OGH 5Ob558/84

OGH5Ob558/8427.11.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Zsizsik, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wider die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Rudolf Krilyszin, Rechtsanwalt in Wien, wegen 4.989.719 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 20. Februar 1984, GZ 5 R 136/83‑16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichts Leoben vom 30. Juni 1983, GZ 5 Cg 250/82‑10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0050OB00558.840.1127.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

In Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen wird das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, der Klägerin 4.989.719 S samt 11 % Zinsen pa seit 15. Mai 1982 zu bezahlen, abgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten binnen 14 Tagen die mit 278.129,74 S (einschließlich 25.860 S Barauslagen und 20.532,11 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die klagende Baugesellschaft mbH errichtete in Ungarn einen Hotelbau. Mit der Herstellung der Heiz‑, Sanitär‑ und Klimatechnikeinrichtungen betraute sie die S***** Gesellschaft mbH für ein pauschales Nettoentgelt von 12.474.297 S. In dem Vertrag mit dieser Gesellschaft war vereinbart (Punkt 16), dass sie „innerhalb von 30 Tagen nach rechtskräftiger Auftragserteilung eine fünfzehnprozentige Anzahlung von der Nettogesamtauftragssumme bei Vorlage einer entsprechenden Bankgarantie für 40 % der Nettogesamtsumme für Pauschal-und Fixpreisgarantie“ erhält. Die S***** Gesellschaft mbH stellte daraufhin am 18. November 1981 der beklagten Sparkasse das Anbot, ihr bis zu einem Betrag von 4.990.000 S eine „Leistungsgarantie“ zugunsten der klagenden Baugesellschaft zu geben. Unter dem Datum 18. November 1981 schrieb die beklagte Sparkasse der Klägerin:

Bankhaftung.

Wir stellen Ihnen das Anbot, nachstehende Bürgschaftserklärung abzugeben:

Die Firma S***** Ges.mbH., *****, hat uns mitgeteilt, dass Sie für das Bauvorhaben H***** gem. Beauftragungsvertrag vom 10. Nov. 1981 für Vorauszahlungen eine Bankhaftung beibringen soll.

Über Ersuchen der Firma S***** Ges.mbH., erklären wir nunmehr, für alle aus dieser Bankhaftung entstehenden Verbindlichkeiten bis zu einem Höchstbetrage von

S 4,989.719,‑ ‑ (vier Millionen neunhundertachtzigneuntausendsiebenhundertneunzehn)

die Haftung als Bürge und Zahler zu übernehmen, indem wir uns verpflichten, über Ihre bloße Aufforderung und ohne Prüfung des Rechtszustandes die von Ihnen geforderten Beträge innerhalb von 3 Tagen an Sie zu bezahlen. Diese unsere Haftung erlischt durch Rückstellung durch Rückstellung dieses Haftungsschreibens an uns, spätestens jedoch am 30. Juni 1982. Dieses Haftungsschreiben wird durch Ihre schriftliche Annahme sowie nach Überweisung der Anzahlung auf das Konto‑Nr. ***** der o.a. Firma bei uns rechtswirksam.“

Unter dem Datum 14. 12. 1981 antwortete die Klägerin der Beklagten wie folgt:

„Wir bestätigen die Ihnen heute am 11. 05. sowie 12 Uhr durchgegebenen Fernschreiben wie folgt:

'Dieser Haftbrief tritt in Kraft, da wir ihn hiermit annehmen und heute S 1,871.144,55 abzüglich 3 % Skonto auf das Konto der Fa. S***** als Anzahlung überweisen. Der Haftbrief wurde für den Fall eines vertragswidrigen Verhaltens der Fa. S***** gelegt.

Dass Sie in unserem Fall die willkürliche Einziehung des Haftbriefbetrages durch unsere Firma unterstellen, halten wir für ausgeschlossen.

Ferner können wir avisieren, dass im Jänner 1982 die vertragsunterfertigten Parteien S*****, E***** und R***** die getroffenen Vereinbarungen überprüfen und einvernehmlich abändern werden.'

Das Ergebnis der Gespräche, d.h. die Änderungen, über die Einvernehmen hergestellt werden kann, können wir heute selbstverständlich noch nicht vorwegnehmen.

