Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Martin B wird verworfen.
Gemäß § 290 Abs 1, 344 StPO wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem den Angeklagten Günther A betreffenden Ausspruch über die Vorhaftanrechnung dahin ergänzt, daß dem Genannten auch die (weitere) Vorhaft vom 7.Oktober 1983, 0.00 Uhr, bis 17.Oktober 1983, 0.00 Uhr, gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB auf die Strafe angerechnet wird.
Den Berufungen der Angeklagten Günther A und Martin B wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen den genannten Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der 25-jährige Günther A und der 24-jährige Martin B auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 (Abs 1), 143 erster Fall StGB schuldig erkannt. Darnach haben sie am 29.April 1983 (im Urteilsspruch ersichtlich infolge eines Schreibfehlers irrig: 1982) in Salzburg in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) mit Gewalt gegen Eugen C, indem sie ihn an den Oberarmen erfaßten, zu Boden warfen und aus seiner rechten Gesäßtasche einen Bargeldbetrag von
3.740 DM an sich nahmen, dem Genannten fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Die Geschwornen hatten die hinsichtlich eines jeden der beiden Angeklagten (gesondert) gestellte (anklagekonforme) Hauptfrage in Richtung des jeweils in Gesellschaft des anderen Mitangeklagten am 29. April 1983 in Salzburg an Eugen C begangenen schweren Raubes bei beiden Angeklagten im Stimmenverhältnis von 6 zu 2 bejaht; die weiteren, den Angeklagten B betreffenden Eventualfragen nach Diebstahl (§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 1 und Z 4 StGB) und nach Hehlerei (§ 164 Abs 1 Z 1 und Abs 2 erster Fall sowie Abs 3 letzter Fall StGB) sowie die den Angeklagten A betreffende Eventualfrage nach Diebstahl (§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 1
und Z 4 StGB) blieben folgerichtig unbeantwortet.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil haben beide Angeklagten die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung ergriffen. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A wurde vom Obersten Gerichtshof bereits in nichtöffentlicher Beratung mit Beschluß vom 23. Oktober 1984, GZ 9 0s 154/84-6, zurückgewiesen, sodaß im Gerichtstag nur mehr über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B sowie über die Berufungen beider Angeklagter zu erkennen ist. Der Angeklagte B bekämpft den Schuldspruch nominell aus den Gründen der Z 4 und 6 des § 345 Abs 1 StPO; der Sache nach macht er aber auch den Nichtigkeitsgrund der Z 8 der zitierten Gesetzesstelle geltend.
Was den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund betrifft, so läßt die Beschwerde allerdings jegliche Konkretisierung vermissen, sodaß sie in diesem Punkt einer argumentationsbezogenen sachlichen Behandlung nicht zugänglich und darum nicht gesetzmäßig ausgeführt ist. Sollte der Beschwerdeführer, wie aus dem im gegebenen Zusammenhang angeführten Klammerzitat '§ 221 StPO' allenfalls geschlossen werden könnte, eine Verletzung der Vorbereitungsfrist des § 221 Abs 1 StPO ins Auge fassen, so finden sich für einen derartigen Verfahrensmangel in den Akten keinerlei Anhaltspunkte; daraus ergibt sich vielmehr, daß dem Beschwerdeführer die Vorladung zu der für den 19. Juli 1984
anberaumten Hauptverhandlung vor dem Geschwornengericht bereits am 29. Mai 1984 zugestellt worden ist.
Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung an die Geschwornen und damit eine Nichtigkeit im Sinne der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO hält der Beschwerdeführer - unter Hinweis auf seine (vom Mitangeklagten A gestützte) Verantwortung in der Hauptverhandlung, A habe den Raub an Eugen C allein begangen, er sei im Tatzeitpunkt gar nicht mehr am Tatort anwesend und an dieser Tat auch sonst nicht beteiligt gewesen - deshalb für gegeben, weil der Schwurgerichtshof sowohl in die den (Erst-)Angeklagten A als auch in die ihn betreffende Hauptfrage jeweils zugleich auch die Qualifikation des Gesellschaftsraubes (durch Tatbeteiligung des jeweils anderen Angeklagten) aufgenommen habe; solcherart sei aber schon mit der (uneingeschränkten) Bejahung der den (Erst-)Angeklagten A betreffenden Hauptfrage zwangsläufig auch die Bejahung der den Beschwerdeführer betreffenden Hauptfrage nach Raub verbunden gewesen. Nach Meinung des Beschwerdeführers hätte seiner, eine Tatbeteiligung an diesem Raub in Abrede stellenden Verantwortung dadurch Rechnung getragen werden müssen, daß in Ansehung des Angeklagten A eine Eventualfrage nach einem von diesem allein begangenen Raub gestellt wird.
