Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 23.Mai 1939 geborene beschäftigungslose Richard A wurde mit dem angefochtenen Urteil des Vergehens der versuchten Nötigung nach § 15, 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er nachstehend genannte Personen durch gefährliche Drohung zu Unterlassungen zu nötigen getrachtet, und zwar:
in Gaißau am 18.Dezember 1983 Othmar B durch die Äußerung, er werde ihn abstechen, erschießen oder das Erschießen durch einen anderen bewerkstelligen lassen; er wisse schon, wohin er gehen müsse, um ihn zu finden, und er wisse auch, was er mit dessen Frau machen würde, damit man diese nicht mehr anschauen könne, zur Unterlassung der Weitervermietung zweier Appartements an zwei Prostituierte (A 1); ferner ebendort am 8.Feber 1984 Angelika G*** durch die Äußerung, wenn er noch einmal einen Schweizer 'Kübel' (den PKW eines Schweizer Freiers) vor der Haustür sehen sollte, werde er diesen umwerfen und sie selbst aus der Wohnung herausholen, zur Unterlassung der Prostitutionsausübung in ihrer Wohnung (A 2); schließlich Mitte Jänner 1984 in Bregenz Angelika C und Sabrina D durch die Äußerung, er lasse sie 'machen' und die 'Hütte' werde angezündet, sollte er einmal ein Inserat der beiden in einer Zeitung lesen, zur Unterlassung der Ausübung der Prostitution in ihrer Wohnung (B). Die auf § 281 Abs 1 Z.9 lit a (der Sache nach auch auf Z. 5) StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten richtet sich gegen den Schuldspruch wegen der am 8.Februar 1984 versuchten Nötigung (A 2).
Rechtliche Beurteilung
Der Rechtsrüge zuwider mangeln hiezu jedoch keineswegs Feststellungen über die (objektive) Eignung der inkriminierten Ankündigung, der Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse und auf ihre persönliche Beschaffenheit oder die Wichtigkeit der angedrohten übel gegründete Besorgnisse einzuflößen. Bei Lösung dieser Rechtsfrage ist nämlich nicht allein vom Wortlaut, sondern insbesondere von dem als erwiesen angenommenen Sinngehalt der Drohung auszugehen. Nun hat das Erstgericht aber die hiezu festgestellten Äußerungen (A 2) zum einen als Ankündigung, Freier durch Beschädigung ihrer Fahrzeuge vom Besuch der Angelika C abzuhalten und so deren Einkünfte aus der Prostitution zu schmälern, und zum andern als Androhung nicht näher konkretisierter Verletzungen am Körper ausgelegt, in welch letzterem Sinn auch die wiederholte Ankündigung einer nicht unerheblichen körperlichen Mißhandlung verstanden wurde (S.99 erster bis dritter Absatz und S. 100 oben in Verbindung mit S. 102 oben).
Mag auch bei isolierter Betrachtung des Wortlauts der Äußerung insbesondere dann, wenn das Milieu, in welcher sie fiel, außer acht bleibt, deren objektive Eignung, gegründete Besorgnisse einzuflößen, wegen der Unbestimmtheit ihres Sinns zweifelhaft erscheinen, so ergibt sich vorliegend doch im Zusammenhalt mit den aus ähnlichem Anlaß schon früher geäußerten konkreten Drohungen (B) sowie unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Vorarlberger Dirnen- und Zuhältermilieu (S.102), daß dem Erstgericht kein Rechtsirrtum unterlaufen ist, wenn es die Eignung auch dieser Drohung (A 2), begründete Besorgnisse einzuflößen (§ 74 Z.5 StGB), bejaht hat. Insoweit der Beschwerdeführer sachlich in Ausführung einer Mängelrüge (§ 281 Abs 1 Z.5 StPO) eine Begründung für die Interpretation der gegenständlichen Äußerungen im erwähnten Sinn (eine Tatfrage) vermißt, ist auf die Urteilsdarlegungen zu verweisen, denen zufolge der Schöffensenat (auch in dieser Hinsicht) den überzeugenden Schilderungen der Bedrohten zu folgen vermochte (S.100 letzter Absatz). Dies ist durch die Aussage der Zeugin C (S.85 f.) gedeckt, wonach sie selbst alle inkriminierten Äußerungen als durchaus ernstzunehmende Drohungen aufgefaßt hat; sohin hat sie auch die erwähnte Ankündigung, sie aus der Wohnung herauszuholen (A 2), nicht anders als das Schöffengericht interpretiert, nämlich so wie die etwa drei Wochen früher gefallene Drohung des Angeklagten, die genannte Zeugin und Sabrina D 'machen' zu lassen (siehe hiezu Hauptverhandlungsprotokoll S.87 unten und 88, sowie die Aussage der Zeugin Sabrina D, S.88 vorletzter Absatz). Die Schlußfolgerung des Erstgerichts, daß auch der Angeklagte selbst seine Äußerung als Ankündigung, Angelika C herauszuholen, um sie zu verletzen, verstanden wissen wollte, verstößt daher weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungsgrundsätze, sondern löst in freier Würdigung der Beweisergebnisse die bezügliche Tatfrage unter lebensnaher Berücksichtigung des Milieus und der Tatvorgeschichte. Mithin fehlt es auch der Tatsachenfeststellung über den Sinn der vom Angeklagten am 8.Feber 1984 gegenüber Angelika C gefallenen Äußerung (A 2) nicht an einer zureichenden Begründung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 28 Abs 1, 105 Abs 1 StGB eine Freiheitstrafe von sechs Monaten. Dabei wertete es die auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Vorstrafen und die mehrfache (dreimalige) Tatbegehung als erschwerend, als mildernd hingegen den Umstand, daß die Delikte jeweils nur bis ins Versuchsstadium gediehen waren.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle der Freiheitsstrafe, allenfalls deren Herabsetzung, an: Es käme ihm zusätzlich der Milderungsumstand der Unbesonnenheit zugute, weil die inkriminierten Äußerungen im Verlauf einer Auseinandersetzung fielen, in welcher er 'in Wut entbrannt' war.
Der Berufung bleibt ein Erfolg versagt.
Unbesonnenheit in der Bedeutung des § 34 Z. 7 StGB liegt nämlich nur dann vor, wenn die Tat auf eine augenblickliche Eingebung zurückzuführen ist, auf einen Willensimpuls also, der aus besonderen Gründen der Lenkung durch das ruhige Denken entzogen ist und nach der charakterlichen Beschaffenheit des Täters in der Regel unterdrückt worden wäre. Diesfalls wäre sie nämlich nicht auf eine kriminelle Neigung oder eine grundsätzliche Geringschätzung fremder Interessen zurückzuführen (Leukauf-Steininger 2 , RN. 13 zu § 34 StGB). Im vorliegenden Fall stellte das Erstgericht aber einen Hang des Angeklagten zur Gewalttätigkeit fest; es hob dazu die zahlreichen Vorstrafen (insbesondere wegen Körperverletzungsdelikten) hervor (S. 103). Demgemäß kann nicht gesagt werden, daß die vorliegenden (Nötigungs-)Taten aus besonderen Gründen der Lenkung durch das ruhige Denken entzogen und nach der charakterlichen Beschaffenheit des Rechtsmittelwerbers in der Regel unterdrückt worden wären.
Den Taten liegt vielmehr die schon erwähnte kriminelle Neigung des Angeklagten zur Gewalttätigkeit zugrunde.
Auf der Basis der vom Schöffengericht richtig und vollständig festgestellten (besonderen) Strafzumessungsgründe (§ 33, 34 StGB) und der allgemeinen Strafbemessungsnorm des § 32 StGB verhängte das Schöffengericht eine angemessene Freiheitsstrafe, die angesichts des vom Schöffengericht zu Recht herausgekehrten erheblichen, dem § 106 Abs 1 StGB
angenäherten Unrechtsgehalts der Taten (S. 103) einer Reduktion nicht zugänglich ist. Gegen die Anwendung des § 37 StGB sprechen infolge der Vorstrafen spezialpräventive und unter Berücksichtigung der vom Erstgericht festgestellten Verhältnisse im Vorarlberger Zuhälter- und Dirnenmilieu (siehe abermals S. 102) auch generalpräventive Erwägungen.
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