OGH 5Ob18/84

OGH5Ob18/8413.11.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Christa L*****, vertreten durch Dr. Roswitha Ortner, Rechtsanwältin in Villach, wider die Antragsgegner 1) Dr. Klaus M***** und 2) Dr. Ute M*****, beide Rechtsanwälte, *****, wegen Festsetzung des Hauptmietzinses, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 23. Dezember 1983, GZ 1 R 502/83‑8, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 26. Juli 1983, GZ Msch 6/83‑5, bestätigt wurde folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0050OB00018.840.1113.000

 

Spruch:

Aus Anlass des Revisionsrekurses der Antragstellerin wird das gesamte bisherige Verfahren einschließlich der Sachbeschlüsse der Vorinstanzen als nichtig aufgehoben und der das Verfahren einleitende Antrag zurückgewiesen.

Die bisher aufgelaufenen Verfahrenskosten werden gegeneinander aufgehoben.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Antragsgegner ‑ Rechtsanwälte ‑ sind Mieter von Büroräumlichkeiten mit einer Nutzfläche von ca 145 m2 im ersten Obergeschoss des Hauses ***** in *****. Der dafür in den Jahren 1959/1963 vereinbarte Pauschalmietzins beträgt 1.200 S per Monat.

Die antragstellende Vermieterin begehrte am 18. 11. 1982 bei der Schlichtungsstelle des Magistrats der Landeshauptstadt *****, den von den Antragsgegnern monatlich zu zahlenden Hauptmietzins für das Mietobjekt mit 1.099,89 S und den auf sie entfallenden Anteil an den Betriebskosten und öffentlichen Abgaben der Liegenschaft mit 14,07 % festzusetzen.

Zur Begründung ihres Antrags brachte sie vor, dass das MRG zwar keine ausdrückliche Regelung für die vor seinem Inkrafttreten vereinbarten Pauschalmietzinse enthalte, jedoch in seinem § 17 vorsehe, dass sich der Anteil eines Mietgegenstands an den gesamten Kosten des Hauses nach dem Verhältnis der Nutzflächen bestimme. Da der auf die von den Antragsgegnern gemieteten Büroräume entfallende Anteil an den Betriebskosten und öffentlichen Abgaben bereits den Pauschalmietzins übersteige, sei eine Aufspaltung des Pauschalmietzinses in Hauptmietzins und Betriebskosten notwendig.

Die Schlichtungsstelle sprach aus, dass für den Mietgegenstand ab 1. 1. 1982 ein Lastenaufteilungsschlüssel von 14,42 % gelte, für die Zerlegung des Pauschalmietzinses von 1.200 S und Festsetzung eines Hauptmietzinses von 1.099,89 S monatlich das MRG keine Grundlage biete und der Pauschalmietzins in die den Mietern zu verrechnenden anteiligen Betriebskosten und öffentlichen Abgaben einzurechnen sei. In der Entscheidungsbegründung wurde ua angeführt, dass die den vereinbarten Pauschalmietzins übersteigenden anteiligen Betriebskosten und öffentlichen Abgaben den Mietern angelastet werden könnten.

In offener Frist stellte die Antragstellerin beim Erstgericht das Begehren, den von den Antragsgegnern ab 1. 1. 1982 (monatlich) zu zahlenden Hauptmietzins mit 1.099,89 S festzusetzen. Sie errechnete unter Zugrundelegung des von der Schlichtungsstelle bestimmten Prozentsatzes von 14,42 den auf die Antragsgegner für das Jahr 1983 entfallenden monatlichen Anteil an den Betriebskosten und öffentlichen Abgaben mit 1.245,26 S und beharrte auf der Rechtsansicht, dass eine Aufspaltung des vereinbarten Pauschalmietzinses in Hauptmietzins und Betriebskosten notwendig sei, weil andernfalls die Nutzung des Mietgegenstands durch die Antragsgegner eine unentgeltliche sei.

Das Erstgericht wies den Antrag ab und das Rekursgericht bestätigte den Sachbeschluss erster Instanz, ließ jedoch den weiteren Rekurs zu.

Beide Vorinstanzen äußerten übereinstimmend die Ansicht, dass nach dem MRG das Begehren der Antragstellerin nicht begründet sei.

Das Rekursgericht führte zusätzlich im Wesentlichen folgende Gründe für seine Entscheidung an:

Der hier vereinbarte Pauschalmietzins schließe einen Anspruch auf Abgeltung der zwischenzeitig eingetretenen Steigerung der Betriebskosten bis zur Höhe des Pauschalmietzinses aus; eine Aufspaltung des Pauschalmietzinses in Hauptmietzins, anteilige Betriebskosten und öffentliche Abgaben sei im MRG auch nicht vorgesehen. Allerdings erstarre der Hauptmietzinsanteil des Pauschalmietzinses. Infolge des rechtskräftig gewordenen Ausspruchs der Schlichtungsstelle über den Lastenaufteilungsschlüssel ergebe sich, dass der Betriebskostenanteil der Antragsgegner für das Jahr 1983 bereits den von ihnen zu zahlenden Pauschalmietzins übersteige, so dass der Hauptmietzinsanteil auf Null reduziert und insofern erstarrt sei. Dies führe zwangsläufig dem Schluss, dass die den Pauschalmietzins von 1.200 S übersteigenden Betriebskosten den Mietern angelastet werden könnten.

Gegen den Sachbeschluss des Rekursgerichts hat die Antragstellerin Revisionsrekurs eingebracht.

Aus Anlass dieses Rechtsmittels kommt der Oberste Gerichtshof allein auf der Grundlage der von der Antragstellerin zur Ableitung ihres Sachantrags vorgebrachten Tatsachenbehauptungen zu dem Ergebnis, dass die angestrebte Sachentscheidung im materiell‑rechtlichen Normenbestand des MRG nicht begründet und ihre Verfolgung im außerstreitigen Verfahren gemäß § 37 MRG nicht zulässig ist. Es entspricht dem Wesen einer Pauschalzinsvereinbarung, dass der Vermieter das Risiko vorhersehbarer Erhöhungen der ihn treffenden Lasten (Betriebskosten und öffentliche Abgaben) voll zu tragen hat, selbst wenn diese das vereinbarte Entgelt übersteigen. Die Frage, ob in einem solchen Fall der Fortbestand des Mietrechtsverhältnisses für den Vermieter im Sinne des § 30 Abs 1 MRG unzumutbar ist, stellt sich in diesem Verfahren nicht zur Beantwortung.

Aus der dargelegten Erwägung muss das gesamte bisherige Verfahren einschließlich der Sachbeschlüsse der Vorinstanzen von Amts wegen als nichtig aufgehoben und der das Verfahren einleitende Antrag zurückgewiesen werden. Die Überleitung des Antrags ins streitige Verfahren ist in diesem Falle nicht möglich, weil der geltend gemachte Anspruch auf der Grundlage des Sachverhaltsvorbringens auch nicht im Klagewege durchsetzbar ist.

Der Ausspruch über die Kosten des Verfahrens beruht auf den §§ 37 Abs 3 Z 19 MRG und 51 Abs 2 ZPO.

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