OGH 5Ob78/84

OGH5Ob78/846.11.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Vermieterin protokollierte Firma N***** Kommanditgesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Helmut Thomich, Rechtsanwalt in Graz, wider die Mieterin Rosa F*****, vertreten durch Dr. Hans Lehofer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Angemessenheit des begehrten Hauptmietzinses nach § 12 Abs 3 MRG, infolge Revisionsrekurses der Vermieterin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 17. Juli 1984, GZ 3 R 195/84‑20, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Feldbach vom 19. April 1984, GZ Msch 4/82‑16, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0050OB00078.840.1106.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Die Antragsgegnerin und ihr Ehemann hatten seit 1950 Geschäftsräumlichkeiten im Haus ***** in ***** gemietet. Als die Liegenschaftseigentümer das Haus im Jahr 1963 umbauen wollten, schlossen sie mit den Geschäftsmietern einen schriftlichen Vertrag, wonach das Mietverhältnis an den neu errichteten Werkstatt‑ und Geschäftsräumen aufrecht bleibe und der Monatshauptmietzins 200 S betrage.

Am 17. Mai 1982 errichteten die Ehegatten und ihr Sohn einen mit Notariatsakt beurkundeten Schenkungsvertrag. Der Mann übertrug der Frau sein nicht protokolliertes Unternehmen des Schuhhandels an den Standorten *****, und *****, mit allem Betriebsvermögen so auch den Bestandrechten an den im Erdgeschoß des Hauses *****, gelegenen Geschäfts-räumlichkeiten. Der Notar, dem der Inhalt des bestehenden Mietvertrags unbekannt war, verständigte namens der Ehegatten am 21. Mai 1982 die Vermieterin, dass die Bestandrechte infolge Veräußerung des Unternehmens auf die Antragsgegnerin übergegangen seien.

Die Vermieterin begehrte nun von der Antragsgegnerin die Zahlung des angemessenen Hauptmietzinses von 65 S je m 2 Nutzfläche und beantragte, weil die Gegnerin nur zur Leistung von 30 S je m 2 bereit war und keine Einigung zustande kam, bei Gericht die Feststellung, dass ein Hauptmietzins von 65 S je m 2 der Nutzfläche der Geschäftsräumlichkeit angemessen sei. Nach dem Vorliegen des Sachverständigengutachtens, dass für den Mietgegenstand ein Hauptmietzins von 80 S je m 2 der Nutzfläche angemessen sei, verlangte die Antragstellerin die Erhöhung des Hauptmietzinses auf diesen Betrag.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Der Mietrechtsübergang nach § 12 Abs 3 MRG setze voraus, dass eine von den Parteien des bisherigen Bestandverhältnisses verschiedene Person das Unternehmen und die Hauptmietrechte erwerbe. Die Antragsgegnerin sei aber schon seit 1950 (Mit‑)Hauptmieterin gewesen. Es fehle daher an einem Vorgang nach § 12 Abs 3 MRG, der das Erhöhungsverlangen der Vermieterin rechtfertigen könnte.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Sachbeschluss und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu. Durch die Bestimmung des § 12 Abs 3 MRG sollte die Abtretung von Mietrechten an Geschäftsräumen einer sachgerechten Lösung zugeführt und der Mietrechtsübergang im Zusammenhang mit Unternehmensveräußerungen neu geregelt werden. Anspruch auf Erhöhung des Hauptmietzinses auf den angemessenen Betrag habe der Vermieter nur, wenn der Erwerber des Unternehmens und der Mietrechte diese nicht schon bisher hatte. Jeder Mitmieter habe Rechte an der ganzen Bestandsache. Scheide ein Mitmieter aus, wachse sein Anteil den übrigen zu. Die Antragsgegnerin habe die Hauptmietrechte nicht erst durch den Unternehmenserwerb erlangt sondern schon vorher besessen. Es handle sich hier nicht um den Übergang der Hauptmietrechte nach § 12 Abs 3 MRG.

Diese Rechtsansicht bekämpft die Vermieterin mit ihrem Revisionsrekurs, der darauf abzielt, dass ihrem Feststellungsantrag stattgegeben werde. Hilfsweise liegt ein Aufhebungsantrag vor.

Eine Revisionsrekursbeantwortung wurde nicht erstattet.

Das Rechtsmittel der Vermieterin ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Neuregelung des Übergangs der Hauptmietrechte an Geschäftsräumlichkeiten auf den Erwerber eines darin betriebenen Unternehmens als zwingende Folge der Unternehmensveräußerung im § 12 Abs 3 MRG stellt auf den Fall ab, dass der bisherige Hauptmieter aus dem Bestandvertrag ausscheidet und der Unternehmenserwerber die Hauptmietrechte durch Übergang erwirbt, also solche Hauptmietrechte nicht schon aufgrund des bestehenden Vertrags ausübte. Der durch Schenkung bewirkte Übergang des Unternehmens eines Mitmieters der Geschäftsräumlichkeit auf einen anderen Mitmieter, der schon bisher Träger der Mietrechte war und nun das Unternehmen in dem von ihm (mit‑)gemieteten Geschäftsraum weiterführt, fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 12 Abs 3 MRG. Es bedarf auch nicht des Ausgleichs der ohne Zustimmung des Vermieters eintretenden Auswechslung des Vertragspartners durch das Recht, eine Anhebung des vertraglich geregelten Mietzinses mit der Wirkung begehren zu können, dass der Übernehmer des Mitrechts ab dem Erhöhungsbegehren des Vermieters den angemessenen Hauptmietzins zu entrichten hat, wenn die Fortführung des Unternehmens durch einen Teil des bestehenden Mietvertrags erfolgt. Daran ändert nichts, dass der Vertreter der Mitmieter infolge Unkenntnis von der Mitmietereigenschaft der Unternehmenserwerberin den Übergang der Hauptmietrechte angezeigt hatte. Entscheidend ist, dass die Erwerberin des Unternehmens schon vor der Unternehmensveräußerung aus dem Vertrag mit dem Eigentümer des Bestandobjekts (§ 1120 ABGB, § 2 Abs 1 Satz 2 MRG) Mietrechte an den Geschäftsräumlichkeiten besaß und diese nicht erst mit dem Unternehmen erwerben musste. Durch die Unternehmensübertragung wurde allerdings die Rechtsposition der beiden Mitmieter als Vertragspartner der Vermieterin nicht verändert. Da § 12 Abs 3 MRG diesen Fall nicht erfasst, käme ein Ausscheiden des Überträgers des Unternehmens aus seinen Rechten und Pflichten als Mitmieter nur mit Zustimmung der Vermieterin in Betracht.

Da die Vorinstanzen daher ohne Rechtsirrtum erkannt haben, dass der Vermieterin kein Anspruch auf Erhöhung des Hauptmietzinses auf den angemessenen Betrag zustand, weil bei dem festgestellten Sachverhalt die Voraussetzungen dafür nach § 12 Abs 3 MRG nicht erfüllt waren, ist der auf Feststellung des angemessenen Hauptmietzinses gerichtete Antrag der Vermieterin zu Recht abgewiesen worden.

Stichworte