OGH 5Ob30/84

OGH5Ob30/8416.10.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Grundbuchsache betreffend die Verbücherung der mit Anmeldungsbogen des Vermessungsamts St. Johann im Pongau AZ A‑68/1983 beantragten durch die Herstellung der Verbreiterung der L ***** F***** herbeigeführten Eigentumsänderungen in der Katastralgemeinde *****, infolge Revisionsrekurses der „M*****“ E***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Kurt Böhm, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 19. April 1984, GZ 33 R 283/84‑7, womit der Beschluss des Bezirksgericht Radstadt vom 29. März 1984, GZ Nc 14/83‑4, abgeändert wurde folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0050OB00030.840.1016.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts in seinem Punkt I behoben wird. Im Übrigen bleibt diese Entscheidung als unangefochten aufrecht.

Begründung

Das Vermessungsamt legte dem Erstgericht die Vermessungsurkunde AZ 7103/81 vom 24. 2. 1983 mit der Bescheinigung nach § 39 VermG vor und beantragte die Verbücherung der durch die Verbreiterung der Straßenbauanlage F***** L ***** herbeigeführten Eigentumsänderungen.

Das Erstgericht sah die Voraussetzungen für das Vorgehen nach den §§ 15 ff LiegTeilG als gegeben an und ordnete neben der Abschreibung und Zuschreibung der Trennstücke unter anderem in seinem Beschlusspunkt I an, dass die Grundstücke Nr 745/8, 10/1, 759/1 und 759/2 vom Gutsbestand der Liegenschaft EZ 90 der Katastralgemeinde ***** (Eigentümerin Maria K*****) abgeschrieben und der Liegenschaft EZ 235 der Katastralgemeinde ***** (Eigentümerin Maria K*****) zugeschrieben, dort mit dem Grundstück 34 vereinigt und infolge dieser Vereinigung gelöscht werden. Allfällige Ersatzansprüche der Eigentümer und Buchberechtigten verwies das Erstgericht auf § 20 LiegTeilG.

In der EZ 90 gehörten zum Gutsbestand außer den Grundstücken, deren Abschreibung infolge ihrer Einbeziehung in das Grundstück Nr 34 der gleichen Eigentümerin angeordnet wurde, noch die Grundstücke 240 Baufläche und 31 Hutweide. In COZ 21 ist das Bestandrecht bis 31. 12. 1986, in COZ 22 die Dienstbarkeit der Duldung, der Errichtung und des Betriebs einer Zapfstelle und der Nebenanlagen zugunsten der „M*****“ E***** Gesellschaft mbH, in COZ 23, 25, COZ 27 und COZ 29 je das Simultanhöchstbetragspfandrecht für Kreditforderungen einer Sparkasse einverleibt. Nach Inhalt des zwischen der Eigentümerin Maria K***** und der „M*****“ E***** Gesellschaft mbH geschlossenen Bestandvertrags gab die Eigentümerin den zum Betrieb einer Tankstelle erforderlichen in einer Skizze bezeichneten Grund auf den Parzellen Nr 759/2, 759/1, 10/1 und 745/8 bis zum 31. 12. 1986 in Bestand und willigte in die Einverleibung des Bestandrechts und der vereinbarten Dienstbarkeit ein.

Das Erstgericht stellte seinen Beschluss daher auch der „M*****“ E***** Gesellschaft mbH zu, die Rekurs erhob und geltend machte, die Voraussetzungen für das vereinfachte Verfahren nach § 15 LiegTeilG fehlten, die Abschreibung der vier von ihrem Bestandrecht und ihrer Dienstbarkeit betroffenen Grundstücke aus der EZ 90, die mit dem einverleibten Bestandrecht und der Dienstbarkeit belastet sei, und deren Zuschreibung zu einer anderen Einlage stehe in keinem Zusammenhang mit der Errichtung der Straßenanlage. Das Erstgericht hab ein seinem Beschluss auch nicht klar zum Ausdruck gebracht, ob die Abschreibung und Zuschreibung unter Mitübertragung der Lasten oder lastenfrei erfolgen solle.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs nicht Folge, „bestätigte“ aber den erstgerichtlichen Beschluss „mit der Maßgabe, dass die lastenfreie Ab‑ und Zuschreibung der vier Grundstücke angeordnet werde“. Es meinte, es sei im Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG eine Mitübertragung von Lasten jeglicher Art ausgeschlossen. Der Zusatz diene nur der Verdeutlichung. Da das Vermessungsamt bestätigt habe, dass es sich um eine Straßenbauanlage handle und in der Anlage zum Anmeldungsbogen alle vier Grundstücke angeführt wurden, sei davon auszugehen, dass die Grundstücke zur Herstellung der Straße verwendet wurden. Die Rekurswerberin müsse ihre Ansprüche nach § 20 LiegTeilG verfolgen. Die Wertermittlung sei unbedenklich.