Die im Fernschreiben angekündigte Überweisung, d.h. S 1,815.010,21, haben wir heute tatsächlich durchgeführt und halten somit nochmals fest, dass ihr Haftbrief somit Rechtswirksamkeit erlangt hat.“

Tatsächlich hat die Klägerin den in ihrem Schreiben angeführten Betrag von 1.815.010,21 S an die Beklagte überwiesen. Dieser Betrag entspricht 15 % der Nettogesamtauftragssumme minus 3 % „Skonto“.

Die beklagte Sparkasse hat weder vor noch nach Ausstellung des Haftbriefanbots vom 18. 11. 1981 mit der Klägerin irgendwelche Gespräche darüber geführt. Sie reagierte auch nicht auf das Schreiben der Klägerin vom 14. 12. 1981 und auf die Überweisung des Betrags von 1.815.010,21 S.

Die Klägerin wollte, dass ihr die S***** Gesellschaft mbH eine inhaltlich unbeschränkte Garantie („Pauschalgarantie“) einer Bank für alle ihr aus dem „Beauftragungsvertrag“ erwachsenden Forderungen gegen diese Gesellschaft erbringt. Dies wurde auch von der beklagten Sparkasse so verstanden, die den „Beautragungsvertrag“ inhaltlich kannte, als sie der Klägerin ihr Haftbriefanbot stellte. Wegen der Schwierigkeit oder gar Unmöglichkeit einer Überprüfung von Forderungen jeder Art wollte die Beklagte jedoch nur eine Anzahlungsgarantie („für Vorauszahlungen“) geben, nahm aber an, dass die S***** Gesellschaft mbH – deren Geschäftspraktiken sie kannte – die Klägerin noch um weitere Anzahlungen ersuchen werde. Es war daher die Absicht der beklagten Sparkasse, der klagenden Baugesellschaft nur eine Anzahlungsgarantie mit dem Haftbriefanbot vom 18. 11. 1981 zu stellen, die mit der schriftlichen Annahme und der Überweisung der geforderten Anzahlung durch die Klägerin auf ein Konto der S***** Gesellschaft mbH bei der Beklagten rechtswirksam werden sollte. Den Herrn der Klägerin fiel die Wendung „für Vorauszahlungen“ in dem Haftbriefanbot der Beklagten vom 18. 11. 1981 nicht als Divergenz zu der im „Beauftragungsvertrag“ mit der S***** Gesellschaft mbH geforderten Pauschalgarantie auf, da der „Beauftragungsvertrag“ zitiert war, der Haftungsbetrag 40 % der Auftragssumme entsprach und die Beklagte sich bereit erklärte, über bloße Aufforderung der Klägerin und ohne Prüfung des Rechtszustands zu zahlen. In diesem Sinne wollte sie das Anbot der Beklagten mit dem Schreiben vom 14. 12. 1981 annehmen. Der 3. und der 4. Absatz dieses Schreibens sollten nur der Beruhigung der Beklagten dienen, dass sie, die Klägerin, nicht wegen geringfügiger Kleinigkeiten den Haftbrief in Anspruch nehmen werde. Die Beklagte sah das Schreiben der Klägerin vom 14. 12. 1981 nicht als Annahme ihres Haftbriefanbots vom 18. 11. 1981 an. Sie informierte Maximilian S*****, den Geschäftsführer der S***** Gesellschaft mbH, über die Divergenz der Auffassungen der Parteien über den Haftungsinhalt der Bankgarantie und nahm an, dieser werde darüber noch mit der Klägerin verhandeln; in dieser Vorstellung erwartete sie das Eintreffen des von der Klägerin zu unterfertigenden „Gegenbriefes“, den sie dieser zusammen mit dem Haftbriefanbot vom 18. 11. 1981 übersandt hatte.

Über das Vermögen der S***** Gesellschaft mbH wurde im Jahre 1982 zunächst der Ausgleich und dann der Anschlusskonkurs eröffnet. In der Folge nahm die Klägerin die Beklagte vergeblich aus dem Haftungsbrief vom 18. 11. 1981 in Anspruch. Am 1. 6. 1982 brachte sie gegen die beklagte Sparkasse die Klage auf Bezahlung von 4.989.719 S samt 11 % Zinsen seit 15. 5. 1982 unter Berufung auf diesen Haftungsbrief ein.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wendete im Wesentlichen ein, dass infolge Abweichens der „Annahmeerklärung“ der Klägerin von dem Anbot zur Haftungsübernahme kein Garantievertrag zustande gekommen sei; hilfsweise wendete sie aufrechnungsweise Gegenforderungen im Betrag von 1.956.933,71 S ein. Das Erstgericht verneinte den Bestand der Gegenforderungen und verurteilte die Beklagte nach dem Begehren der Klägerin.

