Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Aufgrund des Versäumungsurteils des Bezirksgerichts Salzburg vom 14. März 1984, 13 C 393/84, wurde der betreibenden Partei zur Hereinbringung einer Betriebskostenforderung von 45.962,70 S sA mit Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 28. März 1984 die Exekution zur Sicherstellung durch Zwangsverwaltung einiger Liegenschaftsanteile (Eigentumswohnungen) an EZ 3122, KG K*****, bewilligt. Der Exekutionsantrag war beim Titelgericht am 28. März 1984 eingelangt und die Exekutionsbewilligung langte beim Exekutions- und Grundbuchsgericht am 4. April 1984 ein.
Mit Beschluss vom 28. März 1984 wurde zu Sa 11/84 des Landesgerichts Linz über das Vermögen der verpflichteten Partei das Ausgleichsverfahren eröffnet und die verpflichtete Partei auf die Rechte eines Gemeinschuldners beschränkt. Mit Beschluss vom 12. April 1984 wurde der Rechtsstreit 13 C 393/84 unterbrochen und das Exekutionsgericht von diesem Unterbrechungsbeschluss verständigt.
Das Exekutionsgericht forderte hierauf mit Beschluss vom 18. April 1984 die betreibende Partei auf, binnen acht Tagen nachzuweisen, dass die betriebene Forderung von den Wirkungen des Ausgleichsverfahrens nicht berührt werde.
Die betreibende Partei äußerte sich dahin, dass sie der Einstellung des Verwertungsverfahrens gemäß § 12 Abs 2 AO nicht zustimme, weil es sich bei der betriebenen Forderung um rückständige Betriebs- und Heizkosten handle, die als Geschäftsführungsforderungen gemäß § 10 Abs 4 AO voll und bevorrechtet zu befriedigen seien. Es liege aber auch ein Rechtsgeschäft vor, das bei Ausgleichseröffnung noch von keiner Seite voll erfüllt gewesen sei, weil es sich nur um Betriebskostenakontozahlungen handle, die erst bis zum 30. Juni des Folgejahres abzurechnen seien.
Daraufhin ernannte das Exekutionsgericht mit Beschluss vom 10. Mai 1984 zur Durchführung der vom Bezirksgericht Salzburg bewilligten Zwangsverwaltung einen Zwangsverwalter und ordnete an, dass ihm die Liegenschaftsanteile zu übergeben seien und er am 1. Juli jeden Jahres Rechnung legen müsse und sich die verpflichtete Partei jeder Verfügung über die von der Zwangsverwaltung betroffenen Erträgnisse zu enthalten habe und sich nicht an der Geschäftsführung des Verwalters gegen dessen Willen beteiligen dürfe.
Gegen diesen Beschluss erhob einerseits der Ausgleichsverwalter der verpflichteten Partei und andererseits auch die verpflichtete Partei selbst einen Rekurs.
Mit Beschluss des Landesgerichts vom 25. Juni 1984 wurde nach Rekurserhebung zu S 77/84 über das Vermögen der verpflichteten Partei der Anschlusskonkurs eröffnet.
Das Gericht zweiter Instanz änderte mit Beschluss vom 29. Juni 1984 den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass die Exekution gemäß § 39 Abs 1 Z 2 EO eingestellt werde. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, dass die beiden Rekurse zulässig seien, weil zur Bekämpfung einer nach § 10 AO unzulässigen Exekution sowohl dem Ausgleichsschuldner als auch dem Ausgleichsverwalter ein Rekursrecht zustehe. § 132 EO stehe der Zulässigkeit der Rekurse nicht entgegen, weil dem angefochtenen Beschluss erkennbar auch die Funktion der Anordnung der Fortsetzung des Verwertungsverfahrens zukomme. Die Rechtskraft der Exekutionsbewilligung hindere nicht die nachträgliche Wahrnehmung der Unzulässigkeit der Exekution durch Einstellung gemäß § 39 Abs 1 Z 2 EO.
