OGH 7Ob647/84

OGH7Ob647/848.11.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) DI Dieter S*****, 2.) Anneliese S*****, 3.) Rosa V*****, 4.) Margit L*****, und 5.) Karoline L*****, alle vertreten durch Dr. Johannes Hock, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei L***** Betriebsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Heinrich Wille, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung und Unterlassung (Streitwert 30.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 6. Juni 1984, GZ 41 R 423/84‑10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Döbling vom 15. Februar 1981, GZ 4 C 840/83‑5, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00647.840.1108.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 3.315,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 279,57 S an Umsatzsteuer und 240 S an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Mit Vertrag vom 23. 7. 1980 haben die Kläger als Eigentümer des Hauses *****, der Beklagten die Geschäftsräume im Parterre dieses Hauses zum Betrieb eines Espressos vermietet. § 6 des Vertrags, „Untervermietung oder sonstige Überlassung“, hat folgenden Wortlaut:

„Unter Bezugnahme auf § 18 a des Mietengesetzes wird im Interesse der Aufrechterhaltung des Friedens in der Hausgemeinschaft vereinbart:

1.) Ohne schriftliche Zustimmung des Vermieters darf das Mietobjekt weder entgeltlich noch unentgeltlich ganz oder teilweise dritten Personen, auch nicht Bettgehern, überlassen werden. Geschäftsräume dürfen ohne schriftliche Zustimmung des Vermieters auch nicht im Weg eines allfälligen Gesellschaftsverhältnisses, Pachtvertrages und dergleichen dritten Personen überlassen werden. In keinem Fall ist es dem Mieter gestattet, Rechte aus diesem Vertrag an dritte Personen abzutreten.

2.) Ohne Zustimmung des Vermieters ist der Mieter nicht berechtigt, das in den gemieteten Räumen betriebene Geschäftsunternehmen an eine dritte Person zu übertragen.“

Die Beklagte hat das Bestandobjekt an Walter S***** verpachtet.

Mit der am 13. 10. 1983 eingelangten Klage stellen die Kläger das Begehren.

1.) es werde festgestellt, dass die Beklagte zu einer Übertragung von Rechten aus dem Mietvertrag an Dritte, insbesondere Walter S*****, nicht berechtigt sei;

2.) die Beklagte sei schuldig, die Überlassung des Gebrauchs des Bestandgegenstands an Walter S***** zu unterlassen, Maßnahmen für die Unterlassung des Gebrauchs durch Walter S***** zu ergreifen und diesen aus dem Bestandobjekt binnen drei Monaten zu entfernen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage.

Das Erstgericht gab der Klage statt.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts in seinem Punkt 2 und änderte es in seinem Punkt 1 insoweit ab, als es feststellte, die Beklagte sei zu einer Übertragung von Rechten aus dem Mietvertrag an Dritte mit Ausnahme der Unternehmensveräußerung gemäß § 12 Abs 3 MRG und der nach § 11 MRG zulässigen Untervermietung nicht berechtigt. Es sprach aus, dass der Wert des von der Abänderung betroffenen Streitgegenstands 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und dass die Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht vertrat die Ansicht, dass das vertragliche Weitergabeverbot zwar nicht die Unternehmensverpachtung hindere, dem Vermieter aber doch das Recht einräume, diese Form der Benützungsausübung durch den Unternehmenspächter (gemeint wohl: Verpächter) zu untersagen. Die entgegen einem vertraglichen Verbot zulässige Weitergabe nach § 18a MietG sei auf die Untervermietung beschränkt gewesen und habe auf keine andere Form der vertraglich verbotenen Gebrauchsüberlassung ausgedehnt werden können. Daran habe die Rechtslage seit dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes nicht geändert. § 11 MRG unterscheide sich von § 18a MietG nur dadurch, dass in den in dieser Bestimmung aufgezählten Fällen eine Entscheidung im Außerstreitverfahren über die Zulässigkeit der Weitergabe nicht mehr erfolge. Die Weitergabe sei in den in § 11 MRG genannten Fällen vielmehr schon aufgrund dieser Bestimmung ungeachtet eines vertraglichen Untermietverbots zulässig. Ob ein wichtiger Grund gegen die Untervermietung vorliege, sei jetzt im streitigen Verfahren zu prüfen. Die Fälle der Untervermietung nach § 11 MRG seien daher von dem im Mietvertrag vom 23. 7. 1980 enthaltenen Weitergabeverbot ausgeschlossen. Das Feststellungsbegehren sei in diesem Umfang, aber auch im Hinblick auf die neue Bestimmung des § 12 Abs 3 MRG abzuändern gewesen. Die Zulässigkeit einer Verpachtung lasse sich allerdings aus § 12 Abs 3 MRG nicht ableiten. Bei der Veräußerung eines vom Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit im Mietgegenstand betriebenen Unternehmens gingen nach § 12 Abs 3 MRG die Hauptmietrechte am Mietgegenstand und die Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses auf den Erwerber des Unternehmens über. Die Bestimmung des § 12 Abs 3 MRG beschränke sich demnach auf endgültige Übertragungen der Rechte am Unternehmen und könne auf zeitliche Übertragungen (wie die Unternehmensverpachtung) nicht ausgedehnt werden. Die Revision sei zuzulassen gewesen, da es zu den in der Entscheidung behandelten Fragen nach dem Mietrechtsgesetz noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gebe.

Die Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichts mit Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und stellt den Antrag, es dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde.

