Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Antragsgegner sind schuldig, der Antragstellerin die mit 80 S bestimmten Barauslagen der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Der Antrag auf Ersatz der darüber hinausgehenden Kosten anwaltlicher Vertretung wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist Mieterin der Wohnung ***** im Hause der Antragsgegnerin in W*****. Die Wohnung hat eine Nutzfläche von 98,20 m2; ihr Ausstattungszustand im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses entsprach der Kategorie B (§ 16 Abs 2 Z 2 MRG). Im Mietvertrag vom 21. 1. 1980 wurde ein monatlicher Hauptmietzins von 3.500 S wertgesichert vereinbart. Zu den Zinsterminen 1. 4. 1982 bis einschließlich 1. 6. 1982 wurde der Antragstellerin ein Hauptmietzins von 3.887,54 S vorgeschrieben. Das Begehren der Antragstellerin auf Ermäßigung des Hauptmietzinses gemäß § 44 Abs 2 und 3 MRG ist den Antragsgegnern vor dem Zinstermin 1. 4. 1982 zugegangen.
Das Haus W*****, liegt in einer vom Wiener Gemeinderat am 21. 5. 1979 beschlossenen Schutzzone; an dessen Erhaltung besteht öffentliches Interesse. In der Zeit vom 1. 1. 1975 bis 31. 1. 1980 haben die Antragsgegner zur Erhaltung des Hauses rund 590.000 S aufgewendet, die sie der Hauptmietzinsreserve entnommen haben; über die verrechnungspflichtige Hauptmietzinsreserve hinaus haben die Antragsgegner keinerlei „Eigenmittel“ zur Erhaltung des Hauses aufgewendet.
Das Erstgericht stellte mit Sachbeschluss fest, dass die Antragsgegner als Vermieter gegenüber der Antragstellerin als Mieterin der Wohnung ***** im Hause W***** durch die monatliche Vorschreibung von 3.887,54 S als Hauptmietzins zu den Zinsterminen 1. 4. 1982 bis 1. 6. 1982 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß nicht überschritten hätten. Es beurteilte den zuvor wiedergegebenen und außer Streit stehenden Sachverhalt rechtlich wie folgt:
§ 16 Abs 1 Z 3 MRG besage, dass Vereinbarungen zwischen dem Vermieter und dem Mieter über die Höhe des Hauptmietzinses für einen in Hauptmiete gemieteten Gegenstand ohne die Beschränkungen des § 16 Abs 2 MRG bis zu dem für den Mietgegenstand nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag zulässig seien, wenn der Mietgegenstand in einem Gebäude gelegen sei, an dessen Erhaltung aus Gründen des Denkmalschutzes, der Stadt- oder Ortsbildpflege oder aus sonst vergleichbaren Gründen öffentliches Interesse bestehe, sofern der Vermieter unbeschadet der Gewährung öffentlicher Mittel zu dessen Erhaltung nach dem 8. 5. 1945 erhebliche Eigenmittel aufgewendet habe.
Unter dem Begriff Eigenmittel seien sämtliche finanzielle Mittel, die nicht öffentliche Mittel seien, zu verstehen, somit auch Mittel, die der Mietzinsreserve entstammten. Der Ausdruck „Mietzinsreserve“ komme weder im Mietengesetz noch im Mietrechtsgesetz vor. Die Praxis verstehe darunter jedoch die im § 7 MG erwähnten, in den letzten sieben Jahren nicht zu den in § 6 MG genannten Zwecken verwendeten Teile der Hauptmietzinse, über die der Vermieter den Mietern gegenüber verrechnungspflichtig sei. Das Gesetz bestimme jedoch nicht, dass diese Mietzinsteile von der allgemeinen Regel ausgenommen sein sollten, dass Früchte und Erträgnisse dem Eigentümer zufielen. Das Vorhandensein der Mietzinsreserve werde vom Gesetz nur fingiert. Die Mietzinsreserve sei nur ein Rechnungsbetrag, der bei Anträgen auf Erhöhung der Hauptmietzinse und auf Verhaltung des Vermieters zur Vornahme von Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten zu ermitteln und der Entscheidung zugrunde zu legen sei. Die Mietzinsreserve sei daher weder ein zweckgebundenes Sondervermögen noch ein Zugehör des Hauses. Der Hauseigentümer sei freier Eigentümer und nicht bloßer Verwahrer und Verwalter des von ihm vereinnahmten Mietzinses (MietSlg 15.168, 32.091).
Bei den im gegenständlichen Fall seit 1. 1. 1975 bis zum Abschluss des Mietvertrags aufgewendeten Eigenmitteln von rund 590.000 S handle es sich wohl um erhebliche Eigenmittel im Sinne der genannten Gesetzesbestimmung. Da der Mietgegenstand in einem Gebäude gelegen sei, das in einer Schutzzone liege, beziehungsweise an dessen Erhaltung öffentliches Interesse bestehe, seien zum Zeitpunkt der Vereinbarung über die Höhe des Hauptmietzinses die Voraussetzungen des § 16 Abs 1 Z 3 MRG gegeben gewesen, sodass eine Herabsetzung des Mietzinses gemäß § 44 MRG nicht in Betracht komme.
Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Sachbeschluss dahin ab, dass er zu lauten habe:
„Die Antragsgegner haben als Vermieter gegenüber der Antragstellerin als Mieterin der Wohnung ***** im Hause W*****, durch die monatliche Vorschreibung von je 3.887,54 S als Hauptmietzins zu den Zinsterminen 1. 4. 1982 bis 1. 6. 1982 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um je 1.457,09 S monatlich überschritten.“ Es führte im Wesentlichen aus:
Entgegen der Ansicht des Erstgerichts könnten unter „Eigenmitteln“ iSd § 16 Abs 1 Z 3 MRG nur solche verstanden werden, die nicht aus den Mietzinsen stammten, die nach § 3 Abs 3 erster Satz MRG verrechnungspflichtig seien bzw nach § 6 Abs 1 MG verrechnungspflichtig gewesen seien. Dies ergebe sich daraus, dass Aufwendungen des Vermieters nur dann bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen die Vereinbarung eines angemessenen Zinses im Sinne der erstangeführten Bestimmung rechtfertigten, wenn bei Vornahme dieser Aufwendungen ein gewisses Risiko vom Vermieter getragen werde (vgl RV 425 BlgNR 15. GP zu § 13). Von einem solchen Risiko könnte aber dann nicht gesprochen werden, wenn - wie hier - diesen Ausgaben zumindest gleich hohe Einnahmen aus dem Mietzins gegenüberstünden. Erst bei einem Erhaltungsaufwand, der diese Einnahmen erheblich überschreite, könnte von einem Aufwand erheblicher Eigenmittel gesprochen werden.
Daraus folge, dass das Erstgericht im konkreten Fall zu Unrecht das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 16 Abs 1 Z 3 MRG angenommen habe, weil zur Erhaltung des Hauses nur Mittel aus der Mietzinsreserve aufgewendet worden seien. Da keine anderen den Herabsetzungsanspruch nach § 44 Abs 2 MRG entgegenstehenden Ausschließungsgründe geltend gemacht worden seien, habe das den Vermietern unbestrittenermaßen vor dem 1. 4. 1982 zugekommene Herabsetzungsbegehren der Antragstellerin gemäß § 44 Abs 3 MRG bewirkt, dass die Hauptzinsvereinbarung ab dem auf den Zugang dieses Begehrens folgenden Zinstermin, also ab dem 1. 4. 1982, insoferne rechtsunwirksam sei, als der Hauptmietzins das Eineinhalbfache des Betrags übersteige, der sich für die Wohnung nach ihrer Größe und Ausstattungskategorie als Hauptmietzins errechne. Bei einer Nutzfläche von 98,20 m2 betrage der höchstzulässige Hauptmietzins für eine Wohnung der hier maßgeblichen Ausstattungskategorie B nach § 16 Abs 2 Z 2 MRG 1.620,30 S und das Eineinhalbfache dieses Betrags 2.430,45 S. Um die Differenz zum vorgeschriebenen Hauptmietzins von 3.887,54 S sei sohin zu den vom Antrag umfassten Zinsterminen 1. 4. 1982 bis 1. 6. 1982 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten worden.
Gegen den abändernden Sachbeschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne der Abweisung des Ermäßigungsbegehrens der Antragstellerin abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragstellerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zwar gemäß § 37 Abs 3 Z 18 MRG zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Die Antragsgegner führen aus, die Auslegung des Begriffs „Eigenmittel“ im § 16 Abs 1 Z 3 MRG durch das Rekursgericht widerspreche den Auslegungsgrundsätzen des § 6 ABGB, wonach ein Gesetz aus sich selbst, vorzüglich aus seinem Wortlaut auszulegen sei und die Gesetzesmaterialien nur dann zur Erläuterung herangezogen werden könnten, wenn der Wortlaut des Gesetzes selbst zu Zweifeln über dessen Inhalt Anlass gebe. Aus § 16 Abs 1 Z 3 MRG sowie aus der Systematik des Mietrechtsgesetzes ergebe sich, dass das Gesetz nur zwischen Eigenmitteln und öffentlichen Mitteln unterscheide, nicht aber zwischen Eigenmitteln, die aus Mietzinseinnahmen, und solchen, die aus anderen Einkünften des Vermieters stammten. Die Mietzinsreserve sei nach ständiger Rechtsprechung weder Sondervermögen noch Zubehör des Hauses. Daraus folge, dass auch die aus den verrechnungspflichtigen Mietzinseinnahmen stammenden Einkünfte des Vermieters Eigenmittel iSd § 16 Abs 1 Z 3 MRG seien. Auf die Frage, was unter erheblichen Eigenmitteln im Sinne dieser Gesetzesstelle zu verstehen sei, sei das Rekursgericht überhaupt nicht eingegangen. Diesbezüglich sei allerdings auf § 13 Abs 1 Z 3 MRG in der Fassung der Regierungsvorlage zurückzugreifen, in dem doch von Eigenmitteln die Rede gewesen sei, „die die für die Erhaltung eines sonst erhaltungswürdigen Miethauses üblichen Kosten erheblich überstiegen haben“. Da nach dem Bericht des Justizausschusses § 16 Abs 1 Z 3 MRG in der Gesetz gewordenen Fassung keine Änderung des Systems der Regierungsvorlage bedeute, könne der Begriff „erhebliche Eigenmittel“ im Sinne der Regierungsvorlage näher dahin bestimmt werden, dass solche aufgewendet worden seien, wenn die Erhaltungskosten eines im § 16 Abs 1 Z 3 MRG genannten Gebäudes die üblichen Erhaltungskosten sonst erhaltungswürdiger Gebäude erheblich überstiegen. Das sei hier auch der Fall gewesen.
Diesen Ausführungen ist nachstehendes entgegenzuhalten:
Wenn man sich die im § 16 Abs 1 Z 2 bis 6 MRG aufgezählten Tatbestände vor Augen hält, bei deren Vorliegen die Vereinbarung eines iSd § 16 Abs 1 MRG angemessenen Hauptmietzinses zulässig und die Stellung eines Ermäßigungsbegehrens nach § 44 Abs 2 Z 1 MRG ausgeschlossen sein soll, fällt auf, dass der Gesetzgeber im § 16 Abs 1 Z 3 MRG die Aufwendung erheblicher Eigenmittel und im § 16 Abs 1 Z 5 und 6 MRG die Aufwendung erheblicher Mittel durch den Vermieter verlangt. Dieser Unterschied bestand bereits im § 13 Abs 1 Z 3 (einerseits) sowie 5 und 6 (andererseits) MRG in der Fassung der Regierungsvorlage. Es ist nicht anzunehmen, dass die in Rede stehende unterschiedliche Formulierung der genannten Tatbestände, denen zwar der Zweck, jene Vermieter zu belohnen, die im öffentlichen Interesse Aufwendungen tätigen oder getätigt haben, gemeinsam ist, die sich aber im Übrigen auch in den anderen Voraussetzungen bedeutend voneinander unterscheiden (§ 16 Abs 1 Z 3 MRG setzt aus Gründen des Denkmalschutzes usw ein öffentliches Interesse an der Erhaltung [nicht Verbesserung] des Gebäudes voraus, in dem der Mietgegenstand gelegen ist, während § 16 Abs 1 Z 5 und 6 MRG auf die - gleichfalls im öffentlichen Interesse gelegene - Anhebung des Standards des Mietgegenstands selbst abstellt), durch den Gesetzgeber ohne Absicht erfolgte (vgl Glasl in ImmZ 1981, 353). Darin, dass unter den erheblichen Eigenmitteln iSd § 16 Abs 1 Z 3 MRG aus dem Vermögen des Vermieters stammende Mittel im Gegensatz zu öffentlichen Mitteln zu verstehen sein sollten, kann der Unterschied nicht gelegen sein, weil im Hinblick auf die erwähnte Belohnungsfunktion sowohl des Tatbestands nach § 16 Abs 1 Z 3 MRG als auch der Tatbestände nach § 16 Abs 1 Z 5 oder 6 MRG nicht zweifelhaft ist, dass auch unter den erheblichen Mitteln iSd § 16 Abs 1 Z 5 und 6 MRG ausschließlich aus dem Vermögen des Vermieters stammende Mittel gemeint sind. Es ist daher für den Standpunkt der Antragsgegner auch mit dem an sich zutreffenden Argument nichts zu gewinnen, dass die Mietzinsreserve sowohl nach dem Mietengesetz als auch nach dem Mietrechtsgesetz nicht ein (von der allgemeinen Regel, dass Früchte und Erträgnisse einer Sache ihren Eigentümern zufallen, ausgenommenes) Sondervermögen, sondern eine bloße Rechnungsgröße als Grundlage mietrechtlicher Entscheidungen darstellt und die Mietzinseinnahmen ins Vermögen des Vermieters übergehen. Der Begriff „Eigenmittel“ im § 16 Abs 1 Z 3 MRG kann demnach nur den gegenüber dem Begriff „Mittel“ im § 16 Abs 1 Z 5 und 6 MRG engeren Begriff der Mittel bedeuten, die dem Vermieter als nicht nach § 3 Abs 3 erster Satz, § 20 MRG oder § 6 Abs 1 MG verrechnungspflichtig frei zur Verfügung stehen (ebenso Würth-Zingher, MRG2 S 75 Anm 14 und S 76 Anm 19 je zu § 16). Der Gesetzgeber wollte eben die im öffentlichen Interesse gelegene Erhaltung der im § 16 Abs 1 Z 3 MRG bezeichneten Gebäude, die Aufwendungen auf den Mietgegenstand selbst oder dessen Verbesserung durch Standardanhebung nicht verlangt, dafür nur unter der strengeren Voraussetzungen belohnen, dass der Vermieter unbeschadet der Gewährung öffentlicher Mittel erhebliche verrechnungsfreie Mittel aus eigenem Vermögen aufgewendet hat. Dieses Auslegungsergebnis wird auch insofern von den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des MRG gestützt (abgedruckt bei Derbolav, MRG 222, 234, 246), als das Risiko, das der Vermieter im Interesse der Erhaltung eines im § 16 Abs 1 Z 3 MRG näher beschriebenen Gebäudes durch Aufwendung von nicht verrechnungspflichtigen Mitteln eingeht, größer ist als jenes bei Aufwendung verrechnungspflichtiger Mietzinseinnahmen: In beiden Fällen trägt der Vermieter das Risiko, künftig keinen Mieter finden zu können, der bereit wäre, den angemessenen oder auch nur den der Kategorie entsprechenden Mietzins zu bezahlen, aber in der Hauptmietzinsabrechnung gemäß § 20 Abs 1 Z 1 lit c MRG den Kategoriemietzins als Einnahme ausweisen zu müssen. In letzterem Falle kann er jedoch die Aufwendungen in der Hauptmietzinsabrechnung als Ausgaben ausweisen (§ 20 Abs 1 Z 2 lit a MRG) und so die als Grundlage mietrechtlicher Entscheidungen dienende Rechnungsgröße „Mietzinsreserve“ mindern, in erstem Falle nicht.
Da die Antragsgegner nach dem außer Streit stehenden Sachverhalt zur Erhaltung ihres Hauses überhaupt keine Eigenmittel nach § 16 Abs 1 Z 3 MRG in der oben dargelegten Bedeutung aufgewendet haben, brauchte die Frage der Erheblichkeit nicht mehr erörtert zu werden.
Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG iVm §§ 41, 50 ZPO.
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