Dem WEG sei nicht zu entnehmen, dass A-conto-Leistungen auf die anfallenden Betriebs- und Heizkosten eine bevorrechtete Forderung darstellten. Alle vor der Ausgleichseröffnung fällig gewordenen A-conto-Zahlungen, nach dem Datum des Versäumungsurteils könne es sich nur um solche handeln, seien daher wie eine gewöhnliche Ausgleichsforderung zu behandeln. Von der nicht vollständigen Erfüllung eines zweiseitigen Vertrags könne in diesem Zusammenhang nicht gesprochen werden. Es komme daher der Vollstreckungsschutz gemäß § 10 Abs 1 AO zum Tragen.
Die Zulässigkeit des Revisionsrekurses begründete das Gericht zweiter Instanz mit dem Fehlen einer Judikatur zur Behandlung von Betriebskosten und Heizkostenakontoforderungen im Ausgleichsverfahren mit der nicht ganz eindeutigen Rechtslage im Zusammenhang mit der Zulässigkeit der beiden Rekurse an die zweite Instanz.
Gegen den Beschluss des Gerichts zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs der betreibenden Partei mit dem Antrag, ihn im Sinne einer Fortsetzung des Exekutionsverfahrens und Ab- oder Zurückweisung des Antrags nach Einstellung des Verwertungsverfahrens abzuändern, oder ihn aufzuheben.
Die betreibende Partei macht wie in ihrer Äußerung geltend, es läge eine Geschäftsführungsforderung gemäß § 10 Abs 4 AO vor, wenn der Verwalter zB zur Vermeidung der Einstellung der Lieferung elektrischen Stroms die bis zur Eröffnung des Ausgleichsverfahrens aufgelaufenen Rückstände für gelieferten Strom begleiche. Die betreibende Partei könne aber auch als Berechtigte aus einem zweiseitigen Vertrag angesehen werden, der noch nicht erfüllt sei, wie dies zB für einen Versicherungsvertrag vor Eintritt des Schadensfalls gelte, sodass § 20a Abs 1 AO Anwendung finde. Zwischen der betreibenden Partei und der verpflichteten Partei bestehe ein Verwaltungsvertrag. Eine Zerlegung der Kosten komme nicht in Frage. Zumindest ein Teil der A-conto-Leistungen beziehe sich jedenfalls auf die Zukunft. Die Leistung der A-conto-Zahlungen könne als Aufwendung gemäß § 1014 ABGB begehrt werden und stelle daher sehr wohl eine Geschäftsführungsforderung dar. Geltend gemacht wird im Revisionsrekurs auch, dass die Exekutionsbewilligung rechtskräftig sei, dass der Beschluss des Erstgerichts unanfechtbar gewesen wäre, dass ein auf die Rechte des Gemeinschuldners beschränkter Ausgleichsschuldner kein Rekursrecht habe und die Entscheidung der zweiten Instanz überhaupt den oder die Rekursanträge überschreite.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Eine sogenannte Geschäftsführungsforderung gemäß § 10 Abs 4 AO kann nur vorliegen, wenn aus einer nach einer Ausgleichseröffnung vom Ausgleichsschuldner oder vom Ausgleichsverwalter gesetzten Rechtshandlung Ansprüche entstehen (so der Text der zitierten Bestimmung, siehe ebenso Bartsch-Pollak³ Anm 14 zu § 10 AO). Die im Revisionsrekurs zitierte Entscheidung SZ 13/277 (= Sabaditsch in MGA6 E Nr 73 zu § 10 AO) erging noch vor der Ausgleichsnovelle 1934. Seit dieser Neuregelung ist aber davon auszugehen, dass bei teilbaren Leistungen das Entgelt für Leistungen, welche noch vor der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens erbracht wurden, nur im Rahmen einer am Ausgleichsverfahren beteiligten Ausgleichsforderung geltend gemacht werden kann, und nur das Entgelt für Leistungen, welche erst nach der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens erbracht werden, kann daher eine Geschäftsführungsforderung nach § 10 Abs 4 AO sein. In der neueren Rechtsprechung wurde dies insbesondere auch für die in SZ 13/277 behandelten Stromlieferungsverträge ausgesprochen (SZ 38/117, JBl 1966, 376, SZ 43/8, ähnlich für Telefongebühren SZ 30/49 oder für Mietzinse SZ 33/25).
