Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise und zwar dahin Folge gegeben, daß die über die Angeklagte verhängte Anzahl der Tagessätze auf 150 (einhundertfünfzig) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 75 (fünfundsiebzig) Tage herabgesetzt wird.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden David A und Heidemarie B des Vergehens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil sie im einverständlichen Zusammenwirken als Beteiligte (§ 12 StGB) am 9.April 1982 in Graz mit Bereicherungsvorsatz Berechtigte der Ersten Allgemeinen Versicherungs AG durch Geltendmachung von Ersatzansprüchen aus einem tatsächlich nicht stattgefundenen oder gestellten Unfall über Tatsachen getäuscht und dadurch zu Handlungen verleitet hatten, welche die Anstalt im Betrag von 64.000 S am Vermögen schädigten.
Die Rechtsmittel des Angeklagten A sind bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung gesondert erledigt worden. Die Angeklagte B bekämpft ihren Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
In der Mängelrüge (Z 5) unterstellt die Beschwerdeführerin dem Erstgericht mehrfache Verletzungen des Unmittelbarkeitsgrundsatzes (§ 258 Abs 1 StPO), weil auf Grund des in der Hauptverhandlung nicht verlesenen Aktes 6 Vr 3827/82
des Landesgerichtes für Strafsachen Graz Feststellungen getroffen worden seien. überdies sei jenes Verfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen gewesen und hätte schon aus diesem Grund nicht als Feststellungsgrundlage verwertet werden dürfen. Abgesehen davon aber, daß letzterer Einwand auch schon deshalb rechtlich unerheblich ist, weil dem österreichischen Strafprozeßrecht jede Beweisregel (und daher auch eine solche des Inhalts, nur rechtskräftig abgeschlossene Verfahren dürften als Erkenntnisquelle herangezogen werden), fremd ist, irrt die Beschwerdeführerin bei ihrer Behauptung, der zitierte Parallelakt sei für die in der Rüge relevierten Konstatierungen als Feststellungsgrundlage verwertet worden. Dem zuwider ist nämlich aus dem Urteil klar ersichtlich, daß die Feststellungen über die persönlichen Beziehungen zwischen dem Kreis der Täter im gegenständlichen Verfahren und jenem zu 6 Vr 3827/82 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz ihre Grundlage in dem polizeilichen Erhebungsbericht ON 8 haben (S 438), welcher in der Hauptverhandlung gemäß § 252 Abs 2 StPO verlesen worden ist (S 429) und auf den das Erstgericht auch bei der Beweiswürdigung Bezug nimmt (S 445). Der zudem nur 'illustrativ' festgehaltene und somit für den Schuldspruch der Beschwerdeführerin bedeutungslose frühere Verkehrsunfall des Angeklagten David A mit Willibald C in Deutschland jedoch (S 439), der jedenfalls andere Kraftfahrzeuge als die hier gegenständlichen betraf, wird in der Anzeige ON 4 (S 49) erwähnt, die ebenfalls in der Hauptverhandlung verlesen worden ist.
Die Urteilsfeststellung, daß die am Fahrzeug des A im Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dipl.Ing.D, gestützt auf den Befund des als Zeugen vernommenen (S 422 ff) Sachverständigen der getäuschten Versicherungsgesellschaft E, festgehaltenen Schäden nicht von dem von der Beschwerdeführerin angezeigten Unfall stammen können, wird von dieser ausdrücklich als richtig anerkannt, doch erachtet sie das Urteil - gemeint offenbar: in Ansehung der ihr angelasteten Täuschung mit Betrugsvorsatz - für unzureichend begründet, weil sie nie behauptet habe, bestimmte Schäden beobachtet zu haben; sie habe vielmehr deponiert, die Schäden am BMW des A gar nicht gesehen zu haben. Auch dieses Argument versagt: Kern des strafrechtlichen Vorwurfs gegen die Beschwerdeführerin ist nämlich nicht eine betrügerische Täuschung über den Umfang des Schadens, sondern vielmehr - wie noch bei Erledigung ihrer Rechtsrüge näher auszuführen sein wird - die (in der Beschwerde völlig übergangene) Annahme, daß sie ihrer Haftpflichtversicherung einen Verkehrsunfall mit Sachschaden angezeigt hat, der sich entweder überhaupt nicht ereignet hatte oder gestellt worden war; für diesen Vorwurf ist es ohne jeden Belang, ob die Beschwerdeführerin die einzelnen Schäden am BMW, die objektiv unbestritten nicht von ihr (durch den der Versicherung angezeigten Unfall) verursacht wurden, besichtigt hat oder nicht.
