OGH 7Ob665/84

OGH7Ob665/8418.10.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach H***** S*****, vertreten durch die erbserklärten Erben G***** S*****, M***** S***** und W***** S*****, diese vertreten durch Dr. Oswin Bakay, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach E***** V*****, vertreten durch Dr. Andras Herdina, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 306.000 S sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. Juni 1984, GZ 1 a R 260/84‑13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 1. Februar 1984, GZ 11 C 197/83‑7, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00665.840.1018.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Der am 13. 8. 1982 verstorbene H***** S***** hatte mit Vertrag vom April 1982 ab 1. 5. 1983 eine Wohnung in einem der E***** V***** gehörigen Haus gemietet und aufgrund einer Vereinbarung mit der Vermieterin Investitionen in der Wohnung vorgenommen. Er wollte diese Wohnung zusammen mit H***** H***** beziehen, doch ist es infolge des vorherigen Ablebens des Mieters zu keinem Einzug in die Wohnung mehr gekommen. H***** H***** hat nach dem Tod des H***** S***** einen eigenen Mietvertrag betreffend die Wohnung abgeschlossen und ist am 30. 9. 1982 eingezogen.

Das Erstgericht hat das auf Ersatz der Investitionen im Betrag von 306.000 S sA gerichtete Begehren mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei nicht eine eintrittsberechtigte Person nach H***** S*****, weshalb sie zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs bezüglich der Investitionen nicht legitimiert sei.

Das Berufungsgericht hat die erstgerichtliche Entscheidung unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben. Es verneinte ein Eintrittsrecht der H***** H***** nach H***** S***** und bejahte die Aktivlegitimation des ruhenden Nachlasses nach diesem. Demnach müsse geprüft werden, ob der Mietvertrag mit H***** S***** bereits aufgelöst worden sei, weil nur in einem solchen Falle ein Ersatzanspruch nach § 10 MRG bestehe. Sollte der Mietvertrag bereits aufgelöst worden sein, müssten die weiteren Voraussetzungen des Anspruchs geprüft werden. Schließlich sei im Falle der Bejahung eines entsprechenden Ersatzanspruchs das Begehren auch der Höhe nach zu prüfen.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Beklagten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts erhobene Rekurs ist nicht gerechtfertigt.

Richtig ist, dass ein Ersatzanspruch der Klägerin nicht gegeben sein könnte, falls H***** H***** in den Mietvertrag eingetreten wäre, weil diesfalls eine Beendigung des Mietverhältnisses nicht stattgefunden hätte, eine solche Beendigung aber gemäß § 10 Abs 1 MRG Voraussetzung für die Geltendmachung des Ersatzanspruchs wäre.

Im vorliegenden Fall steht nicht fest, ob H***** H***** bereits die Lebensgefährtin des H***** S***** war. Dies musste auch gar nicht geprüft werden, weil nach § 14 Abs 3 MRG der Lebensgefährte nur dann eintrittsberechtigt ist, wenn er schon bisher im gemeinsamen Haushalt mit dem Mieter in der Wohnung gewohnt hat, wobei das Erfordernis des dreijährigen Aufenthaltes des Lebensgefährten in der Wohnung dann entfällt, wenn der Lebensgefährte die Wohnung seinerzeit mit dem bisherigen Mieter gemeinsam bezogen hat.

Dass eine Lebensgemeinschaft des H***** S***** mit H***** H***** in der vorangenannten Wohnung nicht drei Jahre bestanden hat, steht fest. Die Beklagte vertritt nun den Standpunkt, bereits die Vornahme von Investitionen müsse als Bezug einer Wohnung im Sinne des § 14 Abs 3 MRG angesehen werden. Würde man diesem Rechtsstandpunkt folgen, wäre in der Regel bereits der Abschluss des Mietvertrags als Bezug der Wohnung zu werten, weil die Vornahme von Investitionen in Wahrheit nur der Vorbereitung der Benützung zu Wohnzwecken dient, die wichtigste Vorbereitungshandlung für eine solche Benützung jedoch der Abschluss des Mietvertrags ist. Wertet man demnach die Vornahme von Investitionen bereits als Bezug der Wohnung, muss dies umsomehr für den Abschluss des Mietvertrags gelten. Dass dies nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein kann, ergibt sich schon daraus, dass bei der Regelung des Eintrittsrechts nicht auf den Abschluss des Mietvertrags, sondern nur auf den Bezug der Wohnung abgestellt wird, demnach auch nach dem Willen des Gesetzgebers diese beiden Umstände nicht identisch sein können. Zweck des Eintrittsrechts ist es, demjenigen, der schon bisher seinen Wohnbedarf in einer bestimmten Wohnung zusammen mit dem Mieter befriedigt hat, die weitere Befriedigung dieses Wohnbedarfs auf gleiche Weise zu ermöglichen. Entsprechend diesem Zweck kann daher unter dem Bezug einer Wohnung nur die tatsächliche Aufnahme der Benützung zur Befriedigung des Wohnzwecks verstanden werden. Der Hinweis des Rekurses auf Entscheidungen, die einen Fortfall des Benützens einer Wohnung durch Spitalsaufenthalte oder dergleichen verneint haben (MietSlg 23.413, 23.412, 21.543 ua) geht an der Sache vorbei, weil in derartigen Fällen die Benützung der Wohnung im oben aufgezeigten Sinn bereits begonnen hatte. Wurde eine Wohnung bereits zu Wohnzwecken benützt und demnach bezogen, so geht ein gemeinsamer Haushalt nicht dadurch verloren, dass einer der Bezieher später krankheitsbedingt abwesend ist. Es wäre auch der Standpunkt vertretbar, dass man einen gemeinsamen Bezug dann annimmt, wenn einer von zwei Personen eine Wohnung nur deshalb vorerst allein in Benützung nimmt, weil der andere Teil zum Zeitpunkt des Einzugs durch Krankheit am faktischen Einzug gehindert ist. Auch in einem solchen Fall ist es nämlich zu einem tatsächlichen Bezug der Wohnung gekommen.

Wird aber die Wohnung, wie im vorliegenden Fall, überhaupt noch nicht für Wohnzwecke verwendet, so kann von einem Bezug im Sinne des § 14 Abs 3 MRG keine Rede sein.

H***** H***** ist demnach nicht in den von H***** S***** abgeschlossenen Mietvertrag eingetreten, sodass sie nicht legitimiert wäre, die sich aus § 10 MRG ergebenden Ansprüche des H***** S***** geltend zu machen.

Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten schließt die Bestimmung des § 14 MRG nicht grundsätzlich die Geltendmachung eines Anspruchs nach § 10 MRG durch andere als eintrittsberechtigte Personen aus. Lediglich bei Vorhandensein eintrittsberechtigter Personen verdrängen diese die Erben des Mieters. Dagegen spricht auch nicht die im Rekurs zitierte Stelle im Ausschussbericht zum Mietrechtsgesetz. Diese stellt lediglich klar, dass neben den eintrittsberechtigten Personen keine anderen Erben des Mieters zur Geltendmachung derartiger Ansprüche legitimiert sein können und dass immer nur der Mieter und seine Rechtsnachfolger solche Ansprüche stellen dürfen, nicht aber ein Mieter, der nicht Rechtsnachfolger desjenigen Mieters ist, der die Investitionen gemacht hat. Der absolute Ausschluss der Vererblichkeit solcher Ansprüche ist weder dem Mietrechtsgesetz noch dem Ausschlussbericht zu entnehmen. Sohin verbleibt es auch bezüglich derartiger Ansprüche bei der allgemeinen gesetzlichen Regelung des § 531 ABGB, derzufolge sämtliche vermögensrechtlichen Rechte und Pflichten im Allgemeinen vererblich sind ( Welser in Rummel , Rdz 4 zu § 531). Auch Bestandrechte sind vererblich, wobei lediglich gemäß den §§ 14 und 30 Abs 2 Z 5 MRG eine Sonderrechtsnachfolge in Frage kommt ( Welser in Rummel , Rdz 5 zu § 521). Ist im Einzelfall eine Sonderrechtsnachfolge nicht gegeben, verbleibt es bei der allgemeinen Vererblichkeit von Ansprüchen nach dem MRG, was sich im Übrigen bezüglich der Mietrechte schon aus § 1116a ABGB ergibt.

Richtig hat demnach das Berufungsgericht erkannt, dass die Klägerin grundsätzlich zur Geltendmachung der Ansprüche des H***** S***** nach § 10 MRG legitimiert ist. Es muss daher das Vorliegen der Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle und im Falle der Bejahung des Vorliegens die Höhe der geltend gemachten Forderungen geprüft werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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