OGH 11Os96/84

OGH11Os96/8411.12.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Dezember 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Lengauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Kurt A wegen des Vergehens nach dem § 1 Abs 1 lit a und c PornG über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 27.März 1984, GZ 27 Vr 3.026/84-15, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Ersten Generalanwaltes Dr. Nurscher, und des Verteidigers Dr. Berethalmy-Deuretzbacher, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28.Oktober 1962 geborene kaufmännische Angestellte Kurt A des Vergehens nach dem § 1 Abs 1 lit a und c PornG schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, im Sommer 1983 in Innsbruck in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Schriften, deren (17) Titel im Urteil detailliert angeführt sind, (in einem Sex-Shop) zum Zweck der Verbreitung vorrätig gehalten sowie anderen angeboten und überlassen zu haben.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Kurt A im Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe nach dem § 281 Abs 1 Z 4, 5 sowie 9 lit a und b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung.

Den erstgenannten Nichtigkeitsgrund erblickt der Angeklagte in der Ablehnung seiner Beweisanträge auf Einvernahme der Zeugen Engelbert A*** und Johann A sowie auf Beischaffung des Aktes AZ 31 Vr 331/84 des Landesgerichtes Innsbruck. Durch die Aussage der Zeugen wäre nämlich hervorgekommen, daß er sich über die pornographische Eignung der von ihm feilgehaltenen Druckwerke in einem entschuldbaren Rechtsirrtum (§ 9 StGB) befunden habe, und aus der Verlesung des Aktes hätte sich ergeben, daß vom Landesgericht Innsbruck am 15.März 1984 Magazine, die zumindest den gleichen Inhalt wie die vom Angeklagten feilgehaltenen gehabt hätten, mit der Begründung freigegeben worden seien, sie wären nicht als unzüchtig anzusehen.

Rechtliche Beurteilung

Der behauptete Verfahrensmangel ist indes nicht gegeben. Selbst wenn die beantragten Zeugen ihn, wie der Beschwerdeführer in seinem Beweisantrag (S 74) behauptet, dahin informiert haben sollten, daß die von der Firma B bezogenen und später als pornographisch beschlagnahmten Druckwerke 'für den österreichischen Handel durch das Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich als dem Pornographiegesetz nicht unterstehend befunden' worden seien, würde dies nichts an der den Beschwerdeführer als Geschäftsführer eines Sex-Shop treffenden Verpflichtung zur eigenständigen Kontrolle der von ihm feilgehaltenen Druckwerke ändern. Der diese Pflicht des Beschwerdeführers zur selbständigen Prüfung hervorkehrenden Begründung des angefochtenen Urteils ist daher beizutreten (S 111, 117). Aber auch die Beischaffung des Aktes AZ 31 Vr 331/84 des Landesgerichtes Innsbruck wurde vom Schöffengericht im Ergebnis zutreffend abgelehnt (S 75, 117). Denn abgesehen davon, daß sich eine Ausfertigung des Freigabebeschlusses ohnehin bei den Akten befindet (siehe die nicht journalisierte Beilage am Ende des Aktes) und die freigegebenen Druckwerke vom Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung vorgelegt wurden (S 995), zeigt schon ein Vergleich der Titel dieser Druckwerke mit jenen, hinsichtlich derer ein Schuldspruch erging, daß es sich nicht um die gleichen Bücher handelt. Ein darüber hinausreichender Vergleich der freigegebenen Druckwerke mit den vom Schuldspruch umfaßten erübrigte sich daher. Für die Frage des Vorsatzes des Beschwerdeführers und eines ihm allenfalls zuzubilligenden schuldausschließenden Rechtsirrtums wäre aus dem in Rede stehenden Freigabebeschluß auch schon deshalb nichts zu gewinnen gewesen, weil jene Freigabe erst am 15.März 1984 verfügt, die dem Angeklagten zur Last liegende Tat aber vorher, nämlich bereits im Sommer 1983, begangen wurde. Ein entschuldbarer Rechtsirrtum konnte also durch den Freigabebeschluß beim Angeklagten nicht hervorgerufen werden.

Als widersprüchlich und aktenwidrig im Sinn des Nichtigkeitsgrundes nach dem § 281 Abs 1 Z 5 StPO rügt der Beschwerdeführer jene Passagen des Urteils, in denen einerseits er als geschäftsführender Angestellter des Sex-Shop, anderseits aber das Lokal zweimal als 'sein Geschäft' benannt wird (S 6 und 8 der Urteilsausfertigung). Der behauptete Nichtigkeitsgrund ist jedoch nicht gegeben. Denn angesichts der wiederholten Urteilsfeststellung, wonach der Angeklagte ausdrücklich als geschäftsführender Angestellter des genannten Sex-Shop bezeichnet wird (s.S 107, 111 und 115 d.A), kann die Formulierung in 'seinem' Geschäft nicht anders als im umgangssprachlichen Sinn, somit dahin verstanden werden, daß es sich dabei um jenes Geschäft handelt, in dem der Angeklagte tätig ist. Der vermeintliche innere Widerspruch liegt daher nicht vor. In der Rechtsrüge macht der Beschwerdeführer vorerst geltend, als Angestellter des Sex-Ladens ein fixes, von seinem Erfolg beim Verkauf der Druckwerke unabhängiges Gehalt, jedoch keine gewinnorientierten Provisionen bezogen zu haben, weshalb es bei ihm an der für den Tatbestand nach dem § 1 PornG vorausgesetzten gewinnsüchtigen Absicht fehle.