Die Kläger beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Verfehlt sind die Ausführungen der Beklagten darüber, dass die von ihr vorgenommene Verpachtung den Tatbestand des Kündigungsgrundes nach § 19 Abs 2 Z 10 MietG bzw des § 30 Abs 2 Z 4 MRG nicht herstelle. Eine Aufkündigung des Bestandverhältnisses ist nämlich nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Im Übrigen ist davon auszugehen, dass Mieter und Pächter nach § 1098 ABGB berechtigt sind, die Miet‑ und Pachtstücke dem Vertrag gemäß durch die bestimmte Zeit zu gebrauchen und zu benützen, oder auch in Afterbestand zu geben, wenn es ohne Nachteil des Eigentümers geschehen kann und im Vertrag nicht ausdrücklich untersagt worden ist. Eine Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter, wonach diesem (ohne schriftliche Zustimmung des Vermieters) jegliche Weitergabe des Mietobjekts, auch im Wege der Veräußerung oder Verpachtung des darin betriebenen Unternehmens, verboten wird, ist daher grundsätzlich zulässig und zwischen den Parteien verbindlich ( Sobalik in ÖJZ 1969, 203; EvBl 1975/289). Für ein Bestandverhältnis, auf das die Bestimmungen des Mietengesetzes bzw des Mietrechtsgesetzes nicht anzuwenden sind, oder das nur den Kündigungsbeschränkungen dieser Gesetze unterliegt, gilt ein vertragliches Weitergabeverbot zufolge § 1098 ABGB ohne jede Einschränkung (EvBl 1973/220). Bei allen anderen Bestandverhältnissen ist das vertragliche Verbot der Untervermietung durch die Bestimmungen des § 18a MietG bzw des wörtlich gleichlautenden § 11 Abs 1 MRG in erheblicher Weise, und zwar auf die dort angeführten wichtigen Gründe, eingeschränkt worden. § 18a MietG und § 11 MRG betreffen jedoch nach ihrem Wortlaut nur ein vertragliches Verbot der Untervermietung, nicht auch andere vertraglich verbotene Formen der Gebrauchsüberlassung, wie etwa der Überlassung gemieteter Geschäftsräume an dritte Personen durch Verpachtung des vom Mieter darin betriebenen Unternehmens ( Sobalik aaO 204, MietSlg 22.320). Ein vertragliches Verbot der Überlassung der Mieträumlichkeiten im Wege der Verpachtung des im Mietobjekt betriebenen Unternehmens ist daher zulässig und verbindlich. Ein Verstoß gegen dieses Verbot berechtigt den Vermieter, die Unterlassung und Wiederherstellung des vertragsmäßigen Zustands zu begehren (EvBl 1975/289, iglS MietSlg 30.129 ua).

Eine extensive Auslegung der Bestimmungen des § 11 Abs 1 MRG dadurch, dass etwa anstelle des Begriffs der „Untervermietung“ jener der „Weitergabe“ (in welcher Form auch immer) gesetzt wird, würde zu keinem anderen Ergebnis führen; denn in diesem Fall könnte sich der Vermieter auf ein vertragliches Verbot der Weitergabe dann berufen, wenn ein wichtiger Grund gegen die Weitergabe vorliegt, wobei ein wichtiger Grund unter anderem (Z 1) dann gegeben wäre, wenn der Mietgegenstand zur Gänze weitergegeben wird; dies aber wird von der Beklagten gar nicht bestritten.

Nicht verständlich ist es, wieso die Beklagte mit ihrem Hinweis in Punkt 4 der Revisionsausführungen, die Bestimmungen der §§ 18a MietG und 11 MRG bezögen sich nur auf das vertragliche Verbot der Untervermietung, nicht auch der Verpachtung, etwas für ihren Standpunkt gewinnen möchte. Die Beklagte übersieht offensichtlich, dass die §§ 18a MietG und 11 MRG zwar das nach § 1098 ABGB ohne weitere Begründung mögliche vertragliche Verbot der Untervermietung wesentlich beschränken, nicht aber auch das Verbot einer anderen vertraglich verbotenen Form der Gebrauchsüberlassung ( Sobalik aaO), und argumentiert damit gegen ihren eigenen Standpunkt.

Der Versuch der Beklagten, die Zulässigkeit der von ihr vorgenommenen Verpachtung damit zu rechtfertigen, dass § 12 Abs 3 MRG sogar die Unternehmensveräußerung zulasse, scheitert daran, dass § 12 Abs 3 MRG einen durchaus verschiedenartigen Sachverhalt regelt. § 12 Abs 3 MRG knüpft an die Veräußerung eines Unternehmens, das der Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit im Mietgegenstand betreibt – worunter nur die endgültige Übertragung der Rechte am Unternehmen verstanden werden kann ( Würth‑Zingher , Mietrechtsgesetz, Anm 4 zu § 12) – die Folge, dass die Hauptmietrechte am Mietgegenstand und die Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses an den Erwerber des Unternehmens übergehen und dass der Vermieter vom Erwerber – unter den dort beschriebenen Voraussetzungen – eine Erhöhung des Hauptmietzinses verlangen kann. Die von der Beklagten vorgenommene Verpachtung aber beinhaltet keine endgültige Übertragung der Rechte am Unternehmen und daher auch keinen Übergang der Hauptmietrechte am Bestandgegenstand. Der Vermieter kann deshalb auch eine Erhöhung des Hauptmietzinses nicht begehren.

Mit Recht haben deshalb die Vorinstanzen der Klage stattgegeben, sodass der Revision ein Erfolg versagt bleiben musste.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte