European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00586.840.1206.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 5.810,46 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von 400 S, die Umsatzsteuer von 491,86 S) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile haben miteinander am 7. 4. 1965 vor dem Standesamt der Stadt Wolfsberg in Kärnten die Ehe geschlossen. Aus der Ehe stammen drei minderjährige Kinder, nämlich Andrea, geboren am *****, Bernhard, geboren am *****, und Brigitte, geboren am *****. Das Scheidungsverfahren betreffend diese Ehe ist mit Klage und Widerklage beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu AZ 34 Cg 21/80 anhängig.
Mit der beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger von der Beklagten die Bezahlung von 109.200 S sA: Der Beklagten sei mit dem Bescheid des Finanzamts für den 8., 16. und 17. Bezirk vom 5. 5. 1981 der Bezug der Familienbeihilfe für alle drei Kinder mit Wirkung vom 1. 3. 1981 zuerkannt worden. Die Beklagte habe in dem Zeitraum vom 1. 3. 1981 bis zum 30. 11. 1983 insgesamt 109.200 S an Familienhilfe bezogen. Durch eine einstweilige Verfügung im Zuge des Ehescheidungsverfahrens sei der Beklagten ein Unterhalt von 5.000 S, zuerkannt worden, zu dessen Hereinbringung die Beklagte Gehaltsexekution führte. Dagegen habe der Kläger Oppositionsklage erhoben, die in erster Instanz zu seinen Gunsten ausgegangen wäre; das Berufungsverfahren sei jedoch noch anhängig. Unter Anrechnung der Familienbeihilfe auf den Unterhaltsanspruch hätte der Kläger nur eine Unterhaltszahlung von 5.000 S vermindert um die Familienbeihilfe zu bezahlen gehabt. Die Beklagte sei daher verpflichtet, die vom Kläger zu viel bezahlten Beträge an diesen zurückzuerstatten.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Familienbeihilfe sei auf die Unterhaltszahlungen des Klägers nicht anzurechnen. Im Übrigen habe die Beklagte diese Beträge bereits gutgläubig für sich und die Kinder verbraucht.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf nachstehende Feststellungen:
Die Streitteile haben drei minderjährige Kinder und leben gemeinsam in der ehelichen Wohnung in *****. Zu AZ 34 Cg 21/80 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien ist ein Scheidungsverfahren anhängig, wobei die Verhandlung bereits geschlossen, das Urteil aber – nach den Feststellungen des Erstgerichts – noch nicht ergangen ist.
Nachdem bis 1. 3. 1981 der Kläger die Familienbeihilfe für die Kinder bezogen hatte, erkannte das zuständige Finanzamt den Bezug der Familienbeihilfe mit Wirkung vom 1. 3. 1981 der Beklagten zu. Der Berufung des Klägers gegen diese Entscheidung gab die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und das Burgenland keine Folge. Die Beklagte bezog für alle Kinder an Familienbeihilfe in der Zeit vom 1. 3. 1981 bis 30. 11. 1983 109.200 S, welche Summe den Klagebetrag ergibt.
Im Zuge des Ehescheidungsverfahrens wurde der Beklagten mit einstweiliger Verfügung mit Wirkung vom 1. 1. 1980 ein monatlicher Unterhalt in der Höhe von 5.000 S, zuerkannt, zu dessen Hereinbringung sie mit Wirkung vom 1. 8. 1980 an Gehaltsexekution führte. Dagegen brachte der Kläger eine Oppositionsklage ein, der mit Urteil vom 20. 5. 1983 Folge gegeben wurde. Das Urteil des Oberlandesgerichts Wien über die Berufung der Beklagten ist noch nicht ergangen.
Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, dass die Familienbeihilfe nicht als Einkommen der Beklagten zugerechnet werden dürfe. Da die Familienbeihilfe kein derartiges Einkommen der Beklagten darstelle, wäre diese irrelevant für die Berechnung und Höhe des Unterhalts der Ehegatten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es vertrat wie das Erstgericht die Auffassung, dass die für die Kinder bezogene Familienbeihilfe bei der Berechnung des eigenen Einkommens des Unterhaltsberechtigten grundsätzlich abzuziehen und bei der Festsetzung des Unterhalts der Ehefrau nicht in die Bemessungsgrundlage des Unterhaltspflichtigen einzubeziehen sei. Dies sei auch nach der Novellierung des § 12a FamLAG 1967 durch BGBl 646/1977 gleich geblieben. Das Gericht zweiter Instanz könne sich nicht der „mitunter in der Judikatur und in der Lehre auftretenden Rechtsauffassung anschließen“, wonach die Familienbeihilfe dem Eigeneinkommen des betreuenden Elternteils zuzurechnen sei, weshalb die Revision für zulässig erklärt werde.
Gegen die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz richtet sich die Revision des Klägers aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtenen Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde.
