OGH 2Ob600/84

OGH2Ob600/8427.11.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kurt F*****, vertreten durch Dr. Johann Subarsky, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Josefine L*****, vertreten durch Dr. Georg Kahlig, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 1. März 1984, AZ 41 R 54/84, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 17. Dezember 1983, GZ 6 C 2223/83-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil aufgehoben; zugleich wird auch das Urteil des Erstgerichts aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Der Kläger kündigte der Beklagten die Mietrechte an dem im Hause *****, im Parterre gelegenen Geschäftslokal auf und forderte die Räumung des Bestandgegenstands. In der Kündigung führte er als Kündigungsgrund lediglich: „Nichtbezahlung des Mietzinses“ an.

Die Beklagte erhob gegen die Aufkündigung rechtzeitig Einwendungen und führte aus, dass der geltend gemachte Kündigungsgrund nicht vorliege. Die offene Miete für Juni 1983 sei am 13. 6. 1983 bezahlt worden, die für Juli 1983 fällige Miete werde unter einem bezahlt.

In der mündlichen Streitverhandlung vom 8. 9. 1983 brachte der Kläger vor, es sei ein Mietzinsrückstand von 70.000 S gegeben, weshalb die Beklagte auch diesbezüglich gemahnt worden sei. Im weiteren Verfahren gliederte er den Mietzinsrückstand auf und erstattete auch weiteres Vorbringen bezüglich der Mahnung.

Das Erstgericht hob, ohne Feststellungen zu treffen, die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab. Zur Rechtsfrage führte die erste Instanz aus, dass der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 1 MRG ohne ziffernmäßige Anführung durch die bloßen Worte „Nichtbezahlung des Mietzines“ nicht gehörig zur Darstellung gebracht worden sei. Es müsse bereits in der Kündigung eine Behauptung aufgestellt werden, dass eine Mahnung erfolgt sei oder warum es einer solchen nicht bedurft habe.

Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands, über den es entschieden habe, 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige, und dass die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Nach der in MietSlg 20.508 geäußerten Rechtsansicht gehöre es zur Pflicht des Vermieters, alle vom Gesetz geforderten Tatbestandsmerkmale des angezogenen Kündigungsgrundes zu behaupten und zu beweisen. Dazu gehöre auch die Behauptung, dass der Mieter trotz einer nach Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Zahlung des Zinses über die Nachfrist hinaus in Rückstand geblieben sei. Dieser Ansicht schließe sich das Berufungsgericht an. Mangels Behauptung einer gehörigen Mahnung bereits in der Kündigung oder eines Hinweises, dass es einer Mahnung nicht bedurfte, habe das Erstgericht im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der in der Kündigung geschilderte Sachverhalt den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 1 MRG nicht gehörig zur Darstellung gebracht habe.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts wendet sich die Revision des Klägers aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Die Klägerin vertritt in ihrem Rechtsmittel die Auffassung, die Anführung der Nichtbezahlung des Mietzinses als Kündigungsgrund in der Kündigung sei hinreichend, weil der Gekündigte im Verfahren durchaus die Möglichkeit habe vorzubringen, dass kein Mietzinsrückstand bestehe und keine Mahnung unter Nachfristsetzung erfolgt sei.

Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis Berechtigung zu. Gemäß § 33 Abs 1 MRG hat der Vermieter in der Kündigung die Kündigungsgründe kurz anzuführen; andere Kündigungsgründe kann er in diesem Verfahren nicht mehr geltend machen. Werden gegen die Kündigung Einwendungen erhoben, so hat der Vermieter nachzuweisen, dass der von ihm geltend gemachte Kündigungsgrund gegeben ist. Zweck dieser Vorschrift ist es, dass der Gegenstand des Kündigungsstreits auch für Einwendungen des Beklagten von vornherein deutlich abgegrenzt und ihm verständlich gemacht wird (vgl SZ 22/113, ImmZ 1976/59 ua). Enthält ein Kündigungsgrund mehrere Tatbestände, dann muss der geltend gemachte Tatbestand in der Aufkündigung individualisiert werden. Eine unklare oder mangelhafte Ausführung des Kündigungsgrundes geht zu Lasten der kündigenden Partei (MietSlg 19.837 ua).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger in der Aufkündigung als Kündigungsgrund „Nichtbezahlung des Mietzinses“ angeführt. Damit hat er aber im Sinn der oben dargelegten Grundsätze mit noch hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass er den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 1 MRG der nur einen Tatbestand enthält, geltend macht (vgl ZBl 1983 Nr 180 zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 19 Abs 2 Z 1 MG). Nachdem die Beklagte gegen die vorliegende Aufkündigung Einwendungen erhoben hatte, war der Kläger allerdings nach § 33 Abs 1 MRG gehalten, das Vorliegen aller vom Gesetz geforderten Tatbestandsmerkmale des angerufenen Kündigungsgrundes zu behaupten und zu beweisen. Dazu gehört bei einer Aufkündigung wegen Nichtzahlung des Zinses auch die Behauptung, dass der Mieter trotz einer nach Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Zahlung des Zinses über die übliche oder bisher zugestandene Nachfrist hinaus, mindestens aber 8 Tage im Rückstand geblieben ist (2 Ob 542/76). Derartige Behauptungen hat der Kläger aber im Verfahren erster Instanz aufgestellt. Ob sie zutreffen, wird im fortgesetzten Verfahren zu klären sein. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen war somit der Kläger nicht gehalten, schon in der Aufkündigung sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 30 Abs 2 Z 1 MRG, nämlich, dass der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber 8 Tage im Rückstand sei, anzuführen. Da die Aufkündigung somit den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 1 MRG hinreichend anführte, wird im fortgesetzten Verfahren über die Berechtigung der Aufkündigung abzusprechen sein.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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