Der Revisionsrekurs der Buchberechtigten „M*****“ E***** Gesellschaft mbH ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Es ist davon auszugehen, dass das Rekursgericht den erstrichterlichen Beschluss abgeändert hat, denn in der dort getroffenen Anordnung der Abschreibung und Zuschreibung der Grundstücke Nr 745/8, 10/1, 759/1 und 759/2 aus der EZ 90 in die EZ 235 fehlte jeder Hinweis auf das Schicksal der an diesen Grundstücken zufolge der Einverleibung auf der Liegenschaft EZ 90 haftenden Lasten. Dass die Anordnung so vollzogen wurde, dass im C‑Blatt der EZ 235 weiter keine Eintragung aufscheint, ändert nichts daran, dass die Beschlussfassung nicht erkennen ließ, dass die lastenfreie Abschreibung stattfinden sollte. Das Rekursgericht hat durch die Beifügung dieser Anordnung daher den Inhalt der Entscheidung wesentlich verändert und nicht etwa bloß eine entbehrliche Klar‑ oder eine Richtigstellung vorgenommen. Der Revisionsrekurs ist demnach nicht auf die Anfechtungsgründe nach dem § 16 Abs 1 AußStrG beschränkt.

Das Rekursgericht hat verkannt, dass es zwar richtig ist, dass bei der Verbücherung der Eigentumsänderungen im vereinfachten Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG eine Mitübertragung von bücherlichen Rechten und Lasten ausgeschlossen und § 3 LiegTeilG unanwendbar ist, dass sich das Gericht um die bücherlichen Lasten und allfälligen Entschädigungsansprüche der Buchberechtigten nicht zu kümmern hat, sondern nur deren Verständigung vom Verbücherungsbeschluss durch Zustellung und ihre Belehrung im Sinne des § 20 LiegTeilG zu veranlassen hat (EvBl 1982/161), dass dies aber nur für die Eigentumsänderungen gilt, die sich im Zuge der Errichtung der Anlage ergeben haben und die in den Anwendungsbereich des § 15 LiegTeilG fallen. Es muss sich also um Grundstücke handeln, die zur Herstellung, Umlegung oder Erweiterung und Erhaltung der Straßenanlage verwendet worden sind, oder um Teile eines bei der Herstellung der Anlage aufgelassenen Straßenkörpers oder um Grundstücksreste, die durch eine solche Anlage von den Stammgrundstücken abgeschnitten worden sind. Dies trifft auf die vom Rechtsmittel betroffenen Grundstücke Nr 745/8, 10/1, 759/1 und 759/2 nicht zu. Sie sollten ohne Änderung der Eigentumsverhältnisse an den Grundflächen und ohne ihre Verwendung zur Herstellung der Straßenanlage nur zur Schaffung einer besseren Übersicht mit dem im gleichen Eigentum stehenden in der EZ 235 inliegenden Grundstück Nr 34 vereinigt werden, um eine Bereinigung der Grenzen innerhalb der im Eigentum der Maria K***** stehenden Grundstücke Nr 759/1, 759/2, 10/1, 745/8, 34 und 33 zu erreichen.

Es geht nun nicht an, ohne Vorliegen des Anwendungsbereichs der §§ 15 ff LiegTeilG aus Anlass der Verbücherung der Eigentumsänderungen Grundstücke lastenfrei aus einer belasteten Einlage abzuschreiben und einer unbelasteten Einlage des gleichen Eigentümers zuzuschreiben, weil damit ohne jede rechtliche Grundlage die bücherlichen Rechte der Berechtigten beschränkt oder aufgehoben werden. Das vom Rekursgericht angeordnete Vorgehen führt in der Tat dazu, dass die Einverleibung der Dienstbarkeit und des Bestandrechts zugunsten der Revisionsrekurswerberin nur mehr auf dem Restbestand der EZ 90 und damit auf Grundstücken haften würde, auf die sich die vertragliche Begründung der Rechte gar nicht bezogen hat, während die belasteten Grundstücke durch Vereinigung im Grundstück 34 der unbelasteten Liegenschaft EZ 235 aufgehen und damit das bücherliche Recht unterginge.

Da der Anmeldungsbogen des Vermessungsamts keine gesetzliche Grundlage in den §§ 15 ff LiegTeilG findet, soweit damit ohne Antrag der Liegenschaftseigentümerin und ohne die Zustimmung der Buchberechtigten (§ 3 LiegTeilG) einzelne Bestandteile des Grundbuchskörpers abgeschrieben und einer bestehenden Einlage zugeschrieben werden sollen, ist daher infolge des zulässigen Revisionsrekurses der in ihren bücherlichen Rechten verkürzten Bestandnehmerin und Dienstbarkeitsberechtigten der angefochtene Beschlussteil zu beheben.

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