Die Beklagte beantragte in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zwar zulässig, weil eine unmittelbar auf diesen Fall anwendbare oberstgerichtliche Judikatur – soweit überblickbar – nicht vorhanden ist; die Entscheidungen des Höchstgerichts, denen das Berufungsgericht nicht zu folgen vermag (offensichtlich SZ 54/52; 3 Ob 656/81; 3 Ob 183/83), stehen jedoch der Erledigung des Rechtsfalls im Sinne der von den Vorinstanzen vorgenommenen Abweisung des Klagebegehrens nicht entgegen:
§ 12a FamLAG idF BGBl 646/1977 ordnet an, dass die Familienbeihilfe nicht als eigenes Einkommen des Kindes gilt und dessen Unterhaltsanspruch nicht mindert. Sie gehört also nicht zu den den Unterhaltsanspruch des Kindes mindernden Einkünfte iSd § 140 Abs 3 ABGB. Die Neufassung des § 12a FamLAG ordnet damit weitergehend als zuvor an, dass die Familienbeihilfe in ungeschmälerter Höhe dem Haushalt zuzukommen hat, in dem das Kind betreut wird, und keine Entlastung der Person zu bringen hat, die zwar für das Kind unterhaltspflichtig ist, bei der es jedoch nicht haushaltszugehörig ist (RV 636 BlgNR XIV. GP , 11). Dieser Regelungszweck wird noch dadurch unterstützt, dass in den Fällen, in denen das Kind zu einem Haushalt gehört, nur mehr die Person Anspruch auf Familienbeihilfe hat, zu deren Haushalt das Kind gehört (§ 2 Abs 2 FamLAG). Diese Regelung ist nach ihrem Zweck offensichtlich auf die unvollständige Familien (Zugehörigkeit des Kindes zum Haushalt eines Elternteils) abgestellt. Bei Zugehörigkeit zum gemeinsamen Haushalt beider Elternteile sind grundsätzlich beide Elternteile nach § 2 Abs 2 FamLAG bezugsberechtigt; die Sonderregelung des § 11 Abs 2 FamLAG (Anspruchsberechtigung des Elternteils, der das Kind überwiegend pflegt) kommt nur zur Anwendung, wenn beide Elternteile konkurrierend) die Familienbeihilfe begehren. Gilt die Familienbeihilfe aber nicht als Einkommen des Kindes, sondern jenes Haushalts, in dem das Kind betreut wird, hat sie als Einkommen des nach § 2 Abs 2 (bzw nach § 11 Abs 2) FamLAG Anspruchsberechtigten und damit vor allem desjenigen zu gelten, der die Beihilfe bezieht und dessen Haushalt das Kind teilt ( Ent im Vortragsbericht, Anw 1979, 395 ff, 397; SZ 54/42; 3 Ob 656/81; 3 Ob 183/83). Damit ist für den Kläger jedoch nichts gewonnen:
Nach den getroffenen Feststellungen hatte der Kläger am 1. 1. 1980, also zu dem Zeitpunkt, zu welchem ihm mit einstweiliger Verfügung ein monatlicher Unterhalt von 5.000 S für die Beklagte auferlegt wurde, selbst die Kinderbeihilfe für die Kinder bezogen; ab 1. 3. 1981 trat ein Wechsel in der Person des Bezugsberechtigten dahin ein, dass die Beklagte an seiner Stelle bezugsberechtigt wurde. Nach wie vor hatte die Kinderbeihilfe dem Haushalt zuzukommen, in dem die Kinder betreut wurden. Dies war im Sinne der Feststellungen der Vorinstanzen und nach den Darlegungen des Klägers (AS 3) immer der gleiche, nämlich jener der in der gemeinsamen ehelichen Wohnung der Streitteile geführt wurde. Mangels gegenteiliger Behauptungen kann daher nur davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt der Bewilligung des einstweiligen Unterhalts der Beklagten die Alimentierung der gemeinsamen Kinder der Streitteile dem Gesetz entsprechend dadurch (mit‑)erfolgte, dass die Familienbeihilfe in ungeschmälerter Höhe dem Haushalt zukam, was nach dem Wechsel des Bezugsberechtigten in gleicher Weise der Fall war. Wie der Kläger in seinem Rechtsmittel darlegt, war der vorläufige Unterhaltsbetrag von 5.000 S von der Beklagten „selbst festgesetzt“ worden, sodass dem zwangsläufig unterstellt werden muss, dass damit auf die tatsächlichen Verwendungszwecke der dem Haushalt zur Verfügung stehenden Familienbeihilfe Bedacht genommen wurde. Dies änderte sich aber nach dem Wechsel des Bezugsberechtigten in keiner Weise. Der Kläger hat sich selbst darauf berufen, dass die Beklagte die Aufwendungen für die Kinder bei dem von ihr begehrten vorläufigen Unterhaltsbetrag „in die Kalkulation einbezog“. Diese Aufwendungen waren aber vor und nach dem Bezugsberechtigtenwechsel die gleichen; sie können sich daher auf die Alimentierung der Beklagten nicht auswirken.
Die Familienbeihilfe, die die Mutter für die Kinder bezogen hat, kann daher nicht auf den Unterhalt, den der Kläger seiner Frau in seiner Eigenschaft als Ehemann zu zahlen hat, angerechnet werden.
Der Revision des Klägers war somit der Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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