Da das Erstgericht zwischen der prozessualen Position des von ihm bestellten gerichtlich beeideten Sachverständigen Dipl.Ing.D und jener des in diesem Verfahren zutreffend als Zeugen vernommenen Versicherungssachverständigen E genau und richtig zu unterscheiden weiß, geht auch eine diesbezügliche, übrigens nicht weiter substantiierte und keinen entscheidenden Umstand betreffende Rüge fehl.
Einen unzulässigen Angriff auf die erstgerichtliche Beweiswürdigung und somit keine prozeßordnungsgemäße Darstellung des behaupteten Nichtigkeitsgrundes aber stellt es dar, wenn die Beschwerdeführerin vermeint, der Hinweis des Erstgerichtes auf ihr Beschäftigungsverhältnis mit der Ersten Allgemeinen Versicherungs AG - deren Organe von ihr in Irrtum geführt wurden - sei im Zusammenhang mit der Feststellung ihres Betrugsvorsatzes nicht zielführend, weil sie gerade durch die Täuschung ihres Dienstgebers den Verlust des Arbeitsplatzes riskiert hätte. Aus dem gleichen Grund gehen auch sämtliche weiteren Ausführungen zur Mängelrüge ins Leere, mit denen die Angeklagte darzutun versucht, daß die vom Erstgericht aus dem Sachverständigengutachten abgeleitete Unmöglichkeit der Schadensverursachung durch den von ihr gemeldeten Unfall sie deshalb nicht belasten könne, weil ihre Angaben über das Unfallsgeschehen mit den Darlegungen des Sachverständigen nicht in völligem Widerspruch stünden und sie selbst keine Schäden konkret behauptet habe.
In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) bemängelt die Beschwerdeführerin das Fehlen von Feststellungen, aus denen sich ergeben würde, daß sie den - wie sie nunmehr einräumt, zweifellos überhöhten - Schaden von 64.000 S, den der Erstangeklagte gegenüber der Versicherung geltend machte, durch detaillierte Angaben in ihrer Schadensmeldung behauptet oder daß der gemeldete Unfall gar nicht stattgefunden habe.
Solche Feststellungen waren jedoch keineswegs erforderlich: denn die tatbildliche Täuschungshandlung der Beschwerdeführerin bestand in der ohne Rücksicht darauf, ob der Unfall überhaupt nicht stattfand oder gestellt war, also von den Beteiligten vorsätzlich (und mit anderen, die geltend gemachten Schäden nicht 'überdeckenden' Folgen) herbeigeführt wurde, jedenfalls wahrheitswidrigen Anzeige eines Kfz-Haftpflicht-Schadens, mittels welcher sie einen Irrtum der Organe ihres Haftpflichtversicherers darüber bewirkte, daß sie fahrlässig einen Unfall verursacht habe, aus dem Schäden an dem beteiligten ('gegnerischen') Fahrzeug zu ersetzen seien; dabei handelte sie nach den Urteilsfeststellungen - über das zur Erfüllung des Tatbildes in subjektiver Beziehung Erforderliche hinausgehend - mit direktem Vorsatz (S 445), der die Schädigung der durch sie getäuschten Versicherungsgesellschaft im gesamten Ausmaß der von ihrem Komplizen gestellten Schadenersatzforderung umfaßte.