Die Rüge versagt. Den Geschwornen stand nämlich, was die Beschwerde übersieht, die Möglichkeit einer bloß teilweisen Bejahung der an sie gerichteten Fragen, insbesondere der den Angeklagten A betreffenden Hauptfrage, offen, worauf sie in der ihnen erteilten schriftlichen Rechtsbelehrung (vgl. Beilage zu ON 30, S 1 dieser Rechtsbelehrung) ausdrücklich (und noch dazu unter Anführung des Beispiels: '...ja, aber nicht in Gesellschaft des X...') hingewiesen wurden. Es wäre ihnen daher bei der Beantwortung der beiden Hauptfragen freigestanden, der eine Tatbeteiligung negierenden Verantwortung des Beschwerdeführers durch bloß teilweise Bejahung der hinsichtlich des Angeklagten A gestellten Hauptfrage (Ausschaltung der Qualifikation des Gesellschaftsraubes) und Verneinung der den Beschwerdeführer betreffenden Hauptfrage Rechnung zu tragen (vgl. hiezu Mayerhofer/Rieder StPO 2 Nr 30 zu § 317 sowie Nr 2 und 2 a zu § 330).
Soweit der Beschwerdeführer schließlich ganz allgemein und ohne dies näher auszuführen eine undeutliche, irreführende und unvollständige Rechtsbelehrung behauptet und damit der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO releviert, so läßt die Beschwerde (abermals) eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen, weil sie nicht erkennen läßt, worin die eine Unrichtigkeit gleichkommende Unvollständigkeit der den Geschwornen erteilten schriftlichen Rechtsbelehrung gelegen sein soll.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B war somit zu verwerfen.
Gemäß § 290 Abs 1, 344 StPO war jedoch von Amts wegen wahrzunehmen, daß das Ersturteil in dem den Angeklagten Günther A betreffenden Ausspruch über die Vorhaftanrechnung mit einer dem Genannten zum Nachteil gereichenden, ungerügt gebliebenen materiellen Nichtigkeit (§ 345 Abs 1 Z 13 StPO) behaftet ist. Dem Angeklagten A wurde nämlich gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB neben einer Vorhaft vom 13.Juli 1983, 8.45 Uhr, bis zum 10.September 1983, 9.35 Uhr (das ist der Zeitpunkt seiner Flucht aus der Untersuchungshaft), die weitere Vorhaft (erst) ab dem 17. Oktober 1983, 0.00 Uhr, bis zum 6.April 1984, 11.50 Uhr, auf die über ihn verhängte (Zusatz-)Freiheitsstrafe angerechnet, wiewohl er nach der Aktenlage (auf der Flucht) bereits am 7.Oktober 1983 in der Bundesrepublik Deutschland (Köln) festgenommen, dort in Auslieferungshaft genommen und sodann (am 17.Jänner 1984) nach Österreich zur Strafverfolgung ausgeliefert wurde (vgl. Band I/S 251, 255, 259, 261, 267, 291 und 295). Der Ausspruch über die Vorhaftanrechnung in Ansehung des Angeklagten A war deshalb entsprechend zu ergänzen, und zwar unbeschadet dessen, daß die vorliegend angerechneten Vorhaftzeiten - mit Ausnahme des Zeitraumes vom 7. bis zum 17.Oktober 1983 - bereits in dem gegen A ergangenen, gemäß § 31, 40 StGB berücksichtigten Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 6.April 1984, GZ 21 Vr 370/84-32, auf die dort über ihn verhängte 15-monatige Freiheitsstrafe angerechnet wurden und diese Freiheitsstrafe (unter Berücksichtigung der Vorhaftzeiten) bereits am 6.April 1984 in Vollzug gesetzt worden ist, sodaß deren (neuerlicher) Anrechnung im gegenständlichen Ersturteil (vom 20.Juli 1984) das Anrechnungsverbot des § 38 Abs 1 letzter Halbsatz StGB entgegenstand.
Das Geschwornengericht verurteilte die beiden Angeklagten nach § 143 erster Strafsatz StGB jeweils unter Bedachtnahme gemäß § 31, 40 StGB auf Vorverurteilungen, und zwar beim Angeklagten A auf das (bereits zitierte) Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 6.April 1984, GZ 21 Vr 370/84-32, und beim Angeklagten B auf das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 8.März 1984, GZ 21 Vr 1396/83-131, zu je 5 (fünf) Jahren Zusatz-Freiheitsstrafe. Dabei wertete es als erschwerend bei beiden Angeklagten den relativ raschen Rückfall, die einschlägigen Vorstrafen und den Umstand, daß das Raubopfer verletzt wurde, als mildernd hingegen bei A ein gewisses Teilgeständnis und bei B keinen Umstand.
Mit ihren Berufungen streben beide Angeklagten die Herabsetzung der Strafe an.
Den Berufungen kommt keine Berechtigung zu.
Wenn der Angeklagte A meint, es hätte ihm seine vernachlässigte Erziehung als weiterer Milderungsgrund zugute gehalten werden müssen, so fällt bei einem mehrfach vorbestraften 24-jährigen Straftäter eine vernachlässigte Erziehung wohl kaum mehr besonders mildernd ins Gewicht. Von einer Tatbegehung bloß auf Grund einer besonders verlockenden Gelegenheit kann vorliegend nach den Umständen des Falles nicht gesprochen werden. Daß A die Ansprüche des Privatbeteiligten anerkannt und seine Bereitwwilligkeit zur Schadensgutmachung erklärt hat, stellt nach ständiger Rechtsprechung keinen Milderungsgrund dar (vgl. Leukauf-Steininger Kommentar 2 § 34 RN 23). Der Angeklagte A vermag somit keine weiteren, zu seinen Gunsten ins Gewicht fallende mildernde Umstände aufzuzeigen. Was die Erschwerungsgründe betrifft, so kann bei A - entgegen der Meinung des Erstgerichtes - von einem als erschwerend zu wertenden relativ raschen Rückfall nach der Aktenlage nicht gesprochen werden, sodaß dieser Erschwerungsgrund zu entfallen hat. Andererseits fällt A - im Hinblick auf die gemäß § 31 StGB berücksichtigte Vorverurteilung - als erschwerend zur Last, daß er mehrere strafbare Handlungen verschiedener Art begangen hat. Ausgehend von den insoweit korrigierten Strafzumessungsgründen und unter entsprechender Berücksichtigung der durch mehrere einschlägige Vorstrafen belasteten Täterpersönlichkeit dieses Angeklagten entspräche eine Strafe von insgesamt 6 1/2 Jahren für alle ihm zur Last fallenden Straftaten der Schwere seiner personalen Täterschuld und dem Unrechtsgehalt der begangenen Verfehlungen; da die Summe der tatsächlich verhängten Strafen 6 1/4
Jahre beträgt, besteht kein Anlaß zu einer Reduzierung der (gemäß § 40 StGB) mit fünf Jahren ausgemessenen Zusatzstrafe. Aber auch der Angeklagte B vermag keine weiteren mildernden Umstände aufzuzeigen. Daß zur Verübung des Raubes an Eugen C lediglich geringe Gewalt erforderlich war, kann dem Berufungswerber nicht als mildernd zugute gehalten werden. Der Umstand, daß das Raubopfer infolge seiner schweren Alkoholisierung relativ leicht zu überwältigen war, spricht im Ergebnis nicht für, sondern eher gegen den Angeklagten, weil sich daraus ergibt, daß der Angeklagte (ebenso wie sein Komplize) gezielt die stark verminderte Abwehrfähigkeit des Opfers ausgenützt hat. Daß Eugen C durch den Raubüberfall leicht verletzt wurde, entspricht den Verfahrensergebnissen (vgl. insb. Band II/S 46). Von der Möglichkeit einer Strafschärfung gemäß § 39
StGB hat das Erstgericht bei Ausmessung der über B verhängten Strafe nicht Gebrauch gemacht; der bezügliche Berufungseinwand versagt daher. Eine Korrektur der hinsichtlich B festgestellten Strafzumessungsgründe ist allerdings insoweit geboten, als auch diesem Angeklagten im Hinblick auf die gemäß § 31 StGB berücksichtigte Vorverurteilung die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art erschwerend zur Last fällt. Auf der Grundlage der solcherart ergänzten Strafbemessungsgründe und unter entsprechender Gewichtung seiner Tatschuld sowie seiner gleichfalls durch mehrere einschlägige Vorstrafen stark getrübten Täterpersönlichkeit wäre auch beim Angeklagten B für alle ihm zur Last fallenden Straftaten eine Strafe von insgesamt 6 1/2 Jahren schuldangemessen; da sie - unter Bedachtnahme auf eine weitere, aus der vom Obersten Gerichtshof eingeholten Strafregisterauskunft hervorgehende Vorverurteilung zu einem Monat - tatsächlich nur 6 Jahre und 1 Monat beträgt, ist die über B verhängte Zusatzstrafe von 5 Jahren ebenfalls nicht reduktionsbedürftig, sodaß beiden Berufungen ein Erfolg zu versagen war.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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