26 und 30). Den Erfordernissen der Individualisierung der Tat wird die den Geschwornen gestellte Hauptfrage jedoch durchaus gerecht. Unter diesem Nichtigkeitsgrund (Z 6) und unter dem des § 345 Abs 1 Z 11

lit a StPO führt der Beschwerdeführer aus, der Schuldspruch decke sich nicht mit dem Wahrspruch der Geschwornen. Denn nach dem Urteilsspruch werde dem Beschwerdeführer u.a. auch vorgeworfen, den Raub 'gemäß vorheriger Absprache' mit Pren D begangen zu haben. Der Vorwurf einer solchen vorherigen Absprache zwischen ihm und Pren D sei aber in der an die Geschwornen gerichteten Hauptfrage und auch im Wahrspruch gar nicht enthalten; die bloße Anwesenheit des Beschwerdeführers bei der Tat des D ohne gewollter Förderung seiner Handlungen rechtfertige den Schuldspruch nicht.

Auch insoweit liegt weder ein Verfahrensfehler noch ein Fehler des Urteils, der Nichtigkeit begründen würde, vor.

Zuzugeben ist dem Beschwerdeführer, daß die 'vorherige Absprache' zwischen dem Beschwerdeführer und Pren D in der an die Geschwornen gerichteten Hauptfrage (und im Wahrspruch) nicht enthalten ist. Im Wahrspruch wird jedoch jedenfalls ein einverständliches Zusammenwirken des Angeklagten mit seinem Raubgenossen und - wie sich aus der Annahme der gemeinsamen Wegnahme bzw. Abnötigung der Beute ergibt - seine Anwesenheit zur Tatzeit am Tatort konstatiert; eine vorherige Absprache ist aber zur Annahme eines Gesellschaftsraubes gar nicht erforderlich, weil dazu ein spontanes, erst bei der Tat zustandegekommenes Einverständnis genügt. Durch die überflüssige Feststellung einer vorherigen Absprache im Urteilsspruch ist der Angeklagte daher nicht beschwert. Soweit die Beschwerde von einer bloßen Anwesenheit des Beschwerdeführers ohne einverständlichem Zusammenwirken mit D bei Begehung des Raubes ausgeht, negiert sie den Inhalt des Wahrspruchs. Den Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs 1 Z 8 StPO erblickt der Beschwerdeführer schließlich darin, daß Slobodanka E bei der Verlesung ihrer Aussage - sie befindet sich nicht mehr in Österreich (S 319) - als Zeugin (S 326) bezeichnet wurde, obgleich sie die Aussage als Tatverdächtige abgelegt hat und sogar in Haft war. Diese Unrichtigkeit sei dem Vorsitzenden nicht nur in der Hauptverhandlung, sondern auch später bei der Erteilung der mündlichen Rechtsbelehrung (§ 323 StPO) unterlaufen, wodurch den Geschwornen, so meint der Beschwerdeführer, erhöhte Glaubwürdigkeit der Slobodanka E suggeriert worden sei.

Auch mit diesen Einwendungen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht, weil Gegenstand des Nichtigkeitsgrundes nach der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO immer nur die schriftlich erteilte Rechtsbelehrung, nicht aber der Inhalt der mit den Geschwornen im Sinne des § 323 StPO abzuhaltenden Besprechung sein kann (Mayerhofer-Rieder 2 , E Nr 2 zu § 345 Abs 1 Z 8 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 143 erster Strafsatz StGB unter Anwendung des § 41 StGB zu zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe.

Bei deren Bemessung war erschwerend die zweifache Qualifikation der Tat, mildernd hingegen der untadelige Wandel, der untergeordnete Tatbeitrag und die Aufforderung an den Mittäter Pren D zur Unterlassung weitergehender Tathandlungen.

Die Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.

Der Angeklagte vermag nichts aufzuzeigen, was eine Strafminderung rechtfertigen könnte; dem Umstand, daß der Berufungswerber - wie er behauptet - von dem Mittäter D 'in das Geschehen hineingedrängt worden ist', hat das Gericht ohnedies durch die Annahme einer nur untergeordneten Beteiligung an der strafbaren Handlung gebührend Rechnung getragen. Das Erstgericht hat somit die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt; die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe trägt den im § 32 StGB normierten Grundsätzen für die Strafbemessung Rechnung und entspricht auch nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes der Schuld des Angeklagten und dem Unrechtsgehalt der Tat. Eine Herabsetzung war daher nicht angebracht.

Dem Begehren auf Gewährung bedingter Strafnachsicht konnte nicht näher getreten werden, weil hiefür bereits die Grundvoraussetzungen des § 43 Abs 2

StGB, nämlich eine Strafe von nicht mehr als zwei Jahren, fehlen.

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