Auf Grund des im Ersturteil angenommenen einverständlichen Zusammenwirkens beider Angeklagten als Mittäter haftet daher die Beschwerdeführerin für diesen - von ihrem Vorsatz umfaßten - gesamten Vermögensschaden, selbst wenn dessen Ausmaß, dem üblichen Modus der Abwicklung von Haftpflichtversicherungsfällen entsprechend, der Höhe nach ausschließlich durch die Angaben ihres (angeblich geschädigten) Komplizen bestimmt worden sein sollte, wobei der nichtsdestoweniger auf sie entfallende Teil der Tatbildverwirklichung in der Täuschung des Versicherers über den Grund des Anspruchs gelegen war.
Angesichts der zuvor zitierten Feststellung des Erstgerichtes über den direkten Vorsatz der beiden Angeklagten erscheint das weitere Beschwerdevorbringen, der subjektive Tatbestand sei in keiner Weise hergestellt, geradezu unverständlich. Die Rüge entfernt sich dabei und auch mit den Ausführungen, es sei 'objektiv' nur festgestellt, daß nicht sämtliche Fahrzeugschäden durch den Unfall hervorgerufen wurden, von den klaren Urteilsfeststellungen, wonach es sich um die Vortäuschung eines entweder gar nicht vorgefallenen oder zumindest gestellten Unfalls handelte, welcher auch letzterenfalls, nämlich dann, wenn überhaupt ein Kontakt zwischen den beiden Fahrzeugen erfolgte, einerseits nicht geeignet war, schwere Vor- oder Nachschäden an der rechten BMW-Flanke 'meßbar' zu überdecken und andererseits von der Versicherungsanstalt anders als Schäden aus einem allfälligen fahrlässig verursachten Unfallsgeschehen mit dem PKW der Beschwerdeführerin nicht zu honorieren war. Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten B war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte diese Angeklagte nach § 37, 146 Abs 1 StGB zur Geldstrafe von 200 Tagessätzen - für den Fall der Uneinbringlichkeit demgemäß zu 100 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe - und bestimmte die Höhe des Tagessatzes mit 100 S.
Bei der Strafbemessung wertete es keinen Umstand als erschwerend, als mildernd hingegen die Unbescholtenheit.
Mit ihrer Berufung strebt die Angeklagte eine Herabsetzung sowohl der Anzahl der Tagessätze als auch dessen Höhe (von 100 S auf 70 S) an.
Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.
Das Erstgericht hat sowohl über die Angeklagte B als auch über den Mitangeklagten A Geldstrafen in derselben Anzahl der Tagessätze verhängt.
Berücksichtigt man nun, daß durch die gegenständliche Straftat A - durch die Auszahlung des geltend gemachten Schadensbetrages - begünstigt worden ist, wogegen B - zumindest nach der Aktenlage - daraus keine Vorteile gezogen hat, erscheint eine Differenzierung der beiden Strafmaße angebracht, weshalb auch unter Berücksichtigung des nunmehr längeren Zurückliegens der Tat und ihres seitherigen Wohlverhaltens die Anzahl der Tagessätze etwas, nämlich von 200 auf 150 herabgesetzt werden konnte.
Unbegründet ist die Berufung hingegen in Ansehung der weiters angestrebten Ermäßigung der Höhe des einzelnen Tagessatzes. Die Angeklagte vermeint, im Hinblick auf ihr monatliches Einkommen von 5.000 S hätte der jeweilige Tagessatz nicht mehr als 70 S betragen dürfen. Im Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof hat sie, hiezu ergänzend befragt, angegeben, daß die Höhe ihres monatlichen Einkommens zwischen 4.000 S und 6.000 S schwanke und von der Anzahl der von ihr geleisteten Arbeitsstunden abhänge. Da nun aber der Angeklagten, die keine Sorgepflichten hat, die Leistung einer - etwas - größeren Anzahl von Arbeitsstunden im Monat ohne weiteres zugemutet werden kann, wurde eine Ermäßigung auch des vom Erstgericht keineswegs überhöht festgesetzten Tagessatzes nicht in Betracht gezogen.
Insoweit mußte der Berufung daher ein Erfolg versagt bleiben.
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