OGH 5Ob51/84

OGH5Ob51/844.12.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache des Vermieters Josef S*****, vertreten durch Dr. Peter Rustler, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Mieter Johann W*****, wegen der Duldung von Verbesserungsarbeiten nach § 37 Abs 1 Z 5 MRG, infolge Rekurses des Vermieters gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. Mai 1984, GZ 41 R 393/84-13, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 17. Februar 1984, GZ 4 Msch 40/83-9, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Rechtsmittelwerber hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Antragsgegner ist Mieter der im Haus des Antragstellers in *****, gelegenen Wohnung Nr 7/8, die straßenseitig und hofseitig Außenfenster aufweist. In dem vor dem Erstgericht anhängig gewesenen Verfahren 4 Msch 11/81 war der Austausch der Holzrahmenfenster der Straßenfassade des Hauses gegen Kunststoffrahmenfenster bewilligt worden.

Die vom Vermieter am 20. 4. 1983 mit dem Antrag, den Mieter, der sich der Vornahme der Arbeiten widersetze, zur Duldung der Entfernung der straßen- und hofseitigen Holzfenster seiner Wohnung und der Anbringung der Kunststoffrahmenfenster zu verhalten, befasste Gemeinde brachte das Verfahren nicht binnen drei Monaten zum Abschluss. Der Vermieter beantragte, dass das Gericht entscheide (§ 40 Abs 2 MRG).

Das Erstgericht entschied, dass der Mieter die Entfernung der bisherigen Holzfenster seiner Wohnung und die Anbringung von Kunststofffenstern an deren Stelle zu dulden habe. Den Einwendungen des Gegners, es handle sich nicht um Erhaltungsarbeiten, sondern um eine unnötige Verschönerung, der er nicht zugestimmt habe und die gesundheitsschädigende Folgen habe, komme Berechtigung nicht zu. Der Einbau von Kunststofffenstern stelle eine dem derzeitigen Stand der Technik entsprechende und verkehrsübliche nützliche Verbesserung dar, die der Schall- und Wärmedämmung diene und nach dem Wohnungsverbesserungsgesetz gefördert werde. Diese Verbesserungsarbeit an allgemeinen Teilen des Hauses bedürfe nicht der Zustimmung des Mieters und sei von ihm zuzulassen.

Dem Rekurs des Mieters gab das Gericht zweiter Instanz Folge. Es hob den Sachbeschluss des Erstgerichts auf, trug diesem die neue Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens auf und setzte den Rechtskraftvorbehalt. Soweit die Benützung der Mietwohnung durch Beauftragte des Vermieters zur Durchführung von Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses notwendig oder zweckmäßig ist, habe der Mieter die Vornahme der Arbeiten in seinem Bestandobjekt zu dulden. Die Umschreibung der Erhaltungsarbeiten sei dem § 3 MRG, die nützlicher Verbesserungsarbeiten dem § 4 Abs 2 MRG unter Bedachtnahme auf § 15 WohnungsverbesserungsG zu entnehmen. Das Erneuern der Fenster sei als Verbesserungsarbeit anzusehen, wenn dadurch eine dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Erhöhung des Schall- und Wärmeschutzes bewirkt werde (§ 4 Abs 2 Z 3 MRG und § 1 Abs 2 lit f WVG). Es handle sich um eine Erhaltungsarbeit, wenn die Notwendigkeit der Ersetzung der Holzfenster durch Kunststofffenster mit rechtskräftiger Entscheidung in einem Verfahren nach § 7 und § 28 Abs 2 MG festgestellt wurde, oder wenn die Arbeiten als zur Senkung des Energieverbrauchs dienende Ausgestaltung des Hauses anzusehen seien, wenn und insoweit die hiefür erforderlichen Kosten in einem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis zum allgemeinen Erhaltungszustand des Hauses und den zu erwartenden Einsparungen stehen (§ 3 Abs 2 Z 5 MRG). Das Erstgericht werde daher klären müssen, ob die vom Vermieter vorgesehenen Arbeiten zur Ersetzung der Fenster in einem Verfahren nach § 7 und § 28 Abs 2 MG rechtskräftig bewilligt wurden, und ob die Verbesserungsarbeit eine dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Erhöhung des Schall- und Wärmeschutzes bewirke. Stehe dies fest, werde der Mieter die Vornahme der Auswechslung der Fenster dulden müssen. Es handle sich, auch wenn früher vorhandene Innenflügel entfernt würden, weil die neuen Fenster Innen- und Außenscheiben vereinten, um eine Verbesserung an allgemeinen Teilen der Liegenschaft und nicht um der Zustimmung des Mieters bedürfende selbständige Arbeiten im Inneren des Mietobjekts. Der Mieter habe auch nach § 15 Abs 2 WVG nach diesem Gesetz geförderte Verbesserungen zuzulassen, wenn sie keine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung des Mietrechts zur Folge haben und ihm bei billiger Abwägung der Interessen zumutbar sind. Dies sei bei Ausstattung mit geförderten Kunststofffenstern anzunehmen, weil keine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung des Mietrechts vorliege.

Diesen Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichts bekämpft der Vermieter mit seinem Rekurs. Er strebt die Behebung des Beschlusses und die Sachentscheidung im Sinne des Beschlusses des Erstgerichts an.

Der Mieter beantragt, den Aufhebungsbeschluss zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Vermieters ist zulässig. Berechtigung kommt ihm nicht zu.