Weshalb die von der betreibenden Partei geltend gemachte Betriebskostenforderung nicht in einen auf die Zeit vor und einen auf die Zeit nach Ausgleichseröffnung gebührenden Teil zerlegt werden kann, ist nicht ersichtlich. Die betreibende Partei könnte daher im Rahmen des § 20a AO aufgrund des bestehenden Verwaltungsvertrags nur solche Betriebskostenvorschüsse unabhängig vom Ausgleichsverfahren geltend machen, welche sich ausschließlich auf die Zeit der Fortsetzung des Verwaltungsvertrags nach Ausgleichseröffnung erstrecken. Anders als für den Wohnungseigentumsbewerber wurden für den Verwalter gemäß §§ 14 ff WEG auch durch Art 9 IRÄG keine Sonderrechte im Insolvenzverfahren geschaffen.
Die betreibende Partei hätte damit aber bescheinigen müssen, welcher Teil ihrer Forderung aus dem Versäumungsurteil vom 14. März 1984 sich auf Betriebskosten und Heizkosten für die Zeit nach dem 28. März 1984 (Tag der Ausgleichseröffnung) bezieht, was auch in ihrer Äußerung ON 4 nicht geschehen ist. Mangels einer solchen Bescheinigung war daher der Vollzug der vom Titelgericht bewilligten Exekution abzulehnen, bzw die Exekution gemäß § 39 Abs 1 Z 2 EO einzustellen (vgl dazu RZ 1967, 185).
Zu den im Revisionsrekurs aufgeworfenen weiteren Verfahrensfragen kann im Wesentlichen auf die zutreffende Begründung der zweiten Instanz verwiesen werden. Die Rechtskraft der Exekutionsbewilligung hindert nicht die spätere Einstellung der Exekution gemäß § 39 Abs 1 Z 2 EO, wenn, wie hier, das Titelgericht den Einstellungstatbestand nicht behandelt und erledigt hat (SZ 43/8 uva). Da der angefochtene Beschluss des Erstgerichts nicht nur ein Beschluss auf Ernennung des Zwangsverwalters ist, sondern auch einen Beschluss auf Ablehnung des Gesuchs des Ausgleichsverwalters auf Einstellung des Verwertungsverfahrens und damit auf Vollziehung der vom Titelgericht bewilligten Exekution lautet, kommt der Rechtsmittelausschluss nach §§ 99, 132, 383 EO nicht zum Tragen. Der Frage, ob bei Beschränkung des Ausgleichsschuldners auf die Stellung eines Gemeinschuldners gemäß § 3 Abs 2 AO neben dem Ausgleichsverwalter auch dem Ausgleichsschuldner ein Rekursrecht zusteht, kommt im vorliegenden Fall nur mehr theoretisch-abstrakte Bedeutung zu, da aufgrund des zulässigen Rekurses des Ausgleichsverwalters ohnedies schon eine bestimmte Verfahrenslage entstanden ist. Das Interesse der betreibenden Partei, dem Verpflichteten für den allenfalls unzulässigen Rekurs Kosten ersetzen zu müssen - die Kostenentscheidung kann ja gemäß §§ 402, 78 EO, § 528 Abs 1 Z 2 ZPO in dritter Instanz nicht geprüft werden -, vermag nach ständiger Rechtsprechung keine Beschwer zu begründen (MietSlg 33.727 ua). Schließlich ist auch eine „Überschreitung des Rekursantrags“ nicht erkennbar, mag auch dieser nicht wörtlich so gelautet haben, wie dann die zweite Instanz entschieden hat.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 402, 78 EO, §§ 50, 40 ZPO.
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