Gewinnsüchtige Absicht setzt jedoch keineswegs ein Handeln um eines unmittelbaren eigenen Vorteils willen voraus; es genügt vielmehr, wenn der Angeklagte als Angestellter durch sein Arbeitsentgelt mittelbar am Gewinn des Geschäftsinhabers partizipierte (ÖJZ-LSK 1978/355, 1979/173, 174, jeweils zu § 1 PornG; 13 Os 73/83). Dem Erstgericht unterlief somit kein Rechtsirrtum, wenn es das Tatbestandsmerkmal der gewinnsüchtigen Absicht als erfüllt ansah, weil der Angeklagte ein regelmäßiges fixes Einkommen für seine Tätigkeit bezog.

Unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes nach dem § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO wird ferner vorgebracht, daß dem vor seiner Beanstandung erst wenige Monate in der Branche tätig gewesenen Angeklagten Straflosigkeit wegen eines entschuldbaren Rechtsirrtums zuzubilligen gewesen wäre, zumal ihm zu Beginn des Arbeitsverhältnisses erklärt worden sei, daß Bestellung und Verkauf der auf den verschiedenen Listen angeführten Artikel unbedenklich wären und es sich um Waren handle, die im Ausland hergestellt und bei ihrem Import von der Zollbehörde und von der Lieferfirma im Sinn des Pornographiegesetzes kontrolliert würden, weshalb in den Heften mitunter schwarze 'Zensurpunkte' aufschienen.

Auch hierin kann dem Beschwerdeführer nicht beigepflichtet werden. Der Einkäufer und Geschäftsführer eines Sex-Shop darf sich auf eine nach österreichischem Recht gar nicht statthafte 'Vorzensur' von Druckwerken ausländischer Herkunft bei ihrer Einfuhr nach Österreich durch Zoll- oder Polizeibehörden nicht verlassen (11 Os 17/83). Der Angeklagte war als Geschäftsführer und Einkäufer eines Sex-Shop vielmehr verpflichtet, sich mit den einschlägigen Bestimmungen des Pornographiegesetzes und ihrer Auslegung vertraut zu machen (13 Os 175/76) und die Ware daraufhin zu prüfen, was der Angeklagte seiner Verantwortung zufolge (S 93 d.A) auch tat, indem er sich - nach den Urteilsfeststellungen (S 111 d.A) zumindest teilweise - über den Inhalt der Druckwerke informierte. In der Nichtigkeitsbeschwerde wird im übrigen nicht bestritten, daß es sich um harte und damit absolut perhorreszierte Pornographie handelt. Der dem Angeklagten ohnehin zugebilligte Rechtsirrtum (S 117 d.A) ist also nicht entschuldbar und schließt die Strafbarkeit des Angeklagten nicht aus (§ 9 Abs 2 StGB).

Was aber die Frage einer Anwendung des § 42 StGB auf den Beschwerdeführer anlangt, so würde eine solche insbesondere auch das Vorliegen konkreter Umstände voraussetzen, die fallbezogen im Rahmen des in der Strafdrohung des betreffenden Deliktes typisierten Schuld- und Unrechtsgehalts die inkriminierte Tat deliktsspezifisch als unter der Norm liegend erscheinen lassen würden (ÖJZ-LSK 1984/5 zu § 42 StGB). Davon kann aber hier nicht die Rede sein: Mag die Schuld des Angeklagten wegen seines in erster Instanz festgestellten Handelns in einem Rechtsirrtum auch als gering veranschlagt werden können, so liegt doch angesichts der größeren Zahl der den Gegenstand des Schuldspruches bildenden Druckwerke der Tatunwert nicht unter der Norm.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Jugendschöffengericht verhängte über den Angeklagten wegen des Vergehens nach dem § 1 Abs 1 lit a und c PornG unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB eine Geldstrafe in der Höhe von 150 Tagessätzen (Ersatzfreiheitsstrafe: 75 Tage) und bestimmte die Höhe des Tagessatzes mit 100 S. Gemäß dem § 43 Abs 1 StGB wurde die Strafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend keinen Umstand und zog als mildernd neben der bisherigen Unbescholtenheit das teilweise vorliegende Tatsachengeständnis sowie den Umstand in Betracht, daß die Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum begangen wurde.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Strafermäßigung (offenkundig durch Herabsetzung der Zahl der Tagessätze) an. Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Die oben erwähnten Strafzumessungsgründe bedürfen zwar insoferne der Ergänzung, als dem Angeklagten auch noch das Alter unter 21 Jahren zur Tatzeit als mildernd zugute zu halten ist. Doch vermag dieser Umstand dem Berufungsbegehren nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Anzahl der Tagessätze erscheint nach den Umständen des Falles nicht überhöht: Da die Geldstrafe bedingt nachgesehen wurde, würde sie zudem durch eine Ermäßigung ihrer spezialpräventiven Wirkung entkleidet werden.

Mithin war spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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