Es erachtete den Garantievertrag in dem von der Klägerin in dem „Annahme“‑Schreiben vom 14. 12. 1981 gedeuteten Sinne als wirksam zustande gekommen, weil die Beklagte dieses Schreiben der Klägerin unwidersprochen gelassen und gegen die – dem Verlangen der Beklagten nicht entsprechende – Höhe des Überweisungsbetrags keinen Einspruch erhoben habe; es meinte, dass im Übrigen der Abzug eines Skontos von 3 % von dem Überweisungsbetrag der mündlichen Vereinbarung zwischen der Klägerin und der S***** Gesellschaft mbH entsprochen habe.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts. Zu der entscheidungswesentlichen Frage des wirksamen Zustandekommens eines Garantievertrags gab es folgende Antwort:

Es sei der von der beklagten Partei erkannte Wille der klagenden Partei gewesen, dass die S***** Gesellschaft mbH eine „Pauschalgarantie“ einer Bank für alle aus dem Vertragsverhältnis entstehenden Forderungen der Klägerin beibringt. Einen Anspruch auf Stellung einer derartigen Garantie habe die Klägerin aber nur gegen ihren Vertragspartner, die S***** Gesellschaft mbH gehabt; die Beklagte sei ihr in keiner Weise verpflichtet gewesen, denn sie sei die Hausbank der S***** Gesellschaft mbH gewesen. Die Beklagte sei aber auf Ansuchen der S***** Gesellschaft mbH bereit gewesen, gegen eine von dieser Gesellschaft zu bezahlende Provision eine eingeschränkte Garantie „nur für Vorauszahlungen“ im Sinne einer Anzahlungsgarantie zu geben. Der von der Beklagten beabsichtigte eingeschränkte Haftungsinhalt könne aber dem Haftungsanbot vom 18. 11. 1981 nicht zweifelsfrei entnommen werden. Die Undeutlichkeiten in diesem Anbot der Beklagten gingen bei der im Zweifel gebotenen strengen Auslegung zu ihren Lasten. Da zwischen den Streitteilen keine direkten Verhandlungen über den Wortlaut der Haftungserklärung stattgefunden hätten, sei die Frage, wie das Anbot der Beklagten von der Klägerin verstanden werden musste, primär aus dessen Wortlaut und unter Beachtung des Geschäftszwecks zu beantworten, der aus dem auch der Beklagten bekannt gewesenen „Beauftragungsvertrag“ hervorgehe; das Anbot sei dann so auszulegen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspreche. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Geschäftsverhältnis zwischen einer Bank und ihren Kunden bzw Vertragspartnern ein besonderes Vertrauensverhältnis sei. Da der Beklagten bekannt gewesen sei, dass der von der Klägerin angestrebte Geschäftszweck aufgrund des „Beauftragungsvertrages“ mit der S***** Gesellschaft mbH die Erlangung einer nicht beschränkten Pauschalgarantie in Höhe von 40 % der Auftragssumme war, hätte sie, wenn sie diesem Verlangen der Klägerin nicht entsprechen wollte, dies in ihrem Anbot in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zum Ausdruck bringen müssen. Die Klägerin habe als Haftungsinhalt des Anbots der Beklagten die von ihr im „Beauftragungsvertrag“ geforderte unbeschränkte Pauschalgarantie für alle ihr gegenüber der S***** Gesellschaft mbH aus diesem Vertrag erwachsenden Forderungen verstehen dürfen, heiße es doch in dem Anbot der Beklagten, dass die S***** Gesellschaft mbH „gemäß Beauftragungsvertrag vom 10. Nov. 1981 ... eine Bankhaftung beibringen soll“, und im folgenden Absatz dieses