OGH 5Ob65/84

OGH5Ob65/849.10.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache des Antragstellers Johannes O*****, vertreten durch Alfred K*****, dieser vertreten durch Dr. Heinrich Keller, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1. Walter S*****, und 2. Berta Z*****, beide vertreten durch Dr. Elisabeth R*****, diese vertreten durch Dr. Gerhard Rieger, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 44 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. Jänner 1984, GZ 41 R 18/84‑12, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt vom 17. Oktober 1983, GZ 45 Msch 14/82‑8, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: AT:OGH:2014:E108179

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Ein Kostenausspruch findet nicht statt.

Text

Begründung

Das Erstgericht erkannte mit Sachbeschluss, dass die Antragsgegner ab dem 1. 2. 1982 durch die Einhebung eines monatlichen Hauptmietzinses von 1.298,20 S für die Wohnung Nr 13 im Haus ***** das gesetzlich zulässige Zinsausmaß nicht überschritten haben. Es legte seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:

Die Antragsgegner sind jeweils zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 4770 KG *****. Mit dem ab 1. 7. 1981 wirksamen schriftlichen Mietvertrag vom 2. 7. 1981 mietete der Antragsteller in diesem Haus die Wohnung Nr 13 gegen einen monatlichen Hauptmietzins von 1.150 S zuzüglich Wertsicherung 5,1 % Betriebskosten und Umsatzsteuer auf unbestimmte Zeit. Der dem Antragsteller zuletzt vorgeschriebene monatliche Hauptmietzins beläuft sich auf 1.298,20 S. Die Nutzfläche der Wohnung beträgt 55 m².

Bei Abschluss des Mietvertrags verfügte die Wohnung des Antragstellers über ein „Entree“, das durch eine Holzwand von der Küche abgetrennt war. In der Holzwand war eine Tür, die zur Küche führte. Von der Küche war durch zwei Wände aus Pressspannplatten ein Baderaum abgetrennt worden. Die mit Tapeten beklebten Pressspannplatten reichten nur bis zu einer Höhe von 2,5 m. Die Raumhöhe der Küche betrug 3,5 m. Im Baderaum befand sich eine Sitzbadewanne und ein Waschbecken. Die Küche war mit einem Gasherd, einer Abwasch und einem Durchlauferhitzer ausgestattet. Die Wohnung des Antragstellers bestand überdies aus einem WC und zwei Zimmern. Sie besaß einen gemeinsamen Ablauf für WC, Baderaum und Küche.

Ein bis zwei Tage nach der Übergabe der Wohnung stellte der Antragsteller fest, dass der Abfluss seiner Wohnung defekt war. Von diesem Ablaufgebrechen verständige er die Antragsgegner nicht, weil er ohnedies Änderungen in seiner Wohnung durchführen wollte. Er entfernte die Sitzbadewanne und stellte eine Kapribrause‑Kabine auf, für deren Errichtung keine baubehördliche Bewilligung erforderlich war. Anlässlich der Installierung ließ der Antragsteller auch den Ablauf reparieren.

Die Wohnung des Antragstellers verfügt in beiden Zimmern und im „Entree“ über ein Fenster. In der Küche gibt es keine Dunstabzugshaube. Die Entlüftung der Küche wird dadurch bewirkt, dass die Abluft über die hölzernen Trennwände in das „Entree“ streicht. Die so für die Küche erzielte Entlüftung erfolgt langsam.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, dass die Wohnung im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses über eine Badegelegenheit verfügt habe. Für die räumliche Trennung sei ausreichend gesorgt gewesen. Der Antragsteller hätte jedoch dem Antragsgegner die Möglichkeit zur Behebung des Ablaufgebrechens in analoger Anwendung des § 16 Abs 2 Z 4 MRG einräumen müssen. Die Unterlassung könne den Antragsgegnern nicht zum Nachteil gereichen. Auch die Bezahlung einer „verbotenen“ Ablöse nach § 17 MRG habe auf die Beurteilung der Ausstattungskategorie keinen Einfluss.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers Folge, änderte den Sachbeschluss des Erstgerichts ab und erkannte, dass die Antragsgegner dem Antragsteller als Mieter der Wohnung Nr 13 im Hause *****, gegenüber durch Vorschreibung eines Hauptmietzinses von monatlich 1.298,20 S vom 1. 2. bis einschließlich 1. 4. 1982 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um je 390,70 S überschritten haben.

Nach Ansicht des Gerichts zweiter Instanz sei für das Vorliegen einer Wohnung der Ausstattungskategorie B unter anderem Voraussetzung, dass diese Wohnung aus einer dem zeitgemäßen Standard entsprechenden Badegelegenheit (Baderaum oder Badenische) bestehe. Wie eine derartige Badegelegenheit im Einzelnen beschaffen sein muss, lasse sich weder aus dem Gesetz noch aus den Materialien entnehmen. Durch die Aufnahme des Klammerzitats habe der Gesetzgeber aber offensichtlich zum Ausdruck bringen wollen, dass eine räumliche Trennung von den übrigen Räumen der Wohnung gegeben sein müsse. Vor allem aber komme der Beantwortung der Frage, was unter zeitgemäßem Standard zu verstehen ist, entscheidende Bedeutung zu. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung dieser Frage sei nicht der Zeitpunkt der Installierung der Badegelegenheit, sondern der Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags. Dies ergebe sich aus § 16 Abs 3 erster Satz MRG. Es reiche somit nicht aus, dass eine Badegelegenheit im Zeitpunkt ihrer Installierung dem zeitgemäßen Standard entsprach. Entscheidend sei vielmehr, ob dies auch für den Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses zutrifft. Für die Beurteilung des zeitgemäßen Standards seien auch die im maßgeblichen Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses geltenden Bauvorschriften einschließlich der Förderungsrichtlinien heranzuziehen. Auch wenn man nicht die gleichen strengen Maßstäbe anlege, wie etwa bei einem Neubau, habe die im konkreten Fall vorhandene Badegelegenheit nicht dem zeitgemäßen Standard des Jahres 1981 entsprochen. Dies gelte schon im Hinblick darauf, dass eine Holzkonstruktion ‑ mag sie noch so massiv gestaltet sein ‑ ungeschützt der Feuchtigkeitseinwirkung ausgesetzt sei. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Pressspannplatten mit Tapeten überzogen waren. Denn in Nassräumen diene die Tapete nicht dem Schutz des Holzes. Dass eine derartige Badegelegenheit nicht den Erfordernissen der Hygiene entspreche, was gemäß § 2 Abs 1 Z 8 WFG 1968, § 3 Z 5 WohnVG Voraussetzung für eine normale Ausstattung wäre, liege auf der Hand. Da die Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags demnach über keine dem zeitgemäßen Standard entsprechende Badegelegenheit verfügt habe, sei sie der Ausstattungskategorie C zuzuordnen. Dem Überschreitungsbegehren des Antragstellers sei daher zu entsprechen gewesen.

Gegen den den erstgerichtlichen Sachbeschluss abändernden Sachbeschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsteller erstattete keine Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig, aber nicht gerechtfertigt.

Die Zulässigkeit des Rechtsmittels ergibt sich aus der für (Revisions‑)Rekurse gegen Sachbeschlüsse oder nach § 527 Abs 2 ZPO anfechtbare Beschlüsse des Gerichts zweiter Instanz, mit denen ein (erstgerichtlicher) Sachbeschluss aufgehoben worden ist, abschließenden Regelung des § 37 Abs 3 Z 18 MRG; wonach die Anfechtbarkeit derartiger zweitinstanzlicher Entscheidungen nur dann von der Zulässigerklärung des (Revisions‑)Rekurses abhängt, wenn ein erstgerichtlicher Sachbeschluss bestätigt worden ist. An dieser Rechtslage hat die Zivilverfahrensnovelle 1983 BGBl 135 nichts geändert. Die (durch die genannte Zivilverfahrensnovelle geänderten) Vorschriften der ZPO über Rekurse gelten nämlich für das Rechtsmittelverfahren in Außerstreitsachen nach § 37 Abs 1 MRG gemäß § 37 Abs 3 Z 16 MRG nur außerhalb der Spezialregelung des § 37 Abs 3 Z 17 und 18 MRG (so schon 5 Ob 50/83, aber auch 5 Ob 61/83).

Was die hier strittige Frage betrifft, ob die Mietwohnung des Antragstellers das für die Kategorie B unabdingbare (§ 16 Abs 3 Satz 2 MRG) Ausstattungsmerkmal einer „dem zeitgemäßen Standard entsprechenden Badegelegenheit (Baderaum oder Badenische)“ aufweist, beharren die Antragsgegner auf ihrer Ansicht, dass diese Frage zu bejahen sei: sie meinen, das Rekursgericht fasse den Begriff der zeitgemäßen Badegelegenheit zu eng und es genüge die teilweise Abtrennung der Badegelegenheit durch eine „massive Pressspannplatte“ vollauf. Diesen Ausführungen kann jedoch nicht gefolgt werden:

Der im § 16 Abs 2 Z 2 MRG (und im § 16 Abs 2 Z 1 MRG) enthaltene Klammerausdruck „(Baderaum oder Badenische)“ dient der näheren Umschreibung des in dieser Gesetzesstelle verwendeten Begriffs der dem zeitgemäßen Standard entsprechenden Badegelegenheit. Bei Auslegung der Begriffe „Baderaum“ und „Badenische“ können ebenso wie bei jener der Begriffe „Küche“ und „Kochnische“ im § 16 Abs 2 Z 1 und 2 MRG die im maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Bauvorschriften (vgl hier § 90 Abs 2 der Bauordnung für Wien herangezogen werden, wonach eine Wohnung an Nebenräumen im Wohnungsverband unter anderem einen Raum zur Unterbringung einer Dusche oder Badegelegenheit und einen Abstellraum enthalten muss; anstelle des Abstellraums im Vorzimmer kann dabei neben der erforderlichen Verkehrsfläche eine entsprechend große Abstellnische ausgewiesen werden (vgl Würth in ImmZ 1982, 132, Punkt 14). Es ist den Rekurswerbern zwar darin zu folgen, dass eine Badegelegenheit dann dem zeitgemäßen Standard iSd § 16 Abs 2 Z 2 MRG entspricht, wenn sie ‑ falls sie (wie hier) nicht in einem eigenen Raum eingerichtet ist (Baderaum) ‑ eine gewisse, wenn auch nicht vollständige (= allseitige) Separierung (Abtrennung) von dem Raum aufweist, in dem sie sich befindet (vgl 5 Ob 61/83 ua). Eine solche Separierung muss aber ‑ soll sie ihrem Zweck gerecht werden ‑ eine sinnvolle und wirksame Trennung darstellen; sie muss daher so gestaltet sein, dass nicht etwa ‑ wie hier ‑ die mit dem Betrieb des Bades verbundene Feuchtigkeit in der Küche bleibt und teilweise sogar von den hölzernen Teilabtrennwänden absorbiert wird. Die Art der Separierung wie sie hier vorlag, sah das Rekursgericht mit Recht als nicht geeignet an, dadurch eine dem zeitgemäßen Standard entsprechende Badegelegenheit im Sinne der oben zitierten Bestimmungen herzustellen. Sie stellt vielmehr eine bloß scheinbare Trennung von Küche und Badegelegenheit dar, die im Ergebnis nicht zur Verbesserung des Wohnkomforts, sondern vielmehr zu einer erheblichen Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung der Küche führte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Ein Kostenausspruch hatte zu unterbleiben, weil der Antragsteller keine Rekursbeantwortung erstattet hat.

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