OGH 2Ob644/84

OGH2Ob644/8430.10.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Alice W*****, vertreten durch Dr. Hans Frieders, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Willibald W*****, vertreten durch Dr. Erna Strommer, Rechtsanwältin in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Beschluss des Kreisgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 19. Juni 1984, GZ 5 R 189/84-29, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Mistelbach vom 6. April 1984, GZ F 3/83-22, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Keinem der beiden Revisionsrekurse wird Folge gegeben. Die Rechtsmittelwerber haben die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Parteien haben am 26. 9. 1953 die Ehe geschlossen. Die häusliche Gemeinschaft ist seit dem Jahre 1975 aufgehoben. Mit rechtskräftigem Urteil des Kreisgerichts Korneuburg vom 30. 11. 1982 wurde die Ehe auf Begehren des Antragsgegners nach § 55 Abs 3 EheG geschieden und gemäß § 61 Abs 3 EheG ausgesprochen, dass den Antragsgegner das Alleinverschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft. Der Ehe entstammen die bereits volljährigen Kinder Waltraud (geboren 1954) und Wolfgang (geboren 1961). Das eheliche Gebrauchsvermögen besteht aus der Liegenschaft EZ ***** KG ***** mit einem Einfamilienhaus, das seit dem Jahre 1971 als Ehewohnung diente. Im Jahre 1975 ist der Antragsgegner aus der Ehewohnung ausgezogen.

Beide Ehegatten streben die Übertragung des halben Miteigentumsanteils des anderen an dieser Liegenschaft gegen eine Ausgleichszahlung von 250.000 S an. Hilfsweise begehrt die Antragstellerin die Einräumung eines Fruchtgenussrechts oder eines unentgeltlichen Wohn- oder Mietrechts, der Antragsgegner die Feilbietung der Liegenschaft und Aufteilung des Erlöses.

Das Erstgericht entschied im Sinne des Hauptbegehrens der Antragstellerin und verpflichtet sie zu einer Ausgleichszahlung von 270.000 S, zahlbar binnen 2 Monaten ab Rechtskraft des Beschlusses.

Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass es die Ausgleichszahlung auf 320.000 S erhöhte, die Zahlungsfrist auf 3 Monate verlängerte und zugunsten dieser Forderung ein Pfandrecht ob der Liegenschaft anordnete. Das Rekursgericht erklärte den Revisionsrekurs für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung des Rekursgerichts von beiden Parteien erhobenen Revisionsrekurse sind nicht berechtigt.

Das Erstgericht legte seiner Entscheidung den auf den AS 69 bis 77 (S 2 bis 6 der Beschlussausfertigung) dargestellten Sachverhalt zugrunde. Danach wurde der Bauplatz von den Streitteilen im Jahre 1963 gemeinsam gekauft. Mit dem Hausbau wurde im Jahre 1965 begonnen. Das Haus wurde in Eigenregie errichtet, wobei beide Teile mitarbeiteten. Die Antragstellerin kochte für die am Bau beschäftigten Personen und half auch selbst am Bau mit. Das Gebäude ist unfertig. Der Außenverputz ist unvollkommen, das Kellergeschoss ist innenseitig unverputzt. Diverse Professionistenarbeiten sind noch nicht vollendet. Das Gebäude ist in einfachster Form ausgeführt und bereits reparaturbedürftig. Der Verkehrswert samt Grund beträgt 900.000 S.

Die Antragstellerin war von der Eheschließung bis zum Jahre 1969 nicht berufstätig. Sie widmete sich der Haushaltsführung, der Mitarbeit beim Hausbau und der Kindererziehung. Ab dem Jahre 1969 nahm sie alle Arbeiten an, die ihr angeboten wurden. Seit dem Jahre 1977 ist sie bei der Bundespolizeidirektion Wien als Vertragsbedienstete mit einem monatlichen Nettogehalt von 7.000 S beschäftigt. Sie wohnt derzeit allein in dem Haus und hat keine andere Wohnmöglichkeit.