Schreibens, dass sich die Beklagte über Ersuchen der Firma S***** bereit erkläre, „für alle aus dieser Bankhaftung entstehenden Verbindlichkeiten bis zu einem Höchstbetrag von S 4,989.719,‑ ‑ die Haftung ... zu übernehmen“. Diese Wortwahl gehe zu Lasten der Beklagten. Nicht ihr subjektiver, der Klägerin nicht näher erkennbarer Wille könne ihrem Anbot zugrunde gelegt werden, vielmehr müsse nach der Vertrauenstheorie jene Absicht im Sinne des Geschäftszwecks angenommen werden, den die Klägerin als Erklärungsempfängerin redlicher Weise dem Anbot unterstellen haben dürfen, nämlich dass es der im „Beauftragungsvertrag“ vereinbarten Pauschalgarantie entspreche. Die Klägerin habe es auch so verstanden, wie festgestellt worden sei, und es sei ihr auch die Abweichung des Anbots von der im „Beauftragungsvertrag“ geforderten Pauschalgarantie nicht aufgefallen. Die Klägerin habe deshalb auch nicht mit ihrem Annahmeschreiben vom 14. 12. 1981 ein Gegenoffert stellen wollen. Es sei ihrem Schreiben mit aller Deutlichkeit zu entnehmen, dass sie den Haftbrief der Beklagten in diesem Sinne annehmen und dadurch den Bankgarantievertrag wirksam werden lassen wolle. Spätestens mit dem Erhalt dieses Schreibens der Klägerin habe die Beklagte nach Treu und Glauben reden müssen: Sie hätte die Klägerin darauf aufmerksam machen müssen, dass sie ihr nur eine Anzahlungsgarantie leisten wolle. Sie habe jedoch geschwiegen. Sie habe auch nicht annehmen dürfen, dass sie den von der Klägerin zu unterfertigenden Gegenbrief zu erwarten hätte und die im Annahmeschreiben der Klägerin avisierten weiteren Gespräche zwischen dieser und der S***** Gesellschaft mbH das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Garantievertrags in irgendeiner Weise tangierten. Auch der Umstand, dass die Klägerin entgegen dem ausdrücklichen Verlangen der Beklagten im Anbot nach Überweisung „der Anzahlung“ auf ein bestimmtes Konto bei ihr einen um 3 % geringeren Betrag überwies, habe nicht, wie die Beklagte meine, die Rechtswirksamkeit des Vertrags gehindert: An sich habe die Klägerin zwar nicht dem Verlangen der Beklagten gemäß gehandelt, aber die Beklagte habe dagegen nicht remonstriert, obwohl der reduzierte Anzahlungsbetrag bereits in dem Annahmeschreiben der Klägerin vom 14. Dezember 1981 angeführt gewesen und in der Folge auch bei der Beklagten eingegangen sei; die Beklagte habe diesen Betrag nicht zurücküberwiesen und sich auch sonst „nicht gerührt“, obwohl sie habe erkennen müssen, dass die Klägerin im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Bankgarantie damit eine noch durch keinerlei Leistungen der S***** Gesellschaft mbH abgesicherte Zahlung erbrachte. Der Behalt der Anzahlung und das Schweigen dazu könne nach Treu und Glauben nur als Zustimmung gewertet werden, die Garantieerklärung mit der Überweisung der verminderten Anzahl wirksam werden zu lassen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts hat die beklagte Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache eingebracht. In erster Linie wird Abänderung der angefochtenen Entscheidung durch gänzliche oder doch teilweise Abweisung der Klage beantragt; hilfsweise wird die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung in die erste Instanz begehrt.

