OGH 5Ob529/84

OGH5Ob529/844.12.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Univ.‑Prof. Dr. Michael H*****, vertreten durch Dr. Adolf Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Clara H*****, vertreten durch Dr. Winfried Obitsch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herabsetzung des geschuldeten Unterhaltsbetrags (Streitwert 180.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 11. November 1983, GZ 43 R 2122/83‑35, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 10. Juni 1983, GZ 4 C 26/82‑25, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0050OB00529.840.1204.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten binnen 14 Tagen die mit 6.865,35 S (einschließlich 960 S Barauslagen und 536,85 S USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Anlässlich der Scheidung der Ehe der Parteien am 20. 8. 1976 verpflichtete sich der klagende Mann, der beklagten Frau monatlich 11.000 S als Unterhaltsbetrag vierzehnmal jährlich, wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex II 1966 auf der Basis der Indexzahl für August 1976, am ersten eines jeden Monats im Voraus zu zahlen. Er verzichtete damals „auf eine Herabsetzung dieses Unterhaltsbetrags aus welchem Titel immer, insbesondere für den Fall neuer gesetzlicher Sorgepflichten sowie des Hinzukommens eines etwaigen eigenen Einkommens oder Vermögens der (dortigen) „Klägerin“ und hier Beklagten.

Mit der vorliegenden Klage begehrte der Mann die Verringerung seiner Unterhaltsverpflichtung von etwa 17.000 S zur Zeit der Klageerhebung auf 11.000 S ab 1. 1. 1982 und brachte zur Begründung dieses Begehrens im Wesentlichen vor, dass sich seine Einkommenslage seit Übernahme der vertraglichen Unterhaltsverpflichtung bei der Ehescheidung einerseits durch neue Sorgepflichten (neue Ehefrau und drei mj Kinder aus dieser Ehe), Kreditaufnahmen im Zusammenhang mit der Einrichtung einer neuen Ehewohnung, Steuernachzahlungen und Inanspruchnahme aus einer übernommenen Bürgschaft und andererseits durch eine Verringerung seiner Einkünfte derart zu seinem Nachteil verändert hätten, dass seine und seiner Familie Existenz gefährdet sei.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und bestritt das Vorliegen der Voraussetzungen für das Klagebegehren.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren für die Zeit vom 1. 1. 1982 bis zum 31. 8. 1986 statt und wies das darüber hinausgehende Begehren ab.

Es legte seiner Entscheidung folgende Sachverhaltsannahme zugrunde:

Nach der Scheidung der Ehe der Prozessparteien heiratete der klagende Mann Dkfm Elisabeth R*****. Die dieser Ehe entsprossenen drei Kinder sind am 28. 8. 1976, am 10. 5. 1978 und am 15. 5. 1981 geboren. Zur Zeit der Scheidung seiner Ehe mit der beklagten Frau hatte der klagende Mann als Hochschulprofessor an der Wirtschaftsuniversität und als Unternehmensberater ein monatliches Durchschnittseinkommen von netto 36.000 S und war Eigentümer einer Liegenschaft in M*****, die allerdings mit Hypothekarschulden von insgesamt 2.048.000 S belastet war. Gemeinsam mit der Beklagten besaß er drei weitere in M***** gelegene Liegenschaften (EZ 3935, 3934 und 3933 KG M*****). Anlässlich der Ehescheidung verpflichtete er sich der Beklagten gegenüber, diese Liegenschaften zu veräußern und die Hälfte des Verkaufserlöses ihr auszufolgen. Diese Verpflichtung hat er erfüllt, doch wurde ihm vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern Wien die Zahlung der Grunderwerbssteuer von 117.832 S und des seinerzeit nachgesehenen Betrags von 17.152 S vorgeschrieben, auf Ansuchen jedoch die Abstattung dieser Verbindlichkeit in monatlichen Raten von 3.000 S ab Juni 1979 bewilligt. Aus einer beim Verkauf der Liegenschaft ***** in M***** für die Käufer übernommenen Ausfallsbürgschaft wurde der Kläger am 3. 11. 1977 von einer Wiener Bank in Anspruch genommen; diese Schuld ‑ die zum 1. 10. 1982 mit 184.809 S aushaftet ‑ stattet er zufolge einer Vereinbarung vom 17. 1. 1980 in monatlichen Raten von 3.900 S ab. Für die Jahre 1972 bis 1976 wurde dem Kläger vom Finanzamt für den 9., 18. und 19. Bezirk in Wien als Ergebnis einer Steuerprüfung eine Nachzahlung von 300.000 S an Einkommensteuer vorgeschrieben und eine derart kurze Zahlungsfrist gesetzt, dass er zur Erfüllung der Zahlungspflicht einen Privatkredit von 150.000 S bei einer anderen Wiener Bank aufnehmen musste, den er in monatlich zu zahlenden Raten von 3.400 S abstattet; zum 1. 1. 1982 betrug seine Restschuld daraus noch 132.000,77 S. Ein zur Einrichtung der vormaligen Ehewohnung in M***** in Anspruch genommener Gehaltsvorschuss haftete zum 31. 12. 1981 noch mit 93.126,96 S aus und wird vom Kläger in monatlich einbehaltenen Raten von 915 S abgestattet. Zur Finanzierung der neuen Ehewohnung in Wien musste der Kläger mehr als 350.000 S aufwenden und nahm zu diesem Zweck einen Kredit bei einer anderen Wiener Bank auf. Bei derselben Bank wurde am 23. 10. 1980 die Kontoüberziehung des Gehaltskontos des Klägers in einen Kredit von 156.000 S übergeführt; zur Abdeckung der zum 1. 1. 1982 mit 593.042 S insgesamt aushaftenden Kreditschuld bei dieser Bank muss der Kläger monatlich 8.629 S zahlen. Zum Ausbau und zur Einrichtung der neuen Ehewohnung nahm der Kläger ferner ein Wohnungsverbesserungsdarlehen in Anspruch, das er in 20 gleich hohen halbjährig zahlbaren Raten von 6.182 S seit dem 20. 5. 1980 zurückzuzahlen hat. Aus einem weiteren Wohnungsverbesserungsdarlehen, das ebenfalls in 20 halbjährig zahlbaren Raten von 12.512 S abzustatten ist, schuldet der Kläger 187.680 S. Zwei zinsenlose Gehaltsvorschüsse von zusammen 180.800 S schuldet der Kläger der Republik Österreich; zur Tilgung dieser Schuld werden vom Bundesrechenamt monatlich Raten von zunächst 47‑mal 2.936 S, einmal 2.776 S, 95‑mal 416 S und einmal 512 S einbehalten. Das Gehaltskonto des Klägers bei einer Wiener Sparkasse war zum 28. 12. 1981 mit 117.346,94 S überzogen und es ist zu diesem Stichtag eine Dauerauftragssperre vorgemerkt. Auf dieses Konto werden dem Kläger monatlich 30.046 S an Gehalt überwiesen. Aus einer Kontoüberziehung von 150.000 S im Jahre 1977 schuldete der Kläger der gehaltskontenführenden Sparkasse zum 1. 1. 1982 noch insgesamt 104.652 S; diese Schuld stattet er in monatlich zahlbaren Raten von 1.539 S ab. Zur Bedeckung der laufenden Lebenshaltungskosten, der Gas‑ und Stromrechnungen und der Versicherungsprämien nahm der Kläger bei einer anderen Bank einen Kontokorrentkredit von 100.000 S in Anspruch, den er in monatlichen Raten von 2.500 S abdeckt. Zum Ankauf einer Liegenschaft in B***** und zur Errichtung eines Fertigteilhauses darauf durch seine Frau hat der Kläger mit einem Betrag von 240.000 S beigetragen. Aus einem nach der Scheidung der Ehe mit der Beklagten erlittenen schweren Verkehrsunfall erhielt der Kläger ein Schmerzengeld von 400.000 S, das er teilweise zur Anschaffung eines Personenkraftwagens der Type Mercedes‑Benz 280 verwendete. An Mietzins für die neue Ehewohnung muss der Kläger monatlich 3.600 S bezahlen. Im Jahre 1982 bezog er als Hochschulprofessor monatlich 45.065,33 S an Gehalt (netto). Er war zum 1. 1. 1982 mit monatlich zu zahlenden Schuldraten von insgesamt 28.934,33 S belastet. Die Unterhaltszahlungspflicht gegenüber der Beklagten beträgt ‑ einschließlich der Krankenzusatzversicherung ‑ monatlich 17.000 S.