Beizupflichten ist den Ausführungen des Rekursgerichts, dass die Ersetzung von Holzrahmenfenstern mit Außenflügeln und Innenflügeln durch neue Verbundfenster als Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses anzusehen sind, zu deren Durchführung eine vorübergehende Benützung und die Veränderung im notwendigen und zweckmäßigen Ausmaß vom Hauptmieter des Bestandgegenstands zuzulassen ist. Es bedarf daher auch zu einer nützlichen Verbesserung nicht nach § 4 Abs 4 MRG der Zustimmung des Hauptmieters.

Entscheidend ist allein, ob es sich um Erhaltungsarbeiten iSd § 3 Abs 2 MRG handelt. Soweit in einem Verfahren nach § 7 und § 28 Abs 2 MG rechtskräftig entschieden wurde, dass die nun beabsichtigte und wegen der Gegenwehr des Antragsgegners nicht vorgenommene Erhaltungsarbeit die Erhöhung der Hauptmietzinse rechtfertigt, ist - und dies könnte auf die Erneuerung der Fenster an der Straßenfront zutreffen - bindend darüber abgesprochen, dass es sich um eine Erhaltungsarbeit handelt. Ihre Ausführung hat der Antragsgegner zuzulassen und im notwendigen Umfang die Benützung der Mietwohnung zu dulden.

Die vom Hauptmieter zuzulassende vorübergehende Benützung und die Veränderung seines Mietgegenstands, wenn und soweit der Eingriff in das Mietrecht zur Durchführung von Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Miethauses notwendig und zweckmäßig ist, kann nur für solche Verbesserungen verlangt werden, die als nützlich iSd § 4 MRG anzusehen sind. Da die Bestimmungen über die Verpflichtung zur Duldung von Eingriffen in die Mietrechte im § 8 Abs 2 MRG als Ausbau der Regelung des § 15 WVG verstanden werden sollte (RV 425 BlgNR 15. GP zum § 6 des Entwurfs), ist die Auffassung des Rekursgerichts zutreffend, dass die Nützlichkeit der Verbesserung auch an den Vorschriften des WVG zu messen ist. Der Einklang der Bestimmungen des MRG erfordert es, dass unter Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses nicht jede Erneuerung oder Neuherstellung, sondern nur eine solche einzuordnen ist, die eine nützliche Verbesserung nach § 4 MRG bedeutet. Hingegen kann eine Duldungspflicht des Gegners aus § 15 WVG nicht abgeleitet werden. Diese Verpflichtung besteht nur für Verbesserungsarbeiten, die nach dem WVG gefördert werden und setzen die Behauptung und den Nachweis der Förderung gerade der Verbesserungsarbeiten voraus, denen der Hauptmieter Widerstand entgegensetzt. Dass der Einbau neuer Kunststofffenster nach der Förderungspraxis wegen der damit verbundenen Erhöhung der Schall- und Wärmedämmung von Fenstern (§ 1 Abs 2 lit f WVG) als solche Verbesserung anerkannt wird, kann weder eine Duldungspflicht in Fällen begründen, in denen tatsächlich eine Förderung nicht erfolgte, noch die vom Rekursgericht erkannte Notwendigkeit entbehrlich machen, auf geeignete Weise im Tatsächlichen zu prüfen, ob die Verbesserungsarbeit, zu deren Ausführung der Gegner die Benützung seiner Mietwohnung und deren Veränderung zulassen soll, eine dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Erhöhung des Schall- und/oder Wärmeschutzes bewirkt.

Das Erstgericht hat eine Prüfung in Bezug auf die konkret beabsichtigte - und in den anderen Bestandobjekten schon ausgeführten - Arbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses nicht vorgenommen und nicht näher begründet, wie es zu seiner Annahme kam, dass es sich um eine dem Stand der Technik entsprechende und verkehrsübliche der Erhöhung der Schall- und Wärmedämmung dienende Verbesserung handelt. Da der Oberste Gerichtshof auch im Verfahren nach § 37 Abs 3 Z 16 bis 18 MRG nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist (so schon MietSlg 35.438), kann er dem Auftrag des Rekursgerichts zur Ergänzung des Verfahrens im Tatsachenbereich nicht entgegentreten, wenn ihm nicht eine unrichtige rechtliche Beurteilung zugrunde liegt. Der Auftrag lässt erkennen, dass das Rekursgericht die Tatschenfeststellung nicht übernommen hat, dass (auch die hier anstehenden) Verbesserungsarbeiten an Außenfenstern durch Austausch vorhandener Holzrahmenfenster gegen neue Kunststoffrahmenfenster jedenfalls eine Erhöhung der Schalldämmung und eine Verbesserung der Wärmedämmung mit sich bringen. Da es sich aber nur unter dieser Voraussetzung um nützliche Verbesserungen nach § 4 MRG und damit Verbesserungsarbeiten iSd § 8 Abs 2 MRG handelt, geht der Auftrag zur Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlage nicht von einer verfehlten Rechtsansicht aus. Auch für die Einordnung der Fenstererneuerung als Erhaltungsarbeiten nach § 3 Abs 2 Z 5 MRG fehlt es an der Behauptung und Feststellung von Tatsachen.

Die Bekämpfung des Aufhebungsbeschlusses erfolgt demnach zu Unrecht.

Die Barauslagen für das erfolglose Rechtsmittel hat der Vermieter selbst zu tragen (§ 37 Abs 3 Z 19 MRG und §§ 40 und 50 ZPO).

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