Die Klägerin beantragt, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Der Bankgarantievertrag ist – herrschender Ansicht nach: vgl Koziol, Der Garantievertrag 35 f mwN – ein Vertrag, der durch Anbot und Annahme zustande kommt. Die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Annahmeerklärung – in der Form der Unterfertigung eines dem Anbot mitübersendeten Gegenbriefs des Anbotsempfängers (Klägerin) – ist hier von der beklagten Offerentin in ihrem Anbot vom 18. November 1981 ausdrücklich erklärt worden. Für das Zustandekommen des Vertrags ist es ein unabdingbares Erfordernis, dass Anbot und Annahmeerklärung vollkommen deckungsgleich sind (JBl 1982, 652 uva, zuletzt etwa 8 Ob 547/82 vom 19. Mai 1983). Diesem Erfordernis wurde hier eindeutig nicht entsprochen. Die beklagte Sparkasse hat der klagenden Baugesellschaft ausdrücklich und unmissverständlich mitgeteilt, dass die S***** Gesellschaft mbH, deren Bekanntgabe zufolge, für das Bauvorhaben gemäß „Beauftragungsvertrag“ vom 10. 11. 1981 „für Vorauszahlungen eine Bankhaftung beibringen soll“, und dass sie – die beklagte Sparkasse – über Ersuchen dieser Gesellschaft nunmehr erkläre, „für alle aus dieser Bankhaftung entstehenden Verbindlichkeiten“ bis zum angeführten Höchstbetrag die Haftung zu übernehmen (die Unterstreichungen werden hier zur besseren Sinnhervorhebung vorgenommen und sind in den zitierten Schreiben nicht vorhanden). Es kann zwar kein Zweifel darüber bestehen, dass die Beklagte mit dem Inhalt dieses Anbots nicht den Vorstellungen der Klägerin entsprach, die diese aufgrund der Formulierung der Vertragsverpflichtung der S***** Gesellschaft mbH in dem „Beauftragungsvertrag“ zur Beibringung einer Bankgarantie hatte, doch stand es ihr frei, das Offert nach ihrem Belieben zu erstellen, ohne die Klägerin gesondert und ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, dass sie damit nicht deren aus dem erwähnten Vertrag mit der S***** Gesellschaft mbH hervorgehenden Vorstellungen erfülle. Die Klägerin durfte nicht darauf vertrauen, dass ihr mit diesem Anbot der Beklagten eine umfassende, über die geleisteten Anzahlungen hinausgehende Garantie angeboten wird. Ihre Erklärung in dem Schreiben vom 14. 12. 1981, dass sie das Anbot der Beklagten annehme, aber so verstehe, dass „der Haftbrief ... für den Fall eines vertragswidrigen Verhaltens der Fa. S***** gelegt“ worden sei, stellt sich deshalb in Wahrheit nicht als „Annahme“ in dem bereits eingangs dargelegten Sinne einer mit dem Anbot deckungsgleichen Willenserklärung, sondern – so durfte es auch die Beklagte verstehen – als Gegenoffert dar, das seinerseits einer ausdrücklichen oder doch schlüssigen – und rechtzeitigen: § 862 ABGB – Annahme durch die Beklagte bedurft hätte, um zum Zustandekommen eines Vertrags zu führen. Eine Verpflichtung des Offerenten, zu einer mit dem Inhalt seines Anbots nicht deckungsgleichen Willenserklärung des Empfängers des Anbots Stellung zu nehmen, besteht nicht und ist auch aus keiner Rechtsnorm des Privatrechts herzuleiten, liefe sie doch im Ergebnis auf eine – wenn auch negative – Antwortpflicht des Empfängers eines Offerts hinaus – die nur § 362 HGB für die dort bezeichneten zwei Fälle kennt –, sieht man mit der herrschenden Lehre und Rechtsprechung (Koziol‑Welser, Grundriss I6 88 P 2; SZ 42/103, JBl 1982, 652 ua). In der vom Anbot abweichenden Willenserklärung, die auf Abschluss eines Vertrags gerichtet ist, ein Gegenanbot.

Infolge des offenen Dissenses der Prozessparteien in ihren Willenserklärungen (im Anbot der Beklagten vom 18. 11. 1981 und in dem darauf bezugnehmenden Antwortschreiben der Klägerin vom 14. 12. 1981) ist es zu keinem Vertragsschluss der Parteien gekommen. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die beklagte Sparkasse den – vertragslos – von der Klägerin auf ein Konto der S***** Gesellschaft mbH einbezahlten Geldbetrag nicht der Klägerin zurücküberwies; mangels Bestehens eines Vertragsverhältnisses mit der Klägerin war sie zu keiner Reaktion darauf verpflichtet. Eine allfällige Verpflichtung der Beklagten, diesen Betrag der Klägerin gutzubringen oder ihr zurückzuüberweisen, steht hier nicht zur Entscheidung, denn ein solcher Anspruch bildet nicht den Streitgegenstand.

Aus diesen Erwägungen muss in Stattgebung der Revision der Beklagten das Klagebegehren abgewiesen werden.

Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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