Der Antragsgegner war vom 15. 9. 1952 bis 4. 8. 1969 als Lohnschlächter mit einem wöchentlichen Bruttolohn von 1.543,52 S beschäftigt. Seit 1970 ist er Vertragsbediensteter bei der Finanzlandesdirektion Wien, wobei er monatlich brutto 11.760 S verdient. Nach seinem Auszug aus der Ehewohnung wohnte er zunächst in Wien 22. Diese Wohnung verkaufte er und wohnt derzeit bei seiner Lebensgefährtin am Rennbahnweg.

Das Erstgericht war der Auffassung, dass die Einräumung eines Fruchtgenussrechts oder eines Mietrechts an die Antragstellerin wegen der erforderlichen Trennung der Lebenssphären der geschiedenen Ehegatten nicht in Betracht käme. Der Miteigentumsanteil des Antragsgegners sei der Antragstellerin zu übertragen, weil diese zum Unterschied vom Antragsgegner keine andere Wohnmöglichkeit habe. Die von den Parteien zur Schaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens geleisteten Beiträge seien gleichwertig. Bei Festsetzung der Ausgleichszahlung könne aber nicht einfach der rechnerische Wert der Liegenschaft zugrundegelegt werden. Unter Bedachtnahme auf den geringeren Wert eines halben Anteils, auf die Leistungsfähigkeit der Antragstellerin und auf das Erfordernis, dass sie wirtschaftlich bestehen können müsse, sei ein Betrag von 270.000 S gerechtfertigt.

Das Rekursgericht billigte grundsätzlich die Entscheidung des Erstgerichts, hielt jedoch eine Ausgleichszahlung von 320.000 S als angemessen.

Die Antragstellerin strebt unter Hinweis auf ihr geringes Einkommen eine Herabsetzung der Ausgleichszahlung auf 250.000 S an. Sie beruft sich für ihren Standpunkt auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs über die Grenzen der Belastbarkeit des zur Leistung einer Ausgleichszahlung verpflichteten geschiedenen Ehegatten (EvBl 1981/71; 7 Ob 720/82 ua). Den Rechtsmittelausführungen der Antragstellerin ist entgegenzuhalten, dass - wie der Oberste Gerichtshof bereits klargestellt hat - solche Erwägungen nicht dazu führen können, einen Ehegatten unter Hinweis auf die Vermögenslosigkeit und das geringe Einkommen des anderen, dazu zu verhalten, seinen Anteil an dem gemeinsamen Vermögen entschädigungslos oder gegen eine unverhältnismäßig geringe Entschädigung aufzugeben. Es müssen auch die Interessen des weichenden geschiedenen Ehegatten berücksichtigt werden (7 Ob 551/84). Bei Einbeziehung dieser Erwägungen in die zu treffende Billigkeitsentscheidung ist die vom Rekursgericht getroffene Regelung zu billigen.

Da die Antragstellerin selbst davon ausgeht, dass sie die Ausgleichszahlung durch einen Kredit zu finanzieren haben werde, ist auch die Einräumung von Ratenzahlungen nicht gerechtfertigt. Auf die für die Kreditbeschaffung erforderliche Zeit wurde bei Bestimmung der Leistungsfrist durch das Rekursgericht ohnehin Bedacht genommen.

Der Antragsgegner kann für seinen Standpunkt, sein Betrag sei höher zu bewerten als der der Antragstellerin und es hätte ein Verkauf der Liegenschaft mit nachfolgender Teilung des Erlöses angeordnet werden müssen, keine neuen Argumente vorbringen. Es genügt daher, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die in diesen Punkten zutreffenden Darlegungen der Vorinstanzen zu verweisen. Zur Höhe der Ausgleichszahlung wurde bereits zum Revisionsrekurs der Antragstellerin Stellung genommen.

Demgemäß ist beiden Revisionsrekursen ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG.

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