OGH 7Ob636/84

OGH7Ob636/8411.10.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am ***** 1984 verstorbenen M***** L*****, zuletzt wohnhaft gewesen in *****, infolge Rekurses des Noterben H***** L*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Schuler, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Beschluss des Kreisgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 7. August 1984, GZ R 230/84‑11, womit die Rekurse gegen den Endbeschluss und die Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichts Mauerkirchen vom 6. Juni 1984, GZ A 31/84‑6 und A 31/84‑7, zurückgewiesen wurden, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00636.840.1011.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

Im Verlassenschaftsverfahren AZ A 31/84 des Erstgerichts wurden der Beschluss ON 6 und die Einantwortungsurkunde ON 7 dem Noterben H***** L***** durch Hinterlegung im Sinne des § 17 ZustG zugestellt. Dem Zustellnachweis ist zu entnehmen, dass am 25. 6. 1984 nach einem Zustellversuch die Sendung beim Zustellpostamt S***** hinterlegt und die Verständigung über die Hinterlegung in den Briefeinwurf eingelegt wurde, so dass die Abholfrist am 25. 6. 1984 begonnen hat.

Das Rekursgericht hat den vom Noterben gegen die Beschlüsse ON 6 und 7 erhobenen Rekurse zurückgewiesen, weil dieser erst am 10. 7. 1984 und damit zu spät zur Post gegeben worden sei. Nach § 17 Abs 3 ZustG sei die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen bereitzuhalten, wobei der Lauf dieser Frist mit dem Tag beginne, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten werde. Hinterlegte Sendungen seien daher mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt zu betrachten. Die 14‑tägige Rekursfrist im Sinne des § 11 Abs 1 AußStrG habe daher am 26. 6. 1984 begonnen und am 9. 7. 1984 geendet. Auf ein verspätetes Rechtsmittel könne bei einem Beschluss über die Annahme der Erbserklärung zu Gericht, über die Bestätigung des Erbrechtsausweises als erbracht und über die Einantwortung nicht im Sinne des § 11 Abs 2 AußStrG Bedacht genommen werden.

Der Rekurs des Noterben gegen den Beschluss des Rekursgerichts ist nicht begründet.

Der Rechtsmittelwerber verkennt nicht, dass nach § 17 Abs 3 ZustG der Tag der Hinterlegung der zuzustellenden Sendung als der Zustelltag gilt. Er weist– zutreffend – darauf hin, dass der Tag der Hinterlegung gemäß § 125 Abs 1 ZPO nicht mitzurechnen sei, und macht geltend:

1. Aus dem im Akt befindlichen Zustellnachweis ergebe sich, dass der Rekurswerber die Beschlüsse ON 6 und 7 am 26. 6. 1984 beim Postamt G***** behoben habe; eine Behebung am Tag des Zustellversuchs sei aus postalischen Gründen gar nicht möglich.

2. Der „Tag der Hinterlegung (26. 6. 1984)“ sei jener Zeitpunkt, nach dem sich der Anfang der Frist richte, und der gemäß § 125 Abs 1 ZPO nicht mitzurechnen sei. Der am 10. 7. 1984 zur Post gegebene Rekurs sei daher nicht verspätet.

Rechtliche Beurteilung

Die Ausführungen des Rekurswerbers sind in beiden Punkten im Ergebnis verfehlt.

Aus dem Zustellnachweis ergibt sich, dass die Hinterlegung nicht am 26., sondern am 25. 6. 1984 erfolgte, und dass die Sendung erstmals am 25. 6. 1984 zur Abholung bereitgehalten wurde. Der Lauf der 14‑tägigen Rechtsmittelfrist hat deshalb, da der Tag der Hinterlegung gemäß § 125 Abs 1 ZPO nicht mitzurechnen ist, am 26. 6. 1984 begonnen und am 9. 7. 1984 geendet. Dem Rekursgericht ist demnach ein Fehler in der Berechnung der Frist nicht unterlaufen.

Aus dem im Akt befindlichen Zustellnachweis ergibt sich entgegen den Rekursausführungen nicht, dass der Rechtsmittelwerber die hinterlegte Sendung am 26. 6. 1984, wie er behauptet, behoben hat. Der Tag der Behebung ist vielmehr nicht aktenkundig. Es ist im vorliegenden Fall aber auch ohne weitere Bedeutung, wann der Rechtsmittelwerber die Sendung behoben hat. Nach § 17 Abs 3, vierter Satz, ZustG gelten hinterlegte Sendungen nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger (oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 ZustG) wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Dass er am 25. 6. 1984 von der Abgabestelle „abwesend“ gewesen sei (zum Begriff der Abwesenheit vgl Fasching , Kommentar II, 590, sowie Fasching , Zivilprozessrecht, Rdz 537, und die dort angeführte Rechtsprechung), behauptet der Rechtsmittelwerber nicht. Im Übrigen ist „rechtzeitig“ im Sinne des § 16 Abs 5 und des § 17 Abs 3 ZustG dahin zu verstehen, dass dem Empfänger noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung stand, der ihm auch im Fall einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung (Hinterlegung) üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre. Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, muss die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden (7 Ob 511/84). Dass eine Behebung der Sendung am Tag des Zustellversuchs aus postalischen Gründen gar nicht möglich gewesen wäre, trifft nicht zu. Denn die Rücksendung des Zustellnachweises (nach Hinterlegung der Sendung) erfolgte laut Poststempel am 25. 6. 1984 (einem Montag) um 12:00 Uhr.

Mit Recht hat deshalb das Rekursgericht den Rekurs des Noterben gegen die Beschlüsse ON 6 und 7 des Erstgerichts als verspätet angesehen.

In zutreffender Weise hat das Rekursgericht die Ansicht vertreten, dass die Voraussetzungen des § 11 Abs 2 AußStrG, auf das Rechtsmittel des Noterben ungeachtet der Verspätung Bedacht zu nehmen, nicht gegeben sind.

Die Zurückweisung des Rekurses durch die zweite Instanz erfolgte daher zu Recht, sodass dem Rekurs ein Erfolg versagt bleiben musste.

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