In den der Ehescheidung und der vertraglichen Unterhaltsverpflichtung vorangegangenen außergerichtlichen Verhandlungen hat der Kläger selbst der Beklagten die dann festgelegte Unterhaltsverpflichtung angeboten. Insbesondere ging er davon aus, dass er sein damaliges Vermögen mit der Beklagen teilte und sie hinsichtlich der damals aushaftenden Darlehensverbindlichkeiten schad‑ und klaglos halten werde. Er wusste damals, dass die Beklagte krank ist.

Die Beklagte ist derzeit nicht berufstätig. Sie hat nach der Scheidung der Ehe mit dem Kläger den Beruf eines Restaurators erlernt und im Jahre 1981 die dazu erforderliche Prüfung abgelegt. Nennenswerte Einkünfte erzielt sie aus dieser Tätigkeit nicht. An Vermögen besitzt sie Wertpapiere im Nominale von 180.000 S. Für ihre Wohnung muss sie monatlich 1.100 S an Betriebskosten und 1.300 S an Gas‑ und Stromkosten auslegen, für den Reparaturfond des Hauses zahlt sie monatlich 1.000 S. Die Abstattung eines Wohnungsverbesserungskredits von 45.000 S belastet sie monatlich mt 800 S. Sie leidet an einem Cervikalsyndrom bei Spondylathrose der Halswirbelsäule und an einer derzeit rezidivierenden Lumboioschialgie und steht in ständiger ärztlicher Behandlung, wofür sie (einschließlich der Kosten für Medikamente) monatlich 1.500 S benötigt.

Aus diesem Sachverhalt zog das Erstgericht im Wesentlichen folgende rechtliche Schlüsse:

Die Umstandsklausel sei in dem Unterhaltsvertrag wirksam ausgeschlossen worden. Auf die dem Kläger nachträglich erwachsenen weiteren Sorgepflichten sei deshalb ebenso wenig Bedacht zu nehmen wie auf den Großteil seiner Kreditverbindlichkeiten, weil er diese erst nachträglich und in Kenntnis der übernommenen Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Beklagten eingegangen sei, indessen seien drei Kredite zu berücksichtigen, nämlich jener im Zusammenhang mit der Einkommensteuernachzahlung für die Jahre 1975 und 1976, jener zur Erfüllung der Zahlungspflicht aus der übernommenen Bürgschaft und jener zur Entrichtung der Grunderwerbssteuerschuld aus dem Verkauf der Liegenschaft in M*****, weil ihm diese Verbindlichkeiten bei Übernahme der Unterhaltsverpflichtung nicht bekannt gewesen seien und er mit ihnen nicht habe rechnen müssen, sodass sie vom Ausschluss der Umstandsklausel nicht erfasst seien. Um ihm die Erfüllung dieser Verbindlichkeiten zu ermöglichen, sei dem Klagebegehren im ausgesprochenen Ausmaß stattzugeben.

Das von beiden Parteien angerufene Berufungsgericht bestätigte die Teilabweisung und wies in Abänderung des Urteils des Erstgerichts auch das restliche Klagebegehren ab.

Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Berufungsgericht im Wesentlichen Folgendes an:

Der Kläger habe in der Unterhaltsvereinbarung die jeder Unterhaltsregelung innewohnende Umstandsklausel dahin ausgeschlossen, dass er auf eine Herabsetzung des Unterhaltsbetrags aus welchem Titel immer, insbesondere auch für den Fall neuer Sorgepflichten und eines etwaigen eigenen Einkommens oder Vermögens der Beklagten verzichtete. Nach dem eindeutigen Wortlaut beziehe sich dieser Ausschluss nicht nur auf die absehbaren, zu erwartenden oder möglichen Änderungen im Zusammenhang mit weiteren Sorgepflichten des Klägers (offenbar versehentlich: „des Beklagten“) bzw einem eigenen Einkommen der Beklagten (offenbar versehentlich: „der Klägerin“), sondern auf sämtliche Änderungen zu Lasten des Klägers, und zwar auch solche, die die Parteien im Einzelnen bei Vergleichsschluss nicht ausdrücklich in Betracht gezogen hätten oder ziehen hätten können. Eine derartige Einschränkung der Umstandsklausel sei an sich zulässig, denn ihr Zweck bestehe ja darin, den unterhaltsberechtigten Vertragsteil finanziell gegen eine nachträgliche Schlechterstellung durch eine Änderung der Vergleichsgrundlage abzusichern; dies sei üblicherweise Voraussetzung dafür, dass der Unterhaltsberechtigte sich gegen das Scheidungsbegehren des anderen Teils nicht weiter zur Wehr setze. Es sei jedoch das Beharren des Unterhaltsberechtigten auf dem Unterhaltsvergleich und dem Ausschluss der Umstandsklausel unter Umständen sittenwidrig, zB dann, wenn dem Unterhaltspflichtigen dadurch die Existenzgrundlage entzogen würde. Bei der Beurteilung dieser Voraussetzung seien sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und ein besonders strenger Maßstab anzulegen; insbesondere sei auf die Gründe Bedacht zu nehmen, die zu der ungünstigen Situation des Unterhaltsverpflichteten führten. Wenn die Verschlechterung seiner Lage von ihm selbst in Kenntnis seiner Unterhaltspflicht und damit bewusst, sei es auch nur fahrlässig, herbeigeführt wurde, könne im Allgemeinen aus diesem Grunde von einer Sittenwidrigkeit durch das Beharren auf der vertraglichen Unterhaltsverpflichtung durch den Berechtigten schon deshalb keine Rede sein, weil es sonst ins Belieben des Verpflichteten gestellt wäre, sich durch Eingehen von Schulden der vertraglichen Verpflichtung zu entziehen. Dem Kläger sei zuzugestehen, dass der ihm zur Bestreitung seines und seiner Familie Unterhalt verbleibende Betrag von monatlich 10.000 S bis 12.000 S relativ gering sei, er reiche aber bei entsprechender Einschränkung in der Lebensführung zur Befriedigung des existenznotwendigen Bedarfs noch aus, sodass die Existenzgrundlage nicht entzogen worden sei. Es werde nicht verkannt, dass der derart reduzierte Lebensstandard des Klägers und seiner Familie nicht standesgemäß sei, doch musste diese Folge dem Kläger bei Abschluss des Unterhaltsvertrags bzw bei der nachträglichen Eingehung der festgestellten Kreditverbindlichkeiten klar gewesen sein. Er dürfe sich daher jetzt nicht darauf berufen, dass diese Verschuldung zur Schaffung einer entsprechenden (gemeint: offenbar standesgemäßen) Wohnmöglichkeit für ihn und seine Familie notwendig sei und hier hätte berücksichtigt werden müssen. Unter diesen Umständen sei das Beharren der Beklagten auf die ihr aus dem Unterhaltsvertrag zustehende Alimentation selbst dann nicht sittenwidrig, wenn sie finanziell besser gestellt sei als der Kläger und seine Familie. Die wirtschaftliche Situation sei bereits im Jahr 1976 so angespannt gewesen, dass auch für einen Laien eine künftige Verschärfung der allgemeinen Wirtschaftslage nicht unvorhersehbar gewesen sei; umsoweniger für den Kläger als Professor der Wirtschaftsuniversität. Selbst bei der festgestellten Verringerung der Nebeneinkünfte des Klägers als Unternehmensberater müsse beachtet werden, dass nunmehr allein sein Einkommen aus seiner Lehrtätigkeit an der Hochschule höher sei als sein Gesamteinkommen bei Vertragsschluss. Der Kläger müsse sich auch vorwerfen lasen, dass er Verbindlichen eingegangen sei, die mit der Erfüllung seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Beklagten nicht in Einklang stünden, und das ihm aus einem Verkehrsunfall zugekommene Schmerzengeld zum Großteil zur Anschaffung eines Personenkraftwagens der Luxusklasse (Mercedes‑Benz 280) verwendet habe, anstatt damit bestehende Schulden abzudecken. Kraft seiner besonderen Bildung seien für den Kläger die Steuernachzahlungen und die Risken aus der übernommenen Bürgschaft nicht unüberschaubar bzw nicht unvorhersehbar gewesen. Er müsste sich auch vorhalten lassen, dass er das empfangene Schmerzengeld aus dem Verkehrsunfall zum Zeit zur Finanzierung des Ankaufs einer Liegenschaft durch seine jetzige Ehefrau verwendet habe, anstatt damit Schulden zu begleichen, die ihn jetzt erhöht belasteten. Das Beharren der Beklagten auf den ihr aus dem Unterhaltsvertrag zustehenden Anspruch könne unter diesen Umständen nicht als sittenwidrig bezeichnet werden.

Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichts mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache. Er stellt den Hauptantrag, in Abänderung dieser Entscheidung seinem Klagebegehren stattzugeben, und begehrt hilfsweise, das Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung in die zweite Instanz zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklage begehrt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben. Die Revision ist nicht berechtigt.

Die rechtlichen Überlegungen des Klägers konzentrieren sich auf zwei Punkte: auf die Frage der Sittenwidrigkeit und Unwirksamkeit des Ausschlusses der Umstandsklausel im Unterhaltsvertrag der Parteien und auf die Frage der Sittenwidrigkeit des Beharrens der Beklagen auf diesen Ausschluss.

Der Ausschluss der Umstandsklausel in Unterhaltsverträgen ist nach allgemeiner Ansicht in den Grenzen des zwingenden Rechts zulässig (vgl Rummel in Rummel , ABGB, Rdz 8a zu § 901; KoziolWelser , Grundriss II 6 196 mwN in FN 105). Er ist nicht grundsätzlich seiner Natur und seinem Zweck nach sittenwidrig, wenn nicht eine besondere sittenwidrige Fallgestaltung vorliegt (vgl EFSlg 25.102, 34.072, 35.241, ÖAmtsVmd 1984, 17 uva), wovon hier keine Rede sein kann. Einen besonderen Hinweis, in welcher Hinsicht der Ausschlussvertrag von Sittenwidrigkeit betroffen sein soll, hat der Kläger unterlassen.

Es ist gleichwohl anerkannt dass jedoch unter besonderen Umständen das Beharren des Unterhaltsberechtigten auf den vereinbarten Ausschluss der Umstandsklausel sittenwidrig und deshalb unbeachtlich ist; dies wird insbesondere für den Fall angenommen, dass ohne Berücksichtigung der veränderten Umstände die Existenz des Verpflichteten oder der Unterhalt Dritter gefährdet wäre oder ein krasses Missverhältnis zwischen Unterhaltsleistung und Einkommensrest bestünde (vgl Rummel in Rummel aaO Rdz 8a mwN). Von all dem kann aber, wie das Berufungsgericht ausführlich und mit guten Gründen dargelegt hat ‑ worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird ‑, hier keine Rede seien. Es ist in der angefochtene Entscheidung auch dargelegt worden, dass sowohl die allgemeine Veränderung der Wirtschaftslage ‑ die sich in einer Verringerung der Einkünfte des Klägers als Unternehmensberater niedergeschlagen haben soll ‑ als auch die beträchtliche Vergrößerung seines Schuldenstands und die Vermehrung seiner Unterhaltsverpflichtungen für ihn keineswegs unvorhersehbar waren. In dieser Richtung wird im Rechtsmittel kein neues Argument vorgebracht, das zu einer neuerlichen Abhandlung der Gründe für Vorhersehbarkeit der Veränderungen der Verhältnisse des Klägers seit Abschluss der Vereinbarung zwänge. Die bewusste Eingehung von ‑ sogar außerordentlichen und weit über seine Verhältnisse liegenden ‑ Verbindlichkeiten durch den unterhaltsverpflichteten Kläger, die zu einer weitgehenden und einschneidenden Einengung seiner finanziellen Leistungskraft führte, kann nicht den unter Ausschluss der Umstandsklausel festgelegten Unterhaltsanspruch der Beklagten in seinem Rechtsbestand treffen. Darauf hat auch das Berufungsgericht schon zutreffend hingewiesen. Unter den vom Berufungsgericht ausführlich dargelegten besonderen Verhältnissen kann der auf ihrem Unterhaltsanspruch bestehenden Beklagten nicht mit Erfolg der Vorwurf gemacht werden, ihr Verhalten sei sittenwidrig. Vielmehr wird der Kläger, damit er in erste Linie seinen vertraglichen und gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen nachkommen kann, die er erfüllen muss, seine Leistungskraft aufs äußerste anspannen und seinen und seiner Familie Lebensstandard in Anpassung an seine besondere wirtschaftliche Lage entsprechend herabsetzen müssen, so hart dies für ihn und seine schuldlose Familie auch sein mag.

Aus diesen Erwägungen muss der Revision der Erfolg